Das französische Argot im Wandel der Zeit


Hausarbeit, 2008

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Erläuterung des Begriffes Argot; Allgemeine Informationen

3. Die Entwicklung des Argots vom 14. bis zum 21. Jahrhundert
3.1. Zusammenfassung der Entwicklung vom 14. bis zum 19. Jahrhundert
3.1.1. Exkurs in die Literatur (15. und 19. Jahrhundert)
3.2. Die Entwicklung des Argots ab dem 20. Jahrhundert – Das Argot im Wandel
3.2.1. Die Funktionen des argot commun

4. Zusammenfassung – Fazit

5. Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

«Une langue vivante est toujours en mouvement.»[1]

«D’ailleurs, pourquoi le cacher, l’argot n’existe plus guère de nos jours, du moins si l’on s’en tient à une définition pure et dure du phénomène: langage secret des truands et du milieu.»[2]

Diese beiden auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinenden Aussagen über das linguistische Phänomen Argot möchte ich zum Ausgangspunkt meiner folgenden Untersuchungen nehmen. Argot - une langue vivante oder une langue morte ?

Das Argot entstand in Frankreich vor rund 600 – 700 Jahren aus dem Bedürfnis einiger sozialer Schichten – genau genommen der Gauner und kriminellen Banden – sich abzugrenzen, mit einer geheimen und speziellen Sprache, die nur von den Eingeweihten verstanden werden konnte. Caradec beschreibt dies folgendermaßen : «, Idiome artificiel’, dont les mots sont crées pour n’être pas compris par les non-initiés».[3]

Im Laufe der Jahrhunderte unterlag dieses Phänomen einem grundlegenden Wandel, wie aus dem zweiten oben genannten Zitat hervorgeht. Doch was ist aus dem ursprünglichen Argot geworden? Existiert das Argot noch, gibt es noch Sprecher? Wenn ja, welche Funktionen erfüllt es heute? Ist es noch eine lebendige Sprache und unterliegt es somit auch noch bestimmten Wandlungsprozessen?

Mit der vorliegenden Arbeit möchte ich auf diese Fragen Antworten finden. Zu diesem Zweck habe ich mir vor allem die Vorwörter verschiedener Argot-Wörterbücher, zu den unterschiedlichsten Zeiten veröffentlicht, zum Maßstab genommen. Sehr interessant und aufschlussreich sind außerdem Vergleiche zwischen Inhalten mehrerer unterschiedlich alter – bzw. neuer - Wörterbücher; sie zeigen die Entwicklung des Argots an praktischen Beispielen.

Wegweisend in der Argot-Forschung sind auch die Werke Francois Caradecs[4] und Louis-Jean Calvets[5], ersteres vor allem die neuesten Entwicklungen des Argots betreffend.

Um einen Überblick über die Entwicklung des Argots von seiner Entstehung bis heute zu gewinnen, möchte ich - unter Einbeziehung der genannten Werke - nach einer kurzen Erläuterung des Argots als linguistisches Phänomen zuerst die Geschichte des Argots ab dem 15. Jahrhundert bis zum 19. Jahrhundert zusammenfassen. Über einen Exkurs in die Literatur dieser Zeitspanne, um das Argot an ganz praktischen Beispielen aufzuzeigen, komme ich schließlich zu den neueren und neuesten Entwicklungen und den heutigen Funktionen des Argots, «des usages sociaux qui lui ont donné naissance et qui prolongent sa vie […]».[6]

2. Erläuterung des Begriffes Argot; Allgemeine Informationen

Die ersten bekannten Wörter für die als Argot bezeichneten linguistischen Besonderheiten sind jargon (Geplapper) und jobelin (Dummkopf); sie stammen aus dem 15. Jahrhundert. Sainéan stellte die These auf, jobelin bedeute «langage des jobs[7] ou prétendus tels»[8]. Es sei die Sprache derer, die sich als Dummköpfe geben, um die Betrogenen zu täuschen.

Bis zum 17. Jahrhundert bezeichnete der Begriff Argot eine Bettlergemeinschaft (les gueu x); danach war es die Sprache derselben, die diese Bezeichnung bekam. Die Sprachform weitete sich von den Bettlern auf Gauner und Diebe aus, im 19. Jahrhundert wurde auch die Sprache bestimmter Berufsgruppen als Argot bezeichnet. Heute meint Argot –grobgesagt - eher eine besondere Redeweise von (Rand-)Gruppen.

Das Argot wird oft auch als langue verte bezeichnet, dieser Ausdruck stammt aus dem Jahre 1852. Er enthält zwei Konnotationen: Zum einen bezieht er sich auf das Milieu des Spieles (grüner Spielteppich) und somit auf die Sprache der Spielbetrüger. Zum anderen ist damit eine raue, harte Sprache gemeint, wie aus Redwendungen wie parler vertement hervorgeht.

Argotische Ausdrücke können durch verschiedene formale Verfahren erschaffen werden:

Es gibt das Largonji, bei dem der erste Konsonant des Wortes durch ein l ersetzt und zusammen mit einem frei wählbaren suffix an das Wortende gestell wird. (z.Bsp. argot – largonji; vingt – linvé) Ferner ist das Loucherbème zu nennen. Es bezeichnet das Argot der Fleischer und Schlachter und ist auch heute noch gebräuchlich. Das Verlan bezeichnet das Umdrehen der Silben; Lanvère das Umdrehen des Verlans. Diese beiden Formen sind vor allem bei Jugendlichen sehr beliebt. Werden bei einem Wort ein oder mehrere Male die Silben av oder ag hinzugefügt, z. Bsp. gravosse für grosse, so spricht man vom Javanais, welches im Second Empire entstand.

3. Die Entwicklung des Argots vom 14. bis zum 21. Jahrhundert

3.1. Zusammenfassung der Entwicklung vom 14. bis zum 19. Jahrhundert

Nachweislich seit dem 14. Jahrhundert existieren Begriffe, die nicht dem français commun entsprachen. Einige davon haben sich bis heute gehalten, so zum Beispiel mouche, welches schon in einem Text von 1389 im Sinne von espion auftrat. Diese Bedeutung findet sich auch heute noch in Argot-Wörterbüchern.[9] Außerdem hat sich der Begriff mouche durch die Formen mouchard und flic (vom Deutschen: Fliege = «mouche») erhalten.

Das erste Dokument mit Informationen zur Entstehung argotischer Wortkreationen stammt aus dem 15. Jahrhundert. 1455 wurden in Dijon Mitglieder der Coquillards verurteilt, einer Gaunerbande, die sich mit Jakobsmuscheln schmückte, um auf dem Pilgerweg nach Saint-Jaques-de-Compostelle Pilger zu überfallen und sie auszurauben. Außerdem war die Bande im Spielbetrug und in der Geldfälscherei tätig. Im Laufe des Prozesses verrieten einige Mitglieder nicht nur die Namen ihrer Komplizen, sondern auch verschiedene Elemente ihrer Geheimsprache, die sie als jobelin oder jargon jobelin bezeichneten. Im Protokoll des Prozesses, welches als eines der wichtigsten Dokumente in der Erforschung des Argot gilt, finden sich deshalb ungefähr 70 Wörter und ihre Erklärungen im folgenden Altfranzösisch: «Ung crocheteur c’est celluy que scet chrocheter serrures» oder «Ung desrocheur c’est celluy qui ne laisse rien a celluy qu’il desrobe».[10] Einige dieser Wörter greift der Dichter François Villon in seinen Gedichten en jargon auf, was darauf schließen lässt, dass er wahrscheinlich selbst in Beziehung mit den Coquillards stand.

Im Jahre 1628 erschien die 2. Ausgabe von «Jargon de l’argot reformé » von Olivier Chéreau; von der 1. Ausgabe sind keine Überlieferungen erhalten. Dieses Werk wurde bis 1849 insgesamt 7-mal neu aufgelegt, wobei sich die vorhandene Anzahl argotischer Wörter von 216 auf 685 Wörter steigerte. Chéreau bewies die relativ lange Dauer argotischer Wörter und dass das Argot nicht nur eine kryptische Funktion gehabt haben kann.

[...]


[1] Boudard, Alphonse: Préface. In: Colin, Jean-Paul / Jean-Pierre Mével: Dictionnaire de l’argot. Paris: Larousse 19922, S. VII.

[2] Calvet, Louis-Jean: L’argot en 20 leçons, ou comment ne pas en perdre son français. Paris: Payot&Rivages 1993, S.7.

[3] Caradec, François: Dictionnaire du français argotique & populaire. Paris: Larousse 2005, S. X.

[4] Vgl. ebd.

[5] Vgl. 2, außerdem: L’Argot. Paris: Presses universitaires de France 19941.

[6] Calvet, Louis-Jean: L’Argot. Paris: Presses universitaires de France 19941, S.6.

[7] Hier zeigt sich die Entwicklung argotischer Wörter; die Übersetzungen für job differieren in den unterschiedlichen Nachschlagewerken; der Sinn hat sich aber erhalten. Die Zahl gibt das Jahr der Erscheinung an, dahinter steht die Übersetzung:

JOB: 1960: « (Monter le.) Tromper. « A

1965: « n.m. Veau, […] câlin, puis niais.»

Battre job: « Simuler la niaiserie»B

1987: «Imbécile. Tromperie.»C

1992: «unter jobard: etym. De job, niais. […]Ce mot a un sens nettement plus fort en

argot que dans la langue familière ou littéraire. «D

2005: «Crédule, dupe.»E

A Sandry, Géo; Marcel Carrère: Dictionnaire de l’argot moderne. Paris: Ceni 1960. S. 116.
B Esnault, Gaston: Dictionnaire historique des argots francais. Paris: Larousse 1965. S. 373f.
C La Rue, Jean: Dictionnaire d’argot et des principales locutions populaires. Fac-similé édition, [Paris], 1949. Paris: Flammarion 1987. S. 120.
D Colin, Jean-Paul / Jean-Pierre Mével : Dictionnaire de l’argot. Paris: Larousse 1992. S. 348.
E Francois Caradec: Dictionnarie du francais argotique & populaire. Paris: Larousse 2005. S. 118.

[8] Sainéan, Lazare: L’argot ancien: 1455 – 1850. Paris: Champion 1907.

[9] Z. Bsp. Colin, Jean-Paul / Jean-Pierre Mével: Dictionnaire de l’argot. Paris: Larousse 19922, S. 419.

[10] Calvet, Louis-Jean: L’Argot. Paris: Presses universitaires de France 19941, S.17.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Das französische Argot im Wandel der Zeit
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Romanistik)
Veranstaltung
Proseminar "Variétés du francais"
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
18
Katalognummer
V172695
ISBN (eBook)
9783640927081
ISBN (Buch)
9783640927074
Dateigröße
534 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
argot, wandel, zeit
Arbeit zitieren
Elisa Schneider (Autor:in), 2008, Das französische Argot im Wandel der Zeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172695

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