Adolf Hitler: seit jeher Zielscheibe der ironischen Bösartigkeiten – schon seinerzeit gab es im Ausland Karikaturen aller Art über den Führer. Damals mehr vom ‚politischen Bösewicht’, heute vermehrt von der ‚Privatperson’. Ein, wie ich finde, faszinierendes Phänomen. Neben zahlreichen Anti-Nazi-Karikaturen, die ihn in menschlicher Form darstellten, trieben es die USA im Zweiten Weltkrieg mit ihren antifaschistischen Propaganda-Trickfilmen und Karikaturen (Cartoons), in denen vorzüglich allgemein bekannte Fabeln auf Hitler und seine Zeit übertragen werden, auf die Spitze. Als interessante und wichtige Beispiele hierfür wären die Cartoons der Warner Bros. und der MGM zu nennen. Mitunter wurde die Fabel des Hässlichen Entleins in The Ducktators mit Hitler in der Rolle des missratenen Kindes neu inszeniert, wie auch Adolf Wolf in Blitz Wolf den altbekannten Drei kleinen Schweinchen das Leben schwer macht. Auffällig ist, dass damals wie heute satirische Darstellungen von Adolf Hitler erscheinen, die nie an Wirksamkeit oder Brisanz verlieren – und trotz der scheinbaren Verjährung dasselbe Provokationspotential besitzen. Es stellt sich also die Frage, woher der Drang kommt, die schon längst ikonisierten Attribute der Figur Hitler wieder und wieder zu überzeichnen? Denn eines ist offensichtlich: 60 Jahre nach Kriegsende kann man nicht mehr nur von einem Ikon sprechen, wenn Hakenkreuz und Co. in Karikaturen und Satiren erscheinen. Heutzutage sind aus den einstigen Ikonen Indices geworden, die nie nur für sich selbst stehen. Wenn man nun die Inszenierung des von Bertolt Brecht im Exil geschriebenen Stücks Der Aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui von Heiner Müller am Berliner Ensemble betrachtet, fällt (eines) auf: die Darstellung des Ui, eines in Brecht’scher Manier verfremdeten Hitler-Doubles, ist in jeglicher Hinsicht Satire. Hinzu kommt die Frage: Wann ist er lediglich dargestellt, wann wird er verkörpert? Wie Martin Wuttke als Ui die Lächerlichkeit beider Figuren, des Ui und des Hitler, auf die Spitze treibt und sich bekannter Ikonen und Indices bedient, Steht im Zentrum der Argumentation.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Einleitung
- Hitler verkörpern
- Die Körperlichkeit von Hitler, Ui und Martin Wuttke
- Szene 1: Der Hitlergruß
- Semiotische Analyse
- Die Doppeldeutigkeit einer Geste
- Szene 2: Unfreiwillig im Rampenlicht
- Semiotische Analyse
- Überforderung im ikonischen Zeitraffer
- Szene 3: Nicht Mann, nicht Frau
- Semiotische Analyse
- Entmachtung durch Absurdität
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Arbeit untersucht die satirische Darstellung Adolf Hitlers in Heiner Müllers Inszenierung von Bertolt Brechts "Der Aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" am Berliner Ensemble. Sie analysiert die Körpersprache des Schauspielers Martin Wuttke in der Rolle des Ui, um die Frage zu beantworten, wie die satirische Überzeichnung von Hitlers ikonischen Attributen funktioniert und welche Bedeutung die Körperlichkeit in der Verkörperung einer bereits überzeichneten Figur spielt.
- Die satirische Darstellung von Adolf Hitler in der Theaterinszenierung
- Analyse der Körpersprache des Schauspielers Martin Wuttke in der Rolle des Ui
- Die Bedeutung von Körperlichkeit in der Verkörperung einer überzeichneten Figur
- Semiotische Analyse der Körpersprache und deren Bedeutung in der satirischen Darstellung
- Die Frage nach der Verkörperung versus bloßer Darstellung einer Figur
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Die Einleitung stellt den Ausgangspunkt der Arbeit dar und führt in die Thematik der satirischen Darstellung Adolf Hitlers ein. Sie beleuchtet die historische Relevanz von Hitlers Ikonen und die Frage, warum seine Figur immer wieder zum Gegenstand satirischer Darstellung wird.
Im zweiten Kapitel wird die Körperlichkeit von Hitler, Ui und Martin Wuttke untersucht. Die Analyse fokussiert auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in ihrer Körpersprache und wie diese die satirische Darstellung beeinflussen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Frage, wie Martin Wuttke in seiner Darstellung von Ui die ikonischen Attribute Hitlers überzeichnet und welche Bedeutung die Körperlichkeit für die Verkörperung der Figur spielt.
Die Kapitel 2.2, 2.3 und 2.4 widmen sich der Analyse dreier ausgewählter Szenen aus der Inszenierung. Die semiotische Analyse der Körpersprache beleuchtet die Bedeutung der Gesten, Mimik und Haltung im Kontext der satirischen Darstellung.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen der satirischen Darstellung Adolf Hitlers in der Theaterinszenierung, der Körperlichkeit und Körpersprache, der semiotischen Analyse, der Verkörperung versus Darstellung einer Figur sowie auf den Einfluss der ikonischen Attribute von Adolf Hitler auf die Darstellung im Theater.
- Quote paper
- Aurelia Vowinckel (Author), 2007, Hitler verkörpern - Die satirische Darstellung eines bereits überzeichneten Körpertextes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172930