Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Der aktuelle Stand
3 Funktionen von Medien
4 Die Bedeutung der Musik bei Jugendlichen
4.1 Musikmedien und mediale Musikaktivitäten
4.2 Nichtmediale Freizeitaktivitäten
4.3 Funktion von Musik - Identitätsfindung und Sinnstiftung
5 Abschließendes
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts verstand man unter Medien die nicht-periodischen und periodischen Druckmedien sowie die stehenden Bilder der Malerei, Druckgrafik und Fotografie. Während der Weimarer Zeit erlebten dann die die aufkommenden audiovisuellen Medien Film und Radio in Deutschland ihre erste freie Entwicklung. Doch in der Zeit des Nationalsozialismus, in der die Medien in den Dienst der Propaganda gestellt wurden, stagnierte sie beziehungsweise wurde wieder zurückgeschraubt. Erst nach 1945 entwickelte sich ein Gesamtmedienkomplex aus Druckmedien, stehenden Bildern und audiovisuellen Medien mit Fernsehen und Internet als momentanen Höhepunkt.[1] Die Geschichte der Medien ist lang.
Doch wie sieht die Situation heute aus? Welche Bedeutung haben die Medien für Jugendliche? In meiner Arbeit werde ich mich mit diesem Thema – dem Thema Jugendliche und Medien – beschäftigen. Ich werde zunächst darauf eingehen, wie die mediale Situation heute ist. Danach beleuchte ich die Funktion von Medien, um dann spezifisch auf die Bedeutung und Funktion der Musik bei Jugendlichen einzugehen.
2 Der aktuelle Stand
In unserer heutigen Zeit gibt es eine Vielzahl an Medien, die den Heranwachsenden zugänglich sind. Die Furcht, dass sie dadurch überfordert sein könnten, ist die Furcht der Erwachsenen davor, dass ihre Einflüsse geringer werden könnten. Doch „über Massenmedien, insbesondere Radio, Fernsehen und Internet, können sich Jugendliche heute manchmal virtuoser als ihre Eltern Informationen und Impulse für Freizeitgestaltung und damit für ihre Persönlichkeitsentwicklung holen.“[2] Dies kann zwar in Konkurrenz zu den Einflüssen des Elternhauses und der Schule stehen – muss es aber nicht zwingend. Auch hier zeigt sich, dass die soziale Herkunft den Ausschlag für das gesamte Freizeitverhalten gibt. Sie sorgt beispielsweise bei den Jugendlichen aus gut situierten Familien vorwiegend für eine Verstärkung der Impulse aus dem Elternhaus. „Jugendliche aus den oberen sozialen Schichten beschäftigen sich in ihrer Freizeit besonders häufig mit Lesen, mit kreativen oder künstlerischen Aktivitäten und pflegen ihre sozialen Kontakte: wir haben diese Gruppe als »kreative Freizeitelite« bezeichnet.“[3] Bei den Jugendlichen aus sozial benachteiligten Familien allerdings hat das „Flüchten“ in die Gleichaltrigengruppe mit ihrer charakteristischen Freizeitkultur eine andere Bedeutung. Speziell männliche Jugendliche aus der Unterschicht bilden die Gruppe der Technikfreaks, die ihre Freizeit primär mit Computerspielen und Fernsehen verbringen. Vereinigt sich dies mit einer Abwendung von Schule und Berufsausbildung, liegt ein riskantes Abrücken von gesellschaftlichen Konditionen vor.[4]
Zusammenfassend ist zu sagen: Wer als Kind und Jugendlicher in einer vertrauensschaffenden Atmosphäre aufwächst, die verbunden ist, mit einem kontinuierlichen Austausch mit Bezugspersonen, kann mit allen Medien entspannt umgehen.[5]
3 Funktionen von Medien
Medien haben die unterschiedlichsten Funktionen in unserem Alltag – sie befriedigen die verschiedensten Bedürfnisse und Zwecke. Größtenteils nutzen wir die Medien multifunktional. So dient auch eine Zeitung – die zwar hauptsächlich dem Zweck der Information zu dienen scheint – ebenfalls der Unterhaltung. Das Fernsehen wird gebraucht zur Unterhaltung, zum Vertreiben von Langeweile, es bedient Eskapismus-Motive[6] usw. Die Musikmedien dienen wiederum gerade Jugendlichen vor allem zur Regulierung von Stimmungen. Hinzu kommt die soziale Funktion der Medien, die beispielsweise darin besteht, dass in Familien oder jugendlichen Peergroups Medieninhalte zu Gesprächanlässen werden.[7] Alles in allem kann man also von einer Funktionsvielfalt der Medien sprechen, welche sich allerdings nicht einzelnen Medien zugeordnet werden kann.
Ausschlaggebend sind immer jedoch die subjektiven Bedürfnisse der Mediennutzer, welche sich aus der Ansammlung der Medienangebote ihr eigenes „Programm“ zusammenstellen. Diese Auswahl wiederum ist nicht zufällig, sondern abhängig von „Interessen und Vorlieben, Anregungen und eingeschliffenen Gewohnheiten, medienbiographischen Erlebnissen, Lebenslagen sowie den persönlichen entwicklungsbezogenen Themen, die jeweils gerade interessant sind.“[8]
Medien haben zwar einen großen Stellenwert bei den Jugendlichen, jedoch genießt das Zusammensein mit Freundinnen und Freunden eine weit höhere Priorität. Des Weiteren verändern sich Medienumgang und Mediennutzung in der Jugendzeit ständig. Auch wird zunehmend eine kritische Distanz gegenüber den Medien aufgebaut. So spielt das Fernsehen bei 13- bis 14jährigen noch eine bedeutende Rolle, während es mit 15 oder 16 Jahren zu einem Sättigungseffekt bei den Jugendlichen kommt, da ihnen durch das wiederholte Sehen von Serien und Spielfilmen vieles bekannt ist, da besonders die Serien häufig ein gleiches oder ähnliches „Strickmuster“ aufweisen. So werden aus den „Vielsehern“ mit zunehmendem Alter „Normalseher“. Ein weiterer Aspekt, der die Bedeutung von Fernsehen immer mehr abklingen lässt, ist, dass in dem Alter ab 15/16 Jahren die Pflege von Freundschaftsbeziehungen und Peer-Kontakten zunehmend wichtiger wird und immer mehr Zeit für schulische und andere Verpflichtungen aufgewendet wird. Auch andere Medien gewinnen in diesem Alter mehr und mehr an Bedeutung – wie zum Beispiel Kino, Musikmedien etc. Doch davon unabhängig bleiben viele Jugendliche ihren früheren Lieblingsfilmen und ihrer Lieblingsmusik treu. Das frühe Jugendalter wirkt also demzufolge geschmacksprägend.[9]
Der Medienumgang der Jugendlichen ist sowohl themenzentriert, als auch „flanierend“[10]. Das heißt, dass sie zum einen eine gezielte Auswahl treffen, andererseits das Programm auch abgesucht wird, bis man ein interessantes Angebot findet, welches die Themen, Fragen oder Lebenssituationen der Jugendlichen ausdrückt. Speziell die Lieblingsfilme der Jugendlichen haben immer auch mit ihrer persönlichen Situation zu tun – sei es symbolisch oder auch unmittelbar. Die Filme sind quasi ein Schlüssel zur Situation und den Themen der Jugendlichen.[11]
Die Themen, die die Jugendlichen besonders interessieren – wie ihre Lieblingsfilme zeigen – kreisen vor allem um Frauen- und Männerbilder, die Verlässlichkeit von Beziehungen und den Wunsch nach Nähe und emotionaler Sicherheit. Wenn dann die Jugendlichen ihre eigenen Erfahrungen und Themen in den Medien wieder finden, kommt es zu einem starken Medienerleben. Hier gewinnen die Medien eine große Bedeutung für die Selbstvergewisserung der Jugendlichen. Dieser Prozess beginnt mit circa 13 bis 14 Jahren – dann, wenn sich die persönlichen Themen wie Abgrenzung gegenüber den Eltern, Rebellion gegenüber Autoritäten usw. herausbilden. Mit 15 bis 16 Jahren wird das persönliche Thema dann nachdrücklicher und den Jugendlichen noch länger beschäftigen. Erst später wird den Jugendlichen ihr jeweiliges Thema deutlich bewusst. Erstaunlich ist, dass bestimmte frühere Lieblingsfilme die Jugendlichen auch nach 5 Jahren noch ansprechen und wichtig waren. Dies ist damit zu deuten, dass die darin behandelten Themen und Problemlagen über einen längeren Zeitraum ihre Aktualität behalten. Dies soll jedoch nicht bedeuten, dass sich jede Mediennutzung auf ein persönliches oder Entwicklungsthema begründen lässt. Doch genau diese Medieninhalte sind von besonderer Bedeutsamkeit. „In den Medien suchen und finden die Jugendlichen neue Aspekte ihres jeweiligen Themas, stellen ihr Selbstbild und ihre Weltsicht in Frage und entwickeln sich daran auch weiter.“[12]
Eine soziale Funktion von Medien ist darin zu sehen, dass – wie oben schon einmal erwähnt – Medieninhalte sowohl in den Peergroups als auch in den Familien einen selbstverständlichen Bestandteil der Kommunikation im Alltag darstellen. Weiterhin geben sie auch einen Rahmen für gemeinsame Tätigkeiten ab.[13] In den meisten Familien wird sehr viel über das Fernsehen und andere Medien geredet. Diese Art von Austausch dauert bis zum 15. Lebensjahr. Auf Seiten der Eltern kann dies unter Umständen auch als Kontrolle oder Verstehenwollen des Medienkonsums ihrer Kinder gedeutet werden. Die Jugendlichen nutzen diese Gespräche, um eigene Wünsche, Gedanken, Ängste, Fragen und Probleme einzubringen, ohne direkt sich selbst reden zu müssen. So können Eltern erkunden, was ihre Kinder beschäftigt und die Generationen kommen – besonders, wenn es um heikle Themen geht – auf diese Art und Weise leichter ins Gespräch. Jugendliche verwenden dabei auch häufiger das Stilmittel der Provokation, um die Eltern – aber auch sich selbst – zu testen. So erkennen sie unter anderem Standpunkte ihrer Eltern – so etwa, warum sie bestimmte Inhalte heftig ablehnen, die vielleicht sogar mit ihrer eigenen Medienbiographie zu tun haben.[14] Solche medienbezogene oder medienbiographische Gespräche „sind in dieser Hinsicht ein Beispiel für eine pädagogische Strategie, die Dieter Baacke als ‚Austausch von Kompetenzen’ bezeichnete.“[15]
Stark handlungsleitend ist das unmittelbare Vorbild des elterlichen Medienumgangs. Sogar Peergroup-Einflüsse können die in der Familie geprägten Mediengewohnheiten nicht verdrängen. Auch wenn jugendliche diese Gewohnheiten vorübergehend stark in Frage stellen, bleibt es trotz allem wirksam. Somit ist es von großer Wichtigkeit, dass besonders die Eltern ihren Medienumgang reflektieren sollten.[16]
[...]
[1] Kerlen, Dietrich; Rath, Matthias (Hrsg.); Marci-Boehncke (Hrsg.): Jugend und Medien in Deutschland. Eine kulturhistorische Studie. Weinheim, Basel: Beltz Verlag, 2005. S. 43.
[2] Shell: 15. Shell Jugendstudie. Jugend 2006. Onlinepublikation, http://www.shell.com/home/Framework?siteId=de-de&FC2=/de- de/html/iwgen/leftnavs /zzz_lhn12_7_0. html&FC3=/de-de/html/iwgen/about_shell/Jugendstudie/2006/Jugendstudie2006_start.html, Stand: 21.02.2007, 15:42 Uhr.
[3] Vgl. ebd.
[4] Ebd.
[5] Ebd.: Kerlen, Dietrich; Rath, Matthias (Hrsg.); Marci-Boehncke (Hrsg.): Jugend und Medien in Deutschland. Eine kulturhistorische Studie. Weinheim, Basel: Beltz Verlag, 2005. S. 181.
[6] Flucht aus dem Alltag
[7] Ebd. Vollbrecht, Ralf: Jugendmedien. Tübingen: Niemeyer, 2002. S. 2.
[8] Vgl. ebd. S. 2.
[9] Ebd. S. 3.
[10] Vgl. ebd. S. 4.
[11] Ebd. S. 4.
[12] Vgl. S. 4.
[13] Ebd. S. 4.
[14] Ebd. S. 5.
[15] Vgl. ebd. S. 5.
[16] Ebd. S. 5.