Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Zur Vorgeschichte des Mauerbaus
3. Wirtschaftliche und Politische Entwicklung nach dem Mauerbau
4. Zum Fall der Mauer
5. Die Symbolische Bedeutung für Europa
6. Das Gedenken
6.1. Mauermythos und Realität
7. Resümee
8. Literatur
1. Einleitung
Wie kaum ein anderes Bauwerk symbolisierte die Berliner Mauer die Ost west-Spaltung und den Kalten Krieg. Was von der einen Seite als „Antifaschistischer Schutzwall“ glorifiziert wurde, galt der Bundesrepublik Deutschland und ihren westlichen Alliierten als mahnendes Zeichen der deutschen Trennung. Diese ablehnende Haltung fand etwa in der häufig verwendeten Forderung „Weg mit der Mauer!“ ihren Ausdruck. Nach der Selbstauflösung der Ostblockstaaten und dem Ende der bipolaren Welt wurde die Demontage der Berliner Mauer zum erneuten Symbol – diesmal für die vermeintlich überwundenen Barrieren zwischen Osten und dem Westen. Dieser Zukunftsoptimismus der abgebauten Grenzen beeinflusste auch das europäische Selbstverständnis.
Europa sollte zusammenwachsen, nationalstaatliche Differenzen sollten überwunden werden. Bisher eher eine Domäne der Rechten, wurde das Vereinigte Europa und damit die Europäische Union zu einer fortschrittlichen Alternative zu Provinzialismus und Nationalismus. Die Geschichte hat gezeigt, dass dieser Optimismus verfrüht war. Die „neue Weltordnung“ hat die Welt nicht friedlicher gemacht. Heute herrscht nicht nur bei ehemaligen Bürgerinnen und Bürgern so etwas wie eine DDR-Nostalgie, auch viele der Bundesrepublik betrachten heute sowohl die Kosten als auch die politischen Folgen der Wiedervereinigung kritisch. Tatsächlich fanden die 20-Jahrfeiern, mit denen dem Fall der Berliner Mauer gedacht wurde, in einer eher ernüchterten Stimmung statt, die sich stark von der damaligen Jubelstimmung unterschied.
Ich möchte in meiner Arbeit zuerst die Vorgeschichte untersuchen, die zum Bau der Berliner Mauer geführt hat. Ich werde in der nötigen Kürze die politischen und ökonomischen Entwicklungen beschreiben, die den schließlich Fall bewirkten. Danach möchte ich mit der Gedenkkultur den Symbolwert der Mauer behandeln und wie sich der „Mauermythos“ und die Realität widersprechen. Abschließen möchte ich mit einem Resümee aus heutiger Sicht. Dabei versuche ich auf folgende Fragen einzugehen:
Was waren die wichtigsten Gründe, die zum Bau der Berliner Mauer führten?
Worin bestand der Symbolgehalt der Mauer, sowohl bei ihrem Bestehen als auch ihr Fall?
Welche Entwicklungen führten zu ihrem Abbau?
Welche Auswirkungen hatten der Fall der Mauer und die deutsche Wiedervereinigung für den europäischen Einigungsprozess?
Wie gestaltet sich die Gedenkkultur zum Mauerfall?
2. Zur Vorgeschichte des Mauerbaus
Der Sieg der Alliierten über das nationalsozialistische Deutschland führten zur Teilung des Landes. Am 23. Mai 1949 wurde die Bundesrepublik Deutschland ausgerufen, als Reaktion darauf gründete sich am 7. Oktober 1949 die Deutsche Demokratische Republik (DDR) in der Sowjetischen Besatzungszone. Berlin war von der Roten Armee im Alleingang befreit worden, dennoch beanspruchten auch die Westmächte ihren Einfluss in der Stadt. Berlin wurde wie ganz Deutschland in Sektoren unter den Siegermächten aufgeteilt. Es gab zwar mehrere Verhandlungen über die Wiedervereinigung der geteilten Stadt, die aber letztlich zu keinen Ergebnissen führten.
„Die Stadtkommandanten arbeiteten in der Allied Kommandantur mit Sitz in Dahlem zusammen. Da Berlin inmitten der Sowjetischen Besatzungszone lag, bestanden Amerikaner, Briten und Franzosen auf freien Zugangswegen, die Moskau ihnen auch bereitwillig zusicherte.“[1]
Doch die vorübergehenden Übereinkommen konnten nicht über die Feindschaft hinwegtäuschen, die zwischen kapitalistischem und sozialistischem System bestanden. Der Kalte Krieg hatte begonnen und aus den Verbündeten der „Antihitler-Koalition“ des 2. Weltkriegs Konkurrenten gemacht. 1948 führte eine Währungsreform, von der nur die westlichen Besatzungszonen betroffen waren, zur Beendigung der Landverbindungen zwischen Berlin und Westdeutschland. Daraufhin wurde eine Luftbrücke eingerichtet, um die Berliner Westsektoren mit Waren zu versorgen.[2]
Nachdem sowjetische Truppen 1953 gegen einen Volksaufstand eingesetzt worden waren, verließen immer mehr Menschen die sowjetische Besatzungszone.
Die Flüchtlingswellen aus dem sowjetischen Sektor in die westlichen Besatzungszonen führten zusätzlich zu einer Zuspitzung der Krise. Durch die Abwanderung von Arbeits- und Schlüsselkräften litt die Wirtschaft der DDR. 1952 wurde durch einen Erlass der SED die Demarkationslinie zwischen der DDR und der Bundesrepublik gesperrt. In Berlin waren von diesen Maßnahmen 200 von den insgesamt 277 innerstädtischen Übergängen betroffen.[3] Dennoch übersiedelten bis 1961 noch ungefähr zwei Millionen Menschen aus der DDR nach Westdeutschland. Insgesamt waren es seit der Staatsgründung fast drei Millionen, die dem Land den Rücken kehrten.
Die SED warf Westdeutschland nicht nur die Abwerbung von Experten und Akademikern vor, sondern auch gezielte Sabotage und die Infiltration durch westliche Geheimdienste und Spione. Stalins Nachfolger Chrustschow setzte 1958 ein Ultimatum fest, in der die „Entmilitarisierung Westberlins“ und der Abzug der westlichen Alliierten gefordert wurden.[4] Als Alternative wurde die Wiedervereinigung der Stadt vorgeschlagen, die danach Teil der DDR werden sollte. 1961 fand in Wien ein Gipfeltreffen zwischen dem amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy und Chrustschow statt, auf dem über den künftigen Status von Berlin verhandelt wurde. Die Diskussion eskalierte und beide Seiten drohten sich mit Krieg.[5]
Am 13. August 1961 wurde mit dem Bau der Mauer begonnen. Dieser Akt wurde in den beiden Teilen Deutschlands höchst unterschiedlich interpretiert. Die DDR legitimierte die Mauer mit dem Schutz vor westlicher Sabotage. Sie nannten sie „antifaschistischer Schutzwall“, um auf die Kontinuität des politischen Systems in der BRD mit dem Faschismus hinzuweisen, während die DDR das andere Deutschland repräsentieren würde. Außerdem sei damit ein Atomkrieg zwischen den Supermächten, wie er beim Wiener Gipfeltreffen angedroht wurde, verhindert worden. Die Berliner Mauer wurde in der westlichen Propaganda des Kalten Kriegs zum Symbol für den „Gefängnischarakter“ der DDR, die ihre eigenen Bürger einsperrt, um ihnen das sozialistische System aufzuzwingen.
3. Wirtschaftliche und Politische Entwicklung nach dem Mauerbau
Die wirtschaftliche Entwicklung nach 1961 erlebte zunächst einen Aufschwung und verschaffte der DDR einen mit Westdeutschland vergleichbaren Lebensstandard. Ermöglicht wurde das primär durch Unterstützung der Sowjetunion, wobei hier vor allem den Lieferungen von Erdöl eine große Bedeutung zukam.
„Mit dem Bau der Erdölleitung `Freundschaft' war seit Mitte der sechziger Jahre sowjetisches Erdöl in ständig steigender Menge ins Land geflossen. Hatte bis dahin die Energie- und Rohstoffbasis der DDR-Industrie vor allem aus der heimischen Braunkohle bestanden, so wurden nun moderne Fabriken errichtet, die das sowjetische Erdöl verarbeiteten – für den Eigenbedarf der DDR, aber auch für den Westen.“[6]
Für dringend benötigte Devisen wurde das Öl also auch an den Westen verkauft. Gleichzeitig nahm die DDR aber auch hohe Kredite auf, um die soziale Sicherheit im Land aufrechtzuerhalten Lebensmittel und der Wohnungsbau wurden hoch subventioniert. Damit hoffte die DDR, soziale Unruhen zu verhindern und die Bevölkerung zufrieden zu stellen. Dadurch verschuldete sich das Land immer stärker, vor allem bei westdeutschen Banken.[7] Gleichzeitig versuchte die DDR, die Überlegenheit des Sozialismus zu propagieren und deshalb die Wirtschaftsentwicklung voranzutreiben. Ein Wettbewerb, den die DDR angesichts des deutschen Wirtschaftswunders nur verlieren konnte. 1981 wurden die Erdöllieferungen um 17 Tonnen gekürzt, da die Sowjetunion selbst um ihr wirtschaftliches Überleben kämpfte. Dadurch stürzte die DDR mehr und mehr in ein ökonomisches Desaster. Die veralteten Braunkohlebetriebe wurden wieder aktiviert, um die Abhängigkeit vom Erdöl zu verringern, was auch verheerende Umweltschäden anrichtete. Neue Kredite wurden aufgenommen und die DDR näherte sich dem Staatsbankrott. Die Auslandsschulden erreichten 1987 bereits 35 Milliarden DM.[8]
Politisch sorgten die eingeschränkte Parteienlandschaft, die Beschneidung der Meinungsfreiheit und die Einschränkung der Reisefreiheit, die vor allem durch die Mauer symbolisiert wurde, für Unzufriedenheit. Immer wieder versuchten DDR-Bürger, nach Westdeutschland zu flüchten. Bis zu 200 Personen starben durch die Todesschüsse an der Berliner Mauer. 1971 gab es einen Wechsel an der Spitze der SED. Erich Honecker folgte dem abgesetzten Walter Ulbricht nach. Entgegen seinem späteren Image bemühte sich Honecker um Reformen. Es gab zunächst eine deutliche Entspannungspolitik zwischen Kapitalismus und Realsozialismus, der sich etwa im Viermächteabkommen von 1971 zeigte.
[...]
[1] Flemming, Thomas/Koch, Hagen: „Die Berliner Mauer“, bebra Verlag, Berlin, Brandenburg 2004, S. 29
[2] Vgl.: Ebda.
[3] Vgl. Ebda. S. 30/31
[4] Ebda.
[5] Ebda., S. 33-35
[6] Knopp, Guido: „Goodbye DDR“, Bertelsmann Verlag, München 2005, S. 216/217
[7] Vgl. :Ebda., S. 216
[8] Vgl. Ebda. S. 217-225