Musik und Religion sind bereits seit Urzeiten Bestandteile menschlicher Kulturen. Sie
stehen in vielerlei Beziehungen zueinander, die weit über das Orgelspiel und den
Gemeindegesang in der Kirche hinausgehen. In der durchästhetisierten (post-)modernen
Welt hat die Musik als ein Teilgebiet ästhetischer Wirklichkeitsgestaltung eine
gesellschaftliche Leitfunktion inne, während die tradierte Religion offenkundig an
Bedeutung verliert. In den vergangenen Jahren begann sich vorrangig die theologische
Forschung dem Verhältnis von Religion und Musik zuzuwenden, dabei meist mit dem
Blick auf die praktische Funktion der (Pop-)Musik für Religionspädagogik und
Liturgie. In den Religionswissenschaften hingegen blieb die Komplexität des Themas
bis auf wenige Publikationen weitgehend unbeachtet. Zwar gibt es zahlreiche
Untersuchungen zu den Beziehungen zwischen Religion und Musik in modernen
Gesellschaften, diese gehen in der Regel jedoch kaum über das Phänomen der Rockund
Popmusik mit ihrem Starkult hinaus. Hauptsächlich die Psychologie und die
Neurowissenschaft sind es, die die Auswirkungen der Musik auf den Menschen
umfassend erforschen und ihren Blick dabei auch auf die musikalische als eine
außergewöhnliche, transzendente oder gar religiöse Art der Erfahrung richten. Dieser
Mangel an religionswissenschaftlichen Studien legt es nahe, die komplexen
Verhältnisse der beiden Phänomene Musik und Religion unter Einbeziehung der
Forschungsergebnisse anderer Disziplinen zu untersuchen. Die vorliegende Arbeit
unternimmt den Versuch, diese Beziehungen systematisch darzustellen, dabei kann es
jedoch nicht ihr Anspruch sein, diese Verhältnisse in ihrer Gesamtheit zu analysieren,
da dies den Rahmen übersteigen würde. Auf eine ausführliche Darstellung religiöser
Themen und Gehalte in der Musikgeschichte wird somit verzichtet. Die Arbeit
beleuchtet vielmehr die Funktion der Musik in den unterschiedlichen Religionen aus
historischer Perspektive und erörtert, wie musikalische Klänge es vermögen, intensive
Erfahrungen in den Menschen auszulösen, die sich bis ins Transzendente steigern
können. Dies bedarf im Vorfeld einer Klärung der Frage, was sich heutzutage unter dem
Begriff „Religion“ verstehen lässt und welche Funktionen der Religion in der modernen
Gesellschaft zukommen.[...]
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Religion
- II.1. Was ist Religion? - Versuch einer Begriffsdefinition
- II.1.1. Substanzialistische Bestimmung.
- II.1.2. Funktionalistische Bestimmung.
- II.1.3. Das Ritual im Zentrum religiöser Praxis
- II.2. Funktion der Religion für die Gesellschaft und das Individuum
- II.3. Wandel der Religion – Verschwinden oder Wiederkehr?.
- II.3.1. Die Säkularisierungsthese.
- II.3.2. Die unsichtbare Religion .........
- II.3.3. Neue Formen von Religiosität
- II.3.3.1. New Age und Esoterik .
- II.3.3.2. Religiöse Züge säkularer Phänomene
- II.4. Die ästhetische Dimension der Religion und die Ästhetisierung des Lebens.....
- II.4.1. Zum Begriff der Ästhetik.
- II.4.2. Wahrnehmung und Erfahrung als Voraussetzungen moderner Religiosität ....
- III. Musik
- III.1. Was ist Musik? - Versuch einer Begriffsdefinition...
- III.2. Musik als Gegenstand ästhetischer Betrachtung
- III.3. Funktion und Wirkung von Musik......
- III.3.1. Arten der durch Musik ausgelösten Wirkungen .
- III.3.2. Einflussnehmende Faktoren.....
- III.3.3. Gesang
- IV. Zur Verbindung von Musik und Religion
- IV.1. Die Ursprünge der Musik - Ritual und Schöpfungsmythen
- IV.2. Religiöse Musik.
- IV.3. Das Konzert als Ritual
- IV.4. Zum Verhältnis musikalischer und religiöser Erfahrung
- IV.5. Musik und Transzendenz.......
- IV.5.1. Die magisch-ekstatische Dimension der Musik.
- IV.5.2. Transzendente Erfahrungen im Musikerleben...
- IV.6. Die heilend-seelsorgerische Funktion der Musik.
- IV.6.1. Die besondere Bedeutung des (Chor-)Singens.......
- V. Filmanalyse „Wie im Himmel“
- V.1. Begründung der Wahl des Films, Methode und Ziel der Untersuchung.
- V.2. Handlung des Films
- V.3. Analyse
- V.3.1. Christlich-religiöse Symbolik und der Blick auf die tradierte Religion
- V.3.2. Die Wirkung der Musik auf die Protagonisten im Film
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der komplexen Beziehung zwischen Musik und Religion in der modernen Gesellschaft. Sie untersucht, wie Musik als ästhetisches Phänomen religiöse Züge annehmen und sogar die Funktion der Religion übernehmen kann. Die Arbeit analysiert die Rolle von Musik in verschiedenen Religionen, insbesondere die Fähigkeit, intensive, transzendente Erfahrungen hervorzurufen. Die zentralen Themenschwerpunkte sind: * Die Definition von Religion und ihre Funktionen in der heutigen Gesellschaft * Die Rolle der Musik als ästhetisches Phänomen und ihre Auswirkungen auf den Menschen * Die Verbindung von Musik und Religion, insbesondere in Bezug auf Ritual und Transzendenz * Die Analyse des Films „Wie im Himmel" als Beispiel für die Wirkung von Musik auf das Individuum und die Gemeinschaft * Die Frage, ob ästhetische Erfahrungen die Funktionen der Religion übernehmen könnenZusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und stellt die Relevanz des Verhältnisses zwischen Musik und Religion in der modernen Gesellschaft dar. Sie betont die mangelnde religionswissenschaftliche Forschung zu diesem Thema und die Notwendigkeit, die komplexen Beziehungen dieser beiden Phänomene systematisch zu beleuchten. Das zweite Kapitel widmet sich der Definition des Begriffs "Religion" und untersucht verschiedene Ansätze, darunter substanzielle und funktionale Definitionen. Es analysiert die Rolle der Religion in der Gesellschaft und behandelt die Säkularisierungsthese sowie die Entstehung neuer Formen von Religiosität, wie z.B. New Age und Esoterik. Das dritte Kapitel fokussiert auf das Phänomen der Musik. Es untersucht die Definition des Begriffs "Musik" und analysiert die Funktion und Wirkung von Musik auf den Menschen. Die Kapitel behandelt verschiedene Arten der durch Musik ausgelösten Wirkungen, wie z.B. emotionale Reaktionen und kognitive Prozesse. Das vierte Kapitel analysiert die Verbindung von Musik und Religion und betrachtet die Ursprünge der Musik in Ritual und Schöpfungsmythen. Es untersucht die Rolle von religiöser Musik, das Konzert als Ritual und das Verhältnis zwischen musikalischen und religiösen Erfahrungen. Das Kapitel beleuchtet auch die transzendente Dimension der Musik und ihre heilend-seelsorgerische Funktion. Das fünfte Kapitel ist der Filmanalyse von "Wie im Himmel" gewidmet. Es erläutert die Begründung der Wahl des Films, die Methode und das Ziel der Untersuchung. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse der christlichen Symbolik und der Wirkung der Musik auf die Protagonisten des Films.Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Begriffen Religion und Musik, wobei die ästhetische Dimension der Religion, die Funktion der Musik, das Ritual und die Transzendenz zentrale Themen sind. Weitere wichtige Begriffe sind: Säkularisierung, neue Formen von Religiosität, ästhetische Erfahrung, musikalische Wirkung, Film, "Wie im Himmel".- Arbeit zitieren
- Berit Stehr (Autor:in), 2011, Musik und Religion. Konkretionen zum Verhältnis von ästhetischer und religiöser Erfahrung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/173610