Vor mehr als zehn Jahren wurde von Kreyenfeld, Spieß und Wagner die Frage gestellt, ob man mit Wettbe-werb statt dem öffentlich geplanten Angebot durch den Staat die Kinderbetreuung verbessern könnte. Sie argumentierten, dass mit der Vergabe von Betreuungsgutscheinen nicht nur die Versorgungsquote erhöht sondern auch die Finanzierung effizienter gesteuert werden könnte und so das Angebot bedarfsgerechter ausgestaltet werden kann. Außerdem versprach man sich durch die steigende Marktmacht der Eltern eine steigende pädagogische Qualität. Auch der Punkt der Chancengleichheit für Kinder mit unterschiedlichem sozialen Hintergrund stellte ein wichtiges Ziel dar. Nicht zuletzt sollte durch den Einsatz der Gutscheine Eltern eine bessere Balance zwischen Erwerbsleben und Familienalltag eröffnet und die Erwerbstätigkeit der Frau erhöht werden. Hinter den Forderungen von Spieß und Wagner steht die Einsicht, dass ein durch staat-liche Planungsvorgaben und Finanzierungsausstattung reguliertes Kita-System nicht (mehr) geeignet ist den Bedürfnissen von Eltern und Kindern Rechnung zu tragen. Was umgehend benötigt wird, ist eine grundle-gende Veränderung des bestehenden objektfinanzierten Systems hin zu einem System welches sich folgende Kriterien als Ziel gesetzt hat: Ein Rechtsanspruch auf eine Ganztagbetreuung für jedes Kind, Entlastung der Eltern von den Betreuungskosten, Erhöhung der Kita-Qualität hinsichtlich Bildung, Betreuung und Erzie-hung, Nachfrageorientierung der Eltern sowie einen Ausgleich der sozialen Selektion. Bezüglich dieser langen Palette an reformbedürftigen Punkten kann man durchaus berechtigte Zweifel hegen, ob dies alles auf einmal überhaupt durchsetzbar ist. Betreuungsgutscheine stellen momentan hinsichtlich der genannten For-derungen das beste Finanz- und Steuermodell dar und stellen andere Formen der Subjektsubvention wie Steuererleichterungen oder direkte Transferzahlungen eindeutig in den Schatten.
Heute, mehr als sieben Jahre nach der Einführung des Kita - Gutscheinsystems in Hamburg im Jahre 2003 und mehr als vier Jahre nach der Einführung in Berlin im Jahre 2006, ist man in der Lage zu überprüfen, ob die Erwartungen und Ansprüche welche an das Gutscheinsystem gestellt wurden, erfüllt worden sind.
Table of Contents
- 1. Einleitung
- 2. Status Quo des Finanzierungs- und Organisationsmodells institutioneller Kinderbetreuung in Deutschland
- 2.1 Historischer Rückblick - von der „Kinderverwahranstalt“ zum heutigen Angebot von Kindertageseinrichtungen
- 2.2 Strukturprinzipien des derzeitigen Kinderbetreuungssystems
- 2.2.1 Vereinbarkeit von Beruf und Kind – Frauenerwerbstätigkeit und Kinderbetreuung
- 2.2.2 Chancengleichheit und Qualität der derzeitigen Kinderbetreuung
- 2.2.3 Objektfinanzierung und Organisation institutioneller Kinderbetreuung in Deutschland
- 3. Subjektsubventionierung über Gutscheine als neues Steuerungsinstrument
- 3.1 Unterschiedliche Formen der Subjektsubvention
- 3.2 Ausgestaltungsmöglichkeiten von Gutscheinen im Rahmen der Subjektförderung
- 3.2.1 Einheitliche und differenzierte Gutscheine und deren sozialpolitische Auswirkungen
- 3.2.2 „Open-ended Vouchers“ und „ended Vouchers“ und deren sozialpolitischen Auswirkungen
- 3.2.3 Weitere wichtige Gestaltungsparameter für ein erfolgreiches Gutscheinsystem
- 3.3 Kritische Betrachtung von Gutscheinen – Halten sie wirklich was sie versprechen?
- 4. Reformansatz für ein bedarfsgerechteres und wirtschaftlich effizienteres System der institutionellen Kinderbetreuung
- 4.1 Betreuungsgutscheine als Form der Subjektförderung in Kombination der Kinderkasse als Parafiskus
- 4.1.1 Der Couponhandelsansatz mittels Betreuungsgutscheinen
- 4.1.2 Erweiterungsansatz der subjektbezogenen Finanzierung
- 4.1.2 Fazit der Pilotprojekte von Gutscheinsystemen in Hamburg und Berlin
- 4.2 Das Nursery Education Voucher Scheme - Fazit eines praxiserprobten Systems
- 5. Eine Zusammenfassung: Kritische Betrachtung des Gutscheinsystems und weiterer Handlungsbedarf
Objectives and Key Themes
Die Seminararbeit befasst sich mit der Reform des Kinderbetreuungssystems in Deutschland. Sie analysiert die Herausforderungen des bestehenden objektfinanzierten Systems, das nicht mehr den Bedürfnissen von Eltern und Kindern gerecht wird. Die Arbeit untersucht die Potenziale von Gutscheinsystemen als Form der Subjektsubvention zur Verbesserung der Kinderbetreuung.
- Die Reform des Kinderbetreuungssystems in Deutschland
- Bewertung des bestehenden objektfinanzierten Systems
- Potenziale von Gutscheinsystemen zur Verbesserung der Kinderbetreuung
- Ausgestaltungsmöglichkeiten und kritische Betrachtung von Gutscheinsystemen
- Konkrete Reformansätze und Erfahrungen aus der Praxis
Chapter Summaries
Die Einleitung stellt die Problemstellung des Kinderbetreuungssystems in Deutschland dar und führt die wichtigsten Zielsetzungen und Herausforderungen des Themas vor Augen. Anschließend wird in Kapitel 2 der historische Rückblick und der aktuelle Status Quo des Kinderbetreuungssystems in Deutschland beleuchtet. Dabei werden wichtige Aspekte wie die Vereinbarkeit von Beruf und Kind, Chancengleichheit und Qualität der Kinderbetreuung sowie die aktuelle Finanzierungsstruktur beleuchtet. Kapitel 3 widmet sich der Subjektsubventionierung über Gutscheine als alternatives Steuerungsinstrument. Es werden verschiedene Formen der Subjektförderung und Ausgestaltungsmöglichkeiten von Gutscheinen dargestellt und deren sozialpolitische Auswirkungen analysiert. Kapitel 4 erörtert konkrete Reformansätze für ein bedarfsgerechteres und wirtschaftlich effizienteres Kinderbetreuungssystem. Es wird ein Gutscheinmodell vorgestellt, das die Erfahrungen aus Pilotprojekten und dem "Nursery Education Voucher Scheme" in Großbritannien berücksichtigt. Schließlich fasst Kapitel 5 die kritische Betrachtung des Gutscheinsystems zusammen und zeigt den weiteren Handlungsbedarf auf.
Keywords
Die Seminararbeit behandelt Themen wie Kinderbetreuung, Gutscheinsysteme, Subjektsubvention, Objektfinanzierung, Frauenerwerbstätigkeit, Chancengleichheit, Kindertageseinrichtungen, Kita-Reform, Pilotprojekte, "Nursery Education Voucher Scheme", sozialpolitische Auswirkungen. Die Arbeit fokussiert auf die Verbesserung der Kinderbetreuung in Deutschland und die Suche nach einem bedarfsgerechteren und wirtschaftlich effizienteren System.
- Arbeit zitieren
- Silke Jeanette Schwendemann (Autor:in), 2011, Gutscheinsysteme – Reformansätze im Bereich der Kindertagesstätten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/173836