Menschenopfer und der damit häufig verbundene Kannibalismus sind brisante Themen, die sich seit
jeher und global leitmotivisch durch Literatur, Kunst und mündliche Überlieferungen ziehen.
Auch in der heutigen Zeit hat dieses Thema nichts von seiner einstigen Brisanz eingebüßt. Die
Spannung aus Ekel und Faszination, die von diesem Thema ausgeht, zog nicht nur seit jeher
Wissenschaftler in ihren Bann, sondern inspirierte auch Künstler, Autoren und Regisseure bis in die
Gegenwart. (Man denke nur an den Psychothriller „Das Schweigen der Lämmer“, der mit dem
Tabubruch, der Darstellung von kulinarischem Kannibalismus bei einem Intellektuellen, eine neue Ära
der subtilen Grausamkeit in der filmerischen Darstellung einläutete und die Leitfigur Hannibal Lecter
zur Kultfigur erhob.) Doch Kannibalismus und Menschenopfer sind nicht nur archaische Phänomene;
bis in die heutige Zeit werden sie praktiziert (man denke nur an den aufsehenserregenden Fall von
Rotenburg)1 und als verleumderisches Element eingesetzt (z.B. in der nationalsozialistischen
Propagandazeitschrift „Der Stürmer“ gegen die Juden), wenngleich sich Faktoren wie
gesellschaftliche Akzeptanz, Häufigkeit und Art der Vorkommnisse sowie Motive verschoben haben. Menschenopferungen sind aus allen Erdteilen überliefert, die Tötungsrituale wiederholen sich in allen
Kulturen und reichen vom ertränken oder enthaupten, erdrosseln, erstechen, erhängen bis zum
verbrennen.
Sie lassen sich nach der Art des Opfers kategorisieren in Bittopfer, Sühneopfer, Kriegsopfer,
Ahnenverehrung, Bauopfer und Kannibalismus.
Endzweck aller Formen von religiös/kulturell motiviertem Menschenopfer ist die Wiederherstellung
beziehungsweise Aufrechterhaltung des Wohlergehens einer Gemeinschaft durch Aufrechterhaltung
der Weltordnung. Im Laufe der Menschheitsgeschichte kam es zu einer verstärkten Vermischung
von religiösen Motiven mit profanen Motiven beim Menschenopfer. So wurden zum Beispiel im
alten Rom bevorzugt Strafgefangene und Kriegsgefangene geopfert und somit Rechtsprechung und
Kultopfer verknüpft.2 3 Dem Kult des Menschenopfers liegt die Vorstellung von Göttern zugrunde, die Opfer verlangen oder
sogar darauf angewiesen sind, um fortzubestehen. [...]
1 www.m-ww.de/kontrovers/kannibalismus.html?: 08.06.2003
2 Kuhner, Hans-Peter, S. 19
3 Rind, Michael M., S. 62
Inhaltsverzeichnis
- Der Menschenopferkult
- Einleitung
- Formen und Motive des Menschenopferrituals
- Selbstopfer
- Bittopfer
- Sühneopfer
- Kriegsopfer
- Ahnenverehrung
- Bau- und Weiheopfer
- Kannibalismus
- Die Schwierigkeit bei der Deutung von Knochenfunden
- Kopfjagd, Schädelopfer und Trophäen
- Menschenopfer und Kannibalismus in der Literatur
- Menschenopfer in der Kunst
- Menschenopfer im Film
- Umgestaltung von Menschenopfer
- Der Umgestaltungsprozess von kultischen Menschenopferungen am Beispiel der Menschenopfer im römischen Amphitheater
- Auswirkungen ritueller Opferpraktiken auf die Gesellschaft
- Menschenopfer und Kannibalismus heute
- Rituelles Menschenopfer am Beispiel der Kultur der brasilianischen Jivaro-Indianer
- Einleitung
- Wohnverhältnisse
- Wirtschaftsform
- Feldbau und Sammeln
- Jagd und Fischfang
- Gebrauchsgüterfertigung
- Formen des Zusammenlebens und geschlechtsspezifische Arbeitsteilung
- Religion
- Der Zusammenhang von magischen Vorstellungen und Rachefeldzügen
- Die nekas- und die arutam-Seele
- Die muisak-Seele
- Herstellung und Funktion einer tsantsa
- Die Kopfjagdfeste
- Die Erdmutter nungui und ihre Kinder - eine mythologische Geschichte mit kannibalisch-vampiristischem Gedankengut
- Schlusswort
- Abschließende Bemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit der Kulturgeschichte des Menschenopfers. Ziel ist es, die Formen und Motive des Menschenopferrituals zu beleuchten und die Auswirkungen auf die Gesellschaft aufzuzeigen. Dabei wird besonderes Augenmerk auf den Zusammenhang von magischen Vorstellungen und Rachefeldzügen gelegt.
- Die verschiedenen Formen des Menschenopferrituals
- Die Motive hinter den Menschenopfern
- Der Einfluss des Menschenopfers auf die Gesellschaft
- Der Zusammenhang zwischen Menschenopfer und Kannibalismus
- Die Darstellung des Menschenopfers in Literatur, Kunst und Film
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Brisanz des Themas Menschenopfer und Kannibalismus aufzeigt. Anschließend werden verschiedene Formen und Motive des Menschenopferrituals kategorisiert und erläutert. Dabei werden auch die Schwierigkeiten bei der Deutung von Knochenfunden beleuchtet. Des Weiteren werden Kopfjagd, Schädelopfer und Trophäen sowie die Darstellung des Menschenopfers in Literatur, Kunst und Film behandelt. Die Arbeit schließt mit einer Betrachtung des rituellen Menschenopfers bei den brasilianischen Jivaro-Indianern.
Schlüsselwörter
Menschenopfer, Kannibalismus, Rituale, Kulturgeschichte, Magie, Mythologie, Jivaro-Indianer, Kopfjagd, Trophäen, Literatur, Kunst, Film.
- Arbeit zitieren
- Verena Diefenbach (Autor:in), 2003, Menschenopfer, Kannibalismus und Opferkult, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17431