Wolfgang Giesecke entwickelte die Konfliktorientierung in starker Anlehnung an das
Emanzipationspostulat der Kritischen Erziehungswissenschaft, welches Mollenhauer,
seinerseits beeinflusst durch die Kritische Theorie der Frankfurter Schule,
folgendermaßen definiert: „Für die Erziehungswissenschaft konstitutiv ist das Prinzip,
das besagt, daß Erziehung und Bildung ihren Zweck in der Mündigkeit des Subjekts
haben; dem korrespondiert, dass das erkenntnisleitende Interesse der
Erziehungswissenschaft das Interesse an Emanzipation ist.“1
Ziel dieser Arbeit ist es nicht diesen Ansatz zu bewerten und Partei für oder gegen
Prinzipien der Kritischen Erziehungswissenschaft zu ergreifen. Ziel ist es vielmehr
Gieseckes Umsetzung dieser Prinzipien für den Sozialkundeunterricht zu betrachten.
Zu diesem Zweck werden in einem ersten Schritt theoretische Grundlagen
konfliktorientierten Unterrichts und dessen Methode der Konfliktanalyse erläutert.
Anschließend wird die Anwendung eben dieser Methode an einem praktischen Beispiel
demonstriert. Herangezogen wird hierfür der Konflikt um den Internationalen
Strafgerichtshof. Ausgewählt wurde dieser Streitfall in dem Bewusstsein, dass obwohl
kaum ein Schüler direkt vom Ausgang dieses Konflikts betroffen ist, doch relativ
schnell eine hohe moralische Identifikation mit einer der verschiedenen Auffassungen
zum Thema stattfinden kann, dass Interesse auf Schülerseite also recht hoch sein dürfte.
Hinzukommt, dass sich an diesem Beispiel das Funktionieren Internationaler
Beziehungen gut erschließen lässt und sich Einblicke in Organisation und Arbeitsweise
der Vereinten Nationen bieten. Um die im Unterricht schon wegen des engen
Zeitrahmens nötige Übersichtlichkeit zu gewährleisten, wird dieser Konflikt nur aus
Sicht der beiden Hauptakteure USA und EU betrachtet.
1 Mollenhauer, Klaus: Erziehung und Emanzipation: polemische Skizzen, München 1968, S.10
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Theorie
- 1. Hauptziel politischen Unterrichts
- 2. Didaktische Begründung
- 3. Teilziele politischen Unterrichts
- 4. Konfliktanalyse
- III. Praxis
- 1. Konfrontation
- 2. Analyse
- 3. Stellungnahme
- 4. Kontrovers-Verfahren
- 5. Generalisierung
- IV. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit Gieseckes Konzept der Konfliktorientierung im Sozialkundeunterricht. Sie untersucht die theoretischen Grundlagen und die praktische Anwendung dieser Methode anhand eines konkreten Beispiels: dem Konflikt um den Internationalen Strafgerichtshof.
- Das Hauptziel des politischen Unterrichts nach Giesecke ist die Förderung von Mitbestimmung.
- Der Konflikt wird als die eigentliche politische Handlungssituation definiert.
- Konfliktorientierung soll Schüler befähigen, Konflikte erfolgreich auszutragen.
- Die Arbeit untersucht die Teilziele des politischen Unterrichts, die zur Erreichung des Hauptziels beitragen.
- Der Fokus liegt auf der Anwendung der Konfliktanalyse als Methode.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt Gieseckes Konzept der Konfliktorientierung im Kontext der Kritischen Erziehungswissenschaft dar. Sie erläutert das Ziel der Arbeit und den Fokus auf die praktische Anwendung der Konfliktanalyse im Sozialkundeunterricht.
Kapitel II behandelt die theoretischen Grundlagen. Zuerst wird das Hauptziel politischen Unterrichts, die Förderung von Mitbestimmung, beschrieben. Anschließend wird die didaktische Begründung für die Konfliktorientierung erläutert, die auf der Definition des Konflikts als eigentliche politische Handlungssituation basiert. Schließlich werden die Teilziele des politischen Unterrichts vorgestellt, die zusammengenommen das Hauptziel Mitbestimmung erreichbar machen.
Kapitel III widmet sich der praktischen Anwendung der Konfliktanalyse. Es wird ein konkretes Beispiel, der Konflikt um den Internationalen Strafgerichtshof, vorgestellt und aus der Sicht der Hauptakteure USA und EU analysiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beleuchtet die wichtigsten Aspekte von Gieseckes Konfliktanalyse im Sozialkundeunterricht. Zu den Schlüsselbegriffen gehören: Konfliktorientierung, Mitbestimmung, Didaktik der politischen Bildung, Kritische Erziehungswissenschaft, Internationaler Strafgerichtshof, USA, EU.
- Quote paper
- Jan Trützschler (Author), 2002, Gieseckes Konfliktorientierung: Theorie und Praxis, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17445