Pfostenringe der Mittelbronzezeit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

13 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Forschungsgeschichte

III. Typologie der Pfostenringe nach Glasbergen

IV. Funktion von Pfostenringanlagen

V. Grabhügelanlagen mit Pfostenring und pfostengesäumtem Zugang

VI. Astronomische Gesichtspunkte?

VII. Fazit

VIII. Literatur

I. Einleitung

Der Brauch, einen Hügel über einer Bestattung zu errichten, ist in Mittel- und Nordwesteuropa über einen Zeitraum von über 1000 Jahren praktiziert worden. In den Niederlanden waren es Angehörige der endneolithischen Glockenbecherkultur, die als Erste Grabhügel aufschütteten. Dort finden sich auch die ältesten Belege für Pfostenringe um Grabhügel.[1] In der Folgezeit wurden Pfostenringe von Steinringen und anderen Arten der Hügelumhegung abgelöst. In der beginnenden Mittelbronzezeit wandte man sich auch wieder den Pfostenringen zu. Die ältesten Befunde dafür stammen aus England und den Niederlanden, von wo aus sich diese Grabsitte über große Teile Nordwestdeutschlands bis nach Dänemark und südlich bis nach Hessen und Baden ausbreitete.[2] Pfostenringe sind in der Bronzezeit zwar kein neues Phänomen, erreichten dort aber ein weit größeres Formenspektrum als je zuvor und sind im Gegensatz zu ihren neolithischen Vorläufern nicht in einen Kreisgraben eingetieft.

Es soll im Folgenden zunächst ein Überblick über die Forschungsgeschichte der mittelbronzezeitlichen Pfostenringe gegeben werden. Im Anschluß daran wollen wir anhand einiger Beispiele die Typen der Pfostenringe nach Glasbergen sowie deren Verbreitung und Datierung behandeln, ebenso wie die Sonderform Polygonalhügel und pfostengesäumte Zugänge zu Grabhügeln mit Pfostenringen. Auf die Verbreitung und Datierung wird beim jeweiligen Typ eingegangen werden. Zuletzt soll versucht werden, astronomische Gesichtspunkte bei der Ausrichtung von mittelbronzezeitlichen Grabhügelanlagen zu ermitteln.

II. Forschungsgeschichte

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Grabhügeln begann im 17. Jahrhundert. Erstmals 1660 wurde in den Niederlanden von Johan Picardt die Frage diskutiert, ob es Riesen, Kelten, Germanen oder Römer gewesen sind, die diese Grabstätten bauten. Er freilich kam noch zu dem Schluß, die Baumeister seien Riesen gewesen. Im 18. und besonders ab dem frühen 19. Jahrhundert setzte man auch archäologische Methoden zur Untersuchung von Grabhügeln ein, die jedoch meist noch recht ungenau waren.[3] Mit der zunehmenden Verbreitung verbesserter Grabungs- und Dokumentationsmethoden um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, besonders durch die Entdeckung des „Pfostenloches“, wurden auch die ersten Belege für Pfostenringe um einen Grabhügel entdeckt. Man hatte zwar schon Mitte des 19. Jahrhunderts in England Pfostenringe ergraben und beschrieben[4], die erste Publikation eines solchen Befundes aber wurde 1904 von Kofler vorgenommen, der im Jahr davor die Hügelnekropole Bayerseich im hessischen Darmstadt-Arheiligen untersucht hatte. Er nahm an, es mit kurzfristig errichteten „Wohnstätten“ zu tun zu haben, räumte aber auch die Möglichkeit einer Opferstätte im Zusammenhang mit dem Bestattungsritual ein.[5] Den ersten niederländischen Pfostenring entdeckte 1909 der spätere Direktor des Leidener Museums Holwerda. Ebenfalls wichtig für die niederländische Grabhügelforschung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren Remouchamps, Bursch und Van Giffen, wobei besonders Letzterer die Ausgrabungsmethodik bis heute geprägt hat. Er nämlich setzte seit 1916 regelmäßig die bereits 1889 von Mulder entwickelte Quadranten-Methode ein[6], bei der man einen Hügel oder auch jeden anderen Bodenbefund in vier Zonen unterteilt, von denen bei zwei sich gegenüber liegenden die Füllung ausgenommen wird. Man erhält auf diese Weise ein komplettes Profil des Inneren eines Befundes.[7] Eine erste Zusammenfassung der bis dato vorliegenden Ergebnisse legte ebenfalls Van Giffen 1930 unter dem Titel „Die Bauart der Einzelgräber“[8] vor. Die bereits in den Niederlanden so erfolgreich erprobten Methoden wurden nun auch in Westdeutschland eingesetzt, so daß sich auch hier die Belege für Pfostenringe kontinuierlich vermehrten.[9] Einen Überblick über das bis 1954 bekannte Material, sowohl aus den Niederlanden als auch aus Nordwestdeutschland, stellte im Rahmen seiner Dissertation Glasbergen zusammen.[10] Er teilte die ihm bekannten Pfostenringe in 9 Typen ein, von denen die Typen 1 und 2 dem Endneolithikum zugehörig sind, die Typen 3 bis 9 mit weiteren 179 Pfostenringen datieren in die mittlere Bronzezeit.[11] Auf Glasbergens Typologie wird unten ausführlich eingegangen werden. Einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Konstruktionsweise von Pfostenringen leistete der Amsterdamer Prähistoriker Gerritsen, der jedoch seine Ergebnisse nicht publizierte.[12] Weitere Pfostenringe, die nach 1954 entdeckt worden waren, wurden 1960 von Ashbee (England)[13], 1975 von Herrmann und Jockenhövel (Nordwestdeutschland)[14], 1985 von Wilhelmi (ebenfalls Nordwestdeutschland)[15] und 1991 von Lohof (Nordostniederlande)[16] publiziert. Hinzu kommen noch verschiedene Grabungsberichte aus jüngerer Zeit.[17]

III. Typologie der Pfostenringe nach Glasbergen

Wie bereits erwähnt, wurde von Glasbergen eine Typologie der mittelbronzezeitlichen Pfostenringe erstellt, die wir nun betrachten wollen. Die Typen 1 und 2 beinhalten Pfostenringe bei Grabhügeln des Endneolithikums, die sich von den Folgenden in einem wichtigen Punkt unterscheiden: anders als die bronzezeitlichen Vertreter sind bei ihnen die Pfosten innerhalb eines Kreisgrabens eingetieft. Auf sie wird im Weiteren nicht eingegangen werden. Auf einer Vielzahl von Gräberfeldern kommen mehrere Typen von Pfostenringen vor. Teilweise ist dies schon bei einem einzelnen Hügel der Fall, wo durch die Pfostenringe verschiedene Bauphasen markiert werden.

a) Typ 3: Pfostenringe des Typs 3 zeichnen sich durch einen einfachen Ring einzeln stehender Pfosten aus, wobei der Durchmesser mit Maßen zwischen ca. 5 m und ca. 20 m variieren kann.[18] Anzahl und Abstand der Pfostensetzungen voneinander sind abhängig vom Durchmesser des Pfostenringes. Bei der Konstruktion eines Pfostenringes orientierte man sich an einem Punkt im Inneren des Ringes. In diesem schneiden sich die Verbindungslinien zwischen gegenüberliegenden Pfosten. Die in diesem Zusammenhang gültige Gerritsen-Regel besagt, daß sich die gegenüberliegenden Pfosten in einem Punkt schneiden, der an der Längsseite der zentralen Bestattung liegt. Der dabei entstehende Pfostenring muß nicht zwangsläufig kreisrund sein, sondern kann durchaus auch eine unregelmäßige Form haben.[19] Die Pfosten bestanden meist aus Eichenholz und waren vertikal am Rand des Grabhügels aufgestellt. Welche Höhe sie allerdings hatten, ist nicht bekannt.[20] In Verbindung mit Pfostenringen des Typs 3 treten in einigen Fällen auch pfostengesäumte Zugänge auf, auf die unten eingegangen werden wird. Hinsichtlich seiner Verbreitung ist Typ 3 hauptsächlich in den Niederlanden und in Nordwestdeutschland anzutreffen. Einige weitere Exemplare traten in Hessen und Baden-Württemberg, sowie in England zu Tage.[21] Insgesamt sind heute 57 Fundorte von Typ 3 bekannt, der mit einem Anteil von ca. 38 % des Gesamtbestandes die größte Gruppe bildet.[22] Datiert wird Typ 3 aufgrund von Beigaben, stratigraphischen Gesichtspunkten (z. B. spätbronzezeitlichen Urnen als Nachbestattung in den Hügeln) und C-14 Daten für gewöhnlich in die mittlere Bronzezeit (Stufe B u. C bzw. Stufe I bis III nach Montelius), wobei die britischen Exemplare in der britischen Frühbronzezeit ansetzen, die mit der Stufe B der mitteleuropäischen Bronzezeit gleichzusetzen ist.[23]

Ausnahmeerscheinungen in Hinblick auf den Fundreichtum der Bestattungen liegen im Falle des Grabhügelfeldes von Edelsberg vor, von dem fünf Hügel (von 12) im Zuge einer Rettungsgrabung vor Beginn von Straßenbauarbeiten untersucht werden konnten. Aus Zeitmangel war es jedoch nur möglich, durch die Mitte eines jeden Hügels einen Schnitt mit dem Bagger anzulegen. Mit einer Ausnahme (Hügel 5 mit Kreisgraben) wiesen alle untersuchten Grabhügel (Hügel 6 bis 9) einen Pfostenring des Typs 3 nach Glasbergen auf. Innerhalb der Bestattungen fanden sich neben einiger Keramik verschiedene Bronzegegenstände, so z. B. Nadeln verschiedenen Typs (Radnadel, Nadel mit umlaufenden Rillen u. zylindrisch verdicktem Halsstück), zwei Bronzedolche, ein Absatzbeil, verschiedene Bronzenägel, Fragmente von Armspiralen, eine Berge und ein massiver Bronzearmreif. Im Inneren von drei Hügeln (Hügel 5, 6 u. 7) fanden sich fünf Steine, bei denen es sich um Grabstelen handeln könnte. Aus der Umgebung der Grabhügel, jedoch ohne direkten Zusammenhang damit kamen vier Fragmente eines Bronzeschwertes zum Vorschein. Für die Bronzefunde lassen sich Vergleiche finden, die in die Stufe C der süddeutschen Chronologie eingeordnet werden. Geschlossene Fundinventare lassen sich nur in den Bestattungen der Hügel 7 und 9 erkennen, so daß man nur hier eine chronologische Abfolge der Belegung rekonstruieren kann. In Hügel 7 datiert demnach die Primärbestattung in die Stufe C1. Die beiden Nachbestattungen wurden nicht viel später angelegt. Das Zentralgrab von Hügel 9 ließ sich der Stufe C2 zuweisen, wobei die Nachbestattung ebenfalls in nur geringem zeitlichem Abstand erfolgte.[24] Eine mittelbronzezeitliche Datierung der Bronzefunde fügt sich insgesamt auch in die Situation ein, die sich bei den niederländischen Pfostenringen des Typs 3 mit Bestattungen zeigt. Die Befunde aus den Niederlanden jedoch sind chronologisch um ein Geringes früher anzusetzen als ihre hessischen Vergleiche.[25] Insgesamt wird ein mittelbronzezeitlicher Ansatz für Typ 3 auch von C-14 Datierungen gestützt, die in vielen Fällen durchgeführt wurden.[26]

[...]


[1] Glasbergen, Palaeohistoria 3, S. 178-180.

[2] Herrmann/Jockenhövel, Fundberichte Hessen 15, S. 126; Wilhelmi, Archäologisches Korrespondenzblatt 15, S. 154f.

[3] Glasbergen, Palaeohistoria 3, S. 1f.

[4] Ashbee, Round Barrow, S. 60; Herrmann/Jockenhövel, Fundberichte Hessen 15, S. 110, Anm. 51; Lohof; Grafritueel, S. 160.

[5] Herrmann, Jockenhövel, Fundberichte Hessen 15, S. 110.

[6] Glasbergen, Palaeohistoria 2, S. 23-25; ders. Palaeohistoria 3, S. 2-4 u. Anm. 54, S. 16; Herrmann/Jockenhövel, Fundberichte Hessen 15, S. 111.

[7] Glasbergen, Palaeohistoria 2, S. 23-25; Lohof, Garfritueel, S. 4, Abb. 1.

[8] Giffen, Bauart, S. ??.

[9] Herrmann/Jockenhövel, Fundberichte Hessen 15, S. 111f.

[10] Glasbergen, Palaeohistoria 2; ders. Palaeohistoria 3.

[11] Glasbergen, Palaeohistoria 3, S. 16-73; Herrmann/Jockenhövel, Fundberichte Hessen 15, S. 111-123; Lohof, Grafritueel, S. 159f.

[12] Hamöller, AiD 1/2001, 48; Lohof, Grafritueel, S. 161, Anm. 57.

[13] Ashbee, Barrow, S. ??.

[14] Herrmann/Jockenhövel, Fundberichte Hessen 15, S. 110-127.

[15] Wilhelmi, Archäologisches Korrespondenzblatt 15, S. 151-156 u. Abb. 4.

[16] Lohof, Grafritueel, S. 159-174.

[17] Best, AFWL 9B, S. 19-34; Hamöller, AiD 1/2001, S. 48; Herring, AFWL 9A, S. 73-82.

[18] Glasbergen, Palaeohistoria 3, S. 21-25; Herrmann/Jockenhövel, Fundberichte Hessen 15, S. 112-116; 120.

[19] Hamöller, AiD 1/2001, S. 48; Lohof, Grafritueel, S. 160-169.

[20] Glasbergen, Palaeohistoria 3, S. 22.

[21] Glasbergen, Palaeohistoria 3, S. 19-42, S. 76-79, S. 83-86.

[22] Glasbergen, Palaeohistoria 3, S. 21, S. 76f u. Abb. 46 nennt insgesamt 42 niederländische Fundstellen; Herrmann/Jockenhövel, Fundberichte Hessen 15, S. 125, Abb. 21 gibt 16 westdeutsche Fundstellen und eine schematische Übersicht des niederländischen Materials an; Wilhelmi, Archäologisches Korrespondenzblatt 15, S. 155, Abb. 4 zeigt 55 bekannte Fundorte für Typ 3 in Jahr 1985. Hinzu kommen Oerlinghausen, Kr. Lippe (Vgl. Herring, AFWL 9A, S. 73-82) und Backemoor, Landkr. Leer (Vgl. Hamöller, AiD 1/2001, S. 48). Siehe auch: Lohof, Garfritueel, S. 159f.

[23] Glasbergen, Palaeohistoria 3, S. 22-25; Herring, AFWL 9A, S. 80; Herrmann/Jockenhövel, Fundberichte Hessen 15, S. 124-126.

[24] Herrmann/Jockenhövel, Fundberichte Hessen 15, S. 87-109.

[25] Glasbergen, Palaeohistoria 3, S. 22f.

[26] Lohof, Grafritueel, S. 40-42 u. Abb. 4.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Pfostenringe der Mittelbronzezeit
Hochschule
Universität Münster  (Seminar f. Ur- u. Frühgeschichte)
Veranstaltung
Geometrische Strukturen in der Vorzeit
Note
2
Autor
Jahr
2003
Seiten
13
Katalognummer
V17469
ISBN (eBook)
9783638220446
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pfostenringe, Mittelbronzezeit, Geometrische, Strukturen, Vorzeit
Arbeit zitieren
Magister Artium Christian E. Schulz (Autor:in), 2003, Pfostenringe der Mittelbronzezeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17469

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