Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Haftung nach §69 AO
2.1 Haftender Personenkreis nach §§34 und 35 AO
2.1.1 Der nominell bestellte Geschäftsführer
2.1.2 Der faktische Geschäftsführer
2.1.3 Der „Strohmann-Geschäftsführer“
2.2 Haftungsschaden
2.3 Pflichtverletzung
2.4 Kausalität
2.5 Verschulden
2.6 Rechtsfolge
3 Fazit
Literaturverzeichnis
Rechtsprechungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Unternehmer stehen bei der Gründung ihrer Vorhaben vor einer Vielzahl wirtschaftlicher Entscheidungen, die es hinsichtlich der Wahl der angestrebten Rechtsform abzuwägen gilt. Zu diesen gehören neben Vermögens- und Erfolgsbeteiligungen, Prüfungs- und Offenlegungspflichten, die steuerliche Belastung und auch die Risiko- und Haftungsbeschränkungen.1 Zuletzt genannter Aspekt, die Haftung - besonders der Geschäftsführung einer GmbH - wird in dieser Ausarbeitung thematisiert.
Irrtümlicherweise, lässt der Wortlaut der GmbH - Gesellschaft mit beschränkter Haftung - die Vermutung zu, dass sich die Haftung auf das in der Gesellschaft vorhandene Vermögen begrenze und eine persönliche Inanspruchnahme der Gesellschafter und Geschäftsführer ausgeschlossen sei.
Dem ist nicht so, insofern sich der Geschäftsführer einer GmbH durch sein weitgestreutes Aufgabenfeld einem persönlichen Haftungsrisiko aussetzt.2
Zwar ist seine persönliche Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft gemäß Trennungsprinzip ausgeschlossen, jedoch hat die Rechtsprechung einige Ausnahmen getroffen, so dass dem Geschäftsführer in einigen Fällen eine persönliche Haftung droht. Zu den Ursachen einer potentiellen Inanspruchnahme des Geschäftsführers einer GmbH zählen zivilrechtliche, als auch steuerrechtliche Haftungstagbestände sowie die Haftung für Sozialversicherungsbeiträge. Im Rahmen dieser Ausarbeitung wird jedoch ausschließlich der Umfang einer steuerrechtlichen Haftung durchleuchtet.
Das Steuerrecht stellt eine Disziplin des öffentlichen Rechts dar, da es das Verhältnis zwischen Staat und Bürger regelt. Es gilt als das wichtigste Teilgebiet, insofern Steuern die Haupteinnahmequelle eines Staates sind.3 Aus dieser Aufgabe resultiert eine Sonderstellung für das Steuerrecht gegenüber dem Privatrecht, da das Steuerrecht dem Allgemeinen Interesse dient und das Steueraufkommen gesichert werden soll, während im Privatrecht beispielsweise von einem Zahlungsausfall nur ein Einzelner oder Wenige betroffen sind. Anders als im Privatrecht, wird dem Schuldner durch §34 AO eine konkrete Pflicht auferlegt. Zwar droht dem Schuldner im Privatrecht auch eine persönliche Inanspruchnahme nach §823 Abs.2 BGB, jedoch sind die dem Schuldner auferlegten Pflichten in eben diesem weniger konkretisiert.
So wird der GmbH-Geschäftsführer im Steuerrecht persönlich in Anspruch genommen, wenn ihm nicht genügend Mittel zur Verfügung stehen, aus denen er eine Steuerzahlung bewirken könnte. Für die Zahlungsausfälle haftet er neben der GmbH gesamtschuldnerisch. Im Rahmen dieser Ausarbeitung wird durchleuchtet, ob und unter welchen Voraussetzungen eine persönliche Inanspruchnahme des GmbH-Geschäftsführers denkbar ist. Zielführend wird dazu der Haftungstatbestand des §69 AO durchleuchtet und dargestellt welche Kriterien für eine persönliche Inanspruchnahme gegeben sein müssen.4
2 Haftung nach §69 AO
2.1 Haftender Personenkreis nach §§34 und 35 AO
Juristische Personen werden durch die Vertretung, welche von einer natürlichen Person ausgeht, handlungsfähig.5 Ihren Vertretern droht daher bei Nichterfüllung der aufgelegten Pflichten die persönliche Inanspruchnahme. Zu dem haftenden Personenkreis zählen nach §69 AO i.V.m. §34 Abs.1 AO die Personen, die den Steuerpflichtigen vertreten. Nach §35 Abs. 1 GmbHG ist der Geschäftsführer der gesetzliche Vertreter der GmbH. Generell können mehrere Personen i.S. der Justiz als Geschäftsführer typisiert werden. Dabei werden folgende Typen des Geschäftsführers unterschieden, wobei sich die Unterscheidung an ihrem ausgeübten Einfluss auf den Geschäftsgang, als auch den rechtlichen Formalien orientiert.
2.1.1 Der nominell bestellte Geschäftsführer
Beim nominell bestellten Geschäftsführer handelt es sich um eine natürliche, voll geschäftsfähige Person, die im Rahmen eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung zum Geschäftsführer bestellt wird. Daraus resultiert eine Haftung des Geschäftsführers der GmbH, die sich nach ständiger Rechtsprechung des BFH allein aus seiner nominellen Bestellung ergibt.6 Indes wird der Eintragung in das Handelsregister nur deklaratorische Wirkung zugesprochen.7 Folglich beginnen die steuerlichen Pflichten des Geschäftsführers mit seiner Bestellung, welche zuletzt die Annahme der Bestellung durch den Bestellten erfordert.
2.1.2 Der faktische Geschäftsführer
Faktischer Geschäftsführer ist derjenige, der überragende und beherrschende Einflussnahme auf die Geschäftsleitung nimmt, ohne zugleich im Rahmen einer ordentlichen Gesellschafterversammlung zum Geschäftsführer bestellt worden zu sein. Keine Rolle spielt dabei, ob der nominell bestellte Geschäftsführer aus seinem Amt verdrängt wird.8
Im Steuerrecht ist der Status eines Verfügungsberechtigten ausreichend für eine Inanspruchnahme. Gemäß §35 AO hat der Verfügungsberechtigte die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters, soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann. Unabhängig von der ausgeübten Tätigkeit des faktischen Geschäftsführers, wird dieser dem nominell bestellten Geschäftsführer gleichgestellt, so dass die Voraussetzungen für eine persönliche Inanspruchnahme gegeben sind.9 So stellt der BFH fest, dass ein faktischer Geschäftsführer steuerlich haftet, insofern er als tatsächlich Bevollmächtigter der Gesellschafter nach außen hin auftritt.10 Allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Verfügungsbefugte mittels der ihm übertragenen Verfügungsmacht in die Lage versetzt ist, die steuerlichen Pflichten erfüllen zu können, auf denen eine Haftung nach §69 AO basiert. Gegenüber dem nominellen Geschäftsführer endet seine faktische Geschäftsführung allerdings nicht mit einem formalen Akt. Von daher muss er klar nach außen kommunizieren, dass er nicht weiterhin geschäftsführend tätig sein wird.11
2.1.3 Der „Strohmann-Geschäftsführer“
Als Strohmann gilt derjenige, der im Rahmen einer ordentlichen Gesellschafterversammlung zum Geschäftsführer bestellt wird und der Bestellung auch nachkommt. Der Strohmann lässt sich dadurch charakterisieren, dass er zwar mittels Eintragung in das Handelsregister den formalen Vorsitz in einer GmbH führt, jedoch keinerlei Mitspracherecht genießt.12 Auch für den „Strohmann“ resultiert, wie auch für den nominell bestellten Geschäftsführer die Haftung allein aus seiner nominellen Bestellung und deren Annahme. Ferner stellt der BFH in seiner Entscheidung vom11.03.2004 fest, dass der Einsatz als Strohmann, der von der ordnungsmäßen Führung der Geschäfte ferngehalten wird, nicht als Entschuldigung zu werten sei.13 Sollte es ihm unmöglich sein, sich innerhalb der Gesellschaft durchzusetzen und entsprechend seiner Rechtsstellung zu handeln, so ist er gezwungen, von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch zu machen.14
2.2 Haftungsschaden
Grundvoraussetzung der Haftung ist, dass dem Fiskus ein Schaden entstanden ist. Nach §69 AO besteht dieser Schaden darin, dass die aus §37 AO bestehenden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt bzw. festgesetzt worden, oder dass Steuervergütungen oder Steuererstattungen unrechtmäßig gezahlt worden sind.15 Darüber hinaus werden die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis um steuerliche Nebenleistungen, wie beispielsweise Säumnis-, sowie Verspätungszuschläge, Zinsen, Zwangsgelder und weitere entstandene Kosten ergänzt.
Nicht festgesetzt bedeutet, dass keine Festsetzung des Steueranspruchs durch den Steuerbescheid i.S.d. §155 Abs.1 S.1 AO erfolgt. Ferner ist nach §167 AO von einer Nichtfestsetzung die Rede, wenn der Steuerpflichtige die ihm auferlegten Mitwirkungspflichten verletzt und keine Steuererklärung bei den Finanzbehörden einreicht und die Steuern nicht im Abzugsverfahren erhoben wurden. Allerdings räumt sich der Fiskus das Recht ein, auch im Falle eines nicht festgesetzten Steuerbescheides, einen Haftungsbescheid gegen den Schuldner zu erlassen. Daraus resultiert, dass auch der Geschäftsführer der GmbH nach Amtsniederlegung gemäß §156 Abs.2 AO als Haftender in Anspruch genommen werden kann.
Zwar geht aus dem §155 Abs.1 AO hervor, dass der Anspruch festgesetzt wird, allerdings wird keine konkrete Frist vorgegeben, zu der der Anspruch festgesetzt sein muss, jedoch hat der BFH in seinem Urteil vom 18.03.197016 entschieden, dass der Steueranspruch bei Veranlagungssteuern spätestens bis zum Ende der Abgabefrist für Steuererklärungen des darauffolgenden Jahres festzusetzen ist.
[...]
1 Detailliert nachzulesen in Korndörfer, W. (2003): Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 13.Aufl., S.65 ff.
2 Vgl. Haas (2010), S.1
3 Vgl. Schreiber (2007), S.3
4 Eine Haftung für rückständige Lohnsteuer wird dabei nicht berücksichtigt
5 Vgl. Tipke/Lang (2010), S.984
6 BFH, 05.03.1985 - VIII B 69/84
7 Vgl. Haas (2010), S.35
8 Vgl. Jula (2009), S.256
9 Vgl. Haas (2010), S.41
10 BFH, 10.05.1989 - I R 121/85
11 Vgl. Nacke (1999), S.112
12 Vgl. Schmidt/Vollmöller (2007), S.282
13 BFH, 11.03.2004 - VII R 52/02
14 BFH, 05.03.1998 - V II B 36/97
15 Vgl. Haas (2010), S.63
16 BFH, 18.03.1970 - I R 176/69