[...] Man ging allgemein davon aus, dass der Säugling von Reflexen
beherrscht wird, und dass seine Wahrnehmungswelt "konfus" und chaotisch ist. Damit
verbunden war der Glaube, dass sich Babys Fähigkeiten wie das Sehen und Erkennen von
Gegenständen erst in einem langen, mühevollen Prozess aneignen müssen. Ein Vorurteil, dem
man auch heute noch begegnet, ist die Ansicht, dass sie in den ersten Lebenswochen unfähig
sind, die Gesichter ihrer Eltern wiederzuerkennen. Mittlerweile jedoch weiß man, dass man
die mit dem Sehen zusammenhängenden Fähigkeiten des Säuglings bei weitem unterschätzt
hat. Beigetragen hat zu dieser Revolution in der Säuglingsforschung die Einführung neuer
Untersuchungsverfahren, die kompliziert sind aber dafür zu quantitativen Analysen dienen
können. Diese Verfahren machen sich die Tatsache zunutze, dass sich Kinder schon von
Geburt an für ihre Umwelt interessieren und ihre Aufmerksamkeit aktiv auf Gegenstände und
Personen lenken können.
Neuere Forschungsergebnisse belegen, dass Neugeborene, die erst wenige Stunden alt sind,
das Gesicht ihrer Mutter erkennen können und es lieber anschauen als das Gesicht einer
fremden Person. Neugeborene können ebenfalls Farben unterscheiden und verfügen über
Gedächtnis, wenn auch die Zeitdauer, über die hinweg sie Informationen behalten können,
noch sehr begrenzt ist. Diese Experimente werden in der Hausarbeit beschrieben. Ein
überraschendes Beispiel für eine Fertigkeit, die man bei Säuglingen noch nicht vermutet hat,
ist die Fähigkeit, rechnen zu können. Amerikanische Wissenschaftler konnten zeigen, dass
bereits fünf Monate alte Kinder einfache Additions- und Subtraktionsaufgaben lösen können.
Diese Richtung der Forschung gibt uns die Möglichkeit, die Welt des kleinen Säuglings
kennen zu lernen und zum Beispiel neue Förderungsmethoden anzubahnen. Ziel ist also die
Gewinnung von Erkenntnissen, die nicht nur grundlegende theoretische Probleme lösen,
sondern darüber hinaus Anhaltspunkte für Maßnahmen der Diagnose und Behandlung von
Wahrnehmungsstörungen geben sollen.
Die Ausarbeitung behandelt im ersten Schritt die zwei zentralen Aspekte der
Entwicklungspsychologie und mögliche Ansätze der Ursachen. Im weiteren Schritt gebe ich
einen historischen Überblick über Methoden in der Vergangenheit bei Säuglingen und
Kleinstkindern angewandt wurden, bevor ich auf die moderneren Verfahren, z.B. das
Habituationsparadigma und die Präferenzmethode zu sprechen komme.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kognitive Entwicklungspsychologie
- Methoden historisch
- Methode der Isolation
- Papier- und Bleistiftmethode
- Systematische Tonbandaufnahme udn Versuchspersonenauswahl
- Die Methode der Tonabndaufnahme
- Moderne Verfahren in der Säuglingsforschung
- High Amplitude Sucking – Nuckelexperimente
- Headturn Preference Procedure – Blickpräferenzmethode
- EEG-Untersuchungen – Elektroenzephalogramm
- Aufmerksamkeitsprozesse in der frühen Kindheit
- Versuchsparadigma nach Haith und Mitarbeiter
- Versuchsaufbau udn -verlauf
- Hypothesen
- Versuchsparadigma nach Haith und Mitarbeiter
- Visuelle Präferenz udn Habituation
- Aufmerksamkeitsprozesse bei 6 Monate alten Babys nach Gilmore & Johnson
- Versuchsaufbau
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit Fragestellungen und Untersuchungsmethoden der Säuglingsforschung. Sie beleuchtet die Entwicklungspsychologie und untersucht verschiedene Ansätze zur Erklärung der kognitiven und wahrnehmungsmässigen Entwicklung im ersten Lebensjahr. Die Arbeit stellt die Entwicklung des Forschungsfelds und die historischen sowie modernen Methoden der Säuglingsforschung vor.
- Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten im Säuglingsalter
- Historisches und modernes Methodenrepertoire der Säuglingsforschung
- Untersuchung von Aufmerksamkeitsprozessen in der frühen Kindheit
- Bedeutung von Habituation und Präferenz in der Säuglingsforschung
- Aktuelle Forschungsergebnisse und zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Säuglingsforschung ein und stellt die Bedeutung der kognitiven Entwicklung im ersten Lebensjahr dar. Sie beleuchtet die Veränderung der Sichtweise auf das Säuglingsalter und die Bedeutung neuer Forschungsmethoden für die Erforschung der kognitiven Fähigkeiten von Säuglingen. Das Kapitel beleuchtet zudem die historische Entwicklung der Forschung und thematisiert die "dumme erste Vierteljahr"-Hypothese, die lange Zeit die wissenschaftliche Meinung dominierte.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der kognitiven Entwicklungspsychologie. Es betrachtet verschiedene Ansätze zur Erklärung der kognitiven Entwicklung im ersten Lebensjahr.
Das dritte Kapitel bietet einen historischen Überblick über Methoden der Säuglingsforschung. Es stellt die "Methode der Isolation", die "Papier- und Bleistiftmethode", die "Systematische Tonbandaufnahme udn Versuchspersonenauswahl" und die "Methode der Tonabndaufnahme" vor. Anschliessend werden moderne Verfahren, wie "High Amplitude Sucking", "Headturn Preference Procedure" und EEG-Untersuchungen, im Detail vorgestellt.
Kapitel vier behandelt Aufmerksamkeitsprozesse in der frühen Kindheit. Hierbei wird ein Versuchsparadigma nach Haith und Mitarbeitern beschrieben, das den Versuchsaufbau und die Hypothesen erläutert.
Kapitel fünf behandelt das Thema der visuellen Präferenz und Habituation, wichtige Konzepte in der Säuglingsforschung.
Das sechste Kapitel untersucht die Aufmerksamkeitsprozesse bei 6 Monate alten Babys nach Gilmore & Johnson. Hierbei wird der Versuchsaufbau im Detail erläutert.
Schlüsselwörter
Säuglingsforschung, kognitive Entwicklung, Wahrnehmung, Methoden der Säuglingsforschung, Habituation, Präferenz, Aufmerksamkeit, High Amplitude Sucking, Headturn Preference Procedure, EEG-Untersuchungen.
- Arbeit zitieren
- Kamila Urbaniak (Autor:in), 2003, Entwicklung im Säuglingsalter - Fragestellungen und Untersuchungsmethoden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17479