Offener Unterricht: Die Notwendigkeit der Freiarbeit


Seminararbeit, 2003

27 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsangabe

1. Einleitung

2. Freiarbeit
2.1 Definitionsversuch
2.2 Historische Wurzeln
2.2.1 Maria Montessori
2.2.2 Célestin Freinet
2.2.3 Peter Petersen
2.2.4 Weitere Reformpädagogen
2.3 Begründungen der Freiarbeit
2.3.1 Rechtliche Begründung
2.3.2 Bildungspolitische Begründung
2.3.3 Anthropologische Begründung
2.3.4 Psychologische Begründung
2.3.5 Methodische Begründung
2.4 Ziele .
2.5 Gestaltung des Klassenzimmers
2.5.1 Grundsätzliches
2.5.2 Gestaltung
2.5.3 Einrichtung
2.6 Lehrerrolle

3. Fazit

4. Literatur
4.1 Bücher
4.2 Internetverzeichnis

1. Einleitung

Betrachtet man die Liste der Dinge, die (Grund-)Schüler[1] angeblich nicht mehr können, so zeigt sich einem ein doch erschreckendes Bild: stillsitzen, zuhören, sich konzentrieren, sich vertragen, richtig spielen, sorgsam mit Eigentum umgehen etc.[2] Ein kindgerechter Unterricht, wie ihn auch das Grundgesetz in Artikel 2, 1. Absatz fordert („Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit“[3] ) muss sich demnach diesen Gegebenheiten anpassen. Da stellt sich die Frage, ob ein allgemein gehaltener, nicht differenzierender Frontalunterricht rechtens ist. Widerspricht ein Unterricht, in dem der visuelle Tom dieselbe Erklärung zu einem Thema erhält wie der auditive Max, in dem die intelligente Lisa und die schwache Sarah das gleiche Tempo vorlegen müssen, nicht der Persönlichkeit und Individualität des Menschen? Die reale Situation wird ganz ohne diese Lehrform aber nicht auskommen können.

Eine Möglichkeit, der Persönlichkeit der Kinder zu begegnen, ist offener Unterricht. Und eine Art, den Unterricht offener zu gestalten, ist die Freiarbeit. Doch leider befinden sich in den Köpfen zahlreicher Eltern noch genügend Vorurteile dieser Unterrichtsgestaltung gegenüber, denen jegliche Grundlage fehlt. So ist die Rede von Kindern, die nur durch die Klasse rennen, von fehlender Disziplin, jeder dürfe tun, was er gerade wolle, der sowieso schon faule Lehrer spare sich auch noch die Zeit für die Unterrichtsvorbereitung, die Kinder seien sich selbst überlassen, sie lägen nur noch in Ecken herum und lesen (!) oder spielen, sie reden dauernd miteinander, eine Leistungsbeurteilung ist da kaum möglich, man weiß ja gar nicht, inwiefern das Kind zu beurteilen ist und noch vieles mehr.[4]

Ist denn Freiarbeit das Gegenteil von Frontalunterricht? Wird nur in Frontalunterricht gelernt und in der Freiarbeit nur Zeit vergeudet? Wissenschaftlich belegt kann gesagt werden, dass eine Berücksichtigung der Eigenwahrnehmung der Schüler von größter Bedeutung ist. Durch das Anbieten von Fertigwahrnehmungen im Frontalunterricht wird das Bewusstsein der Kinder eingeschränkt, viele Wege werden nicht beschritten und den Kindern fehlt der Spaß und die Spannung am Lernweg, da dieser bereits vorgegeben wurde. Ebenso erfolgen keine Originalbegegnungen mehr, kein A-ha-Effekt gegenüber Phänomenen oder Tatsachen, lediglich Nachfragen können gestellt werden.[5]

Wie schon erwähnt, ohne Frontalunterricht wird es nicht gehen, aber ohne Offenheit im Unterricht soll es nicht gehen. Dies wird auch in den drei Grundbedingungen für die Grundschule deutlich: Geborgenheit, Offenheit, Herausforderungen.[6] Entscheidend ist daher das Mischverhältnis zwischen geführten und offenen Unterrichtsphasen. Denn die Grundschule ist Schule für alle Kinder des Volkes, sie soll neben grundlegender Bildung auch die personale und soziale Dimension berücksichtigen.[7]

Und dies gelingt der Freiarbeit besonders. Sie lässt sich dabei nahtlos in den Schulalltag integrieren, wenn sie nicht sogar Unterrichtsmethode einer Lehrkraft wird. Die Kluft zwischen der Schulwirklichkeit und den schülerorientierten Intentionen der Bildungspläne kann durch Freiarbeit geschlossen werden, sie ist darüber hinaus ein aktiver Beitrag zur Humanisierung der Schule.[8]

Die folgende Arbeit behandelt das Thema Freiarbeit zuerst aus allgemeiner Sicht, indem Definitionsversuche, die historischen Wurzeln der Freiarbeit, ihre Begründungen und Ziele erläutert werden, ferner wird die Gestaltung des Klassenzimmers und die neu entstandene Lehrerrolle in der Freiarbeit diskutiert. Im zweiten Teil der Arbeit folgt eine Beschreibung von ausgewählten Lernmitteln für den Geometrieunterricht in der Primarstufe, ihr Lehrplanbezug und die Ergebnisse einer Erprobung dieser Lernmittel in den Jahrgangsstufen 1 bis 4, Verbesserungsvorschläge und Folgerungen aus der Erprobung schließen die Arbeit ab.

2. Freiarbeit

2.1 Definitionsversuch

Da der Begriff „Freiarbeit“ nicht wissenschaftlich abschließend definiert ist, existiert eine Reihe von unterschiedlichen Definitionsversuchen, die sich vor allem in ihren Umfängen unterscheiden.

Aufgrund der Zusammensetzung aus den beiden Wörtern „frei“ und „Arbeit“, werden zunächst diese beiden Wortteile betrachtet. Den Begriff „frei“ definiert das Deutsche Wörterbuch von Naumann & Göbel folgendermaßen: „ungebunden, nicht gefangen, unbeschränkt, unabhängig, ungehindert, offen, ungezwungen, erlaubt, unbesetzt, unversperrt, allen offen stehend, ohne Bezahlung zugänglich“[9]. „Arbeit“ wird beschrieben als „körperliche oder geistige Betätigung, Gegenstand der Betätigung, Mühe, Anstrengung, zu schaffendes Werk, geschaffenes Werk, Erwerbstätigkeit“[10]. Im „Brockhaus in einem Band“ wird Arbeit wie folgt definiert: „bewusstes Handeln zur Befriedigung von Bedürfnissen, Arbeit ist eine Grundlage der Gütererzeugung und der Bedarfsdeckung sowohl der Gesamtheit wie des Einzelnen“[11]. Folglich ist Freiarbeit dem Begriff nach eine unabhängige, ungehinderte und offene körperliche oder geistige Betätigung, die zur Befriedigung von Bedürfnissen und zur Gütererzeugung bzw. Bedarfsdeckung vollzogen wird.

In den diversen Literaturen wird Freiarbeit häufig durch ihre Merkmale definiert. So auch nach Kleinert, bei ihr ist das Kind mit seinen Interessen und individuellen Lernmöglichkeiten Mittelpunkt des Unterrichts, Freiarbeit ist daher nicht lehrergesteuert, die Kinder eignen sich eine Sache handelnd, entdeckend und forschend erprobend an, Lernen ist dabei ein selbständiges Verknüpfen von neuem und „altem“ Wissen. Im Hinblick auf die soziale Dimension soll in der Freiarbeit ein soziales Miteinander gelernt werden, den Schülern steht frei, mit wem sie arbeiten wollen. Das Lernen vollzieht sich ohne Zeitdruck, der inhaltliche Rahmen ist durch einen Wochenarbeitsplan abgesteckt, der die Aufgaben aus dem Lehrplan und einen Zeitrahmen vorgibt. Die Reihenfolge der Bearbeitung ist also für die Kinder frei zu wählen, nicht aber welche Aufgaben. Im vorherrschenden demokratischen Unterrichtsstil dürfen die Kinder den Unterricht mitplanen, das verwendete Material orientiert sich dabei am Lehrplan, wie auch an den Interessen der Kinder. Freiarbeit kann so ein gemeinsamer Lernprozess von Schüler und Lehrer sein.[12]

Dieser Definitionsversuch weist aber noch einige Unklarheiten auf. So wird als ein Merkmal ein Arbeiten ohne Zeitdruck genannt, andererseits ist aber eine bestimmte Anzahl an vorgegebenen Aufgaben innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens zu bewältigen. In der Realität kann dies zu Differenzen führen. Ebenso wird hier nicht auf die Individualisierung und Differenzierung geachtet, die ebenfalls einen wichtigen Aspekt der Freiarbeit darstellen. Lernen vollzieht sich darüber hinaus genau genommen immer selbständig, der Unterschied besteht lediglich in der Art des Lehrens, das in der Freiarbeit das vom Lehrer vorgegebene Material oder Mitschüler übernehmen und nicht überwiegend die Lehrkraft in Person. Kleinert nennt als weiteren Aspekt einen Unterricht, der nicht lehrergesteuert ist. Da das verwendete Material aber vom Lehrer ausgesucht und gefertigt wird, trifft dies nicht zu. Freiarbeit ist lediglich frei von direkter Beeinflussung durch die Lehrkraft. Insgesamt scheint dieser Definitionsversuch zu wenig griffig zu sein.

Nach Kasper und Dietrichs, die Freiarbeit ebenfalls anhand der Merkmale definieren, ist sie ein selbständiges und eigenverantwortliches Lernen, bei dem die Schüler ihre eigenen Ideen einbringen. Aus einem vorgegebenen Angebot können die Kinder Aufgaben frei auswählen, die Reihenfolge der Bearbeitung legen sie demnach selbst fest. Auch sind sie frei in der Wahl der Sozialform wie auch der Zeiteinteilung, was neben der gewonnenen Freiheit auch das Tragen der Eigenverantwortung mit sich bringt. Freiarbeit stellt ein Material zur Verfügung, mit dem Kinder kreativ und experimentierend umgehen können und das zur Individualisierung und Differenzierung innerhalb der Klasse beiträgt. Zur Kontrolle der Aufgaben werden den Kindern eigene Möglichkeiten gegeben.[13]

Die nicht explizit genannte Vermeidung von Lehrerzentrierung und dafür eintretende Kindorientierung scheint bei diesem Definitionsversuch versäumt worden zu sein, bei genauerem Lesen ist dies aber in mehreren Stellen enthalten, wie z.B. im selbständigen und eigenverantwortlichen Lernen, in der freien Wahl der Sozialform und der Zeiteinteilung, wie auch in der Selbstkontrolle. Daher ist diese Definition der von Kleinert vorzuziehen.

Krieger versucht Freiarbeit in einem Satz zu definieren und gelangt zu folgendem Ergebnis: „Freiarbeit“ ist eine schülerorientierte Organisationsform von Unterricht, die durch innere Differenzierungsmaßnahmen zur Individualisierung der Lernprozesse beiträgt und größtmögliche Freiheit zu selbständigem Lernen gibt.“[14] Gleichwohl er die wesentlichen Eckpunkte der Freiarbeit in seiner Definition impliziert (allerdings vollzieht sich lernen, wie schon erwähnt, immer selbständig), kommt er nicht ohne einige Anmerkungen zur Konkretisierung aus. So stellt die Aktivität der Freiarbeit das „Freie Arbeiten“ oder die Selbsttätigkeit dar, die selbstgewählter manueller, intellektueller und schöpferischer Natur ist. Ferner ist Freiarbeit frei von einer direkten Beeinflussung durch den Lehrer, der Lerner wiederum ist frei zu eigeninitiativem Handeln und Denken und zur individuellen Entwicklung. Starke Berücksichtigung findet das Prinzip der Ganzheitlichkeit, das die Wahrnehmung, die Erlebnisfähigkeit, die intellektuelle Fähigkeiten, die geistige Aktivität, die Phantasie und das Handeln beachtet. Krieger führt weiter die Freiheit in den Wiederholungen, im Tempo, im Arbeitsfluss und in der Beendigung an, wobei nicht jeder tun kann, was er will, sondern Freiarbeit genauso pädagogische Grenzen und gemeinschaftserhaltende Regeln voraussetzt, welche eine Orientierung für den Schüler bieten. Für nennenswert hält Krieger den Zusatz, dass es sich bei Freiarbeit um Arbeit und nicht, wie fälschlicherweise oft angenommen, um eine Freistunde handelt.[15]

Der Wille, Freiarbeit kurz und treffend zu definieren, kann zwar anerkannt werden, das Ergebnis ist aber noch zu ungenau, um nachhaltig Klarheit über Freiarbeit zu schaffen. Dies bemerkt auch der Autor selbst, indem er, wie bereits andere, Kennzeichen der Freiarbeit anführt. Jedoch vernachlässigt er gänzlich die soziale Dimension, in der der Lerner frei über die Sozialform bestimmen kann. Zwar führt er gemeinschaftserhaltende Regeln an, wie auch die Freiheit eines jeden Schülers im Handeln, darin lässt sich aber lediglich mit viel Phantasie und Wohlwollen eine Implizierung der freien Wahl der Sozialform erkennen. Grundsätzlich legt er verstärkt Wert auf eine Beachtung der Schülerorientierung, die er in mehreren Punkten anführt (Differenzierung und Individualisierung, Selbsttätigkeit, Ganzheitlichkeit), vernachlässigt aber die Methodik.

Hauptproblem bei der Definitionsfindung ist, dass es zu viele unterschiedliche Vorstellungen von Freiarbeit gibt. Stellt z.B. für den einen der Wochenarbeitsplan ein entscheidendes Merkmal für Freiarbeit dar, so finden andere diesen Aspekt für nicht relevant. Ein weiteres Beispiel ist die Selbstkontrolle. Ist sie nun entscheidendes Merkmal der Freiarbeit oder nicht? Minimiert man die genannten Definitionsversuche auf ihre Gemeinsamkeiten, so definiert sich Freiarbeit wie folgt: Freiarbeit ist eine Unterrichtsform, in der Schülerorientierung und Selbsttätigkeit vorherrschen und die Schüler die Reihenfolge der zu bearbeitenden Aufgaben frei bestimmen können. Zufriedenstellend ist dieses Ergebnis aber auch nicht, da zu viele Komponenten nicht genannt werden.

Eine für mich treffende Definition ist demnach: Freiarbeit ist eine offene Unterrichtsform mit demokratischem Unterrichtsstil, in der Schülerorientierung und Selbsttätigkeit vorherrschen, die Reihenfolge der Bearbeitung des vom Lehrer zur Individualisierung und Differenzierung bereitgestellten Materials ist dem Schüler frei gestellt. Er kann diese in selbst gewählter Sozialform innerhalb eines angemessenen zeitlichen Rahmens bearbeiten und erhält dazu Möglichkeiten der Selbst- oder Partnerkontrolle.

2.2 Historische Wurzeln

Freiarbeit existiert seit ca. 80 Jahren und wird an vielen Reformschulen in einigen Ländern der Welt praktiziert, in denen „Pädagogik vom Kinde aus“ Basis ist. Die Wurzeln dieser Unterrichtsform, die hauptsächlich bei Montessori, Freinet und Petersen liegen, werden im Folgenden dargestellt.

2.2.1 Maria Montessori

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die italienische Ärztin Maria Montessori (1870 – 1952) beschäftigte sich ausführlich mit dem Lernverhalten von Kindern und beobachtete eine „Polarisation der Aufmerksamkeit des Kindes“[16]. Daraus leitete sie die Freie Arbeit ab, die auf den drei Grundbedingungen Ganzheitlichkeit (Leib-Seele-Geist – Einheit), Lernarrangement (auf Neugier passende Umgebung) und freie Wahl der Arbeit (methodisch didaktisches aufbereitetes Material) aufbaut.[17]

In ihrer Freiarbeit wird dem Kind ausreichend Zeit gegeben seine Sinnesorgane zu trainieren und vielfältige Erfahrungen zu sammeln. Montessori war der bewusste und aktive Umgang mit den Dingen wichtig. In einer gestalteten Lernumgebung soll das Kind möglichst viele Eindrücke und Anregungen erhalten, so dass es optimale Entfaltungsmöglichkeiten hat. Ihr Motto „Hilf mir es selbst zu tun“ rückt den Lehrer in seiner ursprünglichen Rolle in den Hintergrund, der Schüler soll selbständig Lernwege an einem vom Lehrer bereitgestellten Material finden.[18] Anfangs führte Montessori ihre Freiarbeit in strikter Einzelarbeit durch, erweiterte diese aber später um die soziale Komponente, indem auch Partner- und Gruppenarbeit zugelassen wurde.[19] Mit diesem Material kann das Kind nun selbständig im eigenen Rhythmus lernen. Für Maria Montessori stellten Stille-Übungen ebenfalls einen wichtigen Teil der Freien Arbeit dar, sie dienten als Ausgleich zum bewegten und anstrengenden Lernen. Von Seiten der Lehrkraft sollte vor allem die Konzentration auf dem Material, nicht auf der Durchführung des Frontalunterrichts liegen, denn durch das didaktisch-methodisch wertvoll aufbereitete Material werden Selbstbildungskräfte freigelegt, die das Kind motivieren sich eigenständig Lernwege zu suchen und neues Wissen anzueignen, es verantwortungsbewusst werden lassen und die es Zusammenhänge besser erkennen lassen.[20]

In den gerade heute wieder aktuellen Montessori-Schulen wird diese Montessori-Pädagogik umgesetzt. Eine weitverbreitete Meinung lautet, dass ein Kind dort tun und lassen kann, was es will, was also auch beinhalten kann, dass wenn es bis zur 4. Klasse nicht Rechnen lernen will, dies auch nicht tun muss. Ein weiteres Vorurteil ist, dass die Kinder nicht lernen sich an Grenzen und Regeln zu halten und als unruhige, unfolgsame, störende Kinder die Schule verlassen. Doch der Vorstoß der Montessori-Pädagogik und speziell der Freiarbeit ist nicht mehr aufzuhalten, haben sie doch schon in den neuen Lehrplan für die Grundschule und in zahlreiche Kindergärten Einzug erhalten.

2.2.2 Célestin Freinet

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Franzose Célestin Freinet (1896 – 1966) entwickelte Freiarbeit „aus der freien Tätigkeit des Kindes in seiner unmittelbaren Lebens- und Erfahrungswelt“[21]. Sein Motto war eine weitgehende Individualität des Lernens und Übens.[22] Dabei sollten zuerst manuelle Elementararbeiten ausgeführt werden, die aus eigener Motivation und eigenem Interesse entspringen. Durch diese handlungsorientierte Auseinandersetzung erhält das Kind das Vermögen, seine Umwelt aufzunehmen. Auch konnten Arbeitsverfahren und –verhalten frei gewählt werden.

An zweiter Stelle steht die Entwicklung von eigenem Material. Hier liegt der entscheidende Unterschied zwischen Freinet und Montessori. Bekommen bei Montessori Kinder bereits vorgefertigtes Material an die Hand, so müssen sie bei Freinet dieses erst selbst herstellen. Malen und Gestalten oder Formulierungen eigener Texte stellen eine Art der Produktion dar. In einer Arbeitsbibliothek stehen alle eigenentwickelten Arbeitsmittel den Schülern zur Verfügung. Diese im Klassenraum befindlichen Materialien können Lernkarteien, Experimentierkästen, Lesestücke oder Ähnliches sein. Da Célestin Freinet stark für eine Öffnung nach außen hin plädierte, entwickelte er kommunikationstechnische Mittel, wie z.B. die Freinet-Druckerei, in der die Kinder ihre Texte drucken und so in Klassenzeitungen veröffentlichen können.[23] Zudem legte er großen Wert auf Erkundungen und Projekte, durch die den Kindern ein möglichst direkter Zugang zur Sache ermöglicht werden sollte. Durch das Finden eigener Lösungen zur Bewältigung der Lernaufgaben erhielten sie ein exemplarisches, realistisches, praxisorientiertes und verknüpftes Wissen, das sie in anderen Konfliktsituationen anwenden konnten. Neben den genannten Mitteln führte Freinet zudem einen Klassenrat und Wochenpläne ein, um das Verantwortungsbewusstsein der Kinder zu stärken.[24]

[...]


[1] Der Einfachheit halber wird in der Arbeit auf die zusätzliche Anführung der weiblichen Form „SchülerInnen“ und „LehrerInnen“ verzichtet.

[2] Aus: Heinrich, Karin, Kinder arbeiten (sich) frei. Wie eine Grundschule Schule der Kinder sein kann, Essen 1991, S. 11.

[3] Bundesrepublik Deutschland (Hg), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, in: http://dejure.org/gesetze/GG/2.html vom 26.05.03.

[4] Aus: Heinrich, Karin, Kinder arbeiten (sich) frei. Wie eine Grundschule Schule der Kinder sein kann, Essen 1991, S. 23.

[5] Nach: Mayer, Werner Guido, Freie Arbeit in der Primarstufe und in der Sekundarstufe bis zum Abitur. Denkanstöße zur inneren Reform der Schule; ein Diskussionsbeitrag aus Nordrhein-Westfalen, Heinsberg 1992, S. 9.

[6] Nach: Bartnitzky, Horst, Christiani, Reinhold (Hg.), Die Fundgrube für freie Arbeit. Das Nachschlagewerk für Einsteigerinnen und Fortgeschrittene, Berlin 1998, S. 17.

[7] Ebd.

[8] Nach: Krieger, Claus Georg, Mut zur Freiarbeit. Praxis und Theorie des freien Arbeitens für die Sekundarstufe; ein allgemeingültiges Konzept von Freiarbeit – naturwissenschaftlicher Unterricht und Freiarbeit – die historische Wurzel der Freiarbeit, Baltmannsweiler 1994, S. IX.

[9] Deutsches Wörterbuch, Naumann & Göbel, Köln 1985.

[10] Ebd.

[11] Der Brockhaus in einem Band, 9. Auflage, Leipzig 2000.

[12] Aus: Kleinert, Irmhild, Freiarbeit, in: Heckt, Dietlinde, Sandfuchs, Uwe (Hg.), Grundschule von A bis Z, Braunschweig 1993, S. 70-72.

[13] Aus: Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hg.), Kinder lernen selbständig, Soest 1989, S. 9f.

[14] Krieger, Claus Georg, Mut zur Freiarbeit. Praxis und Theorie des freien Arbeitens für die Sekundarstufe; ein allgemeingültiges Konzept von Freiarbeit – naturwissenschaftlicher Unterricht und Freiarbeit – die historische Wurzel der Freiarbeit, Baltmannsweiler 1994, S. 1.

[15] Ebd., 1f.

[16] Mayer, Werner Guido, Freie Arbeit in der Primarstufe und in der Sekundarstufe bis zum Abitur. Denkanstöße zur inneren Reform der Schule; ein Diskussionsbeitrag aus Nordrhein-Westfalen, Heinsberg 1992, S. 21.

[17] Aus: Mayer, Werner Guido, Freie Arbeit in der Primarstufe und in der Sekundarstufe bis zum Abitur. Denkanstöße zur inneren Reform der Schule; ein Diskussionsbeitrag aus Nordrhein-Westfalen, Heinsberg 1992, S. 21.

[18] Nach: Bartnitzky, Horst, Christiani, Reinhold (Hg.), Die Fundgrube für freie Arbeit. Das Nachschlagewerk für Einsteigerinnen und Fortgeschrittene, Berlin 1998, S. 11f.

[19] Nach: Mayer, Werner Guido, Freie Arbeit in der Primarstufe und in der Sekundarstufe bis zum Abitur. Denkanstöße zur inneren Reform der Schule; ein Diskussionsbeitrag aus Nordrhein-Westfalen, Heinsberg 1992, S. 21.

[20] Nach: Bartnitzky, Horst, Christiani, Reinhold (Hg.), Die Fundgrube für freie Arbeit. Das Nachschlagewerk für Einsteigerinnen und Fortgeschrittene, Berlin 1998, S. 11f.

[21] Mayer, Werner Guido, Freie Arbeit in der Primarstufe und in der Sekundarstufe bis zum Abitur. Denkanstöße zur inneren Reform der Schule; ein Diskussionsbeitrag aus Nordrhein-Westfalen, Heinsberg 1992, S. 21.

[22] Aus: Bartnitzky, Horst, Christiani, Reinhold (Hg.), Die Fundgrube für freie Arbeit. Das Nachschlagewerk für Einsteigerinnen und Fortgeschrittene, Berlin 1998, S. 13.

[23] Nach: Mayer, Werner Guido, Freie Arbeit in der Primarstufe und in der Sekundarstufe bis zum Abitur. Denkanstöße zur inneren Reform der Schule; ein Diskussionsbeitrag aus Nordrhein-Westfalen, Heinsberg 1992, S. 21f.

[24] Nach: Bartnitzky, Horst, Christiani, Reinhold (Hg.), Die Fundgrube für freie Arbeit. Das Nachschlagewerk für Einsteigerinnen und Fortgeschrittene, Berlin 1998, S. 13.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Offener Unterricht: Die Notwendigkeit der Freiarbeit
Hochschule
Universität Regensburg  (Grundschulpädagogik)
Veranstaltung
Seminar: Formen des Unterrichts
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
27
Katalognummer
V17480
ISBN (eBook)
9783638220521
ISBN (Buch)
9783638645119
Dateigröße
1433 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Notwendigkeit, Freiarbeit, Betrachtung, Unterrichtsform, Seminar, Formen, Unterrichts
Arbeit zitieren
Matthias Altmannsberger (Autor:in), 2003, Offener Unterricht: Die Notwendigkeit der Freiarbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17480

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