0. Einleitung
Viel zu selten wird die eigentlich so spannende Frage nach den sozialen und psychologischen
Vorgängen bei der Entstehung von musikalischen Werken bei Komponisten, aber auch bei
musikalischen Gruppen des Rock –und Popbereichs gestellt. So kann man sich fragen, wie
die Beatles eine derartige Fülle an „Hits“ und klassische Komponisten, wie Beethoven oder
Mozart solch zauberhafte Melodien schreiben konnten. Was gilt es bei der Ergründung dieser
Thematik zu beachten und wo setzt man am besten an um solch kreative Gruppenprozesse
erklärbar und verstehbar zu machen?
Das Ziel dieser Arbeit soll es deshalb sein die Stimmung aus einem Proberaum, in dem
gerade an einem neuen Song geschrieben wird, in Worten wiederzugeben und nach Gründen
für das gute Funktionieren dieses kollektiven „Komponierens“ zu suchen. Dabei gilt es eine
Reihe von Einflussfaktoren zu berücksichtigen und Definitionen altbekannter Begriffe, wie
Komposition, Improvisation, Rock, Pop, Jazz und Klassik zu hinterfragen und eventuell mit
neuem Inhalt anzufüllen. Den theoretischen Rahmen der Untersuchung über die kreative
Arbeit in musikalischen Gruppen bilden das Erlernen des Instruments, die damit verbundene
Entwicklung, die Identitätsbildung, das Selbstkonzept, die Geschlechterspezifität und die
musikalische Sozialisation. Die Ausarbeitung wird sich dabei größtenteils auf die
Literaturlage im deutschsprachigen Raum konzentrieren, welche aber auch englischsprachige
Literatur zusammenfasst und die wichtigsten Aspekte für die Erforschung kreativer
Gruppenprozesse innerhalb der Popularmusik festhält. Gerade hier erscheinen immer wieder
Mythen um den Geniekult von Autodidakten, wie Jimi Hendrix oder dem bereits erwähnten
Paul McCartney. Diese Arbeit soll deshalb derartige Kultphänomene erklärbar machen und
durch teilweise ganz banale Fakten zur Entmystifizierung des Geniekults im Metier der
populären Musik beitragen. Punktuell tangiert wird dabei auch die Arbeitsweise im
klassischen Bereich. Dort sind es zumeist einzelne Komponisten, die ein umfangreiches
musikalisches Werk schaffen und eigentlich abgeschottet von Gruppenaktivitäten arbeiten.
Es ist überdies danach zu fragen, ob es nicht eventuelle Präzedenzfälle für gemeinsames
Schaffen schon bei klassischen Komponisten gab und ob die Einheit von Interpret und
Komponist, wie es in der Popularmusik gängige Praxis ist, bereits hier nachweisbar ist. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 0. Einleitung
- 1. Einführung in musikpsychologische und soziologische Grundlagen kreativer Gruppenprozesse
- 1.1. Musikalische Begabung und Selbstkonzept
- 1.2. Musikalische Sozialisation
- 1.3. Musikalisches Lernen und Motivation
- 1.4. Präferenzbildung und Musikindustrie
- 1.5. Musikalische Identität
- 1.6. Geschlechterspezifität
- 2. Kreative Praxis in musikalischen Gruppen
- 2.1. Kompositorische Arbeitsprozesse von Rock- und Popbands
- 2.1.1. Die Erkenntnisse von Jan Hemming
- 2.1.2. Die Studien von Anja Rosenbrock
- 2.1.2.1. Der Kompositionsbegriff in der Popularmusik
- 2.1.2.2. Entstehung eines Songs in einer Amateurband
- 2.1.2.3. Ideengenerierung und Kreativität
- 2.1.3. „Die Soziologie des Rock“
- 2.1.4. Arbeitsphasen nach Thomas Witzel
- 2.2. Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Gruppenarbeit
- 2.3. Theoretischer Exkurs I: Koordination und Synchronität als kognitive Prozesse nach Peter Keller
- 2.4. Exkurs II: Entmystifizierung des kreativen Genies in Klassik und Pop
- 2.5. Die Rolle der Improvisation am Beispiel des Jazz
- 3. Zusammenfassung/ Diskussion/ Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Entstehung musikalischer Werke in Rock- und Popgruppen und untersucht die sozialen und psychologischen Prozesse, die dabei eine Rolle spielen. Sie befasst sich mit den Voraussetzungen für das kooperative Zusammenspiel in Musikbands, wie beispielsweise musikalische Begabung, Sozialisation, Lernen, Identitätsbildung und geschlechterspezifische Entwicklungen.
- Entwicklung des musikalischen Selbstkonzepts
- Bedeutung der musikalischen Sozialisation
- Einflussfaktoren auf die Kreativität in musikalischen Gruppen
- Untersuchung der Rolle der Improvisation
- Entmystifizierung des Geniekults in der Musik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der kreativen Gruppenprozesse in der Popularmusik ein und erläutert die Zielsetzung der Arbeit. Das erste Kapitel beleuchtet die musikpsychologischen und soziologischen Grundlagen der kreativen Zusammenarbeit in Musikgruppen. Es werden Themen wie musikalische Begabung, Sozialisation, Lernen, Präferenzbildung und Identität behandelt.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der konkreten Praxis kreativer Arbeitsprozesse in Rock- und Popbands. Hier werden die Erkenntnisse verschiedener Studien vorgestellt, die sich mit dem Entstehungsprozess von Songs in Amateurbands, der Rolle der Improvisation und der Arbeitsweise professioneller Bands auseinandersetzen. Außerdem wird auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Gruppenarbeit eingegangen sowie die Entmystifizierung des kreativen Genies in Klassik und Pop diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit widmet sich den Themen Kreativität, Gruppenprozesse, Popularmusik, Rock, Pop, Jazz, musikalische Begabung, Sozialisation, Selbstkonzept, Komposition, Improvisation, Musikindustrie, Geniekult, Musikpsychologie, Musiksoziologie.
- Quote paper
- Michael Cyris (Author), 2010, Kreative Gruppenprozesse in der Popularmusik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175001