Ist Intelligent Design Wissenschaft?

Eine Untersuchung von Bradley Montons Argumenten


Hausarbeit, 2010

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung in Intelligent Design und dessen Hintergründe
1.1 Der Kulturkrieg
1.2 Eine Definition von Intelligent Design
1.3 Die wichtigsten Argumente für Intelligent Design

2. Warum Intelligent Design Wissenschaft sein kann
2.1 Das Demarkationsproblem
2.2 Intelligent Design ist nicht grundsätzlich übernatürlich
2.3 Die Suche nach Wahrheit und der methodologische Naturalismus

3. Warum Intelligent Design keine Wissenschaft sein kann
3.1 Wissenschaft müsste sich ändern
3.2 Übernatürliche Wesen machen Wissenschaft zu einfach
3.3 Intelligent Design ist nicht testbar und macht keine Vorhersagen

4. Fazit
4.1 Wahrheit oder Wissenschaft?
4.2 Warum nicht?

Literaturverzeichnis

Ist Intelligent Design Wissenschaft?

1. Einleitung in Intelligent Design und dessen Hintergründe

Bradley Montons Buch Seeking God in Science wagt sich an ein häufig diskutiertes Thema in einer ungewöhnlichen Konstellation. Er ist Atheist,[1] verteidigt aber Intelligent Design (von nun an „ID“) als eine ernst zunehmende wissenschaftliche Position. Ähnlich wie Larry Laudan sich in den 80er Jahren für den Kreationismus als wissenschaftlicher Theorie eingesetzt hat, macht sich auch Monton in seinem Buch auf, falsche Argumente, fragliche Abgrenzungen und vor allem Missverständnisse zwischen den verfeindeten Lagern auszuräumen.

In dieser Hausarbeit sollen die Argumente Montons für eine Einstufung IDs als Wissenschaft untersucht werden. Die Vorgehensweise wird zu Beginn eines jeden Kapitels erklärt werden. Insgesamt stimme ich mit Montons Analysen überein, wie vor allem im letzten Kapitel deutlich werden wird. In diesem Kapitel soll zunächst eine Einführung in die Brisanz der derzeitigen Debatte erfolgen. Danach soll ID und ihre wichtigsten Argumente kurz erläutert werden.

1.1 Der Kulturkrieg

Was auch immer ID ist oder nicht ist, es erhitzt jedenfalls eine Menge Gemüter. Vor allem in den USA sehen viele in der ID-Bewegung die Speerspitze einer religiösen Bewegung. Diese bemühe sich darum, die Lehre der Evolutionstheorie in Schulen zu minimieren oder zumindest ID gleichberechtigt neben ihr zu etablieren. Weitreichendere Ziele sollen dabei insgeheim die Entsäkularisierung öffentlicher Schulen und sogar die Unterwanderung säkularer und konstitutioneller Bestandteile der amerikanischen Demokratie sein.[2] Ein weiterer beliebter Ansatz ID gefährlich zu machen, ist es es als Kreationismus[3] zu bezeichnen. Und dieser hatte in den USA offensichtlich eine religiös motivierte Agenda.[4] Dabei reicht es, bereits ID und seine Argumente ernst zu nehmen, um als Kreationist denunziert zu werden.[5] Es scheint ein Kulturkrieg im Gang zu sein, bei dem es um viel mehr als die Wahrheit oder Wissenschaftlichkeit einer These geht.

In Deutschland ist dieser Krieg nicht so weit fortgeschritten wie in den Vereinigten Staaten, aber es gibt auch hier einen oftmals polemischen Umgang mit ID. Reinhard Junker sieht ganz besonders bei den Medien eine unsachliche, nicht an der Wahrheit der Frage interessierte Berichterstattung:

Bestenfalls erscheint ID harmlos und bedeutungslos, schlimmstenfalls als gefährlich und bedrohlich. Denn wer angeblich nicht forschen will, sondern das bereits durch Naturwissenschaften gewonnene Wissen ignoriert und die Gewinnung zukünftigen Wissens blockiert, ist eine Gefahr für den Fortschritt und daher eine Bedrohung für unsere Gesellschaft.[6]

Soviel zur aktuellen Brisanz IDs. Auf die im Zitat angedeuteten Argumente werde ich im dritten Kapitel eingehen. Festhalten will ich aber, dass gerade aufgrund dieser hitzigen Debatte, diese Hausarbeit vollständig von den Personen, ihren offensichtlichen, versteckten oder möglichen Zielen absehen, und ID an sich untersuchen soll. Meiner Meinung nach lässt sich nur so die volle Tragweite und der Wahrheitsgehalt eines Arguments ergründen. Außerdem vermeidet man ad hominem Fehlschlüsse, die sich in einer im oben beschriebenen Stil geführten Debatte geradezu aufdrängen.

1.2 Eine Definition von Intelligent Design

Bradley Monton wendet einen großen Teil seines ersten Kapitels damit auf zu klären, was ID sei. Dabei stellt er unabhängig von den gängigen Definitionen eine eigene auf, die seiner Meinung nach das besagt, was unter ID verstanden wird oder verstanden werden sollte. Ausgangspunkt ist die Definition des Discovery Institute:

The theory of intelligent design holds that certain features of the universe and of living things are best explained by an intelligent cause, not an undirected process such as natural selection.[7]

Monton teilt die Definition in drei Teile: (1) Merkmale des Universums, (2) Merkmale lebender Dinge und (3) den „best-explained“-Abschnitt. An jedem von ihnen kritisiert er, dass sie wenig konkret, oft zu schwach und noch häufiger viel zu weit sind. Beispielsweise stellt er heraus, dass die oben genannte Definition bereits durch die Anwesenheit der Petronas Towers erfüllt ist. Schließlich sind diese ein Merkmal unseres Universums, das am besten durch intelligente Ursachen erklärt wird.[8] Ähnlich wird die Definition erfüllt, wenn eine künstliche Befruchtung stattfindet. Denn auch da wird ein Merkmal (das sich nun entwickelnde Wesen) am besten durch eine intelligente Ursache erklärt, die sich entschieden hat, genau diese Eizelle und genau dieses Spermium zusammen zu bringen.[9] Nach vielen Vorschlägen und Änderungen der Teile (1) und (2) (deren detaillierte Wiedergabe an dieser Stelle wenig fruchtbar wäre) wendet sich Monton dem dritten zu. Seiner Meinung nach ist der Verweis auf die beste Erklärung in dieser Debatte irreführend. Er sieht hier eine Analogie zur Suche nach Ursachen für den Zerfall von Atomen im Licht der Quanten-Physik (etwas präziser: Warum zerfällt das Atom gerade in diesem bestimmten Augenblick?). Man könnte viele Erklärungen anbieten: vom Niesen einer Person, über die Theorie Bohms hin zu einem intelligenten Wesen, das gewollt hat, dass dieses Atom genau jetzt zerfällt. Hier scheint die letzte die beste Erklärung zu sein, während die richtige Erklärung sein könnte, dass es gar keine gibt.[10] Eine letzte Änderung ist noch nötig. ID-Vertreter wollen, dass was auch immer nun für „best explained“ eingesetzt wird, wissenschaftlich[11] sein soll. Daher schlägt Monton folgende Definition vor:

The theory of intelligent design holds that certain global features of the universe provide evidence for the existence of an intelligent cause, or that certain biologically innate features of living things provide evidence for the doctrine that the features are the result of the intentional actions of an intelligent cause which is not biologically related to the living things, and provide evidence against the doctrine that the features are the result of an undirected process such as natural selection.[12]

Diese Definition soll Ausgangspunkt der Diskussion dieser Hausarbeit sein.

1.3 Die wichtigsten Argumente für Intelligent Design

Monton nennt mehrere Argumente, die für die Existenz eines intelligenten Designers sprechen. Das bekannteste von ihnen geht von irreduzierbarer Komplexität biologischer Systeme aus.[13] Außerdem werden mit Wahrscheinlichkeiten arbeitenden Argumente verwendet. Sie schließen entweder von der Entstehung des Lebens oder den Leben ermöglichenden physikalischen Konstanten unseres Universums auf eine nicht naturalistische Erklärung für das untersuchte Phänomen.[14] Darüber hinaus führt Monton, was eher ungewöhnlich ist, auch den kalam -kosmologischen-Gottesbeweis als ID- Argument an. Dieser schließt anhand des Urknall-Modells auf die Existenz einer Ursache unseres Universums.[15] Außerdem bringt Monton ein Simulationsmodell als ID-Argument an. Es besagt, dass unsere Welt und unser Bewusstsein in einer Computersimulation irgendeines intelligenten Wesens entstanden sein könnten.[16] Das sind die wichtigsten Argumente – nach Monton – für ID. Er schreibt zu der Überzeugungskraft dieser Argumente:

I don't find them plausible enough to make me stop being an atheist, but I do think that they have some merit – they make me less certain of my atheism than I would have been had I never heard of [...] them.[17]

[...]


[1] Vgl. Monton 2009, 12 und 16 und 35. usw.

[2] Vgl. ibid., 11-12. Montons Beschreibung dieser Vorwürfe von einigen ID-Kritikern gegen ihre Vertreter wird zum Teil auch von Menuge geteilt (vgl. Menuge 2006, 33). Sarkar spricht zumindest von einer sozialen Verantwortung der Wissenschaftler, sich zu ID zu äußern (vgl. Sarkar 2007, 156).

[3] Meine Formulierung deutet bereits an, dass ich mich dieser Bezeichnung nicht anschließen will. Auch wenn viele der von mir konsultierten Bücher das Etikett „Kreationismus“ sogar in ihren Titel aufnehmen (Sarkar 2007, Young und Edis 2004), halte ich mich an Monton und Menuge. Monton lehnt die Bezeichnung ab, da es bei ID um ein größeres Untersuchungsfeld (u. a. Physik, Kosmologie und Biologie) geht als im klassischen Kreationismus (weitgehend auf Biologie und Geologie beschränkt) (vgl. Monton 2009,31-32). Menuge sieht die Hauptdifferenz zwischen ID und Kreationismus darin, dass letzterer von einer Interpretation der Genesis ausgeht, während ersteres von jeglichen Aussagen über die Beschaffenheit des Designers absieht (vgl. Menuge 2006, 34).

[4] Vgl. Menuge 2006, 33-34. Für eine Diskussion der kreationistischen Bewegung (und ihrer Ziele) in den USA vgl. Ruse 1996, Part 3.

[5] Vgl. Monton 2009, 59-60.

[6] Junker 2009, 23. Reinhard Junker soll in dieser Hausarbeit als ID-Vertreter betrachtet werden, da ich mich nur auf eines seiner Werke beziehe, das diese Vereinfachung weitgehend erlaubt.

[7] Vgl. Monton 2000, 16.

[8] Vgl. ibid., 18-19.

[9] Vgl. ibid., 24-25.

[10] Vgl. ibid., 35-36.

[11] Beispielsweise hebt Junker diesen Punkt stark hervor (vgl. Junker 2009, 16).

[12] Monton 2009., 39, Hervorhebungen des Autors gelöscht. Für die genauen Gründe jeder einzelnen Änderung vgl. ibid., 15-40.

[13] Vgl. ibid., 105ff.

[14] Vgl. ibid., 99ff, bzw. 76ff.

[15] Vgl. ibid., 86ff.

[16] Für die Unterschiede zu den bekannten „Hirn-im-Tank“ Überlegungen, vgl. ibid.,117-129.

[17] Ibid., 20.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Ist Intelligent Design Wissenschaft?
Untertitel
Eine Untersuchung von Bradley Montons Argumenten
Hochschule
Universität Bielefeld  (Fakultät für Geschichte, Philosophie und Theologie, Abteilung Philosophie)
Veranstaltung
Einführung in die Wissenschaftstheorie (Methodenlehre)
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
19
Katalognummer
V175185
ISBN (eBook)
9783640960569
ISBN (Buch)
9783640961139
Dateigröße
516 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kreationsimus, Wissenschaft, Teleologie, Wissenschaftstheorie, Religionsphilosophie, Laudan, Pennock, Gott, Designer, Schöpfung, Abgrenzungskriterien, Epistemologie, Evolution, Darwin, Behe, Monton, Biologie, Naturgesetz, Evolutionstheorie
Arbeit zitieren
Vit Heptin (Autor:in), 2010, Ist Intelligent Design Wissenschaft?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175185

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