Thomas Manns Roman „Doktor Faustus“ ist ein Werk vielfältiger Thematik und stofflicher Komplexität: Epochen- und Gesellschafts-Roman, autobiographische „Lebensbeichte“, Deutschland- und Künstler-Roman, „musik-historisches“ Werk sowie Nietzsche-Buch sind auf kunstvolle Weise miteinander verbunden. Die Integration der Strukturschichten durch motivische Vernetzung und symbolische Verweisung konstituiert dabei einen Gesamtkomplex von Zusammenhängen vordergründig disparater Erscheinungen – Musik und Theologie, Künstlertum und Deutschtum, Politik und Philosophie, Zeit- und Kultur-Geschichte, auch persönliche Lebensgeschichte, Moderne und frühe Neuzeit werden ineinander gespiegelt und miteinander assoziiert. Der Titel „Doktor Faustus“ stellt das Dargestellte zudem in den mythischen Kontext der Faust-Legende und verleiht der strukturellen und semantischen Vielfalt des Romans zusätzliche Tiefendimension.
Das prekäre Künstlerleben eines modernen Komponisten nimmt bei aller Vielschichtigkeit und stofflichen Dichte der Komposition die zentrale Stellung im Romangefüge ein, und entfaltet, indem in der Künstlerfigur Leverkühn Aspekte zeithistorischer Virulenz und deutsch-nationaler Charakteristik konvergieren, seine repräsentative Signifikanz für allgemein epochen-spezifische Phänomene. So sind Leverkühns Lebensweg und Schicksal für Thomas Mann Abbild und Paradigma der Kunst- und Kulturkrise, sind „nur Vordergrund und Repräsentation […] für Allgemeineres, nur Mittel, die Situation der Kunst überhaupt, der Kultur, ja des Menschen, des Geistes selbst in unserer durch und durch kritischen Epoche auszudrücken.“
Der „Doktor Faustus“ soll nun in dieser Arbeit hinsichtlich der Funktion des Faust-Motivs für die Analyse der Kunst- und Kulturkrise untersucht werden. Dazu soll zunächst der Bezug des „Doktor Faustus“ zur Faust-Tradition im Allgemeinen und anschließend zur „Historia von D. Johann Fausten“ als Subtext der Roman-Konzeption im Besonderen betrachtet werden. Im Fokus stehen hier die stofflichen und strukturellen Zusammenhänge. Ein weiteres Betrachtungsfeld ist die ideologische Aufladung und Verzerrung des Faust-Stoffes. Die Kapitel (5) und (6) berühren anschließend zentrale Aspekte des „Doktor Faustus“: einerseits modernes Künstlertum im Horizont des Faust-Motivs, andererseits die repräsentative Stellung des „faustischen“ Künstlers im Hinblick auf den deutschen Nationalsozialismus. Kapitel (7) „Die Funktion des Faust-Motivs“ zieht dann in aller Kürze Bilanz.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der „Doktor Faustus“ und die Faust-Tradition
- Der „Doktor Faustus“ und die „Historia von D. Johann Fausten“
- Die ideologische Überhöhung des Faust-Mythos
- Der Künstler als Faust-Figur
- Faust - Leverkühn als Symbolfiguren Deutschlands
- Die Funktion des Faust-Motivs
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Funktion des Faust-Motivs im Roman "Doktor Faustus" von Thomas Mann. Der Fokus liegt auf der Analyse der Kunst- und Kulturkrise, die durch die Figur des Komponisten Adrian Leverkühn repräsentiert wird.
- Die Beziehung des Romans zur Faust-Tradition
- Die ideologische Überhöhung und Verzerrung des Faust-Stoffes
- Moderne Künstler im Kontext des Faust-Motivs
- Der "faustische" Künstler als Symbolfigur des deutschen Nationalsozialismus
- Die Funktion des Faust-Motivs zur Darstellung der Kunst- und Kulturkrise
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung präsentiert die vielschichtige Thematik des Romans und die zentrale Rolle des Faust-Motivs in der Konzeption von "Doktor Faustus".
- Der "Doktor Faustus" und die Faust-Tradition: Dieser Abschnitt beleuchtet den historischen und literarischen Kontext des Faust-Motivs und die Entwicklung der Faust-Sage.
- Der "Doktor Faustus" und die "Historia von D. Johann Fausten": Hier wird die "Historia von D. Johann Fausten" als Subtext der Roman-Konzeption analysiert.
- Die ideologische Überhöhung des Faust-Mythos: Dieser Abschnitt betrachtet die ideologische Aufladung und Verzerrung des Faust-Stoffes in verschiedenen literarischen Bearbeitungen.
- Der Künstler als Faust-Figur: Dieser Abschnitt fokussiert auf die Darstellung modernen Künstlertums im Horizont des Faust-Motivs.
- Faust - Leverkühn als Symbolfiguren Deutschlands: Dieser Abschnitt untersucht die repräsentative Stellung des "faustischen" Künstlers im Hinblick auf den deutschen Nationalsozialismus.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Themengebiete dieser Arbeit sind: "Doktor Faustus", Thomas Mann, Faust-Motiv, Kunst- und Kulturkrise, moderner Künstler, "faustischer" Künstler, deutscher Nationalsozialismus, Musikphilosophie, Genietheorie.
- Arbeit zitieren
- Christian Rausch (Autor:in), 2010, Genietheorie und Musikphilosophie in Thomas Manns "Doktor Faustus", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175605