Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Quellen
1. Einleitung
2. Das Cabinet Office
2.1 Historische Notwendigkeit
2.2 Struktur und Arbeitsweise
3. Struktur und Arbeitsweise des Bundeskanzleramts
4. Vergleich des Cabinet Office und des Bundeskanzleramts
5. Fazit
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Karte von Downing Street 10 (Sitz des Premierministers; rot) und dem Cabinet Office (blau); gelb eingezeichnet ist der Verbindungsgang zwischen beiden Häuser.
Quelle: Google Maps (nachbearbeitet vom Autor)
Quellen
Bundeshaushalt 2008, Einzelplan 04, Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt. Bundesministerium der finanzen, 2007.
Burch, Martin, Ian Holliday: The British cabinet system. Prentice Hall/Harvester Wheatsheaf. Hemel Hempstead, 1996.
Busse, Volker: Bundeskanzleramt und Bundesregierung. C. F. Müller Verlag. Heidelberg, 2005.
Google Maps. http://maps.google.de/maps?f=q&source=s_q&hl=de&geocode=&q=Downing +Street+10,+London&ll=51.503587,0.127142&spn=0.00176,0.004882&t=h&z=18. Bild- schirmfoto vom 9. Februar 2009.
Heclo, Hugh, Aaron B. Wildavsky: The Private Government of Public Money. Macmillan. Oxford, 1974.
Hennessy, Peter: Cabinet. Basil Blackwell. Oxford, 1990.
Madgwick, Peter: British Government: The Central Executive Territory. Philip Allan. Hemel Hempstead, 1991.
Peele, Gillian: Governing the UK. Blackwell Publishing. Oxford, 2004.
1. Einleitung
Das Vereinigte Königreich kennt heute das älteste noch fortbestehende Staats- und Regierungssystem der Welt. Freilich hat sich dessen Struktur seit der Eroberung Englands durch Wilhelm I. den Eroberer im Jahr 1066 gewandelt, doch in den knapp eintausend Jahren seines Bestehens gab es nie eine Zäsur im Regierungs- system, seit dem 13. Jahrhundert ist die Souveränität allen politischen Handelns im Parlament vereinigt (vgl. Burch/Holliday 1996, S. 1, 9). Die Franzosen spre- chen heute von ihrer fünften Republik; die Deutschen haben seit 1871 einen Nationalstaat, mit nunmehr fünf verschiedenen Systemen unter vier Verfassungen, über 40 Jahre waren sie gar wieder getrennt. Aber abgesehen vom sechsjährigen republikanischen Intermezzo durch Oliver Cromwell und seinen Sohn Richard Mitte des 17. Jahrhunderts erfuhr die britische Regierungsordnung keine Umwäl- zung, lediglich einige Umstrukturierungen hin zur heute bekannten demokrati- schen Regierung des Landes - und selbst nach der Restauration der Monarchie fand man zum alten System zurück (vgl. Burch/Holliday 1996, S. 9). Begünstigt durch das Common Law als Gewohnheitsrecht und des darauf aufbauenden Fall- rechts konnten die gerade Regierenden das System fortschreiben und an die Bege- benheit der Zeit anpassen, ohne sich in große verfassungsrechtliche Diskussionen stürzen zu müssen.
So entwickelte sich auch das Cabinet Office aus den Erfahrungen im Ersten Weltkrieg heraus, für eine bessere Organisation und Koordination der Regierungsarbeit der britischen Inseln. Ein kurzes historisches Exzerpt soll darstellen, wie es schließlich zur Gründung dieser neuen Behörde gekommen ist. Die anschließende Darstellung der Aufgaben und Prozesse im Cabinet Office und ein Überblick über das deutsche Bundeskanzleramt münden schließlich in eine Analyse der Anwendbarkeit der britischen Einrichtung im deutschen System mit dem Versuch eines Vergleichs beider Koordinationsinstitutionen.
2. Das Cabinet Office
2.1 Historische Notwendigkeit
Der Erste Weltkrieg, die bis dahin in diesem Ausmaß nie da gewesene Auseinan- dersetzung zwischen den verfeindeten Staaten des europäischen Kontinents, stellte nicht nur die Kombattanten und hohen Militärs unter ganz besondere Herausfor- derungen, auch die Politik, die letztlich für diesen Konflikt verantwortlich war, musste effektiv und möglichst schnell eingreifen können, wenn sie neue Informa- tionen zu Frontverlauf, Gefallenenzahlen oder Geheimdienstinformationen erhielten. Der damalige britische Premierminister Lloyd George erkannte, dass das ihm zu Verfügung stehende System aus widerstreitenden Ministerien und dem ihm unterstehenden Treasury nur unzureichend seinen Informationsbedarf deckte und er seine Handlungsfähigkeit als faktischer Regierungschef einer Groß- und Hauptkriegsmacht als nicht ausreichend erachtete. Tatsächlich wuchs die Zahl an Aufgaben in einer zunehmend komplexer werdenden politischen und diplomati- schen Welt, jedoch zog die Behördeninfrastruktur nicht mit (vgl. Peele 2004, S. 148). So schuf er zu seiner zusätzlichen Unterstützung ein neues Amt: Im Dezember 1916 wurde das Cabinet Secretariat im königlich-imperialen Verteidi- gungsministerium erschaffen (vgl. Hennessy 1990, S. 16). Noch heute hat das Cabinet Office, welches sich im Laufe der Zeit um das zunächst einzig bestehende Cabinet Secreteriat bildete, seine Adresse in 70 Whitehall, London, die einzige Querstraße zur Downing Street; mit einem exklusiven Verbindungstrakt zum Sitz des Premierministers (vgl. Burch/Holliday 1996, S. 32; s. Abb.). Aufgrund der traditionellen Unterstellung der königlichen Treasury unter den Premierminister (gleichzeitig HM first Lord of the Treasury) gibt es jedoch seit Bestehen des Cabinet Office ein schwieriges Verhältnis zum Schatzamt des Königreichs, welches sich in der Downing Street gegenüber des Amtssitzes des ersten Ministers Ihrer Majestät befindet (vgl. Hennessy 1990, S. 16; Burch/Holliday 1996, S. 32). Aufgrund dieser Auseinandersetzungen und des verfassungstheoretischen Prinzips einer Kabinetts- statt einer Premierministerregierung mussten schließlich die Kompetenzverteilungen in Richtung des Cabinet Office in den folgenden Jahren und Jahrzehnten langsam vonstattengehen - der Premierminister tastete sich stets vor, die Verantwortlichkeiten in die neue Behörde zu verlagern, sodass er über die Dekaden bis heute immer mehr Kontrolle über die Regierungsarbeit erhielt (vgl. Peele 2004, S. 148).
2.2 Struktur und Arbeitsweise
Der britische Politologe Peter Madgwick bringt die Aufgaben des Cabinet Office in einer maritimen Metapher plastisch auf den Punkt: „The Cabinet Office is [...] the engine room of British government; [...] the officials tend the engines. They also provide and service the Chart room, where the course of the ship can be chosen and mapped. [...] It allows that there is a captain on the bridge crying „full steam ahead“ and down bellow the engineers and navigators can only complain about the oil pressure and the icebergs.“ (Madgwick 1991, S. 95). Ich werde nun dieses Bild für eine detailliertere Darstellung sezieren.
Das Cabinet Office soll also der Maschinenraum des Schiffs Vereinigtes König- reich sein. Um dies leisten zu können hat die Behörde einen Minister (Cabinet Secretary) mit Kabinettsrang und fünf ihm unterstehende Abteilungen: ein Zentralsekretariat (etwa eine innere Abteilung), die Beamtenverwaltung und die inhaltlichen Gliederungen zu Übersee- und Verteidigungsbelangen, Wirtschaft und Inneres sowie Europa. Diese werden jeweils von einem stellvertretenden Minister (Deputy Cabinet Secretary) geleitet. Insbesondere die Aufsicht über die Staatsbe- diensteten und deren Aus- und Weiterbildung verhelfen dem Cabinet Office zu weiterem Gewicht in der britischen Staatsverwaltung (vgl. Peele 2004, S. 149). So kann die Behörde u. a. die Verhaltensregeln für die Beamten festlegen, auch für jene, die in den anderen Ministerien angestellt sind. Neben dem Konflikt mit dem Treasury tritt hier ein weiterer Kritikpunkt an der Struktur und der Aufgabenzutei- lung des Cabinet Office auf (vgl. Peele 2004, S. 150 f.).
Insgesamt leisteten im Jahr 2002 genau 2.120 Beamte ihren Dienst bei dieser Behörde. (vgl. Peele 2004, S. 148). Drei Jahrzente zuvor waren es stets um die 600 Mitarbeiter. Einen wahren Boom des Cabinet Office initialisierte die Premier- ministerin Margaret Thatcher im Jahr 1984. Die Zahl der Beamten stieg im Vergleich zum Vorjahr um über 1.100 auf 1.669.
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