Berechnung einer risikoadäquaten Versicherungsprämie zur Deckung der Haftpflichtrisiken, die aus dem Betrieb von Kernkraftwerken resultieren


Fachbuch, 2011

157 Seiten

Benjamin Günther (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Gegenstand der Studie

1 Begriffsbestimmungen

2 Betrieb eines Kernkraftwerkes und sich daraus ergebende Haftungsstrecken

3 Dimensionen des Versicherungsschutzes für einen nuklearen Katastrophenfall 3.1 Versicherungswissenschaftliche Begriffsbestimmungen des Versicherungsschutzes 3.1.1 Versicherung und versichertes Risiko 3.1.2 Versicherte Gefahren und versicherter Schaden 3.1.3 Versicherungsprämie 3.1.4 Kriterien und Grenzen der Versicherbarkeit 3.2 Anwendung des konzeptionellen Versicherungsschutzes auf einen nuklearen Kata- strophenfall 3.2.1 Katastrophenfall: Versicherung und versicherte Risiken 3.2.2 Versicherte Gefahren und versicherter Schaden eines nuklearen Katastro- phenfalls 3.2.3 Relevante Annahmen für die Berechnung der Versicherungsprämie 3.2.4 Abwägung der Kriterien und Grenzen der Versicherbarkeit in Bezug auf einen nuklearen Katastrophenfall 3.2.5 Zwischenfazit

4 Existierende Quantifizierungsmethoden für die Abschätzung der Schadenhöhe 4.1 Grundlagen der vorhandenen Ansätze 4.1.1 Grundlagen der Dosis-Wirkungs-Beziehungen radioaktiver Strahlung 4.1.2 Der Risikokoeffizient zur Beschreibung des Strahlenkrebsrisikos 4.2 Die frühen Studien 4.2.1 Olav Hohmeyer 1989 4.2.2 Richard Ottinger et. al., Pace-University, New York City, 1990 4.2.3 Ewers/Rennings zu den monetären Schäden eines nuklearen Katastrophen- falls in Biblis, 1991 4.2.4 Ewers/Rennings zur Abschätzung der Schäden durch einen nuklearen Kata- strophenfall, 1992 4.3 Aktuelle Quantifizierungsansätze 4.3.1 Externalities of Energy (ExternE) - A Research Project of the European Commission, 4.3.2 Eine Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage zum Thema ”Nu- klearer Katastrophenfall“,

5 Eintrittswahrscheinlichkeit: Bisherige Quantifizierungsmethoden und Einfluss von Szenarien auf einen nuklearen Katastrophenfall 5.1 Bisherige Quantifizierungsmethoden der Eintrittswahrscheinlichkeit eines nuklearen Katastrophenfalls 5.2 Einbeziehen weiterer Szenarien mit direktem Einfluss auf die Eintrittswahrschein- lichkeit eines nuklearen Katastrophenfalls 5.2.1 Szenario Alterung der KKW 5.2.2 Szenario eines Terroraktes 5.2.3 Szenario eines Computervirus 5.2.4 Szenario menschlichen Versagens 5.2.5 Szenario eines Erdbebens 5.3 Zusammenfassung der Schätzungen zu Eintrittswahrscheinlichkeiten

6 Berechnung der Prämie einer Haftpflichtversicherung für das Risiko ”nuklearer Katastrophenfall“ 6.1.1 Aufgabenstellung und Ziele 6.1.2 Einführung in die Extremwerttheorie 6.1.3 Wahl der Verteilungsfunktion für das Auftreten von Schadenhöhen 6.1.4 Ermittlung des Maximalschadens und seiner Erwartung 6.1.5 Mathematische Grundlagen für die Kalkulation einer Versicherungsprämie 6.2 Anwendung der Methodik 6.2.1 Schätzung der Verteilung der Schadenhöhen 6.2.2 Schätzung des erwarteten Maximalschadens und seiner Streuung 6.2.3 Prämienszenarien

7 Interpretation der Ergebnisse und Fazit

A Zusätzliche Abbildungen Kapitel 1

B Zusätzliche Abbildungen Kapitel 4

C Gesichtete Literatur

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

Glossar

Abbildungsverzeichnis

1.1 INES-Skala

2.1 Anteil der Energieträger an der Bruttostromerzeugung Deutschlands
2.2 Übersicht über die in Betrieb stehenden KKW in Deutschland

3.1 Prämien-/Kosten-Modell
3.2 Schadenverteilung eines nuklearen Katastrophenfalls
3.3 Schadenarten eines nuklearen Katastrophenfalls
3.4 Wahrscheinlichkeitsverteilung zur Veranschaulichung des Sicherheitszuschlags

4.1 Eingreifrichtwerte für Maßnahmen
4.2 Mögliche Größen von Umsiedlungsflächen in Folge eines nuklearen Katastrophenfalls
4.3 Mögliche Schadenhöhen durch Umsiedlungsmaßnahmen in Folge eines nuklearen Katastrophenfalls
4.4 Sachschäden unter Berücksichtigung von Windrichtungsszenarien für die zwölf KKW- Standorte in Deutschland
4.5 Für die Berechnung der Versicherungsprämie verwendete Bewertungsgrundlagen
4.6 Höhen genetischer Schäden
4.7 Schadenhöhen nicht-tödlicher Krebserkrankungen
4.8 Schadenhöhen tödlicher Krebserkrankungen

5.1 In Betrieb stehende KKW in Deutschland und ungefähre Anzahl meldepflichtiger Ereignisse
5.2 Entwicklung der Anzahl an Bauteileffekten in den KKW Deutschlands
5.3 Erdbeben in Deutschland in den Jahren 800 - 2010
5.4 Übersicht über alle in Kapitel 5 erhobenen Eintrittswahrscheinlichkeiten

6.1 Wahrscheinlichkeiten für Schadenhöhen, wenn ein nuklearer Katastrophenfall einge- treten ist
6.2 Graph der Dichte einer allgemeinen Betaverteilung
6.3 verschiedene n − te Potenzen der allgemeinen Betaverteilung
6.4 Darstellung der Schadenssummen, des Erwartungswertes und der Streuung
6.5 Kandidaten für den erwarteten Maximalschaden und seine Streuung
6.6 Darstellung der je KKW und Jahr zu zahlenden Prämienhöhen bei Bereitstellung der Deckungssumme am Ende des Kalkulationszeitraums
6.7 Jahresprämien in Abhängigkeit der verschiedenen Zeiträume für die Bereitstellung der gesamten Deckungssumme
6.8 Darstellung der Netto-Aufschläge auf den Strompreis für Atomstrom unter Berücksichtigung verschiedener Szenarien

A.1 Beschreibung der INES-Stufen

A.2 Regelwerkspyramide: Hierarchie der nationalen Quellen, die Behörde oder Instituti- on, die sie erlässt, sowie ihre Verbindlichkeit

B.1 Windhäufigkeit je Hauptwindrichtung

B.2 Schadenhöhen durch Umsiedlungsmaßnahmen

B.3 Gesamte Schadenhöhen je KKW Teil 1

B.4 Gesamte Schadenhöhen je KKW Teil 2

Zusammenfassung

Insbesondere aufgrund des nuklearen Unfalls im Kernkraftwerk Fukushima/Japan im März 2011 und der Diskussion um die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke in Deutschland, ist die Dis- kussion um die ”Restrisiken“,diemitdieserFormderEnergiegewinnungeinhergehen,neuent- facht. Damit einhergehend stellen sich auch Fragen zur ausreichenden finanziellen Absicherung der Inhaber gegen einen nuklearen Katastrophenfall. Bislang halten die Inhaber1 entsprechend der gesetzlichen Vorschriften 2,5 Mrd. Euro für mögliche Entschädigungsleistungen, die sich aus Schadenersatzansprüchen aus Stör- und Unfällen eines Kernkraftwerkes ergeben, vor. Zusätzlich stehen ihnen bis 300 Millionen Euro an öffentlichen Mittel der EU zu Verfügung.

Mit der vorliegenden Studie wird die (fiktive) Prämie einer Haftpflichtversicherung für den Schadenfall, der aus einem nuklearen Katastrophenfall auf der Grundlage eines Kernkraftwerk-Stör- oder Unfalls resultiert, ermittelt. Grundlage stellen bereits veröffentlichte Studien zur Eintrittswahrscheinlichkeit und zur möglichen Schadenhöhe dar. Die Autoren beziehen darüber hinaus eigene getroffene Annahmen und daraus resultierende Bewertungen hinsichtlich dieser beiden Faktoren zur Bestimmung eines Risikos in die Berechnungen ein.

Es ergibt sich eine mittlere gesamt zu zahlende Versicherungssumme (Deckungssumme) in Höhe von rund 6.090 Milliarden Euro für einen nuklearen Katastrophenfall. Je nach zugrundgelegter Ein- trittswahrscheinlichkeit eines solchen Schadenfalls variiert die Höhe der jährlich zu zahlende Prämie zwischen 0,01 Euro und 305,83 Euro. Da eine Bereitstellung der Versicherungssumme nach bspw. 1.000 Jahren aber nicht realistisch wäre, wurden verschiedene Bereitstellungszeiträume angenom- men. So wäre bspw. den Berechnungen der Studie zufolge, bei einer Bereitstellung der gesamten Versicherungssumme nach 100 Jahren eine jährliche Versicherungsprämie über den gesamten Zeit- raum hinweg in Höhe von 19,5 Mrd. Euro für jedes KKW zu zahlen. Ein solcher Zeitraum ist angesichts der verbleibenden Restlaufzeiten deutscher KKW und normaler Laufzeiten von 25 bis 40 Jahren jedoch nicht als realistisch anzusehen. Kürzere Zeiträume führen allerdings zu einem exponentiellen Anstieg der jährlich zu zahlenden Prämien.

Wären die durch ein solches Schadenereignis verursachten Kosten der Schadenbeseitigung durch die Verbraucher des durch Kernkraft erzeugten Stroms zu zahlen (Internalisierung externer Effekte), ergäbe sich bei Umlage der Kosten bzw. der darauf basierenden Versicherungsprämie für den Bereitstellungszeitraum von 100 Jahren eine Erhöhung der Energiepreise für Atomstrom (netto) für die Dauer von 100 Jahren in einer Spanne von 0,139 Euro je kWh bis zu 2,36 Euro je kWh. Für den Zeitraum einer Bereitstellung innerhalb von zehn Jahren beträgt diese Spanne 3,96 Euro je kWh bis zu 67,3 Euro je kWh.

Die derzeit zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel zur Absicherung der Risiken eines Kernkraftwerkes reichen, den auf Grundlage vieler Annahmen dargestellten Berechnungen und Szenarien zufolge, in jedem Fall nur für einen kleinen Teil der zu erbringenden Entschädigungszahlungen bei Auftreten eines nuklearen Katastrophenfalls aus. Die darüber hinausgehenden Kosten wären durch den Staat bzw. die Allgemeinheit zu tragen.

Über die Versicherungsforen Leipzig GmbH

Die Versicherungsforen Leipzig sind eine Ausgründung aus der Universität Leipzig. Seit inzwischen elf Jahren verstehen sich die Versicherungsforen Leipzig als Brücke zwischen Versicherungswissenschaft und Versicherungspraxis, mit dem Ziel, den fachlichen Wissenstransfer insbesondere innerhalb der Versicherungswirtschaft zu fördern und nachhaltig zu unterstützen.

Dabei sind die Versicherungsforen Leipzig der Wissenschaftlichkeit genauso verpflichtet wie dem Anliegen der Praxis, das Wissen anwendungsorientiert zu entwickeln und bereitzustellen. Der Fokus gilt damit Fachthemen,

- die eine hohe Praxisrelevanz für die Assekuranz aufweisen,
- die zukunftsweisend sind und
- die eine hohe Marktbedeutung haben.

Die Mitarbeiter der Versicherungsforen haben eine versicherungswissenschaftliche Ausbildung mit den fachlichen Schwerpunkten Betriebswirtschaft, Recht, Informatik und Mathematik. Sie beschäf tigen sich permanent und intensiv mit aktuellen Themen der Branche. Diese wissenschaftliche Interdisziplinarität und der hohe Praxisbezug bilden den Grundstein für die erfolgreiche Zusam- menarbeit mit der Versicherungspraxis. Dies zeigt insbesondere auch das Partnernetzwerk der Versicherungsforen Leipzig mit rund 160 Unternehmen aus der Versicherungsbranche.

Durch die kontinuierliche Forschungs- und Projektarbeit konnten die Versicherungsforen Leip- zig besondere Kompetenzen über beinahe alle Wertschöpfungsstufen, z.B. Produktgestaltung und Produktmanagement, Risikomanagement, Vertrieb und Kundenbeziehungsmanagement, Vertrags- und Bestandsmanagement sowie Schaden-/Leistungsmanagement von Versicherungsunternehmen bündeln. Darüber hinaus sind die Versicherungsforen Leipzig spezialisiert auf finanz- und ver- sicherungsmathematische Modelle und deren anwendungsspezifische Realisierung bzw. Simulati- on. Eine interne Strukturierung in Kompetenzteams zesse, IT und Organisation“ und ”Finanzen und Risikomanagement“, ”Prozesse, IT und Organisation“ und ”Versicherungsmarketing und Versicherungsvertrieb“ sowie die teamübergreifende Zusammenarbeit innerhalb bestimmter Themenkomplexe erlauben uns, spezia- lisiertes Fachwissen und Lösungsansätze in jedem Themenfeld zu entwickeln.

Zudem arbeiten nicht nur die Kompetenzteams der Versicherungsforen Leipzig intensiv zusammen. Auch mit den Schwesterunternehmen der Versicherungsforen Leipzig, beispielsweise den Energie- foren und den Gesundheitsforen Leipzig, besteht eine themenspezifische intensive Zusammenar- beit, um Lösungen für übergreifende Fragestellungen zu finden. Insbesondere das Team ”Analyse und Mathematik“ der Gesundheitsforen Leipzig unter der Leitung von Dr. Walter Warmuth unterstützt durch umfangreiche analytische Verfahren in den Bereichen der Statistik, Ökonometrie, Wahrscheinlichkeitstheorie, Versicherungsmathematik und der stochastischen und prädiktiven Modellierung die unternehmensübergreifenden Projekte.

Einleitung

Am 11. März 2011 bebte die Erde mit einer Magnitude von 9,0 vor der Pazifik-Küste von Japan. Es war damit das größte je gemessene Erdbeben in Japan. Das Epizentrum lag etwa 370 km nordöstlich von Tokio und 130 km östlich von Sendai. Dieses Beben löste an den Küsten vor Sendai und Sanri- ku einen Tsunami mit bis zu zehn Meter hohen Wellen aus. Am Kernkraftwerk Fukushima war die Flutwelle zwar nur sieben Meter hoch, jedoch waren die dortigen Schutzwälle nur für eine maximale Wellenhöhe von 5,70 m ausgelegt. Die Reaktorblöcke 1 bis 3 wurden unmittelbar nach dem Beben durch das Reaktorschutzsystem schnellabgeschaltet, wegen Wartungsarbeiten waren die Blöcke 4 bis 6 bereits heruntergefahren. Die Stromversorgung wurde auf dieselbetriebene Notstromaggregate umgeschaltet, deren unmittelbar am Meer stehenden Treibstofftanks jedoch vom Tsunami zerstört wurden. Auch die Stromversorgung mittels Batterien fiel durch die Beeinträchtigung der gesamten elektrischen Anlage nach kurzer Zeit aus. Durch die fehlende Kühlung kam es zu einem starken Temperaturanstieg der Reaktorkerne und sämtlicher Abklingbecken sowie zur Beschädigung von Brennelementen. Bei der Aufspaltung des erhitzten Kühlwassers in einer Reaktion mit dem Zirko- nium der Brennstabhüllen entstand Wasserstoff, das Auslöser mehrerer Explosionen und Brände war. Dadurch wurden die Reaktorgebäude 1 bis 4 erheblich beschädigt. Radioaktive Partikel und Strahlung wurden freigesetzt.

Es zeichnet sich bereits jetzt [Stand: 01.04.2011] ab, dass für einen Großteil der verursachten Schäden infolge der Freisetzung von Radioaktivität der japanische Staat bzw. der japanische Steu- erzahler eintreten muss.2 Die Kosten sich realisierender Risiken, die sich aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie ergeben und die nach dem Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risi- kovorsorge als praktisch ausgeschlossen und daher als hypothetisch galten, werden somit in großen Teilen sozialisiert.

In Deutschland gilt die Verkettung solcher Umstände, wie sie sich in Japan ereigneten, als aus- geschlossen. Dennoch gab es seit dem Bau der ersten Kernkraftwerke auch in Deutschland eine Vielzahl neuer Erkenntnisse über bestehende und neue Risiken, die nicht oder nur unzureichend in eine gesellschaftliche Debatte zum Umgang mit diesen Entwicklungen mündeten. Vor allem die Anschläge auf das World Trade Center am 11. September 2001 verdeutlichen das bislang für unrea- listisch betrachtete Terrorrisiko, gegen das etliche der in Deutschland betriebenen Kernkraftwerke nicht oder nur unzureichend gesichert sind.

Mit Beginn der Studienerstellung im Januar 2011 war nicht abzusehen, dass die Diskussion um die Nutzung der Kernenergie durch die Ereignisse des 11. März 2011 in Japan eine völlig neue Dimension erreichen würde. Noch am 28. Oktober 2010 verabschiedete der Bundestag eine Lauf- zeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke in der Form, dass die Betriebszeiten der vor 1980 in Betrieb gegangenen sieben Anlagen um acht Jahre und die der zehn übrigen Kernkraftwerke um 14 Jahre verlängert wurden. Dies wurde mit der Funktion der Kernenergie als Brückentechnologie zum Aufbau einer nachhaltigen Stromversorgung begründet.

In der Vergangenheit gab es bereits etliche Untersuchungen zu möglichen Schadenhöhen, die aus einer Freisetzung großer Mengen von Radioaktivität in Folge eines nuklearen Katastrophenfalls resultieren können. Eine Versicherbarkeit dieser Schadensummen, die nach einer Schätzung3 aus dem Jahr 1991 mit bis zu 10 Billionen DM angegeben wurden, durch die private Versicherungswirtschaft wurde immer ausgeschlossen.

Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, auf der Grundlage einer Analyse bereits bestehender Arbeiten zur Quantifizierung von Höchstschäden eine Spannbreite möglicher Schadenhöhen zu erstellen und daraus eine Versicherungsprämie zu berechnen, die pro Kernkraftwerk für die De- ckung möglicher Haftpflichtrisiken eines nuklearen Katastrophenfalls zu zahlen wäre. Vor allem die Öffentlichkeit soll somit über die Größenordnung einer fiktiven Versicherungsprämie für die Nut- zung von Kernenergie informiert werden, da Informationen über von der Gesellschaft zu tragende Kosten, die sich nicht in den Preisen für die Nutzung eines Energieträgers widerspiegeln, eine wich- tige Grundlage zur Bewertung alternativer Energiequellen darstellen. Nur wenn eine hinreichende Transparenz über mögliche so genannte externe Kosten besteht, kann eine Entscheidung im Sinne der Nachhaltigkeit getroffen werden.

Gegenstand der Studie

Die vorliegende Studie wurde im Auftrag des Bundesverbandes Erneuerbare Energie e.V. (BEE) eigenständig durch die Versicherungsforen Leipzig GmbH erstellt. Die in der Studie enthaltenen Informationen beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen, die von den Versicherungsforen Leip- zig als zuverlässig erachtet wurden. Insbesondere übernehmen die Versicherungsforen Leipzig keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der in den Studien enthaltenen Informationen. Die Auswahl der Quellen erfolgte allein durch die Versicherungsforen Leipzig. Die von den Autoren der verwendeten Studien geäußerten Meinungen sind nicht notwendigerweise identisch mit der Mei- nung der Versicherungsforen Leipzig. Die Versicherungsforen Leipzig sehen sich insbesondere der Wissenschaft verpflichtet; und sind unabhängig von politischen Parteien oder Interessengruppen.

Ziel der Untersuchung ist es, auf der Grundlage vorhandener Abschätzungen zu Eintrittswahr- scheinlichkeiten und Schadenausmaßen nuklearer Katastrophenfälle mit großer Freisetzung, eine adäquate Versicherungsprämie zur Deckung der sich für diesen Fall ergebenden Schäden zu be- rechnen. Die Einheit der Häufigkeiten ist dabei die Anzahl der Ereignisse pro Zeiteinheit und die Einheit der Schäden der Geldwert der zu zahlenden Versicherungssummen. Da nicht alle Schaden- arten wie zum Beispiel Gesundheitsschäden eindeutig quantifiziert werden können, werden eine Reihe von Risikokenngrößen herangezogen, die weniger versicherungsorientiert sind. In der Diskus- sion um die Kernenergie hat in den zurückliegenden Jahren der Begriff der ”externenKosten“ eine wichtige Rolle als Risikokenngröße gespielt.

Ausgehend von Ausführungen zu generellen Aspekten der Versicherungswissenschaft werden in Kapitel die Anwendbarkeit des Versicherungsgedankens sowie die Kriterien und Grenzen der Versicherbarkeit zunächst allgemein erklärt und dann am Beispiel eines nuklearen Katastrophen- falls erörtert. Anschließend werden in Kapitel4 nach der Darlegung von Grundlagen vorhandene Quellen zu Quantifizierungsansätzen untersucht sowie deren Limitierungen erläutert. In Ergänzung zu den vorhandenen Ansätzen wurden eigene Abschätzungen vorgenommen, die im Anschluss kurz vorgestellt werden.

In Kapitel5 wird zu Beginn die Bandbreite von in der Literatur genannten Eintrittswahrscheinlich- keiten dargestellt. Nachfolgend werden Szenarien beschrieben, die nach Auffassung der Verfasser signifikanten Einfluss auf die ursprünglich angenommenen Häufigkeiten katastrophaler Ereignisse haben. Daraus werden Modifikationen dieser Eintrittswahrscheinlichkeiten abgeleitet. Kapitel 6 besteht zum Einen aus einer formalen Beschreibung des im Folgenden zur Berechnung der Versicherungsprämie verwendeten Modells und zum Anderen aus der Berechnung selbst, wobei die erhobenen Werte aus Kapitel 3 und 5 in diese Berechnungen einfließen.

Eine abschließende Interpretation der errechneten Werte erfolgt in Kapitel 7.

Kapitel 1 Begriffsbestimmungen

In diesem Kapitel werden relevante Begriffe, die im Rahmen der Studie von Bedeutung sind, einführend definiert bzw. erklärt. Dabei handelt es sich um:

- nukleare Ereignisse, - International Nuclear Event Scale (Kurz: INES), - Störfall und Unfall, - GAU und nuklearer Katastrophenfall.

Der Betrieb eines Kernkraftwerkes (KKW) kann durch verschiedene Ereignisse beeinträchtigt werden. Zur Absicherung anzunehmender Ereignisabläufe müssen die Betreiber eines KKW gemäß gesetzlicher und aufsichtsrechtlicher Vorgaben, wie bspw. der Strahlenschutzverordnung, Sicherheitsvorkehrungen treffen und Notfallschutzmaßnahmen planen.4

Die Ereignisse können einerseits aus dem allgemeinen Betrieb eines Kraftwerkes und andererseits aus der Verwendung der Kernenergie resultieren. Die aufgrund der Verwendung von Kernenergie auftretenden Ereignisse werden als nukleare Ereignisse bezeichnet. Ein nukleares Ereignis wird definiert als ”jedese inen nuklearen Schaden verursachendes Geschehnis oder jede Reihe solcher aufeinanderfolgender Geschehnisse desselben Ursprungs“5. Nukleare Schäden umfassen solche an Menschen, der Umwelt und Vermögenswerten.6

Um speziell eingetretene nukleare Ereignisse bewerten zu können, entwickelten Experten der Inter- national Atomic Energy Agency (IAEA) und Nuclear Energy Agency of the Organization for Eco- nomic Cooperation and Development (OECD/NEA) 1989 eine Skala - die Event Scale“, kurz INES. Die INES besteht aus sieben Stufen. Laut INES können nukleare Ereig- nisse in ”Störfälle“und ”Unfälle“eingeteiltwerden.DieunterstendreiStufensindSchweregradefür Ereignisse, die dem Sachverhalt ”Störungbzw.Störfall“zugeordnetwerden,währenddiedarüber hinausgehenden Ereignisabläufe in den Stufen vier bis sieben den Sachverhalt ”Unfall“bezeichnen. Ereignisse, die keine oder nur geringe sicherheitstechnische Bedeutung haben, werden in keiner Stu- fe erfasst bzw. der Stufe Null zugeordnet.7 Im Leitfaden der INES werden die Bewertungskriterien zur Zuordnung der Ereignisabläufe dargestellt. Dabei dient ein Kriterienkatalog, der radiologische Auswirkungen innerhalb und außerhalb der Anlage des KKW und Beeinträchtigungen der Sicherheitsvorkehrungen abfragt, der Einordnung der Ereignisse.8

Die folgende Abbildung veranschaulicht diese INES-Einteilung der Ereignisse in Störfälle und Unfälle.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1.1: INES-Skala (Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an [IAEA b] S. 1)

Der Strahlenschutzverordnung gemäß ist ein Störfall legaldefiniert als ein ”Ereignisablauf,beides- sen Eintreten der Betrieb der Anlage oder die Tätigkeit aus sicherheitstechnischen Gründen nicht fortgeführt werden kann und für den die Anlage auszulegen ist [bezüglich einzurichtender Sicher- heitssysteme] oder für den bei der Tätigkeit vorsorglich Schutzvorkehrungen vorzusehen sind.“9 Als Unfall wird dann ein Störfall bezeichnet, bei dem es zu einer Freisetzung radioaktiver Strahlung von mehr als 50 Millisievert10 kommt (effektive Dosis).11

Das KKW muss gegen den größten anzunehmenden Unfall (GAU) sicherheitstechnisch ausgelegt sein, um seine Betriebsgenehmigung zu erhalten.12 Der Betreiber muss demnach dafür Sorge tra- gen, geeignete und funktionstüchtige Sicherheitssysteme und -maßnahmen vorzuhalten, die einem GAU standhalten und nukleare Schäden verhindern. Daher wird dies oft auch als Auslegungs- störfall bzw. -unfall bezeichnet. Der aktuelle Stand der Wissenschaft und Technik, verankert in den Sicherheitskriterien und Leitlinien für Kernkraftwerke13, gibt dabei Hinweis darauf, welche Unfälle beherrscht werden müssen.14

Ein nukleares Ereignis, das einen nuklearen Katastrophenfall auslöst, ist ein nuklearer Unfall, der das Maß überschreitet, das ein Kernkraftwerk sicherheitstechnisch und mit geeigneten Not- fallmaßnahmen gerade noch beherrschen kann. Ein nuklearer Katastrophenfall ist daher ein ausle- gungsüberschreitender Unfall und damit gleichsam eine Realisation des verbleibenden Restrisikos. Mit Restrisiko wird das Risiko bezeichnet, das die getroffenen Sicherheitsvorkehrungen übersteigt bzw. das bei deren Aufstellung nicht mit berücksichtigt und bewusst oder unbewusst eingegangen wurde.15 In der Presse wird der nukleare Katastrophenfall oft mit dem Begriff Super-GAU bezeich- net; der Zusatz ”Super“ deutetan, dass dieser Unfall über einen GAU hinausgehende Auswirkungen nach sich zieht. Im Rahmen der hier vorliegenden Studie wird jedoch der Begriff nuklearer Kata- strophenfall für ein solches Ereignis gewählt, der sich an den vorher erläuterten Begriffen ”nukleares Ereignis“ und der Beschreibung der INES-Stufe7 ”katastrophalerUnfall“orientiert.Zudemver- wendet auch die Bundesregierung diese Begrifflichkeit.16

Oft wird der nukleare Katastrophenfall auch mit dem Begriff Kernschmelzunfall gleichgesetzt, was damit begründet wird, dass größere Mengen radioaktiver Stoffe erst freigesetzt werden können, wenn der Reaktorkern schmilzt.17 Dennoch bedingt ein Kernschmelzunfall nicht unbedingt einen nuklearen Katastrophenfall, da es nicht zwangsläufig zu einer mengenmäßig großen Freisetzung an radioaktivem Material kommen muss. Dies lässt sich beispielweise mit dem Unfall im Kernkraftwerk Three Mile Island, Harrisburg, im Jahre 1979 verdeutlichen.18

Ein nuklearer Katastrophenfall erfordert ”Dringlichkeitsmaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und somit Maßnahmen des Katastrophenschutzes zur Verhütung oder Reduzierung der Strahlen- exposition“19.

Ein weiterer Grund, warum sich die vorliegende Studie nicht an der Bezeichnung Kernschmelzunfall orientiert, ist der, dass man damit bereits einen Unfall ab INES-Stufe 5 als nuklearen Katastrophenfall klassifizieren müsste, da es bereits auf dieser Stufe zur Kernschmelze kommt. Weil in diesem Fall aber, wie bereits beschrieben, noch Möglichkeiten bestehen, diesen Unfall durch Notfallmaßnahmen zu beherrschen bzw. die Auswirkungen gegenüber der Umwelt einzugrenzen, wird in der Wissenschaft generell erst ab Stufe 7 von einem nuklearen Katastrophenfall gesprochen. Bei einem Unfall, der dieser Stufe zugeordnet wird, kommt es zu einem katastrophalen Unfall, d.h. in weiten Gebieten zu schweren Schäden der menschlichen Gesundheit und der Umwelt durch eine große Freisetzung radioaktiven Materials, die nicht durch die vorhandenen Notfallmaßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen hätten verhindert werden können.20

Verdeutlicht werden kann diese Abgrenzung durch die Ereignisse in den KKW Three Mile Island (Harrisburg) und Tschernobyl. Der Unfall in den USA wurde der Stufe 5 zugeordnet und zählt so- mit nicht als nuklearer Katastrophenfall, während der in Tschernobyl in Stufe 7 eingeordnet wird.21

Die folgenden Kapitel zur Ermittlung der Haftpflichtversicherungsprämie beziehen sich ausschließ- lich auf das Haftungsrisiko des KKW-Inhabers im Fall eines nuklearen Katastrophenfalls, der einen Höchstschaden auslöst. Dessen Ausmaß bestimmt die Höhe des Schadenersatzes; hinzu kommt ei- ne Schätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit des Höchstschadens. Diese Faktoren fließen in die Bestimmung der Höhe der resultierenden Versicherungsprämie für das Haftpflichtrisiko ein.

Kapitel 2 Betrieb eines Kernkraftwerkes und sich daraus ergebende Haftungsstrecken

Ein Kernkraftwerk ist ein Wärmekraftwerk, das der Erzeugung elektrischen Stroms mittels Kern- energie dient. Vereinfacht beschrieben wird dabei das heiße Wasser oder der Dampf, der für den Antrieb der Turbinen zur Energieerzeugung in der Anlage benötigt wird, durch kontrollierte Spal- tung der Atomkerne von angereichertem Uran oder Thorium erzeugt. Dieser Vorgang findet in einem Reaktor statt. Dabei treten im Reaktorkern sowohl eine hohe Energiedichte als auch radio- aktive Strahlung auf.

Bedeutung der Stromerzeugung durch KKW in Deutschland

In Deutschland existieren derzeit 17 Kernkraftwerke mit einer Gesamtbruttoleistung von 21.517 MW e (Potenzial) und einer Stromerzeugung i.H.v. rund 140,6 Mrd. kWh (im Jahr 2010, brutto).22

Der durch Kernenergie erzeugte Strom macht in Deutschland einen nicht unerheblichen Teil der gesamten in Deutschland verbrauchten Menge an Primärenergie aus. Im Jahr 2010 hatte die Kernenergie einen Anteil am gesamten Energieverbrauch von ca. 22,6 Prozent.23 In Abbildung 2 . 1 wird jeweils der Anteil der Energieträger am Primärenergieverbrauch dargestellt.

Einteilung der KKW-Typen hinsichtlich der Art der Reaktork ü hlung und der Stromerzeugung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1: Anteil der Energieträger an der Bruttostromerzeugung Deutschlands (Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an [AGEB 2011 a] S.24)

Hinsichtlich der eingesetzten Kühlungstechnik handelt es sich bei allen in Deutschland betriebe- nen Kernkraftwerken um Leichtwasserreaktoren, bei denen die Brennstäbe in den Reaktoren durch Wasser gekühlt werden. Hinsichtlich der Technik der Stromerzeugung sind elf der KKW dem Typ der Druckwasserreaktoren (DWR)24 zuzuordnen, während die restlichen KKW Siedewasserreakto- ren (SWR)25 sind.26

Diese Reaktortypen unterscheiden sich dadurch, dass bei den Siedewasserreaktoren durch Verdunsten des Kühlwassers entstehender Wasserdampf direkt zum Antrieb der Turbinen genutzt wird, während bei den Druckwasserreaktoren das Wasser durch den vorherrschenden Druck nicht verdampft, sondern das im flüssigen Aggregatzustand bleibende Wasser einen weiteren Wasserkreislauf anheizt und der dabei entstehende Dampf die Turbinen antreibt.27

Zur Zuordnung der Kernkraftwerke siehe Abbildung 2 . 2. Diese stellt alle in Deutschland betriebe- nen KKW dar.28

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2: Übersicht über die in Betrieb stehenden KKW in Deutschland (Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an [BMU 2010] und [Paulitz 2010])

Wertsch ö pfungsbereiche eines KKW

Das Betreiben eines KKW inklusive Zwischen- und Endlagerung der Brennstäbe kann in folgende verschiedene Wertschöpfungsbereiche unterteilt werden.

- Bau der KKW, - Erschließung und Abbau des Urans/Thoriums, - Herstellung von Brennelementen, - Aufnahme und Einlagerung von Brennelementen und Anlagenteilen, - Betrieb der KKW, - Zwischenlagerung/Endlagerung zerlegter Brennelemente und endzulagernder Anlagenteile im KKW, - Transport von Brennelementen und endzulagernder Anlagenteile, - Zwischenlagerung/Endlagerung zerlegter Brennelemente und endzulagernder Anlagenteile außerhalb des KKW, - Rückbau der KKW.

In jedem dieser einzelnen Wertschöpfungsbereiche besteht das Risiko nuklearer Ereignisse, die bei Eintritt Schäden nicht nur am KKW selber, sondern insbesondere auch an der das KKW umge- benden Umwelt (im Sinne von Menschen, Infrastruktur, Flora und Fauna) verursachen können. Für den finanziellen Schadenersatz sollte eine verantwortliche (juristische) Person identifiziert und haftbar gemacht werden.

Die aktuelle Haftungssituation und Deckungsvorsorge der KKW-Inhaber in Deutschland Für alle ”nuklearenSchäden“29 imRahmendesKKW-Betriebs,d.h.indeneneszurBeschädigung der Umsysteme kommt, haftet allein der Inhaber des KKW.30 Anlagenbauer oder Zulieferer sind von der Haftung nicht betroffen.31 Die Haftungspflicht entspricht generell einer strikten Gefährd- ungshaftung, d.h. es kommt bei einem Schaden nicht auf dessen Widerrechtlichkeit oder Verschul- den des Inhabers an.32 Der Inhaber eines KKW haftet unbegrenzt und unabhängig vom Verschul- den gegenüber Schadenersatzforderungen Dritter33, d.h. er muss Dritten gegenüber Schadenersatz leisten. Darin eingeschlossen sind auch bspw. Kosten für die kurzfristige Evakuierung und die Um- siedlung der Bevölkerung im Umkreis betroffener KKW.34 Von den Schadenersatzverpflichtungen ausgenommen sind Schäden an der Kernanlage an sich, an anderen Kernanlagen, die sich auf dem gleichen Gelände befinden sowie an den Vermögenswerten, die sich auch auf dem Gelände befin- den und im Zusammenhang mit dem KKW verwendet werden (sollen).35 Die Inhaber der KKW sind von der Haftung generell ausgeschlossen, wenn der Schaden direkt durch einen bewaffneten Konflikt, Krieg und andere Feindseligkeiten oder einen Aufstand verursacht wird.36

Die in der Realität faktische Haftungsleistung der Inhaber wird aber aufgrund der Vorschriften des Atomgesetzes begrenzt. Diesen zufolge muss der Inhaber eines KKW zur Erfüllung seiner ge- setzlichen Schadensersatzverpflichtungen eine Deckungsvorsorge in Höhe von 2.500 Mio. Euro pro KKW vorhalten.37 Für über die Deckungsvorsorge hinausgehende Schadenersatzleistungen haftet zwar der Inhaber, aber durch die in § 34 AtG verankerte Freistellungsverpflichtung übernimmt der Staat darüber hinausgehende Schadenersatzleistungen, wenn der Inhaber diese nicht übernehmen kann.38 Die Bereitstellung dieser gesetzlichen Schadenersatzleistungen und damit in Verbindung stehende Maßnahmen sind in der atomrechtlichen Deckungsvorsorgeverordnung (AtDeckV) festge- legt. Dort ist beispielsweise geregelt, dass die 2.500 Mio. Euro Deckungsvorsorge durch ”eineHaft- pflichtversicherung oder eine sonstige finanzielle Sicherheit erbracht werden“39 kann. Es können auch verschiedene oder gleiche Formen der Vorsorgemaßnahmen miteinander verbunden werden.40

Derzeit setzt sich die Absicherung der 2.500 Mio. Euro Deckungsvorsorge aus zwei Komponenten zusammen: Zum Einen sichern die Inhaber der KKW in Deutschland derzeit jeden Kernkraftwerks- block mit einer Haftpflichtversicherungsdeckung, bereitgestellt durch den Nuklearversicherungspool Deutsche Kernreaktor-Versicherungsgemeinschaft GbR, bis zu einer Höhe von 255,65 Mio. Euro41 ab.42 Zum Anderen besteht ein ergänzender Solidarvertrag der Obergesellschaften der Inhaber der KKW, durch den sich diese gemeinsam gegenseitig zu einer Zahlung bis zu einer Höhe von 2.356,57 Mio. Euro43 im Schadenfall verpflichten.44 Grundlage dieses Solidarvertrages stellen testierte fi- nanzielle Sicherheiten der Gesellschaften dar, die innerhalb eines Jahres liquidierbar sind.45

Zusätzlich zur Deckungsvorsorge seitens der Inhaber stehen Mittel aus dem Brüsseler Zusatzüber- einkommen zur Verfügung. Dabei werden bis zu 300 Mio. Euro aus öffentlichen Mitteln durch die EU bereitgestellt. Diese Summe reicht nach Auffassung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie aus, um den Höchstschaden eines nuklearen Ereignisses mit Kernschmelze zu decken.46

Damit summieren sich die Mittel, die im Haftungsfall dem Inhaber eines Kernkraftwerksblockes zur Verfügung stehen, wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Damit sind zunächst die gesetzlichen Anforderungen an die Deckungsvorsorge zur Begleichung von Haftpflichtansprüchen erfüllt.

Hintergr ü nde der gesetzlichen und EU-rechtlichen Regelung des Haftungsrechts von KKW-Inhabern

Die Haftung bei nuklearen Ereignissen wird sowohl international bzw. auf EU-Ebene als auch auf Grundlage deutscher Haftungsvorschriften geregelt.47 Grundlegend gilt seit 1960 nach den Regeln des Pariser Übereinkommens48 und des Gemeinsamen Protokolls49, ergänzt durch das Atomge- setz, die sog. ”Gefährdungshaftung“.50 ImFolgendenwerdendieverschiedenenGrundlagendes Haftungsrechts näher beleuchtet.

Die internationalen Vereinbarungen - Pariser Übereinkommen, Brüsseler Zusatzübereinkommen sowie Wiener Übereinkommen - wurden getroffen, um die industrielle Nutzung der Kernenergie trotz bestehender Risiken ermöglichen zu können. Insbesondere das im Jahr 1960 abgeschlosse- ne Pariser Übereinkommen beschäftigt sich mit dem Haftungsrecht bei Schadenersatzforderungen aufgrund nuklearer Ereignisse und verankerte die strikte Gefährdungshaftung im Rahmen der Nut- zung von Atomenergie.

Trotz über die Jahrzehnte offenbar gewordener Lücken im internationalen System des Atomhaf- tungsrechts und gewandelter Vorstellungen von Nutzen und Risiken der friedlichen Nutzung von Kernenergie blieben die grundlegenden Prinzipien der einschlägigen Übereinkommen zur Atomhaf- tung weitestgehend unverändert. In einem mehrjährigen Prozess wurde das Pariser Übereinkommen mit dem Protokoll 2004 einer grundlegenden Reform unterzogen. Die Bundesregierung stimmte dem Protokoll 2004 zu, bislang ist es aber noch nicht in Kraft getreten.51 Die Pariser Konvention von 1960 fordert, dass jeder Betreiber von KKW zwischen 6 und 18 Mio. Euro für die Kompensation von Schäden zur Verfügung hält. Die überholten Protokolle von 2004 fordern mindestens eine Haf- tung des Betreibers in Höhe von 700 Mio. Euro (Pariser Protokoll) bzw. 1.500 Mio. Euro (Protokoll des Brüsseler Zusatzübereinkommens).52

Bezogen auf das EU-Haftungsrecht gibt es folgende Tendenzen: Auf europäischer Ebene wird seit Ende der 1980er Jahre eine Einigung über gemeinschaftliche Maßnahmen in der Umwelthaftung angestrebt. 1993 legte die EU-Kommission ein Grünbuch, 2000 ein Weißbuch zur Umwelthaftung und daraufhin Anfang 2002 einen Richtlinienvorschlag vor. In dem EU-Richtlinienvorschlag zum Umwelthaftungsrecht wurde u.a. von Umweltverbänden gefordert, die Haftung auch auf Kernkraftwerke auszudehnen. In der am 21. April 2004 verabschiedeten Fassung der EU-Richtlinie über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden53 werden nukleare Schäden mit Verweis auf die Regelungen in den internationalen Übereinkommen vom Umwelthaftungsrecht ausgeschlossen - geregelt in Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2004/35/EG:

”DieseRichtliniegiltnichtfürnukleareRisikenoderUmweltschädenoderdieunmittelbareGefahr solcher Schäden, die durch die Ausübung von Tätigkeiten verursacht werden können, die unter den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft fallen, oder durch einen Vorfall oder eine Tätigkeit verursacht werden, für die die Haftung oder Entschädigung in den Anwendungsbereich einer der in Anhang V aufgeführten internationalen Übereinkünfte, einschließlich etwaiger künftiger Änderungen dieser Übereinkünfte, fällt.“54

In Anhang V der Richtlinie 2004/35/EG sind folgende Internationale Übereinkommen aufgeführt:

- Pariser Übereinkommen vom 29. Juli 1960 über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie und Brüsseler Zusatzübereinkommen vom 31. Januar 1963; - Wiener Übereinkommen vom 21. Mai 1963 über die zivilrechtliche Haftung für nukleare Schäden; - Übereinkommen vom 12. September 1997 über zusätzliche Entschädigungsleistungen für nuklearen Schaden; - Gemeinsames Protokoll vom 21. September 1988 über die Anwendung des Wiener Überein- kommens und des Pariser Übereinkommens; - Brüsseler Übereinkommen vom 17. Dezember 1971 über die zivilrechtliche Haftung bei der Beförderung von Kernmaterial auf See.

Das deutsche Atomgesetz ergänzt und konkretisiert die Haftungsregelungen der internationalen Vereinbarungen. Dabei geht die Haftung weit über die Mindesthaftung des Pariser Übereinkommens hinaus, denn nach § 31 Abs. 3 AtG haftet der Inhaber eines Kernkraftwerkes der Höhe nach unbe- grenzt. Neben Deutschland findet eine solche unbegrenzte Haftung nur noch in der Schweiz und in Japan Anwendung. Auch im deutschen Recht entspricht die Haftung einer strikten Gefährdungs- haftung.55

Seit der Novellierung des Atomgesetzes im Jahr 2002 ist die Deckungsvorsorge der Inhaber der KKW zur Erfüllung ihrer Schadensersatzverpflichtungen auf 2.500 Mio. Euro pro KKW aufge- stockt worden.56 Details zur derzeitigen Haftungssituation von KKW-Inhabern und die Zusam- mensetzung dieser Deckungsvorsorge wurden im vorangegangenen Abschnitt beschrieben.

Zwischenfazit aus den vorangegangenen Abs ä tzen Obwohl die aktuell von den KKW-Inhabern vorgehaltene Deckungsvorsorge den gesetzlichen An- forderungen entspricht, wirft selbst diese - gegenüber den Regelungen vor der Novellierung des Atomgesetzes im Jahr 2002 - bereits erhöhte Deckungsvorsorge Zweifel auf, ob sie ausreichend ist, im Schadenfall den Schadenersatzverpflichtungen gegenüber Dritten nachkommen zu können.

Sollte ein nuklearer Katastrophenfall eintreten, dessen Schaden höher ist als die gesetzliche De- ckungsvorsorge, haftet prinzipiell der Inhaber des KKW unbegrenzt für die Schadenteile, die die 2.500 Mio. Euro zzgl. 300 Mio. Euro aus dem EU-Zusatzübereinkommen übersteigen. Sollte der KKW-Inhaber nicht leisten können, läge es in letzter Konsequenz beim Staat, im Schadenfall für einen wesentlichen Anteil der Schadensersatzleistungen aufkommen zu müssen. Dies entspräche letztlich einer erheblichen Belastung der Allgemeinheit.

Die vorliegende Studie soll folgende zentrale Frage beantworten: Wie hoch müsste die Prämie für eine Haftpflichtversicherung sein, mit der innerhalb eines definierten Zeitraums Vorsorge für einen Maximalschaden aus einem nuklearen Katastrophenfall getroffen werden kann? Die Antwort auf diese Frage wird in den Kapiteln 4 bis 6 mittels diversen bestehenden Expertenschätzungen hinsichtlich zu erwartender Schadenhöhen und angenommener Schadeneintrittswahrscheinlichkeiten sowie Methoden der Extremwerttheorie hergeleitet.

Kapitel 3 Dimensionen des Versicherungsschutzes für einen nuklearen Katastrophenfall

Die Dimensionen des Versicherungsschutzes für ein definiertes Risiko ergeben sich aus dem im Versicherungsvertrag festgehaltenen Versicherungsfall (versicherte Gefahren) und den daraus resultierenden Schäden an den versicherten Risiken bzw. den damit zusammenhängenden, im Versicherungsvertrag festgelegten Leistungen des Versicherers.57

Im folgenden Kapitel 3 . 1 werden wichtige versicherungswissenschaftliche Begrifflichkeiten definiert und die Dimensionen des Versicherungsschutzes im Einzelnen näher erläutert. Im darauf folgenden Kapitel 3 . 2 wird die versicherungswissenschaftliche Sichtweise auf den Sachverhalt eines nuklearen Katastrophenfalls angewandt.

Grundsätzlich beziehen sich diese Kapitel auf die Haftpflichtversicherung58 als Versicherungszweig der Schadenversicherung59 zur Absicherung der Schäden, die durch einen nuklearen Katastrophenfall verursacht werden bzw. der daraus resultierenden Schadenersatzansprüche Dritter. In den einzelnen Kapiteln wird daher auch die Haftpflichtversicherung näher beleuchtet.

3.1 Versicherungswissenschaftliche Begriffsbestimmungen des Versicherungsschutzes

3.1.1 Versicherung und versichertes Risiko

Für den Begriff Risiko existieren eine Vielzahl verschiedener Definitionen sowohl in der allgemeinen wirtschaftswissenschaftlichen als auch in der speziellen versicherungswissenschaftlichen Literatur. Übereinstimmend definieren alle Quellen ”Risiko“ als den Sachverhalt, dass die Entscheidungen und das damit verknüpfte (wirtschaftliche) Verhalten und Handeln eines Wirtschaftssubjektes nicht zu einem bestimmten genau festlegbaren Ergebnis führen, sondern dass Abweichungen vom erwarteten Ergebnis aufgrund von (Umwelt-)Einflüssen auftreten können.60 Diese Ergebnismöglichkeiten tre- ten jeweils mit unterschiedlichen - sowohl bekannten als auch unbekannten - Wahrscheinlichkeiten auf, weshalb sich ein Risiko auch durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung möglicher Ergebnisse einer Handlung ausdrückt.

Insgesamt ist ein Risiko also durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung mit einem Erwartungswert - ”der mit den Wahrscheinlichkeiten gewichtete Durchschnitt aller Ergebnism¨oglichkeiten“ 61 - und einer gewissen Streuung, die die Abweichungen vom erwarteten Ergebnis angibt, beschrieben.62

Dabei können die Abweichungen des tatsächlichen Ergebnisses vom Erwartungswert günstiger Art (wie bspw. mehr Gewinn innerhalb einer Periode als erwartet) oder ungünstiger Art (bspw. weniger Gewinn innerhalb einer Periode als erwartet) sein.

Bezogen auf die Versicherungswirtschaft werden nur die ungünstigen Abweichungen vom Erwar- tungswert einer Wahrscheinlichkeitsverteilung, gemessen an wirtschaftlichen Größen, in die Be- trachtung einbezogen. Diese Abweichungen werden als Schäden bezeichnet. Daher wird die Wahr- scheinlichkeitsverteilung (der möglichen negativen Ergebnisse einer Handlung) auch als Schadenver- teilung bezeichnet.63 Wenn die Wirtschaftssubjekte diese ungünstigen Abweichungen bzw. Risiken nicht selbst tragen können oder wollen, besteht - soweit die Grenzen der Versicherbarkeit (s.u.) nicht überschritten sind - die Möglichkeit, diese auf Versicherungsunternehmen zu überwälzen. Dabei übertragen die Wirtschaftssubjekte die geschätzte Schadenverteilung an den Versicherer; als Gegenleistung zahlen die Wirtschaftssubjekte dem Versicherer eine Versicherungsprämie. Der

Versicherer verpflichtet sich, im vereinbarten und definierten Schadenfall eine Entschädigung zu leisten.64 Dieser Sachverhalt wird als Versicherung i.e.S. bzw. Risikogeschäft65 bezeichnet.

Ein versichertes Risiko ist dann aus Sicht des Versicherers eine Wahrscheinlichkeitsverteilung von Versicherungsleistungen (die er im Schadenfall gegenüber dem Versicherungsnehmer zu erfüllen hat) und aus Sicht des Versicherungsnehmers eine Wahrscheinlichkeitsverteilung von Schäden (die er an den Versicherer überträgt).66 67

Der Versicherer übernimmt im Normalfall eine Vielzahl an Risiken und deren Schadenverteilungen in seinen Bestand (welches als Kollektiv bezeichnet wird) und erhält im Gegenzug Prämienzahlungen von allen versicherten Risiken innerhalb dieses Bestandes. Ist der Bestand versicherter Risiken groß genug, wirkt das ”Gesetz der großen Zahl“. Dieses besagt vereinfacht, dass innerhalb einer Periode (z.B. ein Jahr) zwar für alle versicherten Risiken eine Prämie gezahlt wird, jedoch nicht bei allen dieser Risiken innerhalb der Periode Schäden auftreten. Damit ist es dem Versicherer möglich, die innerhalb einer Periode entstehenden Schäden an wenigen versicherten Risiken innerhalb des Bestandes durch Prämienzahlung aller Risiken dieses Bestandes zu ”finanzieren“.Dieserfürdie Versicherungstechnik wesentliche Prozess wird als Risikoausgleich im Kollektiv bezeichnet. Sollten innerhalb einer Periode mehr Schäden eintreten als erwartet, wird von sind es weniger Schäden als erwartet, von ” Überschäden“ gesprochen; ”Unterschäden“.

Das versicherungstechnische Kalkül beruht weiterhin darauf, dass sich über mehrere Perioden hin- weg die Unterschäden einzelner Perioden die Überschäden anderer Perioden langfristig ausgleichen.

Dieses Prinzip wird als Risikoausgleich in der Zeit bezeichnet. Der Ausgleich über mehrere Perioden hinweg ist möglich, da die meisten Versicherungsverträge innerhalb des Kollektivs Laufzeiten von mehr als einem Jahr aufweisen.68

Durch den Risikoausgleich im Kollektiv und in der Zeit ist es dem Versicherer möglich, Risiken in seinen Bestand zu übernehmen und aufgrund der diesen Risiken gegenüberstehenden Prämien im Schadenfall leisten zu können. Der Versicherer legt sein Vermögen, das sich auch aus den Prämienzahlungen ergibt, verzinslich in Kapitalanlagen an, um Rendite zu erzielen. Für die Ver- pflichtungen, die er gegenüber dem Versicherungsnehmer - durch bspw. aufgrund im Voraus gezahl- ter Prämien und in Zukunft zu gewährendem Versicherungsschutz oder noch nicht regulierter Scha- denfälle - hat, bildet der Versicherer versicherungstechnische Rückstellungen. Diese Rückstellungen spiegeln den Teil des gebundenen Vermögens der Kapitalanlagen (Sicherungsvermögen) wider.

Grundlegend werden zwei Leistungsformen des Versicherers unterschieden: die Summen- und die Schadenversicherung. Bei einer Summenversicherung wird unabhängig von der tatsächlichen Scha- denhöhe nur ein vorab festgelegter begrenzter Betrag gezahlt. Dies ist beispielsweise der Fall in der Risikolebensversicherung, wo unabhängig vom ”Wert“ des Lebens der versicherten Person eine bestimmte Deckungssumme angenommen wird. Hingegen orientiert sich die Schadenversicherung an der Höhe des tatsächlich eingetretenen Schadens. Sie wird wiederum unterteilt in die unbegrenzte Interessenversicherung, die keinerlei Begrenzung der Versicherungssumme vorsieht und die Erstrisikoversicherung, bei der eine obere Leistungsgrenze für den Schadenersatz festgelegt wird.69 Ein Beispiel für die Schadenversicherung ist die Kfz-Kasko-Versicherung.

Zivilrechtlich bzw. schuldrechtlich besteht in Deutschland die Pflicht, dass Privatpersonen und Wirtschaftssubjekte für selbst verursachte materielle/finanzielle Schäden an anderen Personen, Wirtschaftssubjekten oder deren Eigentum und/oder der Umwelt haften und zum Schadenersatz verpflichtet sind. Für die Finanzierbarkeit dieser Haftung können i.d.R. Haftpflichtversicherungen erworben werden.70 Diese sind teilweise freiwillig (private Haftpflichtversicherung) oder Pflicht- versicherungen (z.B. Kfz-Haftpflichtversicherung, Pflicht-Haftpflichtversicherungen z.B. für Perso- nenschäden aus Arzneimitteln durch den Arzneimittelhersteller oder Jagdhaftpflichtversicherung für Jäger).71

Da sich die Haftpflichtversicherung an der konkreten Höhe eines tatsächlich möglichen bzw. ein- getretenen Schadens orientiert, ist sie den Schadenversicherungen zuzuordnen. Die Haftpflicht- versicherung, die die KKW-Inhaber derzeit vom bestehenden Nuklearversicherungspool Deutsche Kernreaktor-Versicherungsgemeinschaft GbR erworben haben, stellt eine Erstrisikoversicherung dar, da die Höhe der Versicherungsleistung auf 255,65 Mio. Euro begrenzt ist. Die im Rahmen der hier vorliegenden Studie berechnete fiktive Versicherungsprämie einer Haftpflichtversicherung unterstellt dagegen keine Limitierung der Versicherungssumme. Daher entspricht diese einer unbe- grenzten Interessenversicherung.

3.1.2 Versicherte Gefahren und versicherter Schaden

Der Versicherungsschutz muss durch den Versicherer im Versicherungsvertrag definiert bzw. beschrieben werden. Dazu wird das zu versichernde Risiko intensiv analysiert. Dabei werden

- sowohl die Ursachen, die das Risiko auslösen kann (Gefahren), - als auch die möglichen Auswirkungen (Schäden),

die durch Eintritt des Ereignisses im Sinne des versicherten Risikos entstehen können, erfasst.72 In diesem Zusammenhang obliegt es dem Versicherer, alle möglichen Gefahren und Schäden in den Vertrag einzuschließen oder einen Teil explizit auszuschließen. Generell kann eine Gefahr, nämlich die Risikoursache, als das Unheil bzw. Zustand, der durch nicht oder kaum beeinflussbare Gewalten entsteht, beschrieben werden. Gefahren existieren und lösen bei Eintreten einen oder mehrere reale Schäden aus.73

Alle in den Vertrag einbezogenen Ursachen/Gefahren werden als versicherte Gefahren bezeichnet und lösen im Schadenfall eine Leistungspflicht des Versicherers aus.74 Analog werden alle vertraglich einbezogenen Auswirkungen/Schäden als versicherte Schäden bezeichnet.

Die Beschreibung und Gestaltung der versicherten Gefahren und Schäden für ein versichertes Risiko ist meist sehr diffizil und feingliedrig.75

3.1.3 Versicherungsprämie

Grundsätzlich stellt die Versicherungsprämie den Preis für das Wirtschaftsgut ”Versicherungs- schutz“ dar. Mit der Einnahme der Versicherungsprämie finanziert der Versicherer die zu erwar- tenden Auszahlungen für Entschädigungsleistungen im Schadenfall.

Im Rahmen seiner Prämienpolitik kalkuliert der Versicherer die Preise für den angebotenen Ver- sicherungsschutz mit dem Ziel, durch die Prämienerträge aus dem Kollektiv die für Schadenzah- lungen dieses Kollektivs entstehenden geschätzten Aufwendungen decken zu können. In die Kalku- lation fließen Erfahrungswerte hinsichtlich tatsächlicher Aufwendungen für in der Vergangenheit bereits eingetretene vergleichbare Schadenfälle und geschätzte Aufwendungen für künftige Scha- denfälle76 ein.

Weitere Bestandteile der Versicherungsprämie sind neben der reinen Risikoprämie der Sicherheitszuschlag, der Betriebskostenzuschlag, Deckungsbeitrag für die Versicherungs- und ggf. der Feuerschutzsteuer sowie der Gewinnzuschlag.

Die reine Risikoprämie entspricht dem Deckungsbeitrag für die erwarteten Schadenkosten des Risikos (erwarteter Leistungsbarwert77 ).78 Für die Berechnung der Risikoprämie wird daher der Schadenerwartungswert zugrunde gelegt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.1: Prämien-/Kosten-Modell (Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an [Rosenbaum/Wagner 2006] S. 138)

Ein weiterer Bestandteil der Versicherungsprämie ist der Sicherheitszuschlag, der als Deckungsbeitrag für mögliche Überschäden - aufgrund der Streuung der erwarteten Schäden in der Wahrscheinlichkeitsverteilung - dient. Ist die Streuung hoch (großer Unterschied der Ausprägungen der Schadenhöhen), muss ein entsprechend höherer Sicherheitszuschlag in die Versicherungsprämie eingerechnet werden. Der Sicherheitszuschlag dient daher der Absicherung der Schwankungen der tatsächlichen Schadenzahlungen um den Erwartungswert und stellt einen zusätzlichen Deckungsbeitrag zu Absicherung des Risikos dar.79

Die reine Risikoprämie und der Sicherheitszuschlag stehen in einem sehr engen Zusammenhang und werden daher auch oft zusammengefasst als Risikoprämie bezeichnet.

Der Betriebskostenzuschlag dient der Abdeckung der Betriebskosten, die das Dienstleistungsgeschäft (z.B. für Vertragsverwaltung) umfasst.80 Der Deckungsbeitrag für die Versicherungssteuer dient der Abdeckung der dadurch entstehenden Kosten.

Die gesamte Prämie spiegelt daher die hier genannten Kosten wider, d.h. die Prämie wird in einzelne Teile zerlegt, die dann als Deckungsbeiträge bestimmter Kostenteile interpretiert werden können.

Die Abbildung 3 . 1 zeigt zur Verdeutlichung des Sachverhaltes ein solches Prämien-/Kostenmodell.

In der Prämienkalkulation wird versucht, für jedes versicherte Risiko bzw. jeden individuellen Schadenerwartungswert die reine Risikoprämie zu ermitteln. Dieser Sachverhalt wird als individu- elles versicherungstechnisches Äquivalenzprinzip bezeichnet. Auf das gesamte Kollektiv bezogen, folgt auch dies dann dem sogenannten kollektiven Äquivalenzprinzip, d.h. die Summe aller indi- viduellen Risikoprämien steht dem gesamten Erwartungswert an Schadenkosten aller versicherter Risiken gegenüber.

Durch das individuelle versicherungstechnische Äquivalenzprinzip ergibt sich zwangsläufig eine Prämiendifferenzierung hinsichtlich der individuellen Schadenerwartungswerte.81 Dieser Aspekt kann ggf. relevant werden unter Berücksichtigung unterschiedlicher Schadeneintrittswahrscheinlichkeiten und -höhen, z.B. in Abhängigkeit des Standes der verwendeten Technik und der vorhandenen Sicherheitsvorkehrungen. Hintergrund ist, dass für versicherte Risiken mit weniger Schadenpotenzial auch eine diesem geringeren Risiko entsprechende, niedrigere Prämie zu zahlen sein soll, so dass Anreize zur Schadenverhütung gesetzt werden.

Treten innerhalb eines bestehenden Versicherungsvertragsverhältnisses Schäden eher und/oder häufiger und/oder in größerer Höhe als erwartet ein, ist der Versicherer auch dann zur vereinbarten Leistung verpflichtet, wenn er noch keine Gelegenheit hatte, diese Schadenzahlung(en) komplett durch Prämieneinnahmen zu unterlegen. Um dies gewährleisten zu können, stehen dem Versiche- rer, neben dem Risikoausgleich im Kollektiv/in der Zeit und der Kalkulation der Prämie, weite- re wichtige Bestandteile der Versicherungstechnik zur Verfügung. Dazu gehören u.a. der Verzin- sungsaspekt sowie die oben unter 3 . 1 . 1 Versicherung und versichertes Risiko bereits angesprochene Rückstellungsbildung.82 Der Verzinsungseffekt entsteht durch die verzinsliche Anlage nicht (akut für Schadenzahlungen) benötigter Prämienbestandteile in verschiedene Arten von Kapitalanlagen.

Es existieren weitere Maßnahmen im Rahmen der versicherungstechnischen Risikopolitik von Versicherern (u.a. die versicherungstechnische Bestandspolitik oder Risikoteilungspolitik). Diese spielen im Rahmen der weiteren Untersuchungen jedoch eine untergeordnete Bedeutung und werden daher hier nicht weiter erläutert.

3.1.4 Kriterien und Grenzen der Versicherbarkeit

Viele Risiken mit ihren Gefahren und Schäden gelten als versicherbar; für andere Risiken - so auch für das Haftungsrisiko aus nuklearen Katastrophenfällen - ist die Frage nach ihrer keit“ nach weit überwiegender Auffassung jedoch zu verneinen.

Es existiert keine fest definierte Grenze, ob und in welcher Form ein Risiko als versicherbar gilt. Dies kann letztendlich nur im Einzelfall entschieden werden. Entscheidend ist jeweils die Nutzenabwägung zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherungsunternehmen unter Berücksichtigung der zu zahlenden Versicherungsprämie. Demnach beruht die Versicherbarkeit eines Risikos stets auf subjektiven und individuellen Einschätzungen.83

Eine Möglichkeit, die Versicherbarkeit von Risiken ansatzweise zu objektivieren bzw. abzuleiten, bieten die in der Literatur der Versicherungsbetriebslehre beschriebenen folgenden fünf Kriterien der Versicherbarkeit: Schätzbarkeit, Zufälligkeit, Unabhängigkeit und Eindeutigkeit eines Risikos sowie die damit verbundene Schadengröße.84

Das Kriterium der Zufälligkeit bezieht sich auf die Realisation des Schadens und bedeutet, dass die Entstehung des Schadenereignisses, der Zeitpunkt des Schadeneintritts und das Ausmaß des Schadens unsicher sein müssen. Kommt es zu einem Vertragsabschluss, müssen diese Attribute sowohl dem Versicherungsnehmer als auch dem Versicherer unbekannt sein.85 Des Weiteren sollte der Schadeneintritt idealtypisch auch unabhängig vom Willen oder Verhalten des Versicherungs- nehmers sein, also ohne dessen Beeinflussung entstehen.86 Dieses Kriterium wird in den meisten Versicherungszweigen nicht vollständig erfüllt, da der Versicherer auch bei fahrlässigem bzw. grob fahrlässigem Handeln87 eines Versicherungsnehmers zahlt. Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) sieht in diesem Fall eine quotale Kürzung der Versicherungsleistungen vor. Führt allerdings ein vorsätzliches Handeln eines Versicherungsnehmers zu einem Schadenfall, leistet der Versicherer in der Regel nicht.88

Ein weiterer Aspekt der Versicherbarkeit stellt die Schätzbarkeit der zu versichernden Schadenver- teilung dar, d.h. die Möglichkeit, die Ausprägung eines Schadenereignisses hinsichtlich dessen Ein- trittswahrscheinlichkeit und dessen Ausmaß im Vorfeld mittels Risikoanalysen o.ä. einzuschätzen.89 Dieser Aspekt der Versicherbarkeit impliziert, dass Erfahrungswerte und Datenhistorien hinsicht- lich des Schadeneintritts bestehen, oder aber das Risiko intuitiv und/oder analytisch beschrieben werden kann.

Als weitere Voraussetzung für die Versicherbarkeit eines Risikos kann dessen Unabhängigkeit von anderen versicherten Risiken - im Sinne einer Unkorreliertheit - verstanden werden. Das heißt, es soll keinen Zusammenhang dahingehend geben, dass bei einem auslösenden Ereignis mehrere versi- cherte Einheiten/Objekte betroffen sind. Allerdings wird dieses Kriterium vielfach nicht vollständig erfüllt. Zum Beispiel trifft ein Hagelschaden als Schadenereignis gleichzeitig eine Vielzahl an ver- sicherten Kraftfahrzeugen eines Versicherers. Die Höhe der Korrelation sollte nur nicht zu hoch sein.90

Zudem muss ein Risiko eindeutig sein, das heißt die Merkmale des Versicherungsfalls - bestehend aus versicherten Gefahren und den entstehenden Schäden - müssen genau bestimmbar und zuordenbar sein.91

Die Eindeutigkeit hängt auch eng mit der letzten Voraussetzung der Versicherbarkeit zusammen - der Größe des Schadens bzw. des Schadenausmaßes. Dieses Kriterium besagt, dass die maxi- mal zu zahlende Versicherungsleistung aus einem Schadenereignis - dieser Wert wird als PML oder Probable/Possible Maximum Loss bezeichnet - die Risikotragfähigkeit eines Versicherers nicht übersteigen darf.

Zusätzlich zu den fünf beschriebenen Voraussetzungen für die Versicherbarkeit von Risiken spielt die Risikodynamik eine wesentliche Rolle. Darunter fällt, dass sich die Risiken im Zeitablauf, u.a. durch den technischen Fortschritt bedingt, verändern können, weswegen sich Versicherer immer wieder erneut die Frage der Versicherbarkeit veränderter Risiken stellen müssen. Beispielsweise wurden Terrorrisiken bei bestimmten Versicherungsprodukten in der Vergangenheit häufig mit eingeschlossen, nach den Ereignissen des 11. September 2001 sind diese nun aber in fast allen Ver- sicherungsprodukten ausgeschlossen.92

Die Kriterien der Versicherbarkeit sind dem Versicherer dienlich, um ein Risiko einordnen zu können. Darüber hinaus kann eine Versicherung aber auch gesetzlich durch die Verankerung von Pflichtversicherungen im Gesetz bestimmt werden. In diesem Zusammenhang trägt die Versicher- barkeit unter Umständen auch einem politischen Willen Rechnung. Im Hinblick auf bestehende Pflichtversicherungen, wie beispielweise der Haftpflichtversicherung für Personenschäden aus Arz- neimitteln durch den Arzneimittelhersteller, ist die Abwägung der Kriterien der Versicherbarkeit nicht mehr ausschlaggebend.

3.2 Anwendung des konzeptionellen Versicherungsschutzes auf einen nuklearen Katastrophenfall

3.2.1 Katastrophenfall: Versicherung und versicherte Risiken

Für jedes in Deutschland betriebene KKW besteht das Risiko, dass es aufgrund von Gefahren (im KKW selbst sowie in der direkten und indirekten Umwelt) zu Abweichungen vom normalen Be- trieb kommt, d.h. Störfälle sowie Unfälle auftreten, und dass es durch austretende Radioaktivität zu Schäden an umliegenden Systemen (Infrastruktur, Gesundheit, Lebensräumen, etc.) kommt.

Die Risikolage eines KKW wird beschrieben durch einen Mix an Einflussfaktoren aus Umwelt, Wirtschaft, Technik, Gesetzeslage/Politik sowie individuellen Eigenschaften des KKW wie bspw.:

- KKW(-Typ): Reaktortyp und zusammenhängende Funktionalität, eingesetzte Brennstoffe, Alter des Kraftwerks, etc. - Ausprägung regionaler und zeitlicher Faktoren: geographische Lage (einschl. Flüsse in der Umgebung), vorherrschende Wetterlagen und Windrichtungen, Bevölkerungsdichte in der Umgebung, etc.

Für alle möglichen Einflussfaktoren sowie mögliche Kombinationen daraus existieren unterschied- liche Ausprägungsmöglichkeiten und Eintrittswahrscheinlichkeiten. Ein Teil der Einflussfaktoren wird den Betrieb des KKW nicht oder sogar in positiver Weise beeinflussen (bspw. Fortentwick- lung des Wirkungsgrades und/oder der Sicherheit aufgrund umgesetzten technischen Fortschritts). Andere Ausprägungen sind den Gefahren zuzuordnen. Sie sind in der Lage, den Betrieb eines KKW negativ, d.h. im Sinne einer Erhöhung der Schadeneintrittswahrscheinlichkeit, zu beeinflus- sen. Dieser Sachverhalt der Unsicherheit des Eintretens von Ereignissen wurde im Kapitel 3 . 1 . 1 ”Versicherung und versichertes Risiko“ beschrieben.

Jeder mögliche Schadenfall aufgrund des Eintretens einer Gefahr oder mehrerer kombinierter Gefahren kann mit einer individuellen Schadeneintrittswahrscheinlichkeit und einer individuellen Schadenhöhe beschrieben werden.

Aufgrund der individuellen Ausprägungen der Einflussfaktoren kann für jedes KKW ein indivi- dueller Höchstschaden mit einer individuellen Schadeneintrittswahrscheinlichkeit entstehen. Das bedeutet, dass das potenzielle Risiko einer nuklearen Katastrophe bei einem KKW in Form ei- ner Wahrscheinlichkeitsverteilung von Schäden mit individueller Schadeneintrittswahrscheinlich- keit und Schadenhöhe beschrieben werden kann. Basierend auf der Wahrscheinlichkeitsverteilung kann einem nuklearen Katastrophenfall ein Schadenerwartungswert (μ) zugeordnet werden. Dieser entspricht dem ”mit den Wahrscheinlichkeiten gewichtete[n] Durchschnitt aller Ergebnism¨oglich keiten“93. Der Schadenerwartungswert selbst wird in der Realität niemals exakt getroffen, d.h. mit einer fünfzigprozentigen Wahrscheinlichkeit wird die reale Schadenhöhe unter und mit einer fünfzigprozentigen Wahrscheinlichkeit über dem Schadenerwartungswert liegen. Entsprechend wird hier von Unter- bzw. Überschäden gesprochen. Die Schwankung um den Schadenerwartungswert wird als Streuung (σ) bezeichnet. Die Abbildung 3 . 2 zeigt eine mögliche Schadenverteilung eines nuklearen Katastrophenfalls und verdeutlicht den beschriebenen Zusammenhang zwischen Erwartungswert (EW) sowie Über- und Unterschäden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.2: Schadenverteilung eines nuklearen Katastrophenfalls (Quelle: Eigene Darstellung)

Das Risiko einer nuklearen Katastrophe ist generell gekennzeichnet durch eine extrem niedrige Ein- trittswahrscheinlichkeit, fehlende Regelmäßigkeit (Kriterium Schätzbarkeit, s. Kapitel 3 . 1 . 4 Krite- rien und Grenzen der Versicherbarkeit) und ein extrem hohes Schadenpotenzial. Damit ist das Risiko eines nuklearen Katastrophenfalls als Großschaden- bzw. Katastrophenrisiko94 zu bezeich- nen.

Das Risiko eines nuklearen Katastrophenfalls stellt im versicherungstechnischen Zusammenhang kein ”normales“ bzw. ¨ubliches Risiko dar, da es sich aufgrund genannter Eigenschaften nicht verl¨asslich mittels versicherungsmathematischer Verfahren schätzen lässt. Vielmehr stellt es eine Art ”Ent- wicklungsrisiko“ dar. Damit ist gemeint, dass sich die Schätzung über die Eintrittswahrscheinlich- keit und den potenziellen Höchstschaden stets mit dem Stand von Wissenschaft und Technik sowie der sonstigen Umsysteme (Entwicklung politischer Risiken, Werteakkumulationen in einer Volkswirtschaft, etc.) weiterentwickeln muss.

Ein nuklearer Katastrophenfall in einem KKW verursacht unter anderem Schäden am Leben und der Gesundheit von Menschen, an der Infrastruktur sowie hinsichtlich der wirtschaftlichen Hand- lungsfähigkeit der Volkswirtschaft. Wie in Kapitel 2 beschrieben, haftet der Inhaber eines KKW für alle Schäden, die durch ein nukleares Ereignis verursacht werden. Er haftet demnach auch im Falle eines Höchstschadens durch einen nuklearen Katastrophenfall. Dieses zu tragende Risiko könnte er mit einer Haftpflichtversicherung auf einen Versicherer transferieren - sofern ein Versicherer (oder ein Konsortium an Versicherern) bereit ist, das damit verbundene Risiko zu tragen.

Die in der vorliegenden Studie beschriebene fiktive Haftpflichtversicherung95 würde damit dem Inhaber eines KKW zur Begleichung aller Schäden an Dritten, die durch einen nuklearen Katastrophenfall entstehen, (Schäden an Menschen, Vermögenswerten, Realgütern, etc.) dienen. Dies stellt insgesamt das versicherte Risiko dar.96

Da sich die Haftpflichtversicherung an einem konkret zu berechnenden Schaden orientiert, aus dem sich die Höhe der Versicherungsleistung (begrenzt durch die Höhe der vereinbarten Deckungs- summe) bemisst, ist sie den Schadenversicherungen zuzuordnen. Die Haftpflichtversicherung, wel- che die KKW-Inhaber derzeit vom bestehenden Nuklearversicherungspool Deutsche Kernreaktor- Versicherungsgemeinschaft GbR erworben haben, stellt eine Erstrisikoversicherung dar, da die Ver- sicherungsleistung auf den Höchstbetrag von 255,65 Mio. Euro begrenzt ist. Die im Rahmen der hier vorliegenden Studie berechnete fiktive Versicherungsprämie einer Haftpflichtversicherung un- terstellt keine Limitierung der Versicherungssumme. Daher entspricht die hier angenommene Form der Haftpflichtversicherung einer unbegrenzten Interessenversicherung.97

Der Versicherer bildet aus den (jährlich) eingehenden Prämien eine Risikoreserve, aus der er im Schadenfall die benötigte Versicherungsleistung schöpft.

Unter der Annahme, dass ein Versicherer oder auch ein Versicherungspool alle 17 Risiken eines nuklearen Katastrophenfalls (17 KKW in Deutschland, Stand März 2011) in seinen Bestand auf- nimmt bzw. ein Kollektiv bildet, wäre ein Risikoausgleich im (relativ kleinen) Kollektiv98 möglich, da mehrere dieser gleichartigen und voneinander unabhängigen Risiken im Bestand wären bzw. das Kollektiv bilden.

Würde ein Versicherer allerdings nur eines dieser Risiken in seinen Bestand aufnehmen, so könnte kein Risikoausgleich im Kollektiv stattfinden.

Beide dieser Annahmen wurden in der vorliegenden Studie - separat - berücksichtigt.

3.2.2 Versicherte Gefahren und versicherter Schaden eines nuklearen Katastrophenfalls

Angelehnt an die oben beschriebenen Zusammenhänge Risiko - Gefahr - Schaden sowie den er- läuterten Kriterien der Versicherbarkeit werden im Folgenden nur Gefahren betrachtet, die zum Eintreten des versicherten Schadens durch einen nuklearen Katastrophenfall an einem KKW (als versichertes Risiko) führen können. Die im Rahmen der INES-Skala als kleinerer Störfall oder Un- fall charakterisierten Schäden (Stufen 1 bis 6 der Skala) werden hier nicht betrachtet.

Die Gefahren des KKW-Betriebs, die Schadenfälle bis zum (Höchst-)Schadenfall (nuklearer Kata- strophenfall) auslösen können, sind sehr komplex und lassen sich nach ihren qualitativen Merkmalen grob einteilen in:

- unbewusste Auslöser

- technisches Versagen (bspw. fehlerhafte Technik, veraltete Bausubstanz, etc.) - menschliches Versagen (bspw. falsche Einschätzung einer Situation, Bedienungsfehler, Müdigkeit, etc.) - (Natur-)Katastrophen (bspw. Erdbeben, Überschwemmung, ungewollter Flugzeugab- sturz) Müdigkeit, etc.)

- bewusste Auslöser

- gezielte Sabotage (intern durch eigene Mitarbeiter oder extern durch Dritte) - Terrorakte (bspw. durch einen Flugzeugabsturz, Angriff anhand von Lenkwaffen)

In die Ermittlung der Versicherungsprämie für das Haftungsrisiko, das für KKW-Inhaber aus dem KKW-Betrieb resultiert, werden alle möglichen Arten von Gefahren und alle möglichen Arten von Schäden einbezogen, weshalb von dem Versuch einer abschließenden Aufzählung beider Aspekte abgesehen wird.

Die Gefahren beeinflussen, wie später im Kapitel 5 anhand beispielhafter Szenarien dargestellt, insbesondere die Schadeneintrittswahrscheinlichkeit. In diesem Kapitel werden Gefahren, wie u.a. technisches Versagen aufgrund von Alterung, menschliches Versagen, Erdbeben oder gezielter Flug- zeugabsturz, beschrieben und Annahmen über deren Einfluss auf die Eintrittswahrscheinlichkeit getroffen.

Hinsichtlich der quantitativen, räumlichen und zeitlichen Merkmale von Gefahren, die einen nuklearen Katastrophenfall auslösen können, und hinsichtlich Schäden, die entstehen, werden ebenfalls prinzipiell keine Einschränkungen vorgenommen.

Jeder nukleare Katastrophenfall wird eine Vielzahl von Schäden in technischen, sozialen und ökologischen Umsystemen verursachen. Im Protokoll zur Änderung des Pariser Übereinkommens wurden diese möglichen Schäden im Artikel 1 Abs. a Ziffer (vii) wie folgt definiert:

Nr.1 ”T¨otung oder Verletzung eines Menschen,

Nr.2 Verlust von oder Schaden an Vermögenswerten,

sowie folgender Schaden in dem durch das Recht des zuständigen Gerichts festgelegten Ausmaß:

Nr.3 wirtschaftlicher Verlust auf Grund des unter Nummer 1 oder 2 aufgeführten Verlusts oder Schadens, soweit er unter diesen Nummern nicht erfasst ist, wenn davon jemand betroffen ist, der hinsichtlich eines solchen Verlusts oder Schadens anspruchsberechtigt ist;

Nr.4 die Kosten von Maßnahmen zur Wiederherstellung geschädigter Umwelt, sofern diese Schä- digung nicht unbeträchtlich ist, wenn solche Maßnahmen tatsächlich ergriffen werden oder ergriffen werden sollen, und soweit diese Kosten nicht durch Nummer 2 erfasst werden;

Nr.5 Einkommensverlust aus einem unmittelbaren wirtschaftlichen Interesse an der Nutzung oder dem Genuss der Umwelt, der infolge einer beträchtlichen Umweltschädigung eingetreten ist, soweit dieser Einkommensverlust nicht durch Nummer 2 erfasst wird;

Nr.6 die Kosten von Vorsorgemaßnahmen und anderer Verlust oder Schaden infolge solcher Maß- nahmen.“99

Bedingung für die Anerkennung als Schäden in diesem Sinne ist, dass sie durch ionisierende Strah- lung verursacht werden, die von einer Strahlenquelle, Kernbrennstoffen oder radioaktiven Erzeug- nissen innerhalb der Anlage eines KKW oder durch eine Kernanlage und deren Betrieb verursacht werden.100

Um die Komplexität des Schadens besser erfassbar zu machen, wurde durch Hahn/Sailer (1987) eine Unterteilung der möglichen Schäden in sechs Kategorien von Schadenarten, die jeweils wieder einzelne Unterschadenarten besitzen, vorgenommen. Die Abbildung 3 . 3 zeigt diese Einteilung möglicher Schadenarten.

[...]


1 Gesetzlich haftet der Genehmigungsinhaber f¨ur Sch¨aden durch nukleare Ereignisse. Daher wird in dieser Studie der Terminus Inhaber und nicht Betreiber verwendet.

2 [Obiko Pearson/Bandel 2011].

3 Vgl. [Ewers/Rennings 1992 b].

4 Siehe hierzu [BMU 2008 b].

5 Siehe hierzu [Europäische Komission 2003] S. 0032 - 0040.

6 Siehe hierzu Kapitel 3 . 1 . 2.

7 Auch die Gesellschaft für Reaktorsicherheit greift diese Einteilung der Ereignisse in Störfälle und Unfälle auf. Siehe hierzu: [GRS].

8 Abbildung A. 1 in Anhang A veranschaulicht die gesamte Bewertung.

9 § 3 Abs. 2 Nr. 28 StrlSchV.

10 Sievert (Sv) ist die spezielle Einheit der Äquivalentdosis und der effektiven Dosis. Diese ergibt sich aus J oule/Kg = 1 Sievert. Ein Sievert entspricht 1.000 Millisievert (mSv). Dabei ist die Äquivalentdosis die Messgröße für die biologische Wirkung ionisierender Strahlung auf den Menschen. Die effektive Dosis berücksichtigt die verschiedenen Empfindlichkeiten der Organe und Gewebe bezüglich stochastischer Strahlenwirkungen durch die Multiplikation spezifizierten Organdosen mit einem Gewebe-Wichtungsfaktor.

11 Siehe hierzu: § 3 Abs. 2 Nr. 35 StrlSchV ”Unfall:Ereignisablauf,derfüreineodermehrerePersoneneine effektive Dosis von mehr als 50 Millisievert zur Folge haben kann“. Im Vergleich hierzu § 5 Satz 2: ”DieGrenzwerte der effektiven Dosis im Kalenderjahr betragen nach § 46 Abs. 1 für den Schutz von Einzelpersonen der Bevölkerung 1 Millisievert und nach § 55 Abs. 1 Satz 1 für den Schutz beruflich strahlenexponierter Personen bei deren Berufsausübung 20 Millisievert.“

12 Vgl. hierzu § 9 Abs. 1 Nr. 4 und 5 StrlSchV.

13 Siehe hierzu Abbildung A. 2 in Anhang A.

14 Vgl. [Ewers/Rennings 1992 a].

15 Vgl. [Ewers/Rennings 1992 a].

16 Vgl. [Bundesregierung 2010 a] S.1.

17 Vgl. [Ewers/Rennings 1992 a] und Definition und Ausführungen von Kernschmelzunfällen in [GRS 1989].

18 Bei diesem Bei diesem Ereignis schmolz ca. ein Drittel des Reaktorkerns, dennoch konnten die Mitarbeiter durch richtiges Interagieren schlimmere Auswirkungen verhindern. Es kam zur Freisetzung radioaktiver Gase und Kühlflüssigkeit in die Umwelt. Vgl. [Spiegel-Online 2009]. Der Fall im KKW Three Mile Island wurde aber nicht als nuklearer Katastrophenfall eingestuft. Siehe hierzu: [Spiegelberg Planer 2010], S. 16 ff.

19 [Bundesregierung 2010 a], S. 1.

20 Vgl. [Weil 2003], S. 35. Auch die Bundesregierung ordnet einen nuklearen Katastrophenfall der INES-Stufe 7 zu. Siehe hierzu [Bundesregierung 2010 b], S. 1.

21 Vgl. [Spiegelberg Planer 2010], S. 16 ff.

22 Siehe hierzu Abbildung 2 . 2. M W e bedeutet MegaWatt electrical und gibt die Leistung des Kernkraftwerks in Bezug auf dessen Erzeugung elektrischer Energie wieder.

23 Siehe hierzu [AGEB 2011 a], S. 23.

24 Hierzu zählen die Kernkraftwerke Biblis A und B, Brokdorf, Emsland, Grafenrheinfeld, Grohnde, Isar 2, Neckarwestheim 1 und 2, Philippsburg 2 und Unterweser.

25 Hierzu zählen die Kernkraftwerke Gundremmingen B und C, Isar 1, Philippsburg 1, Krümmel und Brunsbüttel.

26 Vgl. [Deutsches Atomforum e.V.].

27 Vgl. [Informationskreis KernEnergie]. Zur näheren Beschreibung der Funktionsweise eines Druckwasserreaktors siehe [GRS 1989], S. 109 ff. Weitere Ausführungen zur Funktionsweise verschiedener Typen von Kernkraftwerken in [Konstantin 2007], S. 242 ff.

28 Diese Gesamtzahl bezieht sich auch auf die sieben ältesten KKW (vor 1980 in Betrieb genommen), ungeachtet des zur Zeit der Studienerstellung im März 2011 bestehenden Moratoriums, aufgrund dessen diese KKW ihren Betrieb zunächst temporär einstellen mussten.

29 Der Begriff ” nuklearer Schaden“ wird in Art. 1 Abs. a Ziffer (vii) des Protokolls der ¨Anderungen des Pariser ¨Ubereinkommens (2004) definiert. Siehe hierzu auch die Ausf¨uhrungen in Kapitel 3.2.2.

30 Vgl. § 31 Abs. 3 AtG.

31 Vgl. § 31 Abs. 3 AtG und [Diekmann/Horn 2007], S. 49.

32 Vgl. § 25 AtG.

33 Vgl. § 31 AtG.

34 Vgl. [Bundesregierung 2010 a], S. 7.

35 Vgl. Art. 3 Abs. a des Protokolls der Änderungen des Pariser Übereinkommens (2004) und § 31 AtG. Für die Ver- sicherung dieser Schäden ist der Betreiber der kerntechnischen Anlage verantwortlich. Vgl. [Bundesregierung 2010 c], S. 6.

36 Vgl. Art. 9 des Protokolls der Änderungen des Pariser Übereinkommens (2004).

37 Vgl. § 13 Abs. 3 AtG. Diese Begrenzung der Deckungsvorsorge auf 2,5 Mrd. wird als realistische Höhe zur Deckung der Schadenersatzansprüche aufgrund eines nuklearen Ereignisses gesehen.

38 Vgl. § 34 Abs. 1 AtG und dazu die Ausführungen in [Haubner 2009], S. 41.

39 § 1 AtDeckV.

40 Vgl. § 1 AtDeckV.

41 Dies entsprach bis April 2002 - bis zur Novellierung des Atomgesetztes - der gesetzlichen Deckungsvorsorge- pflicht.

42 Die beiden Reaktorblöcke in Grundremmingen werden beide zusammen bis 255,65 Mio. Euro abgesichert. Vgl. [Irrek 2008], S. 1.

43 Dieser Betrag ergibt sich aus seiner Haftpflicht-Deckungsvorsorge i.H.v. geschätzter Schadensabwicklungskosten (5%) i.H.v. 112,218 Mio. Euro.

44 [Wuppertal Institut 2007], S. 12.

45 Vgl. [Bundesregierung 2010 c], S. 1

46 Vgl. [Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie 2010], S. 2 2.244,355 Mio. Euro zuzüglich

47 Für eine Übersicht über das internationale Atomrecht siehe [BfS b]. Direkt zur Veröffentlichung der Umsetzung in Deutschland siehe BGBl II, Nr. 24, 29. August 2008, S. 902.

48 Pariser Übereinkommen meint das Übereinkommen vom 29. Juli 1960 über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Februar 1976 (BGBl. II S. 310, 311) und des Protokolls vom 16. November 1982 (BGBl. 1985 II S. 690).

49 Gemeinsames Protokoll meint das Gemeinsame Protokoll vom 21. September 1988 über die Anwendung des Wiener Übereinkommens und des Pariser Übereinkommens (BGBl. 2001 II S. 202, 203), siehe [IAEA 1992].

50 Vgl. § 25 Abs. 1 Satz 1 AtG

51 Für weiterführende Analyse des Pariser Übereinkommens siehe [Blobel 2005].

52 [Schneider et al. 2009], S. 72.

53 Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden, EU ABl L 143/56.

54 Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2004/35/EG.

55 Vgl. § 25 AtG.

56 Vgl. § 13 Abs. 3 AtG. Diese Begrenzung der Deckungsvorsorge auf 2,5 Mrd. wird als realistische Höhe zur Deckung der Schadenersatzansprüche aufgrund eines nuklearen Ereignisses gesehen.

57 Vgl. [Farny 2006], S. 382ff.

58 Eine Haftpflichtversicherung ist eine Versicherung, durch die berechtigte Schadenersatzansprüche eines geschädigten Dritten aufgrund eines von einer natürlichen oder juristischen Person verursachten oder verschuldeten Schadens abgesichert werden. Vgl. hierzu [Fürstenwerth/Weiß 2001], S. 306 f.

59 Eine Schadenversicherung ist eine Versicherung, ” deren Versicherungsleistung [direkt] auf einen tats¨achlich entstanden und konkret nachweisbaren Schaden am Verm¨ogen der Versicherten begrenzt ist.“ [F¨urstenwerth/Weiß 2001], S. 567.

60 Ursachen für diese Ergebnismöglichkeiten resp. Abweichungen des tatsächlichen Ergebnisses vom erwarteten Ergebnis sind Einflüsse der natürlichen Umwelt (wie Stürme, Erdbeben, etc.), technische Einflüsse (wie Versagen technischer Systeme), die wirtschaftliche Umwelt (wie Maßnahmen des Konzerns oder der Konkurrenten) oder Einflüsse der Gesellschaft (bspw. Gesetzgebung oder Handeln von dritten Personen). Weitere Unsicherheiten über die tatsächliche Ergebnisausprägung ergeben sich dadurch, dass keine vollständige Information über den Zusammenhang einer Handlung mit einem Ergebnis vorhanden ist. Es herrscht bis zu einem gewissen Grad Ungewissheit, weshalb eine Handlung immer unter Unsicherheit in Bezug auf die möglichen Ergebnisausprägungen stattfindet. Vgl. [Farny 2006], S. 27.

61 Vgl. [Farny 2006], S. 27.

62 Vgl. [Farny 2006], S. 27.

63 Vgl. [Farny 2006], S. 30 f.

64 Vgl. [Farny 2006], S. 35.

65 Der Versicherungsschutz einer Haftpflichtversicherung besteht dabei aus seinem Kerngeschäft, dem Risikogeschäft, und dem Dienstleistungsgeschäft. Zum Dienstleistungsgeschäft gehören Beratungs- und Abwicklungsleistungen. Siehe hierzu: Vgl. [Farny 2006], S. 55 ff.

66 Vgl. [Farny 2006], S. 31.

67 In diesem Zusammenhang ist der Begriff Wagnis vom Risikobegriff abzugrenzen. Als Wagnis wird der vom Ver- sicherungsunternehmen übernommene Teil des bestehenden gesamten Risikos mit all seinen Gefahren und möglichen Schäden bezeichnet. Da Versicherer in den Verträgen meist gewisse Gefahren und Schäden, wie u.a. Schäden aufgrund von Krieg, Atomunfall oder Computerviren ausschließen, sind Wagnis und Risiko oft nicht deckungsgleich.

68 Siehe hierzu die Ausführungen in [Farny 2006], S. 44 ff.

69 Vgl. [Fürstenwerth/Weiß 2001], S. 212 und 654.

70 Siehe hierzu die Ausführungen in [Fürstenwerth/Weiß 2001], S. 306 f.

71 Vgl. [Farny 2006], S. 149.

72 Vgl. [Farny 2006], S. 32.

73 Vgl. [Farny 2006], S. 33 f.

74 Vgl. § 19 Abs. 1 VVG.

75 Vgl. [Farny 2006], S. 383 ff.

76 Aufwendungen entstehen sowohl für Schadenzahlungen als auch für Verwaltungskosten des Versicherers.

77 Weitere Ausführungen in Kapitel 6.1

78 Vgl. [Farny 2006], S. 60.

79 Vgl. [Farny 2006], S. 60 und [Nguyen 2009], S. 10.

80 Vgl. [Farny 2006], S. 60 f.

81 Vgl. [Rosenbaum/Wagner 2006], S. 137 ff.

82 Eine weitere M¨oglichkeit ist die Weitergabe eines Teils der Risiken an sogenannte R¨uckversicherungsunternehmen.

83 Vgl. [Farny 2006], S. 35 ff. und [Goßner 2002], S. 5 f.

84 Vgl. [Farny 2006], S. 37 f. und [Nguyen 2009], S. 6 ff.

85 Vgl. [Farny 2006], S. 38 und [Nguyen 2009], S. 6 f.

86 Vgl. [Farny 2006], S. 38.

87 Ein klassisches grob fahrlässiges Handeln ist bspw. das kurzfristige Verlassen der Wohnung bei brennenden Kerzen.

88 Vgl. § 81 VVG

89 Vgl. [Farny 2006], S. 38.

90 Vgl. [Nguyen 2009], S. 8. Für die angesprochenen Kumulereignisse bietet die Rückversicherungswirtschaft allerdings seit vielen Jahrzehnten entsprechende (Rück-)Versicherungslösungen, z.B. im Rahmen der Kumulschadenexzedentenrückversicherung.

91 Vgl. [Farny 2006], S. 38.

92 Vgl. [Goßner 2002], S. 5.

93 [Farny 2006], S. 27 f.

94 Vgl. [Nguyen 2007], S. 6f.

95 Als ” fiktiv“ deswegen bezeichnet, weil eine Versicherbarkeit des Haftpflichtrisikos aus einem nuklearen Katastrophenfall in der Realit¨at nicht gegeben ist.

96 Im Rahmen der vorliegenden Studie werden keine Ausschlüsse hinsichtlich entstehender Schäden durch einen nuklearen Katastrophenfall gemacht, d.h. der Versicherer übernimmt (theoretisch) alle Risiken im Rahmen einer Haftpflichtversicherung, ohne bestimmte Gefahren oder entstehende Schäden von Vornherein auszuschließen. Des- halb sind im vorliegenden Fall das reale bestehende Risiko und das Wagnis (im Sinne des versicherten Risikos) gleichzusetzen.

97 In der Versicherungspraxis wird in diesem Zusammenhang auch von ”Illimit é -Deckung“gesprochen.

98 Zur Beschreibung des Risikoausgleichs im Kollektiv siehe Kapitel 3 . 1 . 1 Weitere Ausführungen zum Risikoausgleich im Kollektiv in [Farny 2006], S. 46 ff.

99 Art. 3 Abs. a des Protokolls der Änderungen des Pariser Übereinkommens (2004).

100 Vgl. Art. 3 Abs. a des Protokolls der Änderungen des Pariser Übereinkommens (2004).

Ende der Leseprobe aus 157 Seiten

Details

Titel
Berechnung einer risikoadäquaten Versicherungsprämie zur Deckung der Haftpflichtrisiken, die aus dem Betrieb von Kernkraftwerken resultieren
Autoren
Jahr
2011
Seiten
157
Katalognummer
V175986
ISBN (eBook)
9783656030461
ISBN (Buch)
9783656030829
Dateigröße
3489 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Versicherbarkeit, Kernkraft, Risiko, Prämie, Haftpflicht
Arbeit zitieren
Benjamin Günther (Autor:in)Torsten Karau (Autor:in)Dr. Walter Warmuth (Autor:in)Eva-Maria Kastner (Autor:in), 2011, Berechnung einer risikoadäquaten Versicherungsprämie zur Deckung der Haftpflichtrisiken, die aus dem Betrieb von Kernkraftwerken resultieren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175986

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