Geschwisterkonstellation und Qualität der Paarbeziehung
Einer der wichtigsten Faktoren für das persönliche Lebensglück in unserem Kulturkreis ist eine glückliche und harmonische Partnerschaft. Es ist bekannt, daß das psychische und physische Wohlbefinden Verheirateter höher ist als das Lediger oder gar Geschiedener. Auch die Sterblichkeit verheirateter Menschen ist niedriger als die lediger oder verheiratet gewesener.
Das Leben in einer Partnerschaft allein reicht allerdings nicht aus, um höheres Wohlbefinden zu garantieren. Unzufriedenheit mit der Beziehung führt zur Beeinträchtigung der Befindlichkeit. In konfliktbelasteten Ehen läßt sich zudem eine erhöhte Belastung der Kinder feststellen.
So erstaunt es nicht, daß immer wieder versucht wird, die Determinanten von Ehe- bzw. Paarqualität zu definieren. Das Wissen darum, welche Faktoren eine erfolgreiche Partnerschaft ausmachen, kann den Paaren selbst, aber auch ihren Therapeuten und Paarberatungsstellen weiterhelfen, wenn es darum geht, die Paarqualität zu verbessern.
Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit war eine Beobachtung von Therapeuten einer Familienberatungsstelle. Diese stellten fest, daß einige der von ihnen beratenen Paare sich bei Konflikten in der Beziehung durch das Verhalten des Partners an eines ihrer Geschwister in der Ursprungsfamilie erinnert fühlten. Besonders auffällig war dabei, daß diese Paare öfter eine komplementäre Paarstruktur in Bezug auf ihre jeweiligen Geschwisterstellungen aufwiesen. Das heißt, beide Partner hatten einander so gewählt, daß sie die Geschwisterkonstellation ihrer jeweiligen Ursprungsfamilie wiederholten. Ein Beispiel hierfür wäre die Partnerschaft eines Menschen, der in seiner Herkunftsfamilie das älteste Kind war mit einer Person, die in ihrer eigenen Familie das jüngste Kind war.
Den Therapeuten fiel außerdem auf, daß es diesen Paaren in der Sexualität an Leidenschaft fehlte, einige meinten sogar, sie lebten zusammen wie Bruder und Schwester.
Diese Beobachtungen legen nahe, daß die Geschwisterstellung der Partner in ihrer jeweiligen Ursprungsfamilie stärker auf die Paarbeziehung wirkt, als es vielen Menschen bewußt ist. Es sollte deshalb in dieser Arbeit ein Beitrag zur Beantwortung der Frage geleistet werden, inwieweit die Geschwisterstellung beider Partner in der Ursprungsfamilie die Paarqualität tatsächlich beeinflußt und inwieweit dieser Einfluß durch andere Variablen wie die Qualität der früheren Geschwisterbeziehung vermittelt wird.
Inhaltsverzeichnis
- Zusammenfassung
- Geschwisterkonstellation und Paarqualität
- 1 Die Paarbeziehung
- 1.1 Charakteristika enger Paarbeziehungen
- 1.2 Messung von Paarqualität
- 1.3 Determinanten der Paarqualität
- 1.3.1 Einfluß der Familienbeziehungen in der Kindheit
- 1.3.2 Austausch-und Interdependenztheorien
- 1.3.3 Ähnlichkeit versus Komplementarität
- 1.3.4 Rollentheoretische Überlegungen
- 1.3.5 Persönlichkeitsmerkmale des einzelnen Partners
- 1.3.6 Paarqualität im Licht der Alltagspsychologie
- 1.3.7 Zusammenfassung
- 2 Geschwisterkonstellation und Persönlichkeitsentwicklung
- 2.1 Entwicklung der Persönlichkeit
- 2.2 Vermittelnde Prozesse für den Einfluß der Geschwisterstellung auf Persönlichkeit
- 2.2.1 Einstellungen der Eltern
- 2.2.2 Rollenzuschreibungen der Eltern an das Kind
- 2.2.3 Annahmen der Eltern über die Persönlichkeit ihrer Kinder
- 2.2.4 Geteilte und nicht geteilte Umwelt
- 2.2.5 De-Identifikation
- 2.3 Die Eigenschaften der einzelnen Geschwisterstellungen
- 3 Bereits vorliegende Untersuchungen und Befunde
- 3.1 Überblick über bisher durchgeführte Studien
- 3.2 Zusammenfassung der Befunde
- 4 Untersuchung und Ergebnisse
- 4.1 Fragestellungen
- 4.2 Das Untersuchungsverfahren
- 4.2.1 Der Partnerschaftsfragebogen PFB (II)
- 4.2.2 Das Subjektive Familienbild - SFB (VI)
- 4.2.3 Das NEO-Fünf-Faktoren Inventar - NEO-FFI (VIII)
- 4.2.4 Die Erfassung der unabhängigen Variable (V)
- 4.2.5 Weitere erhobene Daten
- 4.3 Die Stichprobe
- 4.4 Datenauswertung und Ergebnisdarstellung
- 4.4.1 Methodischer Zugang
- 4.4.2 Die abhängige Variable – Paarzufriedenheit
- 4.4.3 Die unabhängige Variable - Geschwisterstellungen der Partner
- 4.4.4 Unterschiede in der Paarqualität zwischen den Kategorien
- 4.4.5 Einflußfaktoren auf die Glückseinschätzung
- 4.4.6 Vergleich der Wirkung Neurotizismus – Geschwisterstellung der Partner
- 4.4.7 Neurotizismus und Paarqualität in den einzelnen Untergruppen
- 4.4.8 Zusammenhang von Qualität der Geschwisterbeziehung und Paarqualität
- 4.4.9 Unterschiede in der Geschwisterbeziehungsqualität
- 4.4.10 Wahrnehmung von Ähnlichkeit und Ergänzung
- 4.4.11 Themenbereiche, in denen eine Ergänzung wahrgenommen wird
- 4.4.12 Bedeutung von Ähnlichkeit und Ergänzung für die Befragten
- 4.4.13 Geschlechtsrollenerwartung an den Partner und Paarqualität
- 4.4.14 Subjektive Wahrnehmung des Einflusses der Geschwisterstellung
- 4.4.15 Persönlichkeit und Geschwisterstellung
- 4.5 Zusammenfassung der Ergebnisse
- 4.5.1 Vergleich der Paarqualität über die einzelnen Gruppen
- 4.5.2 Unterskalen des PFB und Globale Glückseinschätzung
- 4.5.3 Neurotizismus als Einflußvariable auf die Paarqualität
- 4.5.4 Geschwisterbeziehung früher und heute
- 4.5.5 Ähnlichkeit und Ergänzung
- 4.5.6 Wahrgenommener Einfluß der eigenen Geschwisterstellung und der des Partners
- 4.6 Diskussion
- Einfluß der Geschwisterstellung auf die Paarqualität
- Determinanten der Paarqualität
- Persönlichkeitsentwicklung und Geschwisterstellung
- Wahrnehmung von Ähnlichkeit und Ergänzung durch den Partner
- Neurotizismus und Paarzufriedenheit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, ob und inwiefern sich die Geschwisterstellung beider Partner in ihrer Ursprungsfamilie auf die Qualität ihrer Paarbeziehung auswirkt. Ziel ist es, einen empirischen Beitrag zur Klärung dieses Zusammenhangs zu leisten.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit beleuchtet die Paarbeziehung und ihre Charakteristika. Es werden verschiedene Messmethoden für Paarqualität sowie wichtige Determinanten wie Familienbeziehungen in der Kindheit, Austausch- und Interdependenztheorien, Ähnlichkeit und Komplementarität, Rollentheoretische Überlegungen, Persönlichkeitsmerkmale des Partners und Paarqualität im Licht der Alltagspsychologie diskutiert.
Im zweiten Kapitel werden die Entwicklung der Persönlichkeit und der Einfluß der Geschwisterstellung auf diese behandelt. Verschiedene vermittelnde Prozesse wie Einstellungen der Eltern, Rollenzuschreibungen, Annahmen über die Persönlichkeit der Kinder, geteilte und nicht geteilte Umwelt sowie De-Identifikation werden beleuchtet.
Das dritte Kapitel fasst bereits vorliegende Untersuchungen und Befunde zum Thema Geschwisterstellung und Paarbeziehung zusammen. Es werden verschiedene Studien vorgestellt und deren Ergebnisse zusammengefasst.
Kapitel vier beschreibt die durchgeführte Untersuchung und die gewonnenen Ergebnisse. Es werden die Fragestellungen, das Untersuchungsverfahren, die Stichprobe, die Datenauswertung und die Ergebnisdarstellung erläutert. Die Ergebnisse zeigen einen Zusammenhang zwischen der Geschwisterkonstellation der Partner und der Paarqualität.
Schlüsselwörter
Paarqualität, Geschwisterstellung, Persönlichkeitsentwicklung, Familienbeziehungen, Ähnlichkeit, Komplementarität, Neurotizismus, Paarzufriedenheit, empirische Forschung.
- Quote paper
- Anja Lange (Author), 2001, Der Zusammenhang zwischen dem Erfolg einer Partnerschaft und der Geschwisterposition beider Partner in der Ursprungsfamilie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17632