Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Diversity Management und Corporate Governance
2.1 Corporate Governance und (Gender-)Diversity
2.2 Diversity Management
2.3 Diversity Management Ansätze
3 Entwicklung und aktueller Stand des Frauenanteils im Vorstand/Aufsichtsrat
3.1 Internationaler Vergleich des Frauenanteils im V/AR
3.2 Entwicklung des Frauenanteils im V/AR in ausgesuchten europäischen Ländern
3.3 Ursachen des niedrigen Anteils von Frauen in V/AR
3.3.1 Differenztheoretischer Ansatz
3.3.2 Ansatz der strukturellen und ideologischen Barrieren
3.4 Vorteilhaftigkeit einer stärkeren Repräsentanz von Frauen im V/AR
3.4.1. Gerechtigkeitsgründe bzw. Recht auf Gleichbehandlung
3.4.2. Ökonomische Gesichtspunkte
4 Maßnahmen zur Steigerung des Frauenanteils im AR/V
4.1 Gezielte Fördermaßnahmen für Frauen
4.2 Gesetzlich verbindliche Quotenregelungen (hard law)
4.3 Freiwillige (Selbst-)Verpflichtung (soft law)
4.4 Gegenüberstellung der Maßnahmen
5 Schlussbemerkungen
Literaturverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Mittlerweile liegt der Anteil der weiblichen Universitätsabsolventen in den USA und der EU im Mittel bei ca. 60 %, doch sind Frauen im Top-Management bzw. dem board of directors mit ca. 10,5 % deutlich unterrepräsentiert (BIS 2011, 25). Daher sind insbesondere seit mehr als zehn Jahren vermehrt Forderungen von Seiten der Politik, wie auch von Seiten der Öffentlichkeit nach einer Erhöhung des Frauenanteils insbesondere in der Unternehmensleitung/-überwachung[1] wahrzunehmen.
In der aktuellen wissenschaftlichen bzw. auch öffentlichen Diskussion werden zunehmend zwei verschiedene Argumentationsebenen vermischt. Zum einen wird eine stärkere Präsenz von Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten (V/AR) aus Gleichstellungsgründen und der Forderung nach mehr Einbezug in die wirtschaftlichen Entscheidungsprozesse erhoben. In dieser gesellschaftspolitischen Sichtweise stellt ein höherer Frauenanteil einen Wert an sich dar. Zum anderen werden Argumente angeführt, dass Unternehmen mit stärkerer Repräsentanz von Frauen in Aufsichts-/Führungsgremien eine bessere Performance zeigen würden. In dieser betriebswirtschaftlichen Sichtweise wird hingegen eine Sicherung bzw. Qualitätssteigerung der Unternehmensführung/-überwachung gesehen (BCCG 2010, 2786). Diese Diskussionen brachten noch kein Patentrezept hervor, weshalb auch alle Länder unterschiedlich mit diesem wirtschafts-, sozial- aber auch familienpolitischen Sachverhalt umgehen. In Deutschland haben sich infolge des öffentlichen und politischen Drucks sowie hinsichtlich Gleichberechtigungsbestrebungen v. a. drei Lösungsmöglichkeiten herauskristallisiert. Zu diesen zählen gezielte Förderprogramme für Frauen, die Verabschiedung von Frauenquoten wie auch die Aufnahme von Diversity-Grundsätzen in die corporate governance codizes. Nun stellt sich die Frage, inwieweit diese im Rahmen guter corporate governance vorteilhaft sind.
Diese reale und tagesaktuelle Problematik wird auch von den Wissenschaftlern/-innen verständlicherweise emotional behandelt. Daher hat die vorliegende Arbeit den Anspruch, eine sachliche Diskussionsgrundlage darzustellen, in der versucht wird, sich der Thematik (gender) diversity allein auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse sich anzunähern.
Zu Beginn findet für eine leichtere Einordnung eine kurze definitorische, konzeptionelle Einführung in die Thematik diversity bzw. diversity management & corporate governance statt. Im Anschluss daran wird die Entwicklung des Frauenanteils im internationalen Vergleich skizziert und die aktuelle Situation der weiblichen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder erläutert. In Kapitel 3.3 werden mögliche Ursachen aufgezeigt, die (nach wissenschaftlichen Erkenntnissen) ursächlich für den geringen Frauenanteil im Direktorium sind (vgl. glass ceiling effect) und die angenommene Vorteilhaftigkeit einer stärkeren Präsenz von Frauen diskutiert (Kapitel 3.4). In den letzten Abschnitten werden die häufig diskutierten Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils untersucht und auf Wirksamkeit bzw. Vereinbarkeit mit den Aufgaben von der Führungs- und Aufsichtsorgane überprüft. Abgeschlossen wird diese Arbeit durch ein kritisches Resümee, in dem die Vorteilhaftigkeit in Bezug guter corporate governance versucht wird zu beantworten.
2 Diversity Management und Corporate Governance
2.1 Corporate Governance und (Gender-)Diversity
Die Vielzahl von internationalen Unternehmensskandalen seit Anfang der Jahrtausendwende (Enron, Worldcom, Lehman Brothers uvm.), wie auch der daraus resultierende
US-amerikanische Sarbanes-Oxley act, unterstreichen die herausragende Bedeutung solider Unternehmensführung im Sinne einer gut funktionierenden corporate governance (Terjesen et al. 2009, 320). Der Großteil der Skandale war direkt auf fehlerhafte Unternehmensleitung/-überwachung, folglich auf nicht funktionsfähige Aufsichts-/Führungsgremien (board of directors) zurückzuführen (Marlin/Geiger 2011, 73).
Oberste Leitmaxime der Unternehmensführung ist die Wahrung des Unternehmensinteresses, die aus betriebswirtschaftlicher Sicht in der Sicherstellung einer nachhaltigen Wertschöpfung zum Ausdruck kommt (BCCG 2010, 2787). Um dies zu erreichen, muss die corporate governance eines Unternehmens eine Reihe von Mechanismen in sich vereinen, durch welche die Interessen des Managements, des Direktoriums (board), der Shareholder und anderer Stakeholder aneinander angeglichen werden (Campbell/Minguez-Vera 2008, 436).
Ausschlaggebend hierfür ist eine entsprechende Qualifikation der Mitglieder der Unternehmensführung. Eine corporate governance Struktur kann nur dann als gut bezeichnet werden, wenn durch sie die fähigsten Manager ausgewählt werden, die im Sinne des Unternehmens und seiner stakeholder agieren (Tirole 2001, 2). Ein Allheilmittel wird daher in der Förderung von Vielfalt bei der Besetzung solcher Gremien gesehen. Jedoch wird sich verstärkt auf nur einen Teilaspekt der diversity Bestrebungen fokussiert, der quantitativen Anwesenheit von Frauen (gender diversity). Die Berücksichtigung von Frauen bei der Besetzung von Führungspositionen darf aber aus Sicht guter corporate governance kein Selbstzweck sein, sondern muss letztlich im Unternehmensinteresse liegen (BCCG 2010, 2787).
2.2 Diversity Management
Unter diversity (management) versteht man einen Managementansatz bzw. ein Konzept der Unternehmensführung, welches sich hauptsächlich mit der positiven Berücksichtigung von Unterschieden zwischen Personen beschäftigt (Langhoff 2009, 229) und die damit einhergehenden Kompetenzen zur Zufriedenheit aller stakeholder zu nutzen versucht (Palm 2006, 14). Dies setzt nach Stuber et al. (2003, 5) (a) ein bewusstes Anerkennen von Unterschieden, (b) die umfassende Wertschätzung von Individualität, (c) eine proaktive Nutzung der Potenziale von Unterschiedlichkeit sowie (d) die gezielte Förderung der Vielfalt voraus.
Im Fokus des DiM stehen hierbei die Kerndimensionen personeller Mannigfaltigkeit (Alter, Behinderung, Ethnizität, Herkunft, Religion, sexuelle Orientierung, Geschlecht usw.) (Vedder 2006, 7). Ziel des DiM ist es, durch die Beachtung der aufgeführten Dimensionen ein Maß an Vielfältigkeit zu erzeugen, um somit u.a. die Grundlage für gesteigerte Innovationsfähigkeit und höhere Produktivität zu bereiten (Langhoff 2009, 229). Es handelt sich folglich um eine optimale Nutzung personeller Ressourcen.
Ein gewisser Grad an diversity ist zwar in Unternehmen bereits vorhanden, doch üben sog. “dominante Gruppen” übermäßig starken Einfluss aus. Diese überwiegend weißen Männer mittleren Alters, besetzen nicht nur die meisten Führungspositionen, sondern prägen auch maßgeblich die Unternehmenskultur mit ihren eigenen Werten und Normen (Sepehri/Wagner 2000, 458). Mittels DiM soll somit einer Umgestaltung der Unternehmenskultur - weg von einer mono- hin zu einer multikulturellen Organisation realisiert werden (Krell/Emmerich 2007, 423). Die Implementierung von Vielfältigkeit erfolgt dabei in einem auf Dauer angelegten Prozess der Organisationsentwicklung (Langhoff 2009, 232; Vedder 2006, 7).
2.3 Diversity Management Ansätze
In der wissenschaftlichen Literatur herrscht ein breites Spektrum von DiM Ansätzen vor. Zur besseren Verdeutlichung der Thematik wird im Folgenden auf die Ergebnisse von Thomas/Ely (1996) eingegangen, die nach Sepehri/Wagner (2000, 51) zu den weitestgehenden und umfassendsten Ansätzen zählen. Man unterscheidet drei Formen: (a) Discrimination-and-fairness, (b) Access-and-legitimacy und das (c) Access-and-legitimacy paradigm.
(a) Discrimination-and-fairness paradigm
Dieser Ansatz stellt das aktuell vorherrschende Verständnis von DiM dar. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei auf der Herbeiführung von Chancengleichheit, faire Behandlung, der Personalbeschaffung und der Übereinstimmung mit geltenden rechtlichen Normen (v.a. Antidiskriminierungsgesetzen). Dies wird mittels Quotenregelungen und Mentoring- bzw. Karriere-Entwicklungs-Programmen (v.a. für Frauen) zu erreichen versucht. Individuelle Unterschiede werden bewusst ignoriert und somit (mutmaßlich) ökonomische Vorteile nicht genutzt (Thomas/Ely 1996, 81; Sepehri/Wagner 2000, 50).
(b) Access-and-legitimacy paradigm
Aufgrund des immer stärkeren Wettbewerbs wird hierbei versucht, neue Märkte und Kundengruppen mittels einer Mitarbeiterstruktur, die die Vielfältigkeit der Kunden widerspiegelt, zu erreichen (Thomas/Ely 1996, 83). Dieser Ansatz berücksichtigt bzw. akzeptiert explizit die individuellen Unterschiede und auch ökonomische Aspekte spielen eine zentrale Rolle (Palm 2006, 22).
(c) Emerging paradigm
Dieser Ansatz enthält sowohl Elemente des discrimination-and-fairness wie auch des access-and-legitimacy paradigm und wird daher auch als integrativer Ansatz bezeichnet. Die Vielfältigkeit des Personals wird als relevante Ressource begriffen, die durch das Management zu schützen und zu fördern ist (Thomas/Ely 1996, 86; Sepehri/Wagner 2000, 52). Eine mannigfaltige Belegschaft führt daher “[...] zu einer offeneren und auf Toleranz aufbauenden Unternehmenskultur […]” (Palm 2006, 54) das Management kann dadurch von neuen Perspektiven, Ideen und Lerneffekten profitieren. DiM ist in diesem Ansatz ökonomisch begründet, stellt eine Kernkompetenz dar und wird als ein Instrument für eine Entwicklung zur Lernorganisation angesehen (Sepehri/Wagner 2000, 54). Nach Palm (2006, 24) dürften Unternehmen zu diesem Ansatz am leichtesten Zugang finden, da durch dessen ökonomische Auswirkungen die Verwirklichung der Unternehmensziele unterstützt wird.
3 Entwicklung und aktueller Stand des Frauenanteils im Vorstand/Aufsichtsrat
Im Folgenden wird, mit Fokus auf die Länder der Europäischen Union, sowohl der gegenwärtige Anteil von Frauen im V/AR als auch dessen Entwicklung in den Jahren 2003-2010 dargestellt und analysiert. Dies bildet die Basis für die später folgenden Untersuchungen.
3.1 Internationaler Vergleich des Frauenanteils im V/AR
Nach Erhebungen der Europäischen Kommission (2010) stellt sich aktuell der Anteil von Frauen in Entscheidungsgremien der europaweit größten Unternehmen wie folgt dar.[2] Zur Vergleichbarkeit wird zusätzlich der Anteil von Frauen im Direktorium US-amerikanischer Firmen sowie der europäische Durchschnitt angegeben. Die zeitlich und methodisch einheitliche Erhebung der Daten durch die Europäische Kommission ermöglicht den länderübergreifenden Vergleich der prozentualen Anteile von Frauen in Entscheidungsgremien.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Frauenanteil Vorstand/Aufsichtsrat Stand 2010
Quelle: Eigene Darstellung; Daten: EC (2010).
Wie aus Abbildung 1 deutlich wird, ist der Anteil von Frauen per 2010 vor allem in den nordischen Ländern Norwegen (39%), Schweden (26%) und Finnland (26%) sehr hoch. Diese drei Länder liegen auch bei einer weltweiten Betrachtung auf den ersten drei Rängen, wie eine Untersuchung von Governance Metrics International zeigte.[3] Überdurchschnittlich hoch ist auch ist die Frauenquote in den meisten Ländern der ehemaligen UDSSR wie z.B. Lettland (23%), Slowakei (22%), Rumänien (21%), Mazedonien (20%) oder Kroatien (16%). Dagegen ist vor allem in den südlich gelegenen europäischen Staaten wie Malta (2%), Zypern (3%), Portugal (5%), Italien (5%) oder Griechenland (6%) der Anteil an Frauen im V/AR weit unterdurchschnittlich. In den größten europäischen Industrienationen Deutschland (13%), Großbritannien (13%) und Frankreich (12%) liegt der Frauenanteil sehr nahe am Durchschnitt von 12%. In den USA beträgt der Frauenanteil 16% und ist somit nahe dem europäischen Mittel. Betrachtet man den Anteil von Frauen, die den Vorsitz im V/AR innehaben, so zeigt sich, dass dieser Prozentsatz noch weit niedriger liegt als der von Frauen, die lediglich Mitglied im V/AR sind. Während im gesamteuropäischen Durchschnitt 12% der Mitglieder im Entscheidungskomitee weiblich waren, sind nur 3% der Vorsitzenden dieser Komitees Frauen. In den wirtschaftlich relevantesten Industrienationen Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien entspricht der Anteil mit 3% dem europäischen Durchschnitt; in Großbritannien stand keine Frau einem der betrachteten Unternehmen vor. Weitere Antworten auf unsere Fragestellung nach der Vorteilhaftigkeit der Maßnahmen für einen höheren Frauenanteil im V/AR lassen sich aus dieser Auswertung nicht ableiten. Vielmehr wirft es weiter Frage auf, wie es z.B. sein kann, dass die USA – ein Vorreiter der Gleichberechtigung und eine Wirtschaftsmacht – lediglich gering über dem Durchschnitt und hinter den Staaten der ehemaligen UDSSR steht oder in wieweit der kulturelle Hintergrund eines Landes die Position beeinflusst. Leider kann im Rahmen dieser Arbeit nicht auf diese Fragen eingegangen werden.
3.2 Entwicklung des Frauenanteils im V/AR in ausgesuchten europäischen Ländern
Abbildung 2 zeigt die Entwicklung des Frauenanteils im V/AR von 2003 - 2010 der fünf wirtschaftlich bedeutendsten europäischen Länder, der nordischen Länder (Norwegen, Schweden und Finnland) sowie den gesamteuropäischen Durchschnitt im Zeitraum von 2003-2010.[4] Die Grafik zeigt, dass sich die Frauenquote in den verschiedenen Ländern Europas sehr unterschiedlich entwickelte. Während in den großen Industrienationen Deutschland (+3%-Punkte), Großbritannien (-2%-Punkte) und Italien (+3%-Punkte) die Frauenquote auf dem jeweiligen Niveau relativ konstant blieb, stiegen in Frankreich (+7%-Punkte) und Spanien (+7%) die Quoten an. In den nordischen Ländern Schweden (+7%-Punkte), Finnland (+14%-Punkte) und Norwegen (+19%-Punkte) war im Beobachtungszeitraum ein starker Anstieg der Frauenquote zu beobachten; im gesamteuropäischen Durchschnitt erhöhte sich der Frauenanteil leicht von 9% im Jahr 2003 auf 12% im Jahr 2010. Außer in Großbritannien (-2%-Punkte) kam es in keiner der größeren europäischen Industrienationen zu einem Rückgang der Frauenquote. In den USA[5] erhöhte sich der Anteil von Frauen in V/AR im Beobachtungszeitraum leicht (+2%-Punkte). Der Anteil von weiblichen Vorsitzenden des Entscheidungskomitees stieg im gesamteuropäischen Durchschnitt leicht von 2% in 2003 auf 3% in 2010 (Catalyst 2011).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Entwicklung Frauenanteil im Vorstand/Aufsichtsrat 2003-2010;
Quelle: Eigene Darstellung - Daten: EC (2010).
Die marginale Veränderung wirft die Frage nach der Wirksamkeit der jeweilig getroffenen Maßnahmen auf (siehe Anhang - Abbildung 2.). Auch hier würde eine detaillierte Analyse der Gründe den Rahmen dieser Arbeit sprengen.
3.3 Ursachen des niedrigen Anteils von Frauen in V/AR
Häufig wird der niedrige Anteil von Frauen in Führungspositionen von Unternehmen, insbesondere im V/AR, mit dem glass-ceiling Phänomen erklärt . Dieser Begriff beschreibt eine unsichtbare und festgefügte Barriere, die Frauen oder Minderheiten den Zugang zu Führungspositionen versperrt (Farrell/Hersch 2001; Francoeur et al. 2008, 83). Glass-ceiling liegt vor, wenn die folgenden vier Kriterien erfüllt sind (Cotter et al. 2001, 656-662): (a) Ein Unterschied nicht durch Unterschiede in der fachlichen Kompetenz erklärbar ist, (b) ein Unterschied in höheren Positionen größer ist als in niedrigeren Positionen, (c) die Möglichkeit, in höhere Positionen aufzusteigen unterschiedlich ist und (d) die Möglichkeit, in höhere Positionen aufzusteigen mit zunehmender Karriere sinkt.
Cotter et al. (2001) folgend sind diese Kriterien in Bezug auf geschlechtsspezifische Unterschiede erfüllt. Die Hürden in höhere Positionen aufzusteigen nehmen demzufolge immer weiter zu, weshalb es für Frauen besonders schwer ist, bis in den V/AR aufzusteigen. Dies erklärt somit auch, warum der Anteil von Frauen an Führungskräften mit zunehmender Verantwortlichkeit abnimmt und im Vorsitz des V/AR am niedrigsten ist.
In der Literatur dominieren zwei Ansätze die zu erklären versuchen, warum weniger Frauen in Führungspositionen vertreten sind und dementsprechend das glass-ceiling Phänomen entsteht. Es gibt sowohl einen differenztheoretischen Ansatz, der sich mit Verhaltens- und Persönlichkeitsunterschieden bei Männern und Frauen beschäftigt als auch den Ansatz die Chancenungleichheit zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlecht mit strukturellen und ideologischen Barrieren zu erklären (Holst/Wiemer 2010, 694).
[...]
[1] Aufgrund der international abweichenden Struktur der Aufsicht- und Führungsgremien von v.a. kapitalmarktorientierten Unternehmen, werden zur Vereinheitlichung die Termini “board (of directors)”, “Vorstand/Aufsichtsrat”, „Top-Management“ und “Unternehmensleitung/-überwachung” synonym verwendet.
[2] Die Auswahl der Firmen erfolgte auf Basis der Firmengröße, die nach der Marktkapitalisierung und/oder dem Handelsaufkommen des Unternehmens bestimmt wurde. Hierbei wurden maximal 50 Unternehmen eines einzelnen Landes berücksichtigt. Insgesamt wurden für das Jahr 2010 die Daten von 703 börsennotierten Unternehmungen aus 34 europäischen Ländern im Zeitraum von 27. Sept. 2010 bis 8. Okt. 2010 erhoben. Dazu wurden als wichtigste Datenquellen die Unternehmens-Websites, Börsen-Websites sowie die Geschäftsberichte der Firmen herangezogen.
[3] Daten aus dem Catalyst Census (2011) des jeweiligen Jahres. Gemessen wurde der Frauenanteil im Direktorium der Fortune 500 Unternehmen.
[4] Als wirtschaftlich bedeutendste europäische Länder werden die großen Industrienationen Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien definiert, die jeweils ein Bruttoinlandsprodukt von über einer Billion Euro verfügen und zusammen mit über 8,7 Billionen Euro mehr als die Hälfte des gesamteuropäischen Bruttoinlandsprodukts in Höhe von 12,7 Billionen erwirtschaften (EC 2011)
[5] Für das Jahr 2004 waren keine Daten verfügbar. Die Werte wurde deshalb auf Basis der Entwicklung der anderen Jahre fortgeschrieben.