Wenn man an die Geschichte der Ersten Republik in Österreich denkt - spezifischer, an die besondere Rolle der Stadt Wien in dieser Periode –, so nehmen im Geiste Begriffe wie „Sozialdemokratie“, „Parteienkampf“, „Arbeiterschaft“, „Rotes Wien“, „goldene 20er Jahre“, „Wirtschaftskrise“ oder dergleichen Gestalt an.
Am Beginn meiner Gedanken über das zu formulierende Thema meiner Arbeit stand bloß das Konzept, sich mit den Lebensverhältnissen der Arbeiterschaft in Wien während der Zwischenkriegszeit auseinander zu setzen. Doch schon im Zuge meiner anfänglichen Literatursuche stieß ich auf den Begriff und die Bedeutung des bereits erwähnten „Roten Wien“ als soziale Institution; in mir begann sich eine genauere und differenziertere Fragestellung herauszukristallisieren: Sollte ich bloß rein deskriptiv arbeiten ? Warum sich nicht den Kopf zerbrechen über eine These zur Situation der Arbeiterschaft, die da lautet: Ist es legitim, von Verbesserungen in der Zeit nach der Ausrufung der Republik sprechen ? Wenn Wien zu dieser Zeit als Musterstadt der Sozialdemokratie galt, so müssten sich doch die Taten der Gemeinde – allen voran der schon fast legendäre Wohnbau – auf die Lebensumstände der Arbeiterschaft positiv niedergeschlagen haben ! Daneben sollten aber auch Bereiche, die nicht direkt mit dem „Roten Wien“ in Zusammenhang stehen, wie z. B. die Entwicklung der Entlohnung, unter die Lupe genommen werden. Dementsprechend formulierte ich den ursprünglich geplanten Titel so um, wie er nun zu lesen ist.
Mein Absicht ist es also, eine angenommene Veränderung der Lebensverhältnisse der Arbeiterschaft in der österreichischen Hauptstadt zum Besseren zu verifizieren oder falsifizieren, unter besonderer Berücksichtigung der sozialdemokratisch verwalteten Stadt und der ergriffenen sozialen Maßnahmen.
Ich wählte dabei als Zeitrahmen des zu untersuchenden Zeitraums bewusst nicht die Periode von 1918 bis 1938, sondern beschloss, als Startpunkt meiner Studien wohl das Jahr 1918, jedoch als Endpunkt das Jahr 1929 anzusetzen. Jenes mag auf den ersten Blick vielleicht willkürlich gewählt wirken, ist es jedoch ganz und gar nicht – fand doch just in diesem Jahr die relative Erholung der Ökonomie ihr Ende; kippte die wirtschaftliche Lage in Europa und so auch in Österreich aufgrund der Weltwirtschaftskrise dramatisch ins Negative. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur Definition des „Arbeiters“
- Die ökonomische Situation in Österreich
- Die ersten Nachkriegsjahre bis zum Scheitern der ersten Koalition
- Die Wirtschaftslage in der Ersten Republik ab 1920 (und ihre Auswirkungen auf die Arbeiter)
- Sozialgesetzgebung
- Das,,Rote Wien”
- Wirtschaftliche Situation und Politik 1918 – 1929
- Soziale Maßnahmen in Wien
- Medizinische Versorgung
- Familienberatung
- Jugendfürsorge
- Schulwesen
- Erwachsenenfürsorge
- Offene Fürsorge
- Geschlossene Fürsorge
- Sozialer/Kommunaler Wohnbau in Wien
- Die Ausgangssituation
- Wohnbau bis 1923
- Wohnbau ab 1923
- Gestaltung und architektonische Prinzipien
- Finanzielle Aspekte rund um den kommunalen Wohnbau Vorteile für die Bewohner
- Beispiele für städtische Großprojekte
- Internationale Würdigung der sozialdemokratischen Verwaltung
- Bilanz und Meinungen
- Lebensverhältnisse von Arbeitern
- Löhne
- Die Lohnentwicklung in der Periode von 1918 bis 1929
- Kurzer Vergleich mit der ökonomischen Lage anderer Schichten
- Wohnverhältnisse
- Leid des Menschen unter seiner Wohnsituation
- Die Bedeutung einer Wohnung für den Menschen
- Wohntypen und –größen kurz vor dem Krieg und bis circa 1920
- Wohntypen und -größen nach 1920
- Sonderfall Heimarbeiter(innen)
- Schlafgelegenheiten
- Mobiliar
- Personenzahl im Haushalt
- Mieterschutz
- Ernährung
- Katastrophale Lage um 1918
- Allgemeine Ernährungssituation der Arbeiterschaft in den 20ern
- Untersuchung von 42 Arbeiterhaushalten im Jahre 1925
- Besserung der Ernährungslage ab circa 1925
- Der Alkoholkonsum
- Hygiene
- Zur Hygiene generell
- Körperhygiene
- Abwasch und Wäschewaschen
- Kinder
- Kinder als Geld/Nahrungsbeschaffer
- Kinder als Hilfe im Haushalt
- Arbeitslosigkeit
- Arbeitslosigkeit als Problem für den Staat
- Gründe für die Arbeitslosigkeit in Österreich
- Der arbeitslose Mensch
- Staatliche Maßnahmen, die in Österreich für die Arbeitslosen ergriffen wurden
- Überlebensstrategien
- Elend durch Arbeitslosigkeit
- Arbeitslosenrate in Wien
- Löhne
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit den Lebensverhältnissen der Arbeiterschaft in Wien zwischen 1918 und 1929. Ziel ist es, zu untersuchen, ob sich die Lebensbedingungen der Arbeiter in dieser Zeit, insbesondere im Kontext des „Roten Wien“, tatsächlich verbessert haben.
- Die ökonomische Situation in Österreich nach dem Ersten Weltkrieg und in der Ersten Republik
- Die Auswirkungen der sozialen Maßnahmen des „Roten Wien“ auf die Lebensverhältnisse der Arbeiter
- Die Entwicklung der Löhne und Gehälter in der Periode 1918 bis 1929
- Die Wohnverhältnisse der Arbeiter, einschließlich der Auswirkungen des kommunalen Wohnbaus
- Die Ernährungslage der Arbeiterschaft in den 1920er Jahren
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung legt den Fokus auf die Entstehung des Forschungsthemas und die Relevanz der Untersuchung der Lebensverhältnisse der Arbeiterschaft in Wien während der Ersten Republik. Es wird die Zeitspanne von 1918 bis 1929 als Untersuchungszeitraum definiert und die Bedeutung des „Roten Wien“ für die Lebensbedingungen der Arbeiter hervorgehoben.
Kapitel 2 definiert den Begriff „Arbeiter“ und setzt ihn in den Kontext der Zeit. Kapitel 3 beleuchtet die ökonomische Situation in Österreich nach dem Ersten Weltkrieg und die Auswirkungen auf die Arbeiterschaft. Kapitel 4 analysiert die Sozialgesetzgebung der Ersten Republik und ihre Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der Arbeiter. Kapitel 5 befasst sich mit dem „Roten Wien“, seinen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie den ergriffenen sozialen Maßnahmen, insbesondere im Bereich des Wohnungsbaus.
Kapitel 6 analysiert die Lebensverhältnisse der Arbeiter, darunter ihre Löhne, Wohnbedingungen, Ernährung, Hygiene und die Auswirkungen der Arbeitslosigkeit. Die Kapitel 7 und 8 sind nicht in diese Zusammenfassung einbezogen, um potentielle Spoiler zu vermeiden.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Lebensverhältnissen der Arbeiterschaft in Wien zwischen 1918 und 1929. Die Schwerpunktthemen sind die ökonomische Situation in Österreich, die Auswirkungen des „Roten Wien“ auf die Lebensbedingungen der Arbeiter, Löhne, Wohnverhältnisse, Ernährung, Hygiene und Arbeitslosigkeit.
- Arbeit zitieren
- Martin Roland Pixner (Autor:in), 2004, Kann man einen Wandel bei den Lebensverhältnissen der Arbeiterschaft in Wien von 1918 bis 1929 konstatieren?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/177146