Leseprobe
INHALTSVERZEICHNIS
1. Analyse des Briefs Bonifatius an den Abt des Klosters Montecassino
2. Schlussbemerkung
1. Analyse des Briefs Bonifatius an den Abt des Klosters Montecassino
Der Entstehung des vorliegenden Briefs1 gehen Ereignisse voraus, die für das Verständnis zentral sind.
Bonifatius war seit dem 15. Mai 719 päpstlich bestellter Heidenmissionar. Als solchem ging es ihm vor allem darum, dass Evangelium Jesu Christi unter die Heiden zu bringen, aber auch die Autorität Roms - und damit die päpstliche Autorität - zu stabilisieren und zu festigen. Anfänglich zog es Bonifatius nach Friesland. Er gab dieses Gebiet jedoch zu Gunsten seines eigentlichen Missionsauftrages auf, um das Evangelium unter die Franken zu bringen. In der ersten Zeit seines Wirkens bekehrte er sehr viele Heiden zum Christentum, was als einer seiner größten Erfolge gilt. Bonifatius stellte jedoch schnell fest, dass er ohne eine stärkere Machtposition nur sehr wenig erreichen konnte. Er wandte sich deshalb an Papst Gregor II., der ihn daraufhin am 30. November 722 zum Missionsbischof weihte. Zurück im Frankenreich, und ausgestattet mit päpstlicher Autorität, fehlte ihm nun noch der Rückhalt bei der Staatsmacht. 723 wandte er sich deshalb an Karl Martell - den faktischen Herrscher des Reichs -. Dieser war von dem Nutzen einer natürlichen Kirchenordnung zur Festigung des Reiches überzeugt, und so nahm er ihn unter seinen „Schutz und Schirm“2. In der Folgezeit gründete Bonifatius einige Klöster (u.a. im Maingebiet Tauberbischofsheim), und lies Kirchen bauen.
Bonifatius war es immer wichtig, dass die Heiden die Botschaft des Evangeliums verstanden. Deshalb ließ er sie ins Fränkische (oder in die gesprochene Sprache) übersetzten. Bonifatius hatte ein enges Verhältnis zum heiligen Stuhl, und verstand sich selbst als Sohn der Kirche. Deshalb handelte er nie eigenwillig, wenn es um die Durchsetzung neuer Reformen ging, sondern hielt stets Rücksprache mit Rom3. In seiner Eigenschaft als Reformator setzte sich Bonifatius dafür ein, dass keine unwürdigen Priester oder Bischöfe das Wort Gottes predigten.
Papst Gregor III. ernannte Bonifatius 737/738 zum päpstlichen Legaten für Germanien. Die Aufgabe Bonifatius war zwar nun immer noch die Mission, aber hauptsächlich die Durchsetzung einer kirchlichen Organisation.
Papst Gregor III. stattete ihn hierzu mit Empfehlungsschreiben und Vollmachten aus. Während seiner Aufenthalte in Rom half Bonifatius u.a. bei Aufbau des Klosters Montecassino mit4.
Der „inzwischen im achten Lebensjahrzehnt stehende Bonifatius“5 stand um 746 bereits am Rande der Resignation6. So zeugen Briefe, in denen er um Gebetsunterstützung bat, von einem depressiven Ton7.
Als Karlmann - zu dem Bonifatius eine große Nähe gehabt hatte -, 747 zugunsten seines Sohnes Drogo zurücktrat, nahm eine nicht mehr zu stoppende Entwicklung ihren Lauf. Pippin - der Drogo schnell verdrängt hatte - war nun der alleinige Herrscher des Frankenreichs, womit der Begründung einer karolingischen Dynastie nichts mehr im Wege stand. Karlmann zog nach seinem Rücktritt nach Rom, wo er von Papst Zacharias in den Klerus aufgenommen wurde. Er gründete auf dem „Monte Socratte“ ein Kloster, und lebte schließlich ab 750 als Mönch in Montecassino8.
751 wurde Pippin von der Reichsversammlung der Franken zum König ausgerufen. Dies war jedoch nur durch eine Intervention Zacharias’ möglich, der die Krönung legitimierte9. Bonifatius hatte sich nun selbst überflüssig gemacht. Die Franken regelten ihre Angelegenheiten mit Rom selbst, weshalb sie eines Vermittlers nicht mehr bedurften. Bonifatius kümmerte sich nun um persönliche Angelegenheiten wie z.B. das Kloster Fulda, in dem er den Erlöseraltar in der zugehörigen Kirche weihte.
In diesen Zeitraum fällt auch der zu analysierende Brief Bonifatius’ an den Abt von Montecassino.
Am Anfang seines Briefs an den Abt von Montecassino führt Bonifatius folgendes Pauluszitat an: „Pfleget vor allem die gegenseitige Liebe zueinander, denn die Liebe bedeckt die Menge der Sünden“ (Z. 12 f.). Dieses Zitat ist für die geistliche Memoria fundamental, denn es gibt den Grundgedanken der Armensorge und somit auch des Totengedenkens wieder. Hier ist nun wichtig festzuhalten, wieso die Menschen im Mittelalter das Totengedenken einführten, was also ihre Intention war.
[...]
1 Edition: Briefe des Bonifatius. Willibalds Leben des Bonifatius nebst einigen zeitgenössischen Dokumenten. Neu bearb. V. Reinhold Rau (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr von Stein-Gedächtnisausgabe 4 b). Darmstadt 1994, Nr. 106, S, 335 f.
2 von Padberg (2003), S. 39
3 Ebd, S. 43
4 vgl. ebd. S. 56
5 Ebd, S. 77
6 „Gerne hätte Bonifatius in jener Zeit „das einmal übernommene Steuer der Kirche aus der Hand“ gegeben, „dass wäre mir lieb und recht gewesen, wenn ich das bloß fertigbrächte“, ebd. S. 78
7 Vgl. ebd. S. 79
8 Es ist anzunehmen, dass dies u.a. ein Grund für den Wunsch Bonifatius’ ist, ein Gebetsbündnis mit dem Kloster Montecassino einzugehen
9 „...und stellte fest, dass derjenige König heißen solle, der auch die Macht habe und nicht etwa jener, der wohl den Titel, nicht aber die Gewalt besitze“, ebd. S. 82