Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der sozialen Funktion studentischer Einsetzungsrituale in der Frühen Neuzeit am besonderen Beispiel des Pennalismus sowie ihrer Verortung innerhalb der gängigen Definitionen. Hierbei wird zunächst die Attraktivität der Zugehörigkeit zu einer vormodernen Universität verdeutlicht, indem ihre Privilegien, ökonomischen und sozialen Vorrechte anhand ihrer Genese vorgestellt werden. Anschließend soll ein Bild studentischer Korporationen des 16. bis 18. Jahrhunderts gezeichnet werden, wie sie als elementarer Bestandteil des studentischen Lebens fernab der Heimat als Lebensgemeinschaften und Ersatzfamilien existierten. Dabei wird einerseits der Frage nachgegangen, in welchem Rahmen sich Initiationsriten im akademischen Leben sowie im Privatleben der so genannten „Pennäler“, der Studenten im ersten Studienjahr, vollzogen, welchen Zweck sie verfolgten und wie ihre Langlebigkeit zu erklären ist, um andererseits die Richtigkeit der Anwendung des Begriffs „Ritual“ im Bezug auf den Pennalismus zu ermitteln. Mittels einer Definition des Begriffs „Initiationsritual“ soll geklärt werden, ob das so genannte „Pennaljahr“ im Ganzen oder nur in Teilen als Einsetzungsritual angesehen werden kann oder ob es sich vielmehr um einen „ritualisierten Brauch“ handelt, d.h. um einen Zeitraum, der aufgrund seiner Dauer, des an ihm beteiligten Personenkreises sowie des gesellschaftlichen Rahmens, in dem er sich abspielt, rituelle Elemente, Symbole und Verhaltensweisen enthält. Wenn der Pennalismus auf die Ordnung der Gesamtgesellschaft keine Auswirkung hatte, hatte er diese doch zweifelsohne auf die Ordnung einer einzelnen Gesellschaftsgruppe – der Studenten. Kann diese Leistung „im Kleinen“ als ritueller Sonderfall angesehen werden? Erfüllt ein Zustand, der längerfristig Bestandteil des alltäglichen Pennälerlebens war, noch den Aspekt der „Herausgehobenheit aus dem Alltag“, die Einsetzungsrituale erst zu einem wirkmächtigen Akt werden lassen? Sind Initiationshandlungen, die sich weder in althergebrachten Formen vollziehen noch an vergangenes Handeln erinnern – die die Beteiligten also in keine Ordnung hineinstellen, die älter ist als sie selbst - als rituell zu bezeichnen?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Universität und Korporation in der Frühen Neuzeit – Lebensraum und Lebensbund
- Rituale der Einsetzung – eine Definition
- Pennalismus - Initiationsritual oder ritualisierter Brauch?
- Zur sozialen Funktion von Pennalismus
- Ein zweiter Ansatz: Übergangsriten
- Pennalismus ein Übergangsritual?
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die soziale Funktion studentischer Einsetzungsrituale in der Frühen Neuzeit am Beispiel des Pennalismus. Sie beleuchtet die Attraktivität der Zugehörigkeit zu einer vormodernen Universität und zeichnet ein Bild der studentischen Korporationen als Lebensgemeinschaften und Ersatzfamilien. Ziel ist es, die Praxis des Pennalismus in den Kontext der gängigen Definitionen von Initiations- und Übergangsritualen einzuordnen.
- Soziale Funktion des Pennalismus im studentischen Leben der Frühen Neuzeit
- Einordnung des Pennalismus in die Definitionen von Initiationsritualen
- Analyse des Pennalismus als Übergangsritual
- Rolle der Universität und der Korporationen im Lebensalltag der Studenten
- Bedeutung von Ritualen in der vormodernen Studentenkultur
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt den Leser in die Thematik des Pennalismus ein und stellt die Forschungsfrage nach der sozialen Funktion dieses Rituals im Kontext der frühen Universitätskultur. Kapitel 2 beleuchtet die Universität der Frühen Neuzeit als Lebensraum und Lebensbund, wobei die besondere Bedeutung der Korporationen als Sozialisationsagenturen für die Studenten hervorgehoben wird. Kapitel 3 befasst sich mit der Definition des Begriffs „Initiationsritual“ und untersucht, ob der Pennalismus als ein solches Ritual anzusehen ist oder ob er eher als „ritualisierter Brauch“ zu verstehen ist. Kapitel 4 geht auf die soziale Funktion des Pennalismus ein. Schließlich analysiert Kapitel 5 den Pennalismus als mögliches Übergangsritual unter Anwendung der Theorien von Arnold van Gennep und Victor Turner.
Schlüsselwörter
Pennalismus, Initiationsritual, Übergangsrituale, Studentenverbindung, Korporation, Universität, Frühe Neuzeit, Sozialisation, Lebensbund, Lebensraum, Ritual, Brauch, soziale Funktion.
- Arbeit zitieren
- Wiebke Westphal (Autor:in), 2009, Akademische Einsetzungs- und Übergangsrituale an der Universität der Frühen Neuzeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/177304