Die ersten Gedanken zum Thema dieser Arbeit habe ich wohl im April 1998
gehabt, ohne allerdings zu ahnen, dass sie sich jemals schriftlich
niederschlagen würden.
Damals, im April 1998, starb meine beste Freundin im Alter von 42 Jahren.
Durch sie habe ich erlebt, wie jemand ein ganzes Leben am Bild eines
Menschen festhalten kann, um dann im Angesicht des Todes dieses völlig zu
revidieren und, wie mir scheint, realistischer darzustellen. Dieser Mensch,
konkret: der Vater, wurde immer als der absolute Sonnenschein dargestellt.
Stets schien er anwesend gewesen zu sein, um sich mit ihr beschäftigen zu
können. Diese Beschreibung war aber eher die eines Wunsches. In der
"Realität" war der Vater beruflich viel unterwegs und damit wenig zu Hause;
wenn er dann da war, war da auch die Angst, dass er wieder geht. Und diese
Angst verlassen zu werden hat sie ein Leben lang, zumindest phasenweise,
begleitet.
So begann ich mich bewusst mit dem Bild und deren Bedeutung von
abwesenden Elternteilen zu beschäftigen.
Der Funke entzündete sich allerdings an einem Nebensatz in einer Vorlesung.
In der Vorlesung – es war eine Vorlesung zum Thema "Einführung in das
systemische Arbeiten mit Familien" – erwähnte der Dozent, ein häufig zu
beobachtendes Phänomen sei Folgendes: Es kommen Familien zu ihm, in
denen eine Mutter mit Kindern aus erster Beziehung/Ehe jetzt wieder mit
einem neuen Partner zusammenlebt. Auf einmal werden die Kinder aus erster
Beziehung/Ehe in einer Form auffällig, die nur schwer oder auch gar nicht
mehr für die Familie auszuhalten sind. Im Laufe der Beratung wird nun
oftmals deutlich, dass der Stiefelternteil sich redlich bemüht, mit dem
Stiefkind fair, respektvoll, fördernd und anerkennen umzugehen. Und
dennoch verhält das Kind sich auf eine Art und Weise, die für die Eltern kaum
nachvollziehbar ist. Und eines, so der Dozent, sei immer wieder zu beobachten: Der abwesende Elternteil wird vom anwesenden Elternteil – bei
dem als Problem beschriebenen Phänomen – völlig ausgespart.
Die Tatsache der Trennung findet zwar in der Anamnese Erwähnung, darüber
hinaus wird dem allerdings keine Beachtung geschenkt.
Der hier als Funke beschriebene 'Quantensprung' stellte die Verbindung zu
meiner eigenen Biographie her. Ich habe die ersten 6 Jahre alleine mit
meiner Mutter gelebt. Dann heiratete sie und war knapp 10 Jahre verheiratet.
Sie brachte einen weiteren Sohn zur Welt, meinen Bruder. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Abwesenheit
- Begriffsbestimmung
- Abwesenheit und Verlusterfahrung als Normalität
- Trauer
- Trauerprozess
- Phasen des Trauerprozesses
- Jugendliche und Trauer
- Definition von Bildern
- Bilder als „innere Repräsentanz”
- Interviews
- Die Gesprächspartner
- Emotionsfarben
- Auswertung der Interviews
- Beschreibungen von Trennungen
- Trauerprozessbeschreibungen
- Beschreibung der Kommunikation über abwesende Eltern
- Konflikte, die aus den oben zitierten Bildern entstehen können
- Kommunikation der Bilder
- Zusammenfassung
- Vergleichende Zusammenfassung der theoretischen Diskussion und Interviewauswertung
- Sozialpädagogische Handlungsansätze
- Biographiearbeit
- Narrativer Ansatz
- Das narrative Interview
- Die schriftliche Narration und Intervention in Form von Briefen
- Landkarte
- Das Familienbrett
- Erlebnispädagogik
- Zusammenfassung der vorgestellten Ansätze
- Fallbeispiel
- Alex
- Evaluationsgespräch mit Alex
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung abwesender Elternteile für die Jugendhilfe. Sie beleuchtet die Auswirkungen von Trennung und Verlust auf Jugendliche und analysiert verschiedene sozialpädagogische Handlungsansätze im Umgang mit dieser Thematik.
- Der Einfluss von elterlicher Abwesenheit auf die Entwicklung Jugendlicher
- Trauerprozesse bei Jugendlichen mit abwesenden Elternteilen
- Die Rolle von Bildern und inneren Repräsentationen im Verarbeitungsprozess
- Analyse verschiedener sozialpädagogischer Interventionsmethoden
- Fallbeispiel zur Veranschaulichung der theoretischen Konzepte
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Bedeutung abwesender Elternteile für die Jugendhilfe ein und skizziert den Aufbau der Arbeit. Sie umreißt die Forschungsfrage und die methodischen Vorgehensweisen.
Abwesenheit: Dieses Kapitel definiert den Begriff der Abwesenheit von Elternteilen und setzt ihn in den Kontext von Verlust und Trauer. Es diskutiert Abwesenheit nicht nur als Ausnahme, sondern auch als ein mögliches Element der Normalität in modernen Familienstrukturen.
Trauer: Der Trauerprozess wird hier detailliert beschrieben, wobei verschiedene Phasen und deren Charakteristika beleuchtet werden. Der Fokus liegt auf den individuellen Unterschieden im Umgang mit Trauer und der Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtungsweise.
Jugendliche und Trauer: Das Kapitel befasst sich mit der spezifischen Verarbeitung von Trauer bei Jugendlichen. Es analysiert die Rolle von Bildern und inneren Repräsentationen als wichtige Elemente im Umgang mit Verlust und Trennung. Die Bedeutung der Kommunikation und des Ausdrucks von Gefühlen wird hervorgehoben.
Interviews: Dieses Kapitel beschreibt die Durchführung und Auswertung von Interviews mit Jugendlichen, die Erfahrungen mit abwesenden Elternteilen gemacht haben. Es werden verschiedene Aspekte der Interviews, wie beispielsweise die Beschreibung von Trennungen und Trauerprozessen, detailliert analysiert.
Zusammenfassung: Die Zusammenfassung vergleicht die theoretischen Überlegungen mit den Ergebnissen der Interviewauswertung und bietet eine Synthese der bisherigen Ergebnisse. Sie bildet die Grundlage für die Entwicklung sozialpädagogischer Handlungsansätze.
Sozialpädagogische Handlungsansätze: Dieses Kapitel präsentiert und diskutiert verschiedene sozialpädagogische Ansätze, die im Umgang mit Jugendlichen mit abwesenden Elternteilen hilfreich sein können. Die vorgestellten Ansätze umfassen unter anderem Biographiearbeit, narrative Ansätze, Erlebnispädagogik, und werden jeweils detailliert erläutert.
Fallbeispiel: Das Kapitel präsentiert ein detailliertes Fallbeispiel (Alex), um die vorgestellten theoretischen Konzepte und Handlungsansätze zu veranschaulichen und zu konkretisieren. Die Falldarstellung beinhaltet ein Evaluationsgespräch, welches die Wirksamkeit der Interventionen bewertet.
Schlüsselwörter
Abwesende Elternteile, Jugendhilfe, Trauer, Trauerprozess, Jugendliche, Interviews, Sozialpädagogische Handlungsansätze, Biographiearbeit, Narrativer Ansatz, Erlebnispädagogik, Verlust, Trennung, innere Repräsentationen, Kommunikation.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Auswirkungen abwesender Elternteile auf Jugendliche und sozialpädagogische Handlungsansätze
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung abwesender Elternteile für die Jugendhilfe. Sie beleuchtet die Auswirkungen von Trennung und Verlust auf Jugendliche und analysiert verschiedene sozialpädagogische Handlungsansätze im Umgang mit dieser Thematik.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Definition von Abwesenheit und Verlust, den Trauerprozess bei Jugendlichen, die Rolle von Bildern und inneren Repräsentationen in der Trauerbewältigung, die Auswertung von Interviews mit betroffenen Jugendlichen und die Vorstellung verschiedener sozialpädagogischer Interventionsmethoden (Biographiearbeit, narrativer Ansatz, Erlebnispädagogik).
Welche Methoden wurden angewendet?
Die Arbeit stützt sich auf theoretische Überlegungen zu Trauer und Verlust, sowie auf die Auswertung von Interviews mit Jugendlichen, die Erfahrungen mit abwesenden Elternteilen gemacht haben. Ein Fallbeispiel veranschaulicht die Anwendung der theoretischen Konzepte und Handlungsansätze.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in Kapitel zu Einleitung, Abwesenheit, Trauer, Jugendliche und Trauer, Interviews, Zusammenfassung, sozialpädagogische Handlungsansätze und ein Fallbeispiel. Jedes Kapitel beleuchtet einen Aspekt der Thematik und trägt zur Gesamtbetrachtung bei.
Welche sozialpädagogischen Handlungsansätze werden vorgestellt?
Die Arbeit präsentiert und diskutiert verschiedene sozialpädagogische Ansätze, darunter Biographiearbeit, den narrativen Ansatz (inkl. narrativem Interview, schriftlicher Narration, Landkarte und Familienbrett) und Erlebnispädagogik. Diese Ansätze werden detailliert erläutert und ihre Anwendungsmöglichkeiten im Kontext abwesender Elternteile diskutiert.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das Ziel der Arbeit ist es, die Auswirkungen abwesender Elternteile auf die Entwicklung Jugendlicher zu untersuchen und hilfreiche sozialpädagogische Handlungsansätze aufzuzeigen, um diese Jugendlichen bestmöglich zu unterstützen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Abwesende Elternteile, Jugendhilfe, Trauer, Trauerprozess, Jugendliche, Interviews, Sozialpädagogische Handlungsansätze, Biographiearbeit, Narrativer Ansatz, Erlebnispädagogik, Verlust, Trennung, innere Repräsentationen, Kommunikation.
Wie wird der Trauerprozess bei Jugendlichen beschrieben?
Der Trauerprozess bei Jugendlichen wird als individueller Prozess dargestellt, der verschiedene Phasen durchlaufen kann und von den individuellen Erfahrungen und dem Umgang mit dem Verlust geprägt ist. Die Bedeutung von Bildern und inneren Repräsentationen in der Verarbeitung des Verlustes wird hervorgehoben.
Wie werden die Interviews ausgewertet?
Die Auswertung der Interviews konzentriert sich auf die Beschreibungen von Trennungen, Trauerprozessen und der Kommunikation über abwesende Elternteile. Diese Ergebnisse werden im Kontext der theoretischen Überlegungen analysiert und interpretiert.
Was ist das Fallbeispiel?
Das Fallbeispiel "Alex" dient dazu, die vorgestellten theoretischen Konzepte und Handlungsansätze zu veranschaulichen und zu konkretisieren. Es beinhaltet eine detaillierte Falldarstellung und ein Evaluationsgespräch, das die Wirksamkeit der Interventionen bewertet.
- Quote paper
- Jens Riemann (Author), 2000, Die Bedeutung abwesender Elternteile für die Jugendhilfe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17732