Der 11. September 2001 ist wahrscheinlich der am besten dokumentierte Tag der Geschichte. Millionen Menschen sahen live im Fernsehen, wie die Türme des World Trade Center in sich zusammen fielen. Die Einschätzung der Tragweite dieses Ereignisses, insbesondere in kultureller Hinsicht, hat in den letzten Jahren stark variiert und verändert sich noch in Abhängigkeit von der verstrichenen Zeit und von der kulturellen Produktion zum Thema.
Nach mittlerweile neun vergangenen Jahren seit 2001 ist die zuerst postulierte Undarstellbarkeit der Anschläge nicht mehr haltbar. Viele Romane wurden seitdem über oder um 9/11 herum geschrieben, publiziert und besprochen. Zwei dieser Romane sollen in der vorliegenden Arbeit analysiert werden, Falling Man von Don DeLillo und Netherland von Joseph O‘Neill. Beide behandeln 9/11 auf sehr unterschiedliche Arten, bieten aber dennoch genügend Gemeinsamkeiten, damit ein Vergleich sinnvoll ist.
Insgesamt geht es bei der literarischen Verarbeitung von 9/11 immer auch um die Frage, wie dieses Ereignis in Zukunft erinnert werden soll. Somit bietet sich für diese Arbeit ein erinnerungstheoretischer Ansatz an, mithilfe dessen sowohl die Nachahmung und Darstellung von individuellem Erinnern untersucht werden kann, als auch die Verhandlung von kollektiven Erinnerungen. Dabei werden auch Traumatheorie und Identitätsbildung eine zentrale Rolle spielen, denn natürlich war 9/11 ein traumatisches Ereignis. Außerdem ist eine der zentralen Thesen der Kulturwissenschaften heute, dass Erinnerungen und Identität in einer Wechselbeziehung stehen. Somit ist es auch für das aktuelle Selbstverständnis einer Kultur wichtig, wie vergangene Ereignisse kollektiv erinnert werden. Und gerade weil 9/11 auch ein historisches Ereignis ist, bleibt es dann nicht aus, nach dem Zusammenwirken von realen Geschehnissen und Literatur zu fragen.
Die vorliegende Arbeit will also vor allem untersuchen, wie 9/11 in den beiden gewählten Romanen erinnert wird und welches Bild vom 11. September sich daraus für die jeweilige Gegenwart der Romane ergibt. Dabei soll gezeigt werden, dass 9/11 in beiden Romanen als traumatisches Ereignis verarbeitet wird, und zwar sowohl auf individueller als auch auf kollektiver Ebene. Weiterhin stellt sich die Frage, wo sich innerliterarische Diskurse an außerliterarische Diskurse anschließen und ob man daraus auch Aussagen zum historischen 11. September ableiten kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Methodik
- Ricoeurs Kreis der Mimesis
- Grundzüge der theoretischen Erschließung von Erinnerung und Gedächtnis
- Trauma und Literatur
- Gedächtniskonzepte der Literaturwissenschaft
- Erzählweise und Erinnerung
- Erzähler und Erzählstruktur in Falling Man
- Netherland: Erinnerung als Erzählstrategie
- Erinnerung an 9/11
- Bilder statt Worte
- Wiederkehrende Bilder in Falling Man
- Bildhaftigkeit in Netherland
- Verarbeitungsstrategien
- Erinnerungsdiskurse: Verhandlung von kollektiver Erinnerung
- Bilder statt Worte
- Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert zwei Romane, Falling Man von Don DeLillo und Netherland von Joseph O'Neill, die sich mit den literarischen Interpretationen des 11. September 2001 befassen. Die Arbeit untersucht, wie diese Romane das traumatische Erlebnis der Terroranschläge auf unterschiedliche Weise verarbeiten und den Umgang mit Erinnerung in den Vordergrund stellen.
- Die literarische Verarbeitung des 11. September 2001
- Der Einfluss der Terroranschläge auf die Figuren und deren Gedächtnisse
- Die Rolle der Bilder und Erzählstrategien in der Konstruktion von Erinnerung
- Die Verhandlung von kollektiver Erinnerung im Kontext der Anschläge
- Die Auswirkungen des 11. September auf die familiäre und gesellschaftliche Lebenswelt
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet den 11. September 2001 als ein prägendes Ereignis, das bis heute in Politik, Wirtschaft und Kultur präsent ist. Sie diskutiert die Herausforderungen der literarischen Verarbeitung dieses Ereignisses und die Bedeutung des kollektiven Gedächtnisses, das durch die mediale Berichterstattung geprägt ist. Die Methodik beschreibt die theoretischen Grundlagen der Arbeit, insbesondere die Rezeptionstheorie von Paul Ricoeur und die Bedeutung von Trauma und Erinnerung für die Literaturwissenschaft. Das Kapitel "Erzählweise und Erinnerung" analysiert die Erzählstruktur in Falling Man und die Bedeutung von Erinnerung als Erzählstrategie in Netherland. Das Kapitel "Erinnerung an 9/11" untersucht die Rolle der Bilder, die Verarbeitungsstrategien der Figuren und die Diskurse über kollektive Erinnerung in den beiden Romanen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Schlüsselbegriffen Erinnerung, Trauma, kollektive Erinnerung, literarische Interpretation, 9/11, Falling Man, Netherland, Don DeLillo, Joseph O'Neill. Sie analysiert die literarische Verarbeitung des 11. September 2001 und die Rolle der Literatur im Umgang mit Erinnerung und Trauma.
- Arbeit zitieren
- Stefanie Jahn (Autor:in), 2010, Literarische Interpretationen des 11. September: Vom Umgang mit Erinnerung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/177406