Schlägt man die Zeitung auf, so kann man dem Lobbyismus gar nicht entkommen. Es reihen sich Schlagzeilen aneinander über die Atomlobby, Wirtschaftslobby oder Pharmalobby. Das Thema fasziniert wie nie zuvor; Lobbyismus hat Hochkonjunktur. Der Begriff, hinter dem im engeren Sinn die Einflussnahme von Interessengruppen auf politische Entscheider oder Entscheidungsprozesse verstanden wird, löst auf An-hieb weitläufige, überwiegend negative Assoziationen aus. Nicht zuletzt, weil es „in Mode“ gekommen ist, den Begriff zu verwenden: „Es ist ‚chic„, das Wort Lobbying zu benutzen, da es offensichtlich Macht signalisiert.“ So wird der Begriff nicht nur inflationär gebraucht, sondern oft wird darunter auch unspezifisch jegliche Art der Ein-flussnahme verstanden und dabei der eigentliche Sinn verfälscht.
Dennoch boomt Lobbyismus, und dieser Boom ist ein Spiegel einer komplexer werdenden Gesellschaft. Es gibt kaum noch Bereiche, die nicht bis ins Detail durch Lob-bygruppierungen reguliert werden. Die Zahl der Akteure, die eigene Interessen in Gesetzgebungsverfahren einzubringen wünschen, wuchs in den vergangenen zehn Jahren um ein Vielfaches an.
Warum ist Lobbyismus auf der einen Seite wie selbstverständlich im Laufe der Jahre so enorm erstarkt und warum wird er andererseits so massiv diskutiert und kritisiert? Welche positiven Effekte bringt der Lobbyismus für politisches Handeln und Entscheiden alltäglich hervor? Worin besteht eine reale Gefahr für demokratische Struk-turen innerhalb des vereinten Europas durch das Aufleben von Lobbyorganisationen?
Dass man den Einfluss von Interessenorganisationen mit Besorgnis verfolgt, ist kein neues Phänomen. Bereits in den 60er und 70er Jahren des 20 Jahrhunderts ent-stand in Deutschland eine große Verbandsdebatte. Im Fokus stand die Befürchtung einer illegitimen Herrschaft von Interessengruppen. So stellte Theodor Eschenburg 1955 die prominente Frage nach der „Herrschaft der Verbände“...
Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Einleitung
- Thema
- Aufbau der Arbeit
- Quellenlage
- Lobbyismus
- Historischer Abriss: Die Entwicklung von Lobbyismus
- Definitionsansätze
- Interesse
- Lobbyismus
- Arbeitsdefinition
- Abgrenzung des Lobbyismusbegriffs
- Politikwissenschaftliche Theorieansätze
- Pluralismus und Korporatismus
- Mancur Olsons Logik des kollektiven Handelns
- Olsonsche Kritik am Pluralismus
- Das Kollektivgut
- Gruppengröße als entscheidendes Merkmal
- Die Theorie vom Nebenprodukt
- Pluralismus und Korporatismus
- Interessenvertretung durch Lobbyisten
- Der Typus des Lobbyisten
- Organisationsstrukturen von Lobbyismus
- Wie äußert sich Lobbyismus?
- Arten des Lobbyings
- Instrumente des Lobbyings
- Techniken und Methoden des Lobbyings
- Strategien und Konzepte des Lobbyings
- Die Entscheidungsgremien der Europäische Union
- Rechtsakte und Rechtssetzungsverfahren der EU
- Beteiligung der einzelnen Organe
- Die Europäische Kommission
- Das Europäische Parlament
- Der Rat der Europäischen Union
- Reglementierungsversuche von Lobbyismus
- Bewertung von Lobbyismus anhand von Erfolgskriterien
- Vorgehensweisen von Lobbyisten
- Lobbyismus bei den zentralen Beschlussfassungsorganen der EU
- Lobbyismus bei der Kommission
- Einflussnahme durch Lobbyisten bei der Kommission
- Gewünschte Einflussnahme seitens der Kommission
- Lobbyismus beim Europäischen Parlament
- Einflussnahme durch Lobbyisten auf das Europäische Parlament
- Gewünschte Einflussnahme seitens des Europäischen Parlaments
- Lobbyismus beim Rat der Europäischen Union
- Einflussnahme durch Lobbyisten auf den Rat der Europäischen Union
- Gewünschte Einflussnahme seitens des Rats der Europäischen Union
- Lobbyismus bei der Kommission
- Bewertung: Erfolge der lobbyistischen Einflussnahme
- Bewertung: Erfolge der lobbyistischen Einflussnahme nach Olson
- Europäische Interessenvermittlung und demokratische Legitimation
- Demokratiedefizite innerhalb der Europäischen Union sui generis
- Der zugrunde liegende Demokratiebegriff
- Positive und negative demokratische Implikationen von Lobbyismus
- Bewertung: Demokratische Legitimation von Lobbyismus
- Bewertung: Demokratische Legitimation von Lobbyismus nach Olson
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit analysiert den Einfluss von Lobbyismus auf den europäischen Gesetzgebungsprozess. Sie zielt darauf ab, eine Bewertung des lobbyistischen Handelns unter zwei Aspekten vorzunehmen: zum einen wird der Erfolg von Lobbyismus auf die Institutionen der Europäischen Union (EU) analysiert, zum anderen wird die Legitimität von Lobbyismus als Teil der Demokratie und unter demokratietheoretischen Aspekten beurteilt.
- Die Entwicklung von Lobbyismus in der EU
- Die Definition von Lobbyismus und seine Abgrenzung zu anderen Begriffen
- Die Rolle von Interessengruppen und Lobbyisten im politischen System der EU
- Die Funktionsweise des EU-Rechtsetzungsprozesses
- Die Auswirkungen von Lobbyismus auf die demokratische Legitimation der EU
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema Lobbyismus in der Europäischen Union ein und stellt die Zielsetzung und den Aufbau der Arbeit dar. Sie beleuchtet die historische Entwicklung von Lobbyismus und die unterschiedlichen Definitionsansätze. Zudem werden wichtige politikwissenschaftliche Theorieansätze wie Pluralismus und Korporatismus vorgestellt, wobei die Werke von Mancur Olson eine zentrale Rolle spielen.
Das Kapitel „Lobbyismus" beschäftigt sich mit der Definition des Begriffs und seiner Abgrenzung zu anderen Begriffen wie Korruption, Politikberatung und Public Relations. Es werden die unterschiedlichen Arten des Lobbyings sowie die Instrumente, Techniken und Strategien der Lobbyarbeit vorgestellt.
Das Kapitel „Die Entscheidungsgremien der Europäischen Union" beschreibt die wichtigsten Institutionen der EU, die für den Gesetzgebungsprozess relevant sind: die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union. Es werden die einzelnen Aufgabenbereiche und Kompetenzen der Institutionen sowie die verschiedenen Rechtsakte und Rechtsetzungsverfahren der EU erläutert.
Das Kapitel „Bewertung von Lobbyismus anhand von Erfolgskriterien" analysiert die Vorgehensweisen von Lobbyisten bei der Einflussnahme auf die EU-Institutionen. Es werden die Erfolgschancen von Lobbyismus bei der Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union untersucht.
Das Kapitel „Europäische Interessenvermittlung und demokratische Legitimation" befasst sich mit dem Demokratiedefizit der EU und der Frage, inwieweit Lobbyismus die demokratischen Strukturen der EU beeinflusst. Es werden die positiven und negativen Implikationen von Lobbyismus für die Demokratie sowie die Legitimität von Lobbyismus unter demokratietheoretischen Aspekten diskutiert. Zudem wird die Olsonsche Kritik an Lobbyismus und seine Folgen für die demokratische Ordnung beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Lobbyismus, Europäische Union, Gesetzgebungsprozess, Interessenvertretung, politische Einflussnahme, Demokratie, Legitimation, Institutionen, Kommission, Europäisches Parlament, Rat der Europäischen Union, Mancur Olson, Kollektivgut, Pluralismus, Korporatismus, Transparenz, Partizipation, Demokratiedefizit.
- Arbeit zitieren
- Stephanie Goergens (Autor:in), 2010, Lobbyismus in der Europäischen Union, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/177928