Mit der vorliegenden Arbeit sollen die grundlegenden Konzepte der dynamischen Hedging-Strategien zur Absicherung von VA-Garantien wiedergegeben werden, deren Wirkungsweise anschließend mit einem konkreten Fallbeispiel unter Beweis gestellt wird.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Zielsetzung derUntersuchung
1.2 Aufbau der Arb eit
2 Einführung indie Variablen Annuities
2.1 Geschichte von VA
2.2 Garantieformen
2.3 Variable Annuitäten in Deutschland
3 Risikomanagement bei VA
3.1 Risiken bei Variablen Annuities
3.1.1 Marktrisiken
3.1.2 Versicherungsrisiken
3.1.3 AndereRisiken
3.2 Absicherungsmethoden
3.2.1 Produktgestaltung
3.2.2 Rückversicherung
3.2.3 Self-Insurance
3.2.4 Andere Absicherungsmethoden
4 Hedging von VA
4.1 Begriff
4.1.1 Dynamisches Hedging
4.1.2 Statisches Hedging
4.2 Risikofaktoren
4.2.1 Underlying (Delta)
4.2.2 Volatilität (Vega)
4.2.3 Zins (Rho)
4.3 Hedging-Strategien für einzelnen Garantieformen
4.3.1 Delta-Hedging
4.3.2 Delta-Rho-Hedging
4.4 Hedge-Risiken
5 Empirische Analyse eines Delta-Hedgings
5.1 Kapitalmarktsimulation
5.2 Untersuchung der Hedging-Wirkung
5.2.1 Szenario 1: „im Geld“ - Garantie
5.2.2 Szenario 2: „Aus dem Geld“ - Garantie
6 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb.2.1 Verkaufszahlen für Variable Annuities in USA und Japan im Zeitrauml996-2007
Abb.2.2 VA-Produkt mit „im Geld“- GMAB zum ersten Ausübungszeitpunkt und „aus dem Geld“- GMAB zum zweiten Fällig- keitstermin
Abb.2.3 Das Marktpotential für Variable Annuities in Europa
Abb.3.1 Abhängigkeit zwischen Hedgekosten einer Garantie von der Stornoannahme
Abb.3.2 Die historische Entwicklung des Dow Jones in den letzten 5 Jahren
Abb.3.3 Jährliche Garantiekosten in Basispunkten des Fondsguthabens
Abb.4.1 Ziel einer Hedging-Strategie
Abb.4.2 Misslingen einer statischen Hedging-Strategie bei der Rollup- Garantie am Beispiel eines 6-monatigen DAX-Future- Kontraktes
Abb.4.3 Delta-Ermittlung
Abb.4.4 Veränderung vom Garantie-Vega in Abhängigkeit von der Kursänderung
Abb.4.5 Mögliche Wertentwicklungen der Index-Anteile
Abb.5.1 Historische Entwicklung des DAX-Indexes der letzten dreißig .. Jahre
Abb.5.2 Zwei ausgewählte Kapitalmarktszenarien zur Analyse der Hedging-Wirkung auf Periodenergebnisse
Abb.5.3 Szenario 1: Periodenergebnisse aus Garantiegewährung ohne Hedging
Abb.5.4 Szenario 1: Periodenergebnisse mit und ohne Hedging
Abb.5.5 Szenario 1: Wertverlauf der Garantie und des Hedgeportfolios
Abb.5.6 Szenario 2: Periodenergebnisse mit und ohne Hedging
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Kapitel 1
Einleitung
Laut jüngster Erkenntnisse des statistischen Bundesamtes führt die aktuelle Bevölkerungssituation mit zunehmender Lebenserwartung und niedrigerer Geburtenquote zu einer steigenden Überalterung der Gesellschaft. Deutsche Studien gehen sogar davon aus, dass ein heute neugeborenes Kind mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent seinen hundertsten Geburtstag erlebt. Wegen der zunehmenden Veränderung in der Alterspyramide und weil der Wunsch nach einem angemessenen Lebensstandard im hohen Alter besteht, spielt die Altersvorsorge in Form von Renten- und Lebensversicherungsprodukten in Deutschland eine zunehmende Rolle. Um die Vermögen jedoch langfristig aufzubauen, sind die Kapitalinvestitionen in fondsgebundene Versicherungsprodukte von entscheidender Bedeutung. In den letzten Jahren war diese Produktpalette aus Kundensicht mehr als übersichtlich: es gab konventionelle Versicherungsprodukte mit einem garantierten Zinssatz und einer daraus folgenden relativ konstanten Überschussbeteiligung. Alternativ dazu existierten Produkte ohne Garantiezusage mit starken Wertschwankungen aber damit auch höheren Gewinnchancen. Allerdings hatte die anhaltende Niedrigzinsperiode der letzten Jahre eine starke Reduktion der Gewinnüberschüsse der klassischen Lebensversicherungsprodukte zur Folge. Die garantierte Verzinsung fiel ebenfalls viel geringer aus als in den Jahren zuvor. Darüber hinaus waren die Aktienfonds von starken Kursschwankungen geprägt, was eine negative Wirkung auf die Risikobereitschaft der Versicherungsnehmer nach sich zog. Weil in jüngster Vergangenheit ein potentiell geringeres Wachstum von Lebensversicherungsprodukten festgestellt war, versuchten die Versicherungen mit der Einführung von Variablen Annuities, also neuartigen Produkten, die sich zwischen konventionellen und fondsgebundenen Produkten positionieren, die Vertriebszahlen wieder zu steigern.[1]
1.1 Zielsetzung der Untersuchung
Im Allgemeinen stellen Variable Annuities fondsgebundene Lebensversicherungen mit versprochenen Mindestgarantien dar, wobei sich die Versicherungsleistung auf die Fondsperformance bezieht. Dadurch, dass den Kunden dabei eine Absicherung gegen einen Wertverlust des gewählten Fonds eingeräumt wurde, gewannen die VA-Produkte gegenüber den klassischen Lebensversicherungen in den letzten Jahren sehr stark an Attraktivität. Allerdings kamen mit dem Vertrieb von Variablen Annuities nun neuartige Risiken auf die Versicherungsgesellschaften zu. Der Grund dafür ist, dass die Garantierisiken bei VA- Produkten im Vergleich zu den klassischen Lebensversicherungsprodukten nicht über eine Erhöhung der Bestandsgröße diversifiziert werden können. Somit war es für die Versicherungsgesellschaften erforderlich, innovative Absicherungsmechanismen zu finden, um das Verlustrisiko aus der Garantiegewährung zu minimieren. Welchen Risiken die Versicherer beim Handel mit Variablen Annuities ausgesetzt sind und durch welche Maßnahmen diese wirksam zu beseitigen sind, wird in der vorliegenden Arbeit erläutert.
Ein weiterer Bestandteil der Untersuchung widmet sich der Überlegung, wie eine langfristige und effektive Reduktion des Garantierisikos durch den Einsatz von passenden Hedging-Programmen im Unternehmen zu erreichen ist. Die Idee des Hedgings und seine Resultate werden oft in der Literatur beschrieben. Das Thema Hedging von Mindestgarantien in Lebensversicherungen wird jedoch meistens nicht weiter explizit behandelt. Daher ist das zentrale Anliegen der vorliegenden Arbeit, neben den Resultaten auch die konkrete und transparente Vorgehensweise verschiedener Hedging-Strategien zu veranschaulichen. Darüber hinaus wird als übergeordnete Aufgabe die Untersuchung durchgeführt, wie sich der vorgestellte theoretische Ansatz mit der Praxis verbinden lässt. Dazu wird das Hedging-Verfahren sukzessiv an einem Mustervertrag angewendet.
1.2 AufbauderArbeit
Mit der vorliegenden Arbeit sollen die grundlegenden Konzepte der dynamischen Hedging-Strategien zur Absicherung von VA-Garantien wiedergegeben werden, deren Wirkungsweise anschließend mit einem konkreten Fallbeispiel unter Beweis gestellt wird.
Zunächst werden im Kapitel 2 die im Rahmen von den Variablen Annuities in Deutschland angebotenen Garantien beschrieben. Zu Beginn des Kapitels wird näher auf die Geschichte der Entstehung der VA-Produkte eingegangen, und später soll der deutsche VA-Markt analysiert werden.
Im Kapitel 3 wird die Bedeutung des Risikomanagements für VA-Anbieter untersucht, indem sowohl die für das VA-Geschäft relevanten Risiken als auch einzelne wesentliche Methoden zu deren Absicherung vorgestellt werden.
Kapitel 4 betrachtet die Quantifizierung des Verlustrisikos aus den VA- Garantien mithilfe eines Hedging-Ansatzes. Im Abschnitt 4.1 werden zunächst die grundlegenden Hedging-Verfahren und deren Definitionen beschrieben. Wegen der Komplexität der aufgeführten VA-Garantien sind im Abschnitt 4.2 die für die Risikobewertung entscheidenden Risikokennzahlen wie Kurs-, Volatilitäts- und Zinsänderung in die Betrachtung einbezogen worden. Anschließend werden je nach Garantieform geeignete Hedging-Strategien aufgezeigt. Das Grundkonzept des Delta- bzw. Delta-Rho-Hedgings und die Vorgehensweise zu deren Analyse wird im Folgeabschnitt 4.3 vorgestellt. Hierunter fallen neben der Wahl der passenden Hedge-Instrumente auch deren Bewertung und die der gegebenen Garantien. Nach der Ermittlung von Delta- und Rho-Werten wird anschließend die optimale Konstruktion des Hedging- Portfolios bestimmt.
Im Zusammenhang mit dem Kapitel 4 wird im Kapitel 5 schließlich das DeltaHedging an einem Modellvertrag, basierend auf den Daten aus der Kapitalmarktsimulation, durchgeführt. Die daraus folgenden Erkenntnisse bilden die Grundlage für die Untersuchung der quantitativen Auswirkung des dynamischen Hedgings. Die in den letzten beiden Kapiteln beschriebene Methodik lässt sich als Grundgerüst analog auf weitere Risikofaktoren, wie Zins- und Volatilitätsänderungen übertragen.
Kapitel 2
Einführung in die Variablen Annuities
Mit Variablen Annuities wurde ein Produktkonzept geschaffen, das dem Kunden neben der flexiblen und individuellen Kapitalanlage auch hohe Renditechancen bei gleichzeitiger Gewährung von Anlagegarantien verspricht. Mit anderen Worten: VA-Produkte sind nichts anderes als eine weiterentwickelte Form der fondsgebundenen Rentenversicherungen mit neuartigen Formen der Sicherheitsleistungen, die bisher dergestalt am Versicherungsmarkt noch nicht angeboten wurden.
Der Inhalt dieses Kapitels soll lediglich als Einführung dienen. Es wird zunächst erläutert, auf welchen Versicherungsweltmärkten die Variablen Annuities bereits ihren ersten großen Erfolg hatten. Danach wird auf die Abgrenzung zwischen wesentlichen Formen der Garantieleistungen eingegangen und schließlich wird analysiert, warum die Variablen Annuities aus dem europäischen Ausland heraus und nicht aus Deutschland angeboten werden.
2.1 Geschichte der VA
Die ersten Variablen Annuities wurden Mitte der 1950er Jahre in den USA von TIAA-CREF, einem der größten Pensionsfonds der Welt entwickelt. Damals handelte es sich jedoch um fondsgebundene Lebensversicherungen ohne Garantien, und erst im Jahr 1980 wurde das erste Produkt mit Todesfallgarantie auf dem amerikanischen Versicherungsmarkt eingeführt. Ende des 20. Jahrhunderts, als neben den Todesfall- auch Erlebnisfallgarantien[2] angeboten wurden, begann der Triumph der Variablen Annuities in den USA. Aufgrund der steigenden Aktienkurse in den 1990er Jahren wuchs der amerikanische VA-Markt sehr stark an, und bereits kurz vor der Jahrtausendwende wurden mehr als eine Billion US-Dollar in das Produkt investiert. Aufgrund der im
März 2000 geplatzten Dotcom-Blase[3] sind die Absätze für Variable Annuities zwar zurückgegangen, jedoch wie die Abbildung 2.1 zeigt, war der Schock nur vorübergehender Natur, denn schon innerhalb von wenigen Jahren zeigte das Produkt eine kontinuierliche Steigerung der Verkaufszahlen. Heutzutage gelten Variable Annuities als meistverkaufte Rentenversicherungen in den USA mit einem Verkaufsvolumen von 1,5 Billionen US-Dollar[4].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.2.1 Verkaufszahlen für Variable Annuities in USA und Japan im Zeitrauml996-2007[5]
Als zweitgrößter Absatzmarkt für Variable Annuities gilt Japan. Obwohl die Produkte mit Erlebnisfallgarantien dort erst seit Beginn dieses Jahrtausends existieren, nehmen sie einen wesentlichen Marktanteil im Neugeschäft ein. Die Voraussetzung zum Durchbruch von Variablen Annuities schafften im Oktober 2002 die Deregulierungsmaßnahmen im Finanzbereich, wodurch der Vertrieb von fondsgebundenen Garantieprodukten erst möglich gemacht wurde. Aufgrund von mehreren Faktoren wie einer andauernden Niedrigzinsperiode und einer Überalterung der Gesellschaft sowie deren stark ausgeprägter Risikoaversion[6], ist das Fondsvolumen mit Variablen Annuities in Japan in den vergangenen Jahren rasant gewachsen. Derzeit werden jährlich mehr als 49 Milliarden Neugeschäfte abgeschlossen,[7] und somit liegt der Marktanteil der VA-Produkte inzwischen höher als bei klassischen fondsgebundenen Rentenversicherungen. Die Entwicklung der Verkaufszahlen der Variable Annuities in Japan ist in der Abbildung 2.1 wiedergegeben.
2.2 Garantieformen
Im Unterschied zu den klassischen fondsgebundenen Rentenversicherungen bieten die Variablen Annuities den Vorteil weit reichender Garantien, die unabhängig von der Entwicklung des Finanzmarktes dem Versicherungsnehmer eine Rückzahlung versprechen. Die Garantien stellen Zusatzoptionen des Produktes dar und können unabhängig von den ausgesuchten Investmentfonds gewählt werden.
In der Regel gibt es vier wesentlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Garantien:[8]
GMDB - „Guaranteed Minimum Death Benefit“ stellt eine Form der Todesfallgarantie dar. Falls die versicherte Person während der Vertragslaufzeit stirbt, wird eine zu Beginn der Ansparphase festgelegte Summe, die sog. Todesfallleistung, an die Erben ausbezahlt. Ist zu diesem Zeitpunkt der Wert des Fonds geringer als die Garantiesumme, wird die Differenz zwischen dem verbleibenden Fondguthaben und der Garantiesumme von der Versicherung ausgeglichen. Bei einer guten Entwicklung des Investmentfonds wird das gesamte Fondvermögen an die Hinterbliebenen ausgezahlt.
GMAB - „Guaranteed Minimum Accumulation Benefit“ stellt die erste und einfachste Form der Erlebnisfallgarantien dar. Dem Versicherten wird ein Mindestportfoliowert garantiert, der in der Regel gerade dem bezahlten Bruttobeitrag bzw. der Beitragssumme entspricht. Darüber hinaus wird dem Versicherungsnehmer die Option ein- oder mehrmaliger Garantieemeuerung angeboten. Falls die Garantie zum Zeitpunkt der Erneuerung „aus dem Geld“ ist, wird die garantierte Leistung auf das Niveau des Fondsguthabens angehoben. Andernfalls, wenn die Garantie zum Ausübungszeitpunkt „im Geld“ ist, wird sie, wie die Abbildung 2.3 zeigt, basierend auf dem aktuellen Wert des Fondsvermögens fortgesetzt.
GMIB - „Guaranteed Minimum Income Benefit“ ist für die Anleger entworfen, die am Ende der Ansparphase eine Option zur Verrentung ihres gesamten Fondsvermögen haben wollen. Am Ende der Ansparphase kann der Versicherungsnehmer also entscheiden, ob er eine lebenslange Rente in garantierter Mindesthöhe in Anspruch nimmt oder sich das Geld als Einmalbetrag auszahlen lässt. Bei der zuletzt genannten Variante hängt die Auszahlungshöhe allein vom Fondsvolumen und nicht von vereinbarter Garantieleistung ab. Die Höhe der garantierten Mindestrente ist dem Policenhalter dagegen bereits beim Vertragsabschluss bekannt.[9]
GMWB - „Guaranteed Minimum Withdrawal Benefit“ bietet dem Versicherten während der Leistungszahlungsphase Rückkäufe aus seinem Fondsguthaben, die er auch dann tätigen darf, wenn sein ganzes Vermögen (aufgrund der fallenden Kursentwicklung oder durch frühere Entnahmen) bereits aufgebraucht ist. Dabei wird beim Vertragsabschluss ein bestimmter Betrag festgelegt, der jährlich frei von Abzügen entnommen werden darf. Die Höhe der Rückkäufe liegt in der Regel zwischen 5 und [10] Prozent des Anlagebetrags. Fällt das Fondsguthaben durch die getätigten Entnahmen nicht auf Null, so kann der Kunde am Ende der Ansparphase über das verbleibende Kapital in üblicher Weise verfügen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.2. VA-Produkt mit „im Geld“ - GMAB zum ersten Ausübungszeitpunkt10 und „aus dem Geld“ - GMAB zum zweiten Fälligkeitstermin[11]
In der Originalform beziehen sich alle Garantien auf den Einmalbetrag bzw. auf die Summe der eingezahlten Versicherungsprämien. Allerdings werden heutzutage von Versicherern zu der Standardleistung oft verschiedene Varianten zur Berechnung von Garantien, die sogenannten Rider-Option, angeboten. Die wesentlichen Rider sind „Rollups“ und „Ratchets“.[12] Als Rollup wird eine Option definiert, bei welcher der Garantiebetrag den geleisteten Prämien bzw. dem Einmalbetrag, zuzüglich die zum Vertragsbeginn vereinbarten jährlichen Verzinsung entspricht. Die andere Möglichkeit der Garantieergänzung nennt man Ratchet. Sie besteht darin, dass der Garantiebetrag dem Höchststand des Fonds zugrunde gelegt werden kann. Dafür wird das Fondsguthaben an bestimmten Stichtagen gemessen, und das Garantieniveau wird dauerhaft angehoben, falls es zu diesem Zeitpunkt einen höheren Betrag als die aktuell garantierte Leistung ausweist. Die beiden Zusatzoptionen können aber auch kombiniert werden. Beispielsweise werden von europäischen Versicherern Todesfallgarantien angeboten, bei denen die Garantiezahlungen dem Maximum aus beiden Einzelleistungen - der Rollups und der Ratchets - bestehen. In diesem Fall werden aber oft die Grenzen für das Höchstendalter und für den maximalen Auszahlungsbetrag festgelegt.[13]
2.3 Variable Annuitäten in Deutschland
Nach den beachtlichen Erfolgen in Japan und in den USA ist es nicht verwunderlich, dass die Variablen Annuities inzwischen auch in Europa ein weit verbreitetes Produkt darstellen. Wie in Japan findet man auch hier eine alternde Bevölkerung mit dem Bedarf an privater Absicherung und dem Bedürfnis an Sicherheiten sowie zunehmende regulatorische Vorschriften für traditionelle Produkte vor.
Das erste europäische VA-Produkt wurde im April 2006 in Deutschland von der AXA-Group eingeführt. Obwohl Variable Annuities in Kontinentaleuropa erst seit knapp 5 Jahren angeboten werden, gehen die Experten des Managementberatungsunternehmens „Solution Providers“ davon aus, dass der VA- Anteil am Neugeschäft der fondsgebundenen Versicherungsprodukte bis 2012 auf 60% steigen wird. Somit wird fur den europäischen VA-Markt bis Ende 2012 ein Marktvolumen von ca. 42 Milliarden Euro erwartet:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.2.3 Das Marktpotential für Variable Annuities in Europa
Gerade seitens der Kunden aus deutschsprachigen Ländern, die traditionell ein hohes Sicherheitsbedürfnis haben, ist die Nachfrage nach VA-Produkten in den letzten Jahren stark gestiegen. Allerdings verhindern strenge gesetzliche Auflagen, dass Versicherungsgesellschaften mit Sitz in Deutschland Variable Annuities profitabel am Markt platzieren können. Hauptgründe dafür sind die Bilanzierungsvorschriften. Laut den aktuellen Regelungen aus dem HGB und VAG sind die Versicherer verpflichtet, für die garantierten Leistungen eine Mindestrückstellung zu bilden. Ferner dürfen die Rückstellungen gemäß der DeckRV nur mit einem fest vorgegebenen und vom Marktzinssatz unabhängigen Zinssatz diskontiert werden, was zu hohen Rückstellungspositionen und zu hohen Aufwendungen führt. Gleichzeitig bleibt unberücksichtigt, dass die Garantien am Kapitalmarkt mit Optionspapieren ausreichend abgesichert sind. Aus diesem Grund werden Variable Annuities in Deutschland momentan nur aus anderen europäischen Ländern, vornehmlich Irland und Luxemburg, heraus angeboten.
Kapitel 3
Risikomanagement bei VA
Hinsichtlich der Tatsache, dass die aktuelle Lage auf dem deutschen Versicherungsmarkt neben den permanent ansteigenden Betriebsrisiken auch durch die hohen Anforderungen an die Unternehmensprofitabilität gekennzeichnet ist, hat auch die Bedeutung des effektiven Risikomanagements in letzter Zeit stark zugenommen. Besonders bei den innovativen Versicherungsprodukten wie den Variablen Annuities, wo die neuartigen Formen von Garantieleistungen zu der kundenindividuellen Kapitalanlage angeboten werden, ist eine wirksame Risikoabsicherung unabdingbar. Schließlich müssen die Versicherungsprämien von Versicheren so investiert werden, dass die zum Fälligkeitstermin angefallenen Garantieleistungen sichergestellt werden können und zwar bei jeder denkbaren Fondsentwicklung.
Im folgenden Kapitel werden die möglichen Risiken bezüglich des Vertriebes von VA-Produkten vorgestellt und anschließend die potentiellen Wege zu Ihrer Regulierung erläutert.
3.1 Risiken bei Variablen Annuities
Die Gewährung von Garantien bei VA-Produkten ist für das anbietende Versicherungsuntemehmen immer mit hohen Risiken verbunden. Eine ungünstige Fondsentwicklung kann für den Versicherer eine große finanzielle Belastung nach sich ziehen. Deshalb ist es wichtig die eingegangenen Risiken früh genug zu erkennen und diejenigen, die zur Absicherung geeignet sind, auszuarbeiten.
Der folgende Abschnitt beschäftigt sich ausschließlich mit den Verlustrisiken, die aus den von VA-Anbietern angebotenen Garantieleistungen resultieren. Zuerst wird näher auf die sogenannten Financial Risks oder Marktrisiken eingegangen, die in der Regel am Kapitalmarkt abgesichert werden können. Für die weiteren Unternehmensrisiken, die in diesem Abschnitt untersucht werden, gibt es dagegen nur wenige Instrumente, welche zur Risikoreduzierung eingesetzt werden können.
3.1.1 Marktrisiken
Unter Marktrisiken von VA-Garantien werden diejenigen Risiken verstanden, die aus möglichen Wert- bzw. Preisschwankungen der Kapitalanlagen resultieren. Diese werden in der Regel weiter nach den für ein Versicherungsunternehmen relevanten Faktoren, wie z.B. Zinsen, Volatilität der Fondsanlagen, Aktienkurse und Währungen aufgegliedert.[14] Einige wesentliche Risiken werden nachfolgend näher erläutert.
Das Zinsänderungsrisiko bezeichnet die Gefahr, dass eine geplante und angestrebte Erfolgsgröße infolge von Marktzinsänderungen nicht erreicht wird.[15] Falls die Zinsen an den Kapitalmärkten steigen, können die Versiche- rungsuntemehmen mit ihren Kapitalanlagen höhere Renditen erzielen. Sinken die Zinsenjedoch, kann der erwartete Gewinn nicht realisiert werden, was zur Absenkung des Garantiezinses führt.[16]
Das Aktienkursrisiko stellt eine Verlustgefahr aufgrund der Unsicherheit der zukünftigen Entwicklungen von Aktienkursen dar.[17] Die Garantiegebühren für VA-Produkte werden i.d.R. im gewissen Prozentsatz des Fondsguthabens gemessen. Bei steigenden Aktienkursen fallen die Garantiegebühren sehr hoch an, wobei die Wahrscheinlichkeit, dass die Garantie am Ende der Ansparphase greift, sehr niedrig ist. Problematisch wird es jedoch bei einer negativen Kursentwicklung. In diesem Fall werden die Produktgarantien sehr werthaltig, die Garantiegebühren nehmen hingegen stark ab.
Unter dem Währungsrisiko wird die negative Abweichung von der geplanten Zielgröße in Folge von unvorhergesehenen Änderungen der Wechselkurse verstanden.[18] Das Währungsrisiko besteht bei VA-Garantien dann, wenn die Währung des Anlagefonds sich von der Währung der zu leistenden Garantiegebühren unterscheidet.[19]
3.1.2 Versicherungsrisiken
Neben den Marktrisiken spielen auch die Versicherungsrisiken bei der Garantiezusage eine enorm große Rolle. Oft hängt die Werthaitigkeit der Garantien von den biometrischen Faktoren ab, wie z.B. die Sterblichkeitsan- nahmew.[20] Je höher die Erwartungen in Bezug auf die Sterblichkeit der Versicherten ausfallen, desto leichter fällt die Garantiezusage, bzw. desto preiswerter können die Garantien angeboten werden. Dies gilt jedoch nur für die Erlebnisfallgarantien, wie GMAB, GMWB und GMIB. Falls die Versicherer aber die Sterbequote zu hoch einschätzen, bringt dies erhebliche Kosten mit sich, denn die Garantieauszahlungen fallen in diesen Fall höher als angenommen aus.
Ein weiteres Versicherungsrisiko stellt korrespondierend die Langlebigkeit der Policenhalter dar. Je länger die Versicherten leben, desto länger müssen die garantierten Rentenleistungen gezahlt werden, was wiederum zu steigenden Ausgaben auf Seiten der Versicherungsgeber führt.
Außerdem müssen Abschätzungen bezüglich des Kundenverhaltens getroffen werden. Bei den GMIB's hat beispielsweise der Versicherte die Möglichkeit, sich am Ende der Ansparphase sein Vermögen auszahlen oder zu den aktuellen Konditionen verrenten zu lassen. Erwartungen darüber anzustellen, ist allerdings ein relativ schwieriges Thema, denn gerade auf dem europäischen Markt liegen momentan darüber sehr wenige Erfahrungsinformationen vor. Nicht zuletzt müssen auch bei den GMWB's Annahmen über die Verhaltensweise der Kunden getroffen werden, denn der Garantiewert und somit auch die Ausgaben des Versicherers hängen sehr stark von dem Rückkaufverhalten der Policenhalters ab.
[...]
[1] In dieser Arbeit werden überwiegend die Versicherungsuntemehmen als VA-Anbieter betrachtet.
[2] Die einzelnen Garantieformen werden im nächsten Abschnitt ausführlicher dargestellt.
[3] Der Begriff ist ein durch die Medien geprägter Kunstbegriff für eine im März 2000 geplatzte Spekulationsblase, die insbesondere die so genannten Dotcom-Unternehmen der New Economy betraf. Quelle: http://www.finanzenlOO.de/dossier/Dotcom-Blase. 23.02.2011.
[4] Vgl.o.V.(2010).
[5] Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an o.V. (2009).
[6] Vgl. Ledlie et al. (2008), S. 13-14.
[7] Quelle: o.V. (2010).
[8] Die folgenden Ausführungen basieren, sofern nichts anderes erwähnt wird, auf Ruß/Klinge (2009a), S. 57 ff.
[9] Somit kann die Rente während der Bezugsphase weder steigen noch sinken, was in der Regel inflationsbereinigt zu einer fallenden Rentenhöhe führt. Einige Versicherungsuntemehmen bieten aus diesem Grund auch Policen, bei denen die versprochene Mindestrente während der Ansparphase jährlich um einen bestimmten Prozentsatz ansteigen kann (die sogenannte Rollup-Funktion). Allerdings ist bei diesen Garantien das Rentenniveau zum Vertragsbeginn entsprechend niedriger.
[10] Hier: Garantieemeuerung in einem 10 Jahres-Rhythmus.
[11] Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Holler/Klinge (2006), S.793.
[12] Die anderen Ergänzungsmöglichkeiten werden in der vorliegenden Arbeit nicht berücksichtigt, weil sie nur auf dem amerikanischen Markt zum Einsatz kommen und somit für die deutschen VA-Anbieter bei der Hedging-Strategiefindung irrelevant sind.
[13] Vgl. Holler/Klinge (2006), S 793.
[14] Vgl. Gritzmann (1998), S. 155; Wenninger (2004), S. 25.
[15] Vgl. Wilkens (1994), S. 291.
[16] Garantiezins bzw. die Rollup-Option wird beim Vertragsabschluss angeboten.Es ist ein vom Versicherer über die gesamte Vertragslaufzeit garantierter Festzins, der auf die eingezahlten Prämien abzüglich der Kosten angerechnet wird. In der Regels wird der Zinssatz in regelmäßigen Abständen an die Zinsentwicklung auf den Kapitalmärkten angepasst. Die mögliche Senkung des jeweiligen Garantiezinses gilt allerdings nur für die neu abgeschlossenen Verträge.
[17] Vgl. Wolke (2008), S. 145.
[18] Vgl. Wolke (2008), S. 133.
[19] Dies ist z.B. dann der Fall, wenn die Versicherungsprämien in amerikanische Anlagefonds investiert werden, die Garantiegebühren aber in Euro zu zahlen sind.
[20] Vgl. Kalberer/Ravindran (2009), S.59.
- Arbeit zitieren
- Diana Domanski (Autor:in), 2011, Variable Annuities in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/178184