Seit der Einführung des § 161 AktG durch das Transparenz- und Publizitätsgesetzes im Jahr 2002 verlangt der Gesetzgeber von Vorstand und Aufsichtsrat börsennotierter Aktiengesellschaften (AG) die jährliche Abgabe einer Erklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK), eine sogenannte Entsprechenserklärung (EE). Darin soll die betreffende Aktiengesellschaft erklären, dass den Verhaltensempfehlungen der Kodex-Kommission zur Unternehmensleitung und Unternehmensüberwachung entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewandt wurden oder werden.1 Zudem muss seit dem Inkrafttreten des BilMoG im Jahr 2009 nunmehr auch erklärt werden, warum den einzelnen Empfehlungen des DCGK nicht entsprochen wurde und wird.2 Die Erklärung ist den Aktionären in einer dauerhaften Form zugänglich zu machen3. Die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen bei Abgabe einer falschen Erklärung oder einer sonstigen Missachtung der in § 161 AktG niedergelegten Pflichten, ist seitdem im Schrifttum Gegenstand einer relativ regen Diskussion.4 In jüngerer Vergangenheit hatten sich die Gerichte in verschiedenen Konstellationen mit der Frage befasst, ob fehlerhafte oder unterlassene Entsprechenserklärungen zur Anfechtbarkeit von Entlastungs-Beschlüssen der Hauptversammlung führen können.5 Die Anfechtung von Beschlüssen der Hauptversammlung ist ein Standardgebiet in der Geschichte des Aktienrechts, über das die Gerichte bereits in vielen Urteilen entschieden haben. Allerdings hatten die Gerichte nur in relativ wenigen Fällen Fragen zum Umgang mit dem Kodex und der Entsprechenserklärung zu entscheiden, die im Zusammenhang mit der Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen stehen. Daher spielte bislang der DCGK, im Rahmen der Überprüfung von angefochtenen Hauptversammlungsbeschlüssen, nur eine relativ unbedeutende Nebenrolle.
Inhaltsverzeichnis
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Einleitung
- I. Die Hauptversammlung
- 1. Zuständigkeit
- 2. Teilnehmerkreis
- a. Einberufung der Hauptversammlung
- b. Ablauf der Hauptversammlung
- c. Beschluss und Stimmrecht
- d. Das Auskunftsrecht des Aktionärs in der Hauptversammlung
- 3. Der Deutsche Corporate Governance Kodex und die Entsprechenserklärung gem. 161 AktG
- a. Rechtlicher Charakter des DCGK
- b. Die Entsprechenserklärung im Sinne des 161 AktG
- c. Bindungswirkung der Entsprechenserklärung
- d. Aktualisierungspflicht der Entsprechenserklärung
- e. Ausschluss der Aktualisierung aufgrund 30g WpHG
- II. Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen
- 1. Verletzung des Gesetzes oder der Satzung
- 2. Anfechtbarkeit von Entlastungsbeschlüssen auf Grund 161 AktG
- a. Unterlassene Entsprechenserklärung iSv 161 AktG
- aa. Inhaltlicher Fehler des Entlastungsbeschlusses
- bb. Formfehler des Entlastungsbeschlusses
- b. Fehlerhafte Entsprechenserklärung iSv 161 AktG
- c. Fehlende unterjährige Aktualisierung
- d. Fehlende Begründung iSd. BilMoG
- e. Fehlender dauerhafter Zugang iSd 161 11 AktG
- f. Kodexänderung
- 3. Anfechtbarkeit von Aufsichtsratswahlen
- a. Bekanntmachungsfehler
- b. Inhaltsfehler
- c. Informationsmangel
- 4. Anfechtung der Wahl des Abschlussprüfers
- IV. Missbrauch
- V. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Studienarbeit befasst sich mit der Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen wegen unterlassener oder fehlerhafter Entsprechenserklärung im Sinne von 161 AktG. Sie untersucht die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Entwicklung des Aktienrechts seit der Einführung des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) im Jahr 2002. Die Arbeit analysiert die rechtliche Relevanz des DCGK und die Folgen von Verstößen gegen die Erklärungspflicht nach 161 AktG, insbesondere im Hinblick auf die Anfechtbarkeit von Entlastungsbeschlüssen, Aufsichtsratswahlen und der Wahl des Abschlussprüfers.
- Der rechtliche Charakter des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK)
- Die Entsprechenserklärung im Sinne des 161 AktG und ihre Bindungswirkung
- Die Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen wegen Verstößen gegen die Erklärungspflicht nach 161 AktG
- Die Auswirkungen des DCGK auf die Praxis der Corporate Governance
- Die Bedeutung des Anfechtungsrechts als Instrument des Aktionärsschutzes
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Hauptversammlung als Beschlussorgan der Aktiengesellschaft. Sie erläutert die Zuständigkeit, den Teilnehmerkreis, die Einberufung, den Ablauf und das Auskunftsrecht der Hauptversammlung. Anschließend wird der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) und die Entsprechenserklärung gem. 161 AktG näher beleuchtet. Dabei werden die rechtlichen Grundlagen des DCGK, die Inhalte und die Bindungswirkung der Entsprechenserklärung sowie die Aktualisierungspflicht und die Frage des Anfechtungsausschlusses nach 30g WpHG behandelt.
Im nächsten Kapitel wird die Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen im Allgemeinen und insbesondere im Zusammenhang mit der Entsprechenserklärung nach 161 AktG untersucht. Die Arbeit analysiert die verschiedenen Anfechtungsgründe und die Voraussetzungen für die Anfechtung von Entlastungsbeschlüssen, Aufsichtsratswahlen und der Wahl des Abschlussprüfers. Dabei werden die Folgen von unterlassenen, fehlerhaften oder nicht aktualisierten Entsprechenserklärungen sowie die Bedeutung der Begründungspflicht nach dem BilMoG und der dauerhaften Zugänglichkeit der Erklärung betrachtet.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit dem Missbrauch des Anfechtungsrechts durch Berufskläger und den Reformen des Anfechtungsrechts durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UNLAG) und das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG). Die Arbeit diskutiert die Auswirkungen des DCGK auf das Anfechtungsrisiko und die Notwendigkeit eines verantwortungsvollen Umgangs mit dem Anfechtungsrecht.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Corporate Governance, Aktienrecht, Hauptversammlung, Entsprechenserklärung, 161 AktG, Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK), Anfechtbarkeit, Entlastungsbeschlüsse, Aufsichtsratswahlen, Abschlussprüfer, Aktionärsschutz, Missbrauch, BilMoG, Transparenz, Publizität, Kapitalmarkt, Rechtsentwicklung.
- Arbeit zitieren
- Konstantinos Aifantidis (Autor:in), 2011, Anfechtbarkeit des Beschlusses der Hauptversammlung wegen unterlassener oder fehlerhafter Entsprechungserklärung im Sinne von § 161 AktG, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/178260