"Who is the real Barack Obama?"

Die Grenzen der Kommunikation bei Derrida, Butler und Laclau


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2009

30 Seiten, Note: 1,1


Leseprobe


[Abstract]

Jacques Derrida hat die Hermeneutik der sozialen Kommunikation herausgefordert. Er beschrieb die Wiederholbarkeit des Zeichens als ein Prinzip, das widersprüchliche Wortbedeutungen miteinander vermittelt. In diesem Essay wird nach dem Verhältnis gefragt, dass Derrida zwischen sozialer Ordnung und ihrem Außen entwirft. Es wird sich eine radikale Tendenz in Derridas Werk zeigen: seine Theorie räumt den ‚Parasiten’ der Normalsprache unbedingten Zutritt zu den gesellschaftlichen Ritualen ein. Zu dieser Schlussfolgerung gelangt er, weil er die Wirkungsmächtigkeit diskursiver Grenzen vernachlässigt und sie dem ethischen Projekt der Dekonstruktion unterordnet. Ein soziologisch reichhaltigerer Begriff der Kommunikation lässt sich entwickeln, wenn man die Diskurstheorien Judith Butlers und Ernesto Laclaus hinzuzieht. Sie beschreiben die Öffnung der Bedeutung als einen voraussetzungsreichen Prozess. Ein solcher muss gegen die blinde und machtvolle Gleichförmigkeit sozialer Praxis behauptet werden, wozu es der strategischen Intervention handelnder Subjekte bedarf. Die Wirkungen des sprachlichen Mediums gehen aber nicht in einer Politisierung der Grenze auf. Am Beispiel einer missglückten Wahlkampfrede John McCains wird die eigensinnige, vorpolitische Funktionsweise der Sprache hervortreten, die Derridas Theorie des Zeichens zu denken gibt.

Barack Obamas Slogan „Yes, we can“ trug dazu bei, dass er John McCain bei den amerikanischen Präsidentschaftswahlen im Januar 2009 bezwingen konnte. Die performative Kraft dieser unbestimmten Handlungsaufforderung dynamisierte seine Wahlkampagne. Es gäbe demnach Anlass genug, um den letzten US-Wahlkampf als schillernden Beweis für das Gelingen performativer Sprechakte zu betrachten. Allerdings sorgte auch John McCain für Schlagzeilen: er scheitere nicht nur an den Wahlurnen, sondern auch an seiner eigenen Sprachpolitik. Bei einer öffentlichen Rede warf er die Frage auf: „Who is the real Barack Obama?“ Und aus dem Publikum schallte es zurück: „terrorist“. McCain war darüber sichtlich verwundert. Schließlich kreiste seine Rede bis dato um den vermeintlichen wirtschaftspolitischen Schlingerkurs Obamas. Das Publikum formierte sich darauf hin jedoch nicht zu einem zivilgesellschaftlichen Eingreiftrupp, der den Terroristen Obama festzusetzen versuchte, sondern brach in allgemeines Lachen aus. Die Sprechsituation war unentscheidbar geworden. Der offizielle Wahlkampf vermischte sich mit dem wachgerufenen Szenario einer äußeren Bedrohung. Was draußen bleiben sollte, die Aggression gegenüber den ausgemachten Staatsfeinden, befand sich plötzlich im Inneren des politischen Systems.

Im Mittelpunkt dieses Essays steht die Frage, wie sich das Misslingen von McCains Sprechakts aus der Wiederholungsstruktur der Sprache verstehen lässt? Jacques Derrida hat diese in seiner Analyse der Iterabilität des Zeichens untersucht. Aus der Eigenschaft der Sprache, dass Zeichen in Abwesenheit ihres Senders zitiert werden können, folgerte er, dass kommunikative Akte von einem dissonanten Überschuss an Bedeutung umlagert werden. Diese Störungen symbolisieren die sogenannten Parasiten der Normalsprache. Sie unterwandern die Grenzen zwischen ernsten und unernsten; offiziellen und inoffiziellen Sprechsituationen (Derrida 2001). Auf diese Weise erklärte Derrida Sinnkrisen zum grundlegenden Merkmal von Kommunikation.

Aber bezeugt nicht die Skandalträchtigkeit des McCainschen Fauxpas, dass es sich hier um eine Ausnahme in den Ritualen der politischen Kommunikation handelt. Werden die Äußerungen von PolitikerInnen nicht normalerweise in einem eindeutigen Kontext verstanden? Judith Butler hat die verbreitete Kritik an Derrida auf den Punkt gebracht: „Derrida setzt die strukturelle Ebene der Sprache in Gegensatz zu ihrer semantischen und beschreibt ein autonomes strukturelles Verfahren, das anscheinend jeden gesellschaftlichen Rückstand abgeschüttelt hat.“ (Butler 2006: 232) Um die mediale Wirkungsweise der Sprache abwägen zu können, werden in diesem Essay diskurstheoretische Ansätze hinzugezogen, von denen die Entgrenzung und Begrenzung sprachlichen Sinns entzerrt wird, um diese verschiedenen Prozesse durch kontingente Strategien der Wiederholung aktualisieren zu lassen. Die Hegemonietheorie Ernesto Laclaus sowie Butlers Analyse performativer Wiederholungszwänge weisen auf Stabilisierungsprozesse hin, welche die strukturelle Offenheit von Kommunikationsmedien überlagern. Die Gelingensbedingungen von Sprechakten werden dabei nach den Zwecken sozialer Ordnung gestaltet.

In der ersten theoretischen Bewegung werden demnach die gesellschaftlichen Mechanismen der Sinnproduktion herausgestellt. Dabei gerät auch in den Blick, wie Subjekte, durch blinde Verhaftung oder kritische Emanzipation an der Normierung der Sprache mitwirken. Sobald diese Argumentation entwickelt ist, wird eine zweite theoretische Bewegung einsetzen. In ihrem Verlauf wird erneut der Eigensinn des sprachlichen Mediums hervorgehoben werden, der diesen politisch-strategischen Komplex unter gewissen Umständen irritieren und einer gewissen Unverfügbarkeit der Welt aussetzen kann.1

Spätestens seit Luhmanns Theorie sozialer Systeme gehört der Kommunikationsbegriff zu den Grundlagen der Soziologie. Wenn aber das Verhältnis zwischen der Offenheit und Geschlossenheit sozialer Praxis weiterhin zu den aktuellen Forschungsfragen zählt (Reckwitz 2003: 94ff.), so muss auch die Transformierbarkeit des Sprechens und die Deutungsoffenheit kommunikativer Akte erst noch geklärt werden. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass die Kontinuität oder Diskontinuität der Bedeutung wiederholt und an verschiedenen gesellschaftlichen Orten problematisch wird. Zum Beispiel wenn die traditionellen Geschlechterarrangements durch die Arbeitslosigkeit von Männern an ihrer reibungslosen Reproduktion gehindert werden und die Zuschreibungen von männlich und weiblich uneindeutig wird. Oder wenn politische Strategien sich gegen sich selbst richten und, wie am Beispiel McCains noch ausführlicher gezeigt werden soll, Worten einen Sinn geben, von dem sie später nicht mehr los kommen. In dieser Untersuchung werden die verschiedenen Sichtweisen dargelegt, die sich für die Theorie sozialer Kommunikation ergeben, sobald die allgemeinen Bedingungen der Signifikation berücksichtigt werden. Sprache verliert dabei den Charakter eines willfährigen Instruments. Sie erscheint als ein Medium, das Informationen überträgt und dadurch den Prozess der Übertragung selbst problematisiert, d.h. heißt die Unterscheidung zwischen Identität und Differenz; hier und dort; Selbst und Anderem erschwert.

Die strukturelle Eröffnung der Kommunikation: Derridas Iterabilität des Zeichens Ein zentraler Schauplatz dieser theoretischen Auseinandersetzung ist Derridas prominenter Essay Signatur Ereignis Kontext . Dem Begründer der Sprechakttheorie John L. Austin wirft er darin vor, mit dem Ausschluss der Parasiten, die den unernsten Gebrauch einer ernsten Normalsprache repräsentieren (Derrida 2001: 32), seine Analyse von Sprechakten in die metaphysischen Sprachphilosophie eingereiht zu haben (Derrida 2001: 32). Im Zentrum der religiösen Vorstellungswelt stehen nach Derrida die lebendige Gegenwart absoluter Subjektivität, namentlich Gott und die zu ihm redenden Subjekte (Derrida 1983: 19, 35), sowie das hermeneutische Modell der Übertragung. Jeder kommunikative Akt scheint demnach eine wechselseitige Transparenz der Kommunikationsteilnehmer zu erzeugen. Mit der Dekonstruktion trübt sich hingegen die Sicht auf den Anderen. Aufgrund der Unabschließbarkeit des Kontextes scheint jede Mitteilung von einem Gewirr sich widersprechender Interpretationen umlagert zu sein zumindest für denjenigen, der sich akribisch um ein wahrhaftiges Verstehen bemüht. Jede vermeintlich authentische Auffassung wird immer hilflos gegenüber der kritischen Nachfrage bleiben: „Und wenn es eine Lüge war?“. Der subjektiv gemeinte Sinn (Weber 2005: 4) wird auf diese Weise unerreichbar.

An dieser These entzündete sich vor mehr als drei Jahrzehnten eine hitzige Debatte. Einer ihrer Protagonisten war John R. Searle, ein Schüler Austins und wichtiger Vertreter der Sprechakttheorie. Er polemisierte gegen Derrida, dass jede Strategie des radikalen Bruchs nicht von den Intentionen des Sprechers absehen könne: „Derrida has a distressing penchant for saying things that are obviously false“ (Searle 1977: 203). Auch Habermas ging hart mit Derrida ins Gericht, dessen theoretische Annahmen er in die Nähe der jüdischen Mystik rückte. Indem er die Oppositionen des Sprachgebrauchs einebnet, folge Derrida einem religiösen Interpretationismus, der in ein unabschließbares Offenbarungsgeschehen einmündet (Habermas 1988: 211ff.).

Diese Aufregung blockierte lange Zeit eine produktive Auseinandersetzung mit Derridas Kommunikationstheorie. Im Mittelpunkt seiner Argumentation stehen die Wechselwirkungen zwischen dem realen und dem semiotischen Kontext sprachlicher Ausdrücke. Unter realem Kontext versteht Derrida eine aktuelle Sprechsituation, in der ein Subjekt seine Ausdrücke bewusst mit Bedeutung versieht und ihre soziale Effektivität aufmerksam überwacht (Derrida 2001: S.32ff.) In dieser kritischen Definition, die Derrida für eine Prämisse der Austinschen Sprechakttheorie hält, tritt ein intentionaler Sprecher als Agent und Ordnungshüter der konventionellen Ordnung sprachlicher Performanzen auf. Derrida enttäuscht diese Kontrollphantasie, indem er darlegt, wie der reale Kontext von einem semiotischen Kontext überrascht wird. Mit dem Begriff des semiotischen Kontextes ist die grundlegende Struktur des Zeichens gemeint, die allgemeinen Bedingungen der Signifikation (Derrida 2001: 27).

In der Auseinandersetzung mit Austin beschreibt er diese ausgehend von der Iterabilität des Zeichens: „Diese Iterabilität ( iter , nochmals, kommt von itara , anders im Sanskrit, und alles Folgende kann als Ausbeutung dieser Logik gelesen werden, die die Wiederholung mit der Andersheit verknüpft) strukturiert das Zeichen [ marque ] der Schrift selbst, übrigens ganz gleich, um welchen Schrifttypus es sich auch handeln mag [ ]“(Derrida 2001: 24) Derrida analysiert das kommunikative Handeln entlang einer wesentlichen Struktureigenschaft sprachlicher Zeichen: ihre Wiederholbarkeit. Ließen sich sprachliche Ausdrücke nur ein Mal verwenden, so könnten sie nicht reguliert werden. Jeder Versuch sich mit einem anderen zu verständigen, müsste immer wieder von Null beginnen, ohne auf ein etabliertes Repertoire von Codes zurückgreifen zu können. Jedes Element der Sprache funktioniert somit aufgrund seiner minimalen, d.h. weder exakten noch unveränderbaren Wiedererkennbarkeit. Es muss stets noch einmal lesbar sein. Und das obwohl der Zeitpunkt seines Auftretens, seine Aussprache oder Satzstellung variieren. Derrida spricht hier auch von einer gewissen Idealität des Sinns, insofern Bedeutung in Schemen konserviert wird, die dem laufenden Wandel des Kontextes entgegenwirken.

Zugleich distanziert er sich von der konservativen Auffassung, wonach sich sprachlicher Sinn kontinuierlich reproduziert und stets in Bezug zu einer ursprünglichen Instanz bestimmt werden muss. Schließlich bewirkt die Wiederholbarkeit des Zeichens, dass es in der doppelten Abwesenheit von bezeichnendem Subjekt und bezeichneter Sache verwendet werden kann. Die Zuschreibung von Bedeutung ist demnach in zweierlei Hinsicht unabhängig: Sie hängt weder von der wahren Referenz auf einen Gegenstand ab noch von einer authentischen Auslegung im Sinne des vorgängigen Absenders. Oder wie Derridas es formuliert: „Die Idealität der Bedeutung hat einen strukturell testamentarischen Wert.“ (Derrida 2003: 129) Daraus ergibt sich auch die wesentliche Möglichkeit, mit dem jeweiligen Kontext des Sprachgebrauchs zu brechen. In seiner Wiederholbarkeit transzendiert das Zeichen den Augenblick seiner Verwendung; entwirft sich auf die Zukunft, ohne deren konkrete Ausgestaltung im Vorhinein zu determinieren. Die Iterabilität des Zeichens zerbricht alle Sicherheitsvorkehrungen, die eine kritische Stellungnahme zur konventionellen Verwendung eines Zeichens verhindern könnten. Aus diesem Grund installiert Derrida die Iterabilität des Zeichens als Agentin einer strukturellen Befreiung des Sinns, die den Bann des intentionalen Bewusstseins und seiner expressiven Kommunikation auflöst.

Neben seinem zeitlichen Vorauseilen konstitutiert sich die subversive Kraft des Zeichens auch durch die Verräumlichung seiner Oberfläche. Ein Intervall trennt die verschiedenen Signifikanten voneinander, setzt sie in Differenz zueinander und erzeugt den bedeutungsvollen Text als einen veränderbaren Beziehungsraum. Aufgrund dieser Disjunktion der syntagmatischen Kette sind die sprachlichen Glieder niemals in dem Kontext befangen, in den sie die jeweils sprechenden Subjekte platzieren. Jedem Zeichen kann eine unkonventionelle Bedeutung aufgepropft werden (Derrida 2001: 18ff.). Entscheidend für Derridas Kritik an der Sprechakttheorie ist, dass die Iterabilität des Zeichens nicht auf eine Polysemie von Äußerungen hinausläuft. Anstatt eine geordnete Abfolge heterogener Sprechweisen zu benennen, insistiert er auf eine strukturelle Interkontextualität. Sprachlicher Sinn entsteht demzufolge durch ein Intervall zwischen den Zeichen wie zwischen den Kontexten und wird durch ebendiese räumlichen Aussparungen, einer unabschließbaren Kombinierbarkeit und den entgrenzenden Effekten der Iteration ausgesetzt.

Derrida wirft Austin vor, dass er diese graphematische Struktur der Lokution ausschließen würde. Dies zeigt sich an dem folgenschweren Ausschluss der Parasiten, durch den Austin ein scharfes Bild von den Konventionen der sogenannten Normalsprache gewinnen will.

„Zweitens sind unsere performativen Äußerungen als Äußerungen gewissen anderen Übeln ausgesetzt, die alle Äußerungen befallen können: Und auch sie schließen wir für unsere Untersuchung in voller Absicht aus, obwohl eine umfassendere Theorie sie einschließen könnte. Ich meine zum Beispiel folgendes: In einer ganz besonderen Weise sind performative Äußerungen unernst oder nichtig, wenn ein Schauspieler sie auf der Bühne tut oder wenn sie in einem Gedicht vorkommen oder wenn jemand sie zu sich selbst sagt. Jede Äußerung kann diesen Szenenwechsel in gleicher Weise erleben. Unter solchen Umständen wird die Sprache auf ganz bestimmte, dabei verständliche und durchschaubare Weise unernst gebraucht, und zwar wird der gewöhnliche Gebrauch parasitär ausgenutzt.“ (Austin 2007: 44)

Die Normalsprache wird auf diese Weise als ein störungsfreier Bereich modelliert. Nur unter dieser Vorraussetzung kann garantiert werden, dass sprachliche Performanzen gelingen und die sich mitteilenden Subjekten über ein verlässliches Medium verfügen. Die forschungsstrategische Exklusion der Parasiten ist auch deshalb geboten, da Austin an anderer Stelle zugesteht, dass die Möglichkeit kreativen Zitierens bereits im Inneren des normalen Sprachgebrauchs wurzelt: „[ ] das Verunglücken ist eine Krankheit, der alle Handlungen ausgesetzt sind, die in allgemein üblichen Formen oder zeremoniell ablaufen müssen, also alle konventionellen Handlungen“ (Austin 2007: 41). Die Kontroverse zwischen Austin und Derrida dreht sich somit nicht um die Frage, ob sprachliche Ausdrücke zitiert werden können oder nicht. Es geht vielmehr darum, auf welche Weise die Pluralität des Zeichengebrauchs einkalkuliert werden muss. Ist der Parasitismus eine bloße Möglichkeit, etwas das in der Sprache auf uns lauert, ohne das wir jederzeit davon berührt werden? Oder gibt es ein ständiges Rauschen in der Kommunikation, dass die Eindeutigkeit sprachlichen Sinns verschwimmen lässt? Die Rezeption von Signatur Ereignis Kontext ist dadurch erschwert, dass Derrida selbst zu beiden Interpretationen Anlass gegeben hat. Man kann hierbei zwischen einer starken und einer schwachen Lesart unterscheiden, die in der Sekundärliteratur aber oft zugleich angewandt werden und unvermittelt nebeneinander stehen bleiben (Moebius 2008: 62ff.; Smith 1998: 236; Distelhorst: 30).

Nach der starken Lesart, die maßgeblich von Habermas verbreitet wurde (Habermas 1988: 211ff.), insistiert Derridas Parasitismus-These darauf, dass jeder konventionelle Sprechakt beständig irritiert und in ein Verhältnis zu einem antagonistischen Anderen gesetzt wird. Die Wiederholungsstruktur des Zeichens bindet jeden konventionellen Sprachgebrauch an einen oppositionellen Kontext des Sprechens und paradoxiert jede Identifizierung sprachlichen Sinns. Der Vorwurf an Austin lautet entsprechend, dass er das Ereignis der Parasitierung ausgeschlossen hätte, um es in das Jenseits der schieren Möglichkeit zu verbannen. In Limited Inc. heißt es dementsprechend: „In dieser Hinsicht unterscheidet Sec [Signatur Ereignis Kontext; Anm. des Verfassers] klar Möglichkeit und Eventualität ; die Möglichkeit, die Tatsache, daß Performative immer zitiert werden können [ .] ist nicht diese Eventualität, das heißt die Tatsache dieser möglichen Ereignisse der Zitate, oder dieser „Mißerfolge“ [malheurs], die geschehen, die sich ereignen, und die, ebenso unbestreitbar, Austin von seiner Analyse, von seinen „gegenwärtigen Ausführungen“, zumindest de jure und für den Moment ausschließt.“ (Derrida 2001: 139) Die Wirkung der Iterabilität gleicht auf diese Weise einer Entgrenzung. Sie erhöht die Diffusion zwischen verschiedenen Sinnarealen. In der absehbaren, antizipierbaren Abwesenheit des ursprünglichen Senders die bei Derrida von keinem Dritten, keiner (sozialen) Vermittlungsinstanz zwischen abwesendem Sender und potenziellem Empfänger überbrückt wird schlagen die Eröffnungsleistungen des Zeichens voll durch. Zwar wäre derart nicht die Umschrift eines Zeichens garantiert, aber eine gegebene Hierarchie zwischen konventionellen und subalternen Sprechweisen infragegestellt und mit der Möglichkeit ihrer Verkehrung konfrontiert. Die Eventualität der Parasiten ist somit ein Ausläufer ihrer antizipierten, zukünftigen Ermächtigung, von der die klare Unterscheidung von Gegenwart und Zukunft unterlaufen wird. Der Kontext konventioneller Sprechakte erscheint somit irreduzibel ungesättigt. Derrida betont, dass es ihm dabei nicht um eine Unbestimmtheit des Zeichens geht, als ob seine Bedeutung entweder leer oder unentwirrbar wäre. Im Mittelpunkt seiner Überlegungen steht vielmehr die Paradoxierung von Sprechakten, die auf einem unentscheidbaren Terrain, heteronomer Lesarten angesiedelt werden (Derrida 2001: 229).

[...]


1 Auch Peter Fuchs hat untersucht, wie sprachliche Disseminationen in gesellschaftliche Grenzen eingebettet sind. Dabei griff er nicht auf die Traditionslinie der Diskurstheorie zurück, sondern profilierte den Kommunikationsbegriff der Systemtheorie. Zu Recht wies er darauf hin, dass der alterierenden Kraft der Sprache entgegengewirkt wird, indem sich stabile Beziehungen zwischen System und Umwelt ausbilden. In seinem Entwurf der „Kommunikationsmaschine“ werden aber nicht die konkreten Bedingungen reflektiert, unter denen Abdichtungen des Sozialen durch die Wirkungsweise der Sprache dennoch unterlaufen werden (Fuchs 1995). Dieses Potenzial zum Sinnbruch wurde ausführlich von Urs Stäheli untersucht. Die poststrukturalistischen Ansätze von Laclau, Butler und Derrida konfrontiert er mit dem strukturkonservativen Horizontbegriff Luhmanns. Die Widerspenstigkeit von Medien denkt er analog zu der hier vertretenden Position, als ereignishafte Ablenkung des Sinns, deren Möglichkeit sich im materiellen Wirkungsfeld der Sprache konstituiert (Stäheli 2000). Stähelis Analyse wird hier aber in einem Punkt erweitert: in der Wendung des Schriftbegriffs gegen das totalisierte Politische bei Butler und Laclau.

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
"Who is the real Barack Obama?"
Untertitel
Die Grenzen der Kommunikation bei Derrida, Butler und Laclau
Hochschule
Universität Potsdam
Note
1,1
Autor
Jahr
2009
Seiten
30
Katalognummer
V178947
ISBN (eBook)
9783656011965
ISBN (Buch)
9783656012085
Dateigröße
507 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
barack, obama, grenzen, kommunikation, derrida, butler, laclau
Arbeit zitieren
Oliver Powalla (Autor:in), 2009, "Who is the real Barack Obama?", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/178947

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