„Modern und zuverlässig“, so wirbt das Niedersächsische Justizministerium auf einem
Faltblatt von 1999 für den Justizvollzug. Weiter heißt es: “In den Vollzugsanstalten macht
moderne Sicherheitstechnik Ausbrüche weitgehend unmöglich.“ Man wirbt also von
offizieller Seite her damit, daß eine Flucht aus Strafanstalten nahezu unmöglich sei. Dies
scheint auch notwendig zu sein, ruft man sich Berichte über entflohene Häftlinge, die auf der
Flucht auch noch Straftaten begehen, ins Gedächtnis. Tatsächlich jedoch sind Entweichungen
eher selten. Doch wie sieht die Bevölkerung, beeinflußt durch Medienberichte, diesen
Sachverhalt? Was ist insbesondere mit den Menschen, die in der Nähe einer
Justizvollzugsanstalt leben?
Forschungsergebnisse zu Fragen betreffend ortsansässiger Haftanstalt und der dortigen
Bevölkerung konnten wir nicht finden. Dennoch stießen wir in der Auseinandersetzung mit
dem Thema „Kriminalitätsfurcht als soziales Erleben“ auf diesen Sachverhalt, denn nicht nur
mögliche Fluchten sondern auch andere Aspekte in Bezug auf diese Thematik deuten für uns
darauf hin, daß eine Strafanstalt im eigenen Wohnort Ängste auslösen kann. Daher zunächst
ein Blick auf Vechta: hier gibt es drei Haftanstalten, die ihren Standort im Ortskern der Stadt
haben. Neben einer möglichen Flucht gibt es hier konkrete Möglichkeiten der Begegnung mit
einem Straftäter. So halten sich Häftlinge ohne Aufsicht außerhalb der Anstalt auf, die
Ausgang oder ähnliche Lockerungen bekommen. 1995 wurden beispielsweise 1.492
Ausgänge aus dem geschlossenen und 2.160 Ausgänge aus dem offenen Vollzug gewährt
(Jahresrückblick 1995). Hier zeigt sich die Häufigkeit von Ausgängen und läßt danach fragen,
ob die Vechtaer Einwohner vor Straftätern auf Ausgang Angst haben.
Auch in diesem Punkt lassen sich nur Vermutungen anstellen, allerdings deuten
Untersuchungen zur Einstellung gegenüber Haftentlassenen darauf hin, daß man auch
Ausgängern nicht durchweg positiv gegenüberstehen könnte, werden sie doch vielmehr als
„Übeltäter“ stigmatisiert und ausgegrenzt (vgl. Kury 1980, S.114).
Zu den Entlassenen muß zudem festgehalten werden, daß neben denen, die aus Vechta und
Umgebung stammen, sich auch diejenigen, die nach der Entlassung auf Bus oder Bahn warten
müssen, für einen bestimmten Zeitraum in der Stadt aufhalten. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretischer Hintergrund
- Kriminalitätsfurcht
- Zum Begriff der Kriminalitätsfurcht
- Komponenten der Kriminalitätsfurcht
- Theoretische Erklärungsansätze
- Kriminalitätsfurcht und Vertrauen
- Kriminalitätsfurcht und registrierte Kriminalität
- Soziale Wahrnehmung
- Der Strafvollzug unter ausgewählten Gesichtspunkten
- Vollzugslockerungen
- Entlassung
- Strafvollzug und Sicherheit
- Der Strafvollzug in Vechta
- Kriminalitätsfurcht
- Methodisches Vorgehen bei der Datenerhebung
- Fragestellung
- Meinstrument
- Stichprobe und Erhebungszeitpunkt
- Darstellung der Ergebnisse
- Kenntnisse der Bevölkerung Vechtas über die Justizvollzugsanstalten der Stadt
- Sicherheit der Justizvollzugsanstalten
- Ausgangsregelung
- Gefahr von Haftentlassenen
- Schutzmaßnahmen
- Personengruppen der Hafanstalt
- Maßnahmen zur Stärkung des Sicherheitsgefühls
- Zusammenfassung der Ergebnisse
- Ergebnisdiskussion
- Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit zielt darauf ab, die Frage zu beantworten, ob die Präsenz von Justizvollzugsanstalten in Vechta vermehrt Furcht vor Kriminalität auslöst. Die Arbeit untersucht die Beziehung zwischen der Wahrnehmung von Strafvollzugseinrichtungen und dem subjektiven Sicherheitsgefühl der Bevölkerung.
- Kriminalitätsfurcht als soziales Erleben
- Der Einfluss von Justizvollzugsanstalten auf die Wahrnehmung von Kriminalität
- Soziale Wahrnehmung von Strafgefangenen und Haftentlassenen
- Sicherheitsgefühl der Bevölkerung in Bezug auf Strafvollzugsanstalten
- Methoden der Datenerhebung und -analyse
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die Forschungsfrage auf: Löst die Präsenz von Justizvollzugsanstalten in Vechta vermehrt Furcht vor Kriminalität aus? Der theoretische Hintergrund beleuchtet den Begriff der Kriminalitätsfurcht, ihre Komponenten und verschiedene Erklärungsansätze. Die Kapitel befassen sich auch mit sozialer Wahrnehmung und dem Strafvollzug unter spezifischen Gesichtspunkten, insbesondere mit Vollzugslockerungen, Entlassung und der Rolle des Strafvollzugs in Vechta.
Im Kapitel "Methodisches Vorgehen bei der Datenerhebung" wird die Methodik der Datenerhebung erläutert, einschließlich der Fragestellung, der verwendeten Instrumente und der Stichprobenauswahl. Das Kapitel "Darstellung der Ergebnisse" präsentiert die Ergebnisse der Umfrage in Vechta, die die Kenntnisse der Bevölkerung über die Justizvollzugsanstalten, die wahrgenommene Sicherheit und die Ängste im Zusammenhang mit Haftentlassenen beleuchtet.
Die Kapitel "Ergebnisdiskussion" und "Ausblick" bieten eine Interpretation der Ergebnisse und geben einen Ausblick auf weitere Forschungsansätze und -perspektiven.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter der Arbeit sind: Kriminalitätsfurcht, Strafvollzug, Justizvollzugsanstalt, Vechta, soziale Wahrnehmung, Sicherheitsgefühl, Viktimisierung, Entlassung, Vollzugslockerungen, Befragung, Datenerhebung.
- Quote paper
- Andrea Triphaus (Author), Kerstin Nuxoll (Author), 2000, Löst die Präsenz von Justizvollzugsanstalten in Vechta vermehrt Furcht vor Kriminalität aus?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17945