Othos Principat in Rom - eine Analyse des Herrschers Marcus Salvius Otho


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

29 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Otho vor dem Principat
2.1 Othos junge Jahre
2.2 Othos Aufstieg
2.3 Othos Putsch
2.4 Othos Hauptproblem: Der Gegenkaiser Vitellius

3. Versuch der Konsolidierung
3.1 Münzen
3.2 Das Verhältnis zum Senat
3.3 Das Verhältnis zu den Prätorianern
3.3.1Der Prätorianeraufstand
3.4 Umgang mit potenziellen Gegnern
3.5 Populäre Maßnahmen
3.6 Otho - ein zweiter Nero?

4. Die Konsolidierung schlägt fehl

5. Der Bürgerkrieg und Othos Tod

6. Beurteilung von Othos Herrschaft

7. Bilderanhang

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Quum dubitaret adhuc bellis civilis Enyo, Forsitan et posset vincere mollis Otho: Damnavit multo saturum iam sanguinc Martem, Et fodit certa pectora nuda manu.

Sit Cato (dum vivit) sane vel Caesare maior: Dum moritur, nunquid maior Othone fuit?1

So beschreibt der antike Dichter Martial das Ende des Marcus Salvius Otho, welcher der zweite von vier Kaisern des Jahres 68/69, dem so genannten Vierkaiserjahr, war. Sein Charakter wird in dem kurzen Vers als weichlich dargestellt, sein Ende jedoch rühmlich. Das Vierkaiserjahr war geprägt von den Wirren der politischen Unsicherheit, des Bürgerkrieges und den Machtkämpfen von Galba, Otho, Vitellius und Vespasian. Vespasian konnte sich schließlich als Kaiser durchsetzen und begründete damit die Dynastie der Flavier.

Die vorliegende Seminararbeit führt dem Leser die Herrscherpersönlichkeit des Otho vor und geht der Frage nach, ob Othos Principat langfristig Erfolg haben und seine Herrschaft sich stabilisieren hätte können. Hierfür wurden die entsprechenden Werke der wichtigsten antiken Autoren, die Othos Leben schildern, nämlich Publius Cornelius Tacitus, Plutarch, Cassius Dio, Gaius Suetonius Tranquillus sowie Marcus Valerius Martialis, analysiert. Weitere Erkenntnisse zur Beantwortung der Fragestellung wurden aus zahlreichen Darstellungen aus der Sekundärliteratur gewonnen.

Um dem Leser die Verständlichkeit zu erleichtern, werden in der hier vorliegenden Arbeit die Ereignisse chronologisch dargestellt: Otho wird als Person vor seinem Principat mit all seinen menschlichen Schwächen vorgestellt, die ihn, wie man meinen möchte, nicht für einen Princeps qualifiziert hätten. Auch wird seine Motivation, gegen Galba zu putschen genauer beleuchtet, bevor im Hauptteil dieses Werkes Othos zweimonatiges Principat in Rom untersucht wird.

2. Otho vor dem Principat

2.1 Othos junge Jahre

Otho entstammte einer aufstrebenden Familie: väterlicherseits kam er aus dem Ritterstand, mütterlicherseits allerdings lediglich aus einfachen Verhältnissen. Er wuchs im Haus der Livia Augusta auf, was ihm später dazu verhelfen sollte, in den Senatorenstand erhoben zu werden.2 Othos Jugend wird von allen Autoren als wenig vorbildhaft beschrieben: Der ihm wenig gesonnene Tacitus schildert seine Knabenjahre als „ incuriose “, seine Jugend habe er „ petulanter “ verlebt.3 Sueton berichtet, dass Otho in seinen jungen Jahren aufgrund seines unvorbildhaften Verhaltens des Öfteren körperliche Züchtigung durch seinen Vater erfahren habe. Nichtsdestotrotz sei Otho von Kindesbeinen an, so Plutarch, verwöhnt worden.4

Hierzu passt auch Plutarchs Schilderung, Otho sei, trotz körperlicher Mängel wie geringer Körpergröße und krummen Beinen, fast so eitel wie eine Frau gewesen: Sämtliche Körperhaare soll er sich auszupfen haben lassen und aufgrund seines lichten Kopfhaares auch eine Perücke getragen haben. Schon in seiner Pubertät hat er zudem angeblich sich täglich das Gesicht rasiert und anschließend mit feuchtem Brot abgerieben, in der Hoffnung, nie einen Bart zu bekommen.5

2.2 Othos Aufstieg

Nach dem Tod seines Vaters schaffte er den Aufstieg, indem er sich bei einer Freigelassenen mit großem Einfluss bei Neros Hofe einschmeichelte und so tat, als ob er in diese verliebt sei. Sueton zufolge handelte es sich dabei um eine „ anum ac paene decrepitam “.6 Durch diese kam er in Kontakt mit Kaiser Nero. Er wurde schnell ein enger Freund des Nero, was wahrscheinlich durch die ähnliche Wesensart zu begründen ist: In ihrer Verschwendungssucht und der Liebe zum Luxus standen sich beide in nichts nach.7 Auch Sueton sieht den Grund hierfür darin, dass sie einen „ congruentia morum “ hatten.8

Otho und Nero konkurrierten um Sabina Poppaea. Sie war eine Geliebte Neros, doch zum Schein war sie eine Ehe mit Otho eingegangen, da Nero sie ihrem einstigen Gatten weggenommen hatte. Otho verliebte sich in sie, was auch zum Bruch zwischen Otho und Nero führen sollte.9 Um seinen Nebenbuhler loszuwerden, ernannte Nero Otho im Jahr 58 zum Statthalter von Lusitanien. Dort war er für Nero weit genug von Sabina weg.10 Hierzu ist von Sueton folgender Kurzvers aus dem Volksmund dazu überliefert:

"Cur Otho mentito sit, quaeritis, exsul honore?

Uxoris moechus coeperat esse suae."11

Im Gegensatz zu einem üblichen Prokonsulat war die Statthalterschaft des Otho jedoch nicht auf ein Jahr begrenzt. Dies konnte, so Dessau, „keinem Mitglied der Hofgesellschaft angenehm sein“. Auch war hierbei auffallend, dass er bislang lediglich Quästor war, für eine solche Aufgabe aber der Rang eines Prätors Voraussetzung gewesen wäre.12 Nero wollte folglich seinen einstigen Freund am Hofe loswerden. Mit der Beförderung, die Othos formale Kompetenzen überschritten hatte, hatte Nero eine Möglichkeit gefunden, aus persönlichen Motiven sich eines Konkurrenten zu entledigen. Otho sollte später seine Macht nicht dazu missbrauchen, um derartige Rachegefühle auszuleben.

Sein Amt soll Otho in den zehn Jahren nicht nur ohne Beanstandungen, sondern auch „ moderatione atque abstinentia singulari “ ausgeübt haben.13 Es zeigte sich dort zum ersten Mal ein wichtiger Charakterzug des politischen Herrschers Otho: „[D]ie Fähigkeit, zum Wohl für andere und auch selbstlos zu handeln.“14 Von Lusitanien aus schloss er sich als Erster Galba an, als dieser im Jahre 68 gegen Nero revoltierte.15 Hieraus mag der noch relativ junge Otho wohl auch seine durchaus berechtigte Hoffnung geschöpft haben, von dem greisen, 72 Jahre alten Galba16 adoptiert zu werden. In seiner Umgebung soll seine Erscheinung, so Tacitus, „ splendidissimus “ gewesen sein.17 Streng genommen hatte Otho all die Jahre lang nur darauf hingearbeitet, von Galba adoptiert zu werden, um so seiner faktischen Verbannung ein Ende zu setzen und nach Rom zurückkehren zu können.18

2.3 Othos Putsch

Bereits vor seinem Putsch war Otho darauf bedacht, bei der Masse der Soldaten einen möglichst guten Stand zu haben. So sprach er die Ältesten von ihnen mit Namen an und nannte sie „ comitatus contubernales “. Auch durch das Schlechtreden von Galba hoffte er, bei der Masse zu punkten.19 Die Taktik ging offenbar auf, viele sehnten sich nach Galba, der ein sehr strenger Herrscher gewesen war, nach einem leutseligeren Führer im Stile Neros, an den sie Otho zweifelsohne erinnerte.20

Am 10. Januar 69 adoptierte Galba wider Erwarten Othos L. Calpurnius Piso Frugi Licinianus.21 Tacitus sieht den Grund hierfür, dass sowohl die Herkunft als auch der Werdegang des Piso tadellos gewesen seien. Zudem sei sein Charakter „ severus “ beziehungsweise „ tristior “ gewesen, was dem Galba wohl gefallen habe.22 Galba verabscheute Nero und dessen Lebenswandel und glaubte, in Piso einen würdigen Nachfolger gefunden zu haben, der seinem Ideal entsprach. Galba wurde nämlich als „ antiquus rigor et nimia severitas23 beschrieben. Zu Piso sagte er: „ Nero a pessimo quoque emper desiderabitur: mihi ac tibi providendum est, ne etiam a bonis desideratur.“24 Auch Piso hatte keine hohe Meinung von Otho; was er ihm vorwarf waren „ stupra “, „ comissationes “ und „ feminarum coetus “.25 Klingner sieht in der Adoption des Piso ein Bekenntnis Galbas zum „alten Rom“, denn auch Piso gehörte - im Gegensatz zum Emporkömmling Otho - zu denjenigen, „die vom alten Adel übriggeblieben sind“.26

Nach der Adoption des Piso sah Otho keinen anderen Ausweg mehr sowohl Piso als auch Galba zu beseitigen. Die Ernennung Pisos zum Adoptivsohn hatte aus Otho einen Gefährdeten gemacht. Er hatte zu erwarten, bald durch den neuen Machthaber hingerichtet zu werden.27 Somit blieb ihm nur die Wahl zwischen dem Putsch oder seiner eigenen Hinrichtung. Durch diese empfundene Bedrohung seines eigenen Lebens sah sich Otho wohl in die Rolle des Usurpators hineingezwungen. Weitere Motive sieht Tacitus in seinem „ inopia “, „ in Glabam ira “ und „ in Pisonem invidia “.28 Sueton fügt noch „ super animi dolorem etiam magnitudine aeris alieni “ als seine Motive hinzu.29

Sein Zeitfenster für den Putsch war denkbar knapp: Galbas Macht musste „ fluxa “ und die des Piso „ nondum coaluisset “ sein.30 Aber auch der Aberglaube Othos spielte für die Wahl seines Zeitpunkts eine nicht unbedeutende Rolle: Seitens der Mathematiker wurde ihm ein ruhmvolles Jahr vorausgesagt.31 Jener Aberglaube bestätigte sich auch am 15. Januar 69, dem Tag seines Putsches: Galba opferte an diesem Tag vor dem Apollotempel. Haruspex Umbricius las aus den Eingeweiden einen tödlichen Anschlag auf Galba heraus, was Otho als gutes Omen für seine Putschpläne interpretierte.32

Der Putsch stieß beim Volk auf keinerlei große Ablehnung, im Gegenteil, man ließ ihn einfach geschehen.33 Ursache hierfür sieht Klingner in der „[b]egehrlichen Zuchtlosigkeit“, die „von Nero verschuldet“ worden sei.34 Bei seinem Putsch rief Otho in seiner Funktion als römischer Kommandeur nicht zur Disziplin auf, sondern dazu, gegen den eigenen Staat Krieg zu führen.35 Als Galba von Othos Putsch erfuhr, wollte er persönlich die Soldaten davon überzeugen, zurück auf seine Seite zu kehren. Auf dem Weg zum Lager kam ihm ein Soldat mit blutverschmiertem Schwert entgegen und log ihn an, indem er behauptete, Otho getötet zu haben. Galba glaubte ihm das und machte sich auf in Richtung Capitol um zu opfern. Auf dem Weg dorthin wurde er von otho-treuen Soldaten ermordet.36 Die Ermordung Galbas kam einer Hinrichtung gleich: So wurde einem Gerücht zufolge sein Leichnam anschließend noch verstümmelt und geschändet.37 Chilver vermutet jedoch, dass Otho bei seinem Putsch nicht von Anfang an die Tötung Galbas im Sinne hatte: Vielmehr wollte er seine Adoption erzwingen.38

Otho nannte sich nicht sofort nach seinem Putsch Princeps. In einer Rede an eine Legion, die ihren Eid auf ihn geschworen hatte, betonte er, dass er sich selbst nun weder Privatmann, noch Princeps nennen könne.39 Neumeister betont, dass Otho seinen Putsch so hinstellte, dass die Prätorianer ihm die Gefolgschaft anboten und er sich diesen lediglich als ihr Führer empfahl.40 Dies deutet darauf hin, dass Otho seiner Herrschaft die größtmögliche Legitimität verleihen und nicht als Putschist gebrandmarkt sein wollte. Die Zustimmung zu seiner Herrschaft sollte sich auch auf die Volksmassen stützen und somit auch seinen Vorgänger Galba diskreditieren.

In seiner Rede an die Soldaten heizte er die Stimmung gegen Galba an, indem sie er an dessen Brutalität erinnerte: Ein Beispiel hierfür ist, als Galba nach seinem Einmarsch in Rom trotz der bedingungslosen Kapitulation und der Bitte um Gnade, die er angenommen hatte, trotzdem die Männer dezimieren ließ. Dies war zweifelsohne ein klarer Regelverstoß seitens Galba, da es sonst üblich war, dass der Besiegte auf die Milde des Siegers vertraute, wozu der Sieger moralisch verpflichtet war.41 Er verwies nicht nur auf Galbas Strenge, Grausamkeit und Geiz. Er wurde auch nicht müde zu betonen, dass Piso nicht anders sei als ein zweiter Galba; somit konnte sich Otho den Soldaten gegenüber als der Mann auf deren Seite präsentieren.42

2.4 Othos Hauptproblem: Der Gegenkaiser Vitellius

Bereits 13 Tage vor Otho hatte Aulus Vitellius in Germanien usurpiert. Am 3. Januar hatten die ober- und niedergermanischen Legionen Vitellius den Treueeid geschworen. Auch weite Teile der Zivilbevölkerung in Vitellius' Einflussbereich hatten sich zu ihm bekannt.43 Vitellius hatte somit nicht nur weite Teile der in seinem Einflussgebiet stehenden Bevölkerung und Heere unter seiner Kontrolle; hinzu kam noch, dass die Rheinarmee, die unter Vitellius' Oberkommando stand, als die stärkste des ganzen Reiches galt.44 Otho erfuhr davon allerdings erst am 15. Januar 69, am Tag seines eigenen Putsches. Galba hatte davon gewusst, die Nachricht jedoch geheim gehalten.45 Er wusste, dass er, was seine militärische Schlagkraft anbelangte, deutlich schlechter dastand als Vitellius. Dadurch „befand sich Otho in der prekärsten Lage, in welche bis dahin ein römischer Kaiser geraten war“.46

[...]


1 Martial. 6,32

2 Suet. Otho 1,1

3 Tac. Hist. I. 13,3

4 Plut. Galba 19,2

5 Suet. Otho 12,1

6 Suet. Otho 2,2

7 Plut. Galba 19,3

8 Suet. Otho 2,2

9 Suet. Otho, 3,1

10 Tac. Hist.I. 13,3

11 Suet. Otho 3,2

12 Dessau, S. 318 Suet.

13 Otho 3,2

14 Vgl. Braun, S. 100

15 Plut. Galba 20,2

16 Cass. Dio 64.6.5

17 Tac. Hist. I. 13,4

18 Vgl. Braun, S. 99

19 Tac. Hist. I.23,1

20 Tac. Hist. I.25,2

21 Vgl. Murison, S. 62ff.

22 Tac. Hist. I. 14,2

23 Tac. Hist. I. 18,3

24 Tac. Hist. I. 16,3

25 Tac. Hist. I. 30,1

26 Klingner, S. 395

27 Vgl. Flaig, S. 302

28 Tac. Hist. I. 21,1

29 Suet. Otho 5,1

30 Tac. Hist. I. 21,2

31 Tac. Hist. I. 22,1

32 Tac. Hist. I. 27,1

33 Tac. Hist. I. 28,1

34 Klingner, S. 397

35 Vgl. Keitel, S. 74

36 Cass. Dio.64, 6.1-6.3

37 Tac. Hist. I. 41,3 und 49,1

38 Vgl. Chilver, S. 33

39 Tac. Hist. I. 37,1

40 Vgl. Neumeister, S. 192

41 Ebda., S. 193

42 Ebda., S. 195

43 Plut. Galba 22,6-8 und 23,1

44 Vgl. Dessau, S. 324

45 Tac. Hist I. 50,1

46 Flaig, S. 305

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Othos Principat in Rom - eine Analyse des Herrschers Marcus Salvius Otho
Hochschule
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt  (Geschichts- und Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
Hauptseminar „Galba, Otho, Vitellius und Vespasian: der römische Principat im "Vierkaiserjahr" (68/ 69 n. Chr.) “
Note
2,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
29
Katalognummer
V179691
ISBN (eBook)
9783656022114
ISBN (Buch)
9783656021629
Dateigröße
1276 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vierkaiserjahr;, Otho;, Rom;, Römisches Reich;, Antike;, Vespasian;, Vitellius;, Nero;, 68;, 69;, Galba
Arbeit zitieren
Jakob Knab (Autor:in), 2011, Othos Principat in Rom - eine Analyse des Herrschers Marcus Salvius Otho, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179691

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