Die Nahtlosigkeitsregelung des § 125 SGB III entfaltet eine Sperrwirkung gegenüber der Agentur für Arbeit (AA) und fingiert volle Erwerbstätigkeit für einen Arbeitslosen, der aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes nicht mehr in der körperlichen Verfassung ist zu arbeiten, bis der Rentenversicherungsträger (RV-Träger) volle oder teilweise Erwerbsminderung festgestellt hat.
Obwohl das BSG im Jahr 1999 eine Vielzahl an Fragen zur Anwendung der Nahtlosigkeitsregelung geklärt hat, zeigt sich, dass die Verwaltungspraxis von einer hohen Rechtsunsicherheit geprägt ist und dass die höchstrichterliche Entscheidung bis heute nicht oder nur zögerlich zur Kenntnis genommen wurde. Ein Resultat daraus ist, dass ein Großteil der von der AA ausgestellten Bescheide falsch ist.
Dabei handelt es sich wiederholt um die folgende Fallkonstellation: Ein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer wird arbeitsunfähig und wird von seinem Arbeitgeber gekündigt. Während des Krankengeldbezuges wird er von seiner Krankenkasse angeschrieben und dazu auffordert, einen Rentenantrag wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bei dem zuständigen Rentenversicherungsträger zu stellen. Jedoch wird der Rentenantrag mit der Begründung abgelehnt, dass keine Erwerbsminderung vorliege, woraufhin der Versicherte Widerspruch einlegt. Während das Widerspruchsverfahren noch läuft, endet nach 78 Wochen die Leistungspflicht der Krankenkasse und der Versicherte wird automatisch aus dem Krankengeldbezug „ausgesteuert“. Auf Empfehlung der Krankenkasse wendet sich der Versicherte an die AA und stellt mit dem Hinweis, dass er weiterhin arbeitsunfähig sei, einen Antrag auf Arbeitslosengeld. Daraufhin erteilt die AA einen ablehnenden Bescheid und stützt sich dabei auf den ablehnenden Bescheid des RV-Trägers, obwohl das Widerspruchsverfahren noch läuft. In dem Bescheid der AA wird dem Versicherten mitgeteilt, dass er keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe, da er dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe.
In der vorliegenden Hausarbeit sollen die Fragen untersucht werden, wie die Nahtlosigkeitsregelung des § 125 SGB III richtig angewandt werden muss und welche Problemkonstellationen daraus entstehen können.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung im Spannungsfeld des § 125 SGB III
- 1. Rente wegen Erwerbsminderung
- 2. Arbeitslosenversicherung
- II. Die Tatbestandsmerkmale der Nahtlosigkeitsregelung (§ 125 SGB III)
- 1. „...allein deshalb nicht arbeitslos...“ (§125 Abs. 1 S. 1 SGB III)
- 2. Minderung der Leistungsfähigkeit auf unter 15 Stunden wöchentlich für mehr als sechs Monate (§125 Abs. 1 S. 1 SGB III)
- 3. Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit durch den Rentenversicherungsträger (§125 Abs. 1 S. 2 SGB III)
- 4. Arbeitslosenmeldung durch einen Vertreter (§ 125 Abs. 1 S. 3 und S. 4 SGB III)
- 5. Aufforderung zur unverzüglichen Antragstellung auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 125 Abs. 2 S. 1 SGB III)
- 6. Rechtsfolgen unterlassener Mitwirkungspflichten (§ 125 Abs. 2 S. 3, 4 und S. 5 SGB III)
- 7. Erstattungsanspruch (§125 Abs. 3 SGB III)
- III. Problematische Fallkonstellationen und Lösungen
- 1. Leistungsvermögen unter drei Stunden täglich
- a) Der Arbeitslose hat eine volle Erwerbsminderung
- b) Der Arbeitslose hat eine teilweise Erwerbsminderung
- c) Der Arbeitslose hat keine Erwerbsminderung
- 2. Leistungsvermögen über drei Stunden, aber unter sechs Stunden täglich
- a) Der Arbeitslose ist teilweise erwerbsgemindert
- b) Der RV-Träger verneint eine teilweise Erwerbsminderung und geht von einem vollschichtigen Leistungsvermögen aus
- 3. Das Leistungsvermögen über sechs Stunden, aber untervollschichtig
- 4. Das Leistungsvermögen des Arbeitslosen ist vollschichtig
- 1. Leistungsvermögen unter drei Stunden täglich
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der korrekten Anwendung der Nahtlosigkeitsregelung des § 125 SGB III im Kontext von Renten- und Arbeitslosenversicherung. Ziel ist es, die Problemkonstellationen, die im Zusammenhang mit dieser Vorschrift auftreten können, aufzuzeigen und Lösungsansätze zu präsentieren. Die Arbeit konzentriert sich auf folgende Themenschwerpunkte:- Die wichtigsten Kriterien der Renten- und Arbeitslosenversicherung im Hinblick auf die Nahtlosigkeitsregelung
- Die Tatbestandsmerkmale des § 125 SGB III und deren Anwendung in der Praxis
- Die Analyse verschiedener problematischer Fallkonstellationen und deren Lösungsmöglichkeiten
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit erläutert die relevanten Kriterien der Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung, um den Kontext der Nahtlosigkeitsregelung zu verdeutlichen. Es werden die Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung und Arbeitslosengeld dargestellt. Im zweiten Kapitel wird die Nahtlosigkeitsregelung des § 125 SGB III detailliert behandelt. Die Tatbestandsmerkmale der Vorschrift werden herausgearbeitet und erläutert, um die Anwendung in der Praxis zu verdeutlichen. Die verschiedenen Aspekte der Regelung, wie die Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit, die Arbeitslosenmeldung durch einen Vertreter und die Rechtsfolgen unterlassener Mitwirkungspflichten, werden analysiert. Das dritte Kapitel widmet sich problematischen Fallkonstellationen und möglichen Lösungen, die sich aus der Anwendung der Nahtlosigkeitsregelung ergeben. Die Arbeit untersucht verschiedene Szenarien, in denen das Leistungsvermögen des Arbeitslosen in unterschiedlichen Bereichen liegt, und analysiert die Auswirkungen auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld.Schlüsselwörter
Nahtlosigkeitsregelung, § 125 SGB III, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Erwerbsminderung, Arbeitslosengeld, Leistungsvermögen, Problemkonstellationen, Lösungen, Rentenversicherungsträger, Agentur für Arbeit.- Quote paper
- Dipl.-Sozialpädagoge Andreas Jordan (Author), 2011, Probleme in der Anwendung der Nahtlosigkeitsregelung nach § 125 SGB III, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179735