„Neben Bologna ist die Reform der Hochschulsteuerungssysteme bzw. der Governance die zweite große Reformbaustelle im Hochschulsystem Deutschlands“ (Winter 2010, S.46), konstatiert der Hochschulforscher Martin Winter 2010 in einer Untersuchung von Beiträgen der empirischen Hochschulforschung zur Debatte um die Bologna-Reform in
Deutschland. Während die im Zuge der Bologna-Reform vollzogene Umstellung der Studiengänge auf Bachelor- und Masterabschlüsse eine breite Öffentlichkeit gefunden hat,und auch die Auswirkungen der Reformen auf Forschung und Lehre diskutiert werden,findet die Veränderung der Hochschulsteuerung außerhalb von Fachkreisen relativ wenigBeachtung. Dennoch stellt gerade der Übergang von der staatlichen Detailsteuerung zum Neuen Steuerungsmodell, oder New Public Management (NPM) einen gravierenden Einschnitt in den Hochschulbetrieb dar: die „zweite große Reformbaustelle“. Die im Bologna-Prozess bekräftigte Gewährleistung der „Unabhängigkeit und Autonomie der Universitäten“(Bologna 1999, S. 2) soll durch New Public Management gefördert werden. Mit Hilfe dieses Konzepts soll sich der Staat aus der Detailsteuerung der Hochschulen zurückziehen
und den Hochschulen durch die Einführung von Globalhaushalten und Zielvereinbarungen mehr Eigensteuerung zugestehen. Zu untersuchen ist jedoch, ob der Staat diesem Ziel in Deutschland gerecht wird. Zieht sich der Staat durch die Einführung von New Public Management und dem Abschluss von Zielvereinbarungen tatsächlich aus der Hochschulsteuerung zurück, oder verschiebt sich nur die staatliche Detailsteuerung in die Zielvereinbarungen? Da sich in Deutschland die Hochschulsteuerung in den Kompetenzen der Länder befindet, kann sich eine derartige Untersuchung nur auf ein Bundesland beziehen.
Im Folgenden wird der Frage, ob sich der Staat tatsächlich aus der Hochschulsteuerung herauszieht, am Beispiel der Beziehung zwischen dem Freistaat Bayern und der Universität Passau nachgegangen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Einordnung der Hochschulpolitik
- Hochschulsteuerung durch New Public Management
- Die Governance-Mechanismen
- Governance vor der Reform
- Hochschulsteuerung durch New Public Management
- Zielvereinbarungen als Herzstück des NPM
- Zielverhandlungen nach der hierarchischen Logik
- Zielverhandlungen nach der kooperativen Logik
- Umsetzung von NPM in Bayern
- Zielvereinbarungen zwischen der Universität Passau und dem Freistaat Bayern
- Innovationsbündnis Hochschule
- Zielvereinbarung der Universität Passau mit dem StMWFK
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Veränderungen in der Beziehung zwischen Staat und Hochschule im Zuge der Einführung von New Public Management (NPM) in Bayern. Dabei wird die Fallstudie der Universität Passau beleuchtet, um zu analysieren, ob sich der Staat tatsächlich aus der Hochschulsteuerung zurückzieht oder ob die staatliche Einflussnahme lediglich in die Zielvereinbarungen verlagert wird.
- Entwicklung der Hochschulsteuerung in Deutschland
- Einführung von New Public Management im Hochschulbereich
- Zielvereinbarungen als Instrument der NPM-Steuerung
- Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen in Bayern
- Untersuchung der Beziehung zwischen der Universität Passau und dem Freistaat Bayern
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Relevanz der Thematik Hochschulsteuerung im Kontext der Bologna-Reform dar. Sie verdeutlicht den Wandel von der staatlichen Detailsteuerung hin zu NPM und die damit verbundenen Herausforderungen für die Autonomie der Universitäten. Der Fokus liegt auf der Untersuchung der Beziehung zwischen dem Freistaat Bayern und der Universität Passau.
- Einordnung der Hochschulpolitik: Dieses Kapitel beleuchtet die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern im Bildungsbereich, insbesondere im Hochschulbereich. Die Entwicklung des Bildungsföderalismus und die Rolle der Europäischen Kommission im Hochschulbereich werden erläutert.
- Hochschulsteuerung durch New Public Management: Das Konzept des New Public Management wird vorgestellt und die damit verbundenen Änderungen in der Hochschulsteuerung erläutert. Dabei werden die Steuerungstheoretischen Grundlagen und die verschiedenen Governance-Mechanismen im Detail beschrieben.
- Zielvereinbarungen als Herzstück des NPM: Zielvereinbarungen als zentrales Element des New Public Managements werden analysiert. Verschiedene Aushandlungsmechanismen, wie hierarchische und kooperative Logik, werden im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Wirkung von Zielvereinbarungen beleuchtet.
- Umsetzung von NPM in Bayern: Dieses Kapitel untersucht die rechtlichen Rahmenbedingungen für NPM in Bayern, indem das Bayerische Hochschulgesetz (BayHSchG) aus dem Jahr 1998 mit den aktuell gültigen Regelungen im BayHSchG von 2006 verglichen wird.
- Zielvereinbarungen zwischen der Universität Passau und dem Freistaat Bayern: Das Kapitel analysiert den Hochschulpakt aller bayerischen Hochschulen sowie die spezifischen Zielvereinbarungen der Universität Passau, um die konkrete Ausgestaltung von NPM in Bayern zu beleuchten.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen der Hochschulsteuerung in Deutschland, insbesondere im Kontext der Bologna-Reform. Die Fokusbereiche liegen auf New Public Management (NPM), Zielvereinbarungen, Autonomie der Hochschulen, Bildungsföderalismus, Governance-Mechanismen, Hochschulpakt, Bayerisches Hochschulgesetz, Fallstudie Universität Passau.
- Arbeit zitieren
- Lisa Schüler (Autor:in), 2011, Eine wechselvolle Beziehung: staatliche Hochschulsteuerung in Bayern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179737