Schmidts Erzählung 'Caliban über Setebos' gilt im Gesamtwerk des Autors als einer der filigransten und dichtest codierten Texte: Unter der Oberfläche einer abstrakten Orpheus-Analogie überkreuzen sich mehrere Leseebenen, die um die letztendliche Konkretisierung und Facettierung einer für die Leser zu fassenden 'Fabel-Aussage' miteinander konkurrieren. Betrachtet und kritisch kommentiert werden die bisherigen literaturwissenschaftlich-hermeneutischen Zugänge, die angesichts der Komplexität des Textes als eigenständiges Kunstwerk merkwürdig wirkungslos bleiben.
Daher soll eine mögliche neue, poststrukturalistisch orientierte Perspektive auf die Erzählung aufgezeigt werden: Wie viel Bedeutung er-/trägt ein Text, bis er keine definitiv gültige Bedeutung mehr hat? Derridas Theoriekomplexe zur 'Signifikantenkette', der sich im Text als Objekt vollziehenden Dissemination von Bedeutung, fällt die Aufgabe zu, das 'Spiel der Bedeutung' zu beschreiben und wird zugleich an Schmidts spezifischer Schreibweise sichtbar gemacht.
Schließlich ergibt sich aus der Anwendbarkeit poststrukturalistischer Bedeutungstheorie auf die écriture Schmidts in dieser Erzählung ein neuer Eindruck: Könnten die inhaltlichen Anspielungen auf den Holocaust und die Sprachgestaltung Schmidts als eine Reaktion auf Forderungen Adornos und anderer darstellen? Ist das produzierte Spiel mit der 'letztendlichen Bedeutungslosigkeit der Zeichen' eine tiefgreifende und feinsinnige Kritik des Autors an der fehlenden Erinerungskultur seiner Zeitgenossen?
Inhaltsverzeichnis
- Voraussetzungen
- Poststrukturalistische Bedeutungstheorie
- Zeichen in CüS
- Mythologische Ebene
- Psychoanalytische Ebene
- Intertextuelle Relationen
- Schoah in Schadewalde
- Strategie und Resultat der Bedeutungsverschiebung
- Sprache als Symptom – Eine Frage der Erinnerungskultur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Erzählung „Caliban über Setebos“ von Arno Schmidt, die im Jahr 1964 erschien. Sie analysiert die tiefgreifenden Bedeutungsebenen des Textes und beleuchtet die komplexe Beziehung zwischen Sprache, Bedeutung und Interpretation.
- Die vielschichtigen Bedeutungsebenen in Schmidts Werk
- Die Rolle der Sprache als Symptom und Spiegel der Erinnerungskultur
- Die Rezeption von Freud und Joyce in Schmidts Werk
- Die Bedeutung des intertextuellen Bezugs und der literarischen Tradition
- Die Analyse des mythologischen und psychoanalytischen Substrats des Textes
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel legt die Voraussetzungen für die Analyse von „Caliban über Setebos“ dar und beleuchtet die Bedeutung des Textes in Schmidts Œvre. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der poststrukturalistischen Bedeutungstheorie und ihren Implikationen für die Interpretation von Literatur. Das dritte Kapitel untersucht die vielschichtigen Bedeutungsebenen in „Caliban über Setebos“, wobei es die mythologische, psychoanalytische, intertextuelle und die Ebene der Shoah-Thematik beleuchtet. Das vierte Kapitel analysiert die Strategie und das Resultat der Bedeutungsverschiebung in der Erzählung. Das fünfte Kapitel setzt sich mit Sprache als Symptom und der Frage der Erinnerungskultur auseinander.
Schlüsselwörter
Arno Schmidt, Caliban über Setebos, Poststrukturalismus, Bedeutungstheorie, Zeichen, Mythologie, Psychoanalyse, Intertextualität, Sprache, Erinnerungskultur, Shoah, Literarizität, Komplexität, Mehrdeutigkeit, Interpretation.
- Arbeit zitieren
- Sven Behnke (Autor:in), 2010, Derrida trifft Adorno in Schadewalde - Aspekte über Arno Schmidts Erzählung "Caliban über Setebos", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179864