Mit dem am 1.11.2008 in Kraft getretenen Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) erfährt das deutsche GmbH-Recht seit der „kleinen“ GmbH-Novelle von 1980 eine grundlegende Renovierung in Zeiten von Wirtschaftskrise und kontinuierlich fortschreitender Globalisierung, die in dessen 118-jähriger Geschichte vergeblich ihres Gleichen sucht.
Werbend als „Deregulierung“ angepriesen, beinhaltet das MoMiG neben zahlreichen Änderungen für Geschäftsführer und Gesellschafter die weitgehende Modernisierung von zentralen Bereichen, wie zum Beispiel der Kapitalaufbringung sowie der Kapitalerhaltung in der GmbH.
Ein beliebtes Instrument des konzernweiten Cash-Managements stellt dabei das weitverbreitete Cash-Pooling dar, welches in den vergangenen Jahren durch diverse Urteile des Bundesgerichtshofs oder eben durch das oben erwähnte MoMiG die Landschaft der Fachliteratur prägte. Insbesondere das legendäre „November-Urteil“ aus 2003, in dem sich der Bundesgerichtshof im Rahmen der Prüfung des gesetzlichen Auszahlungsverbots des § 30 GmbHG a.F. von der herkömmlichen bilanziellen Betrachtungsweise distanzierte, sorgte für eine „Renaissance der juristischen Diskussion“, die bis dato vergeblich ihres Gleichen suchte. Im Ergebnis schuf das Urteil eine erhebliche Rechtsunsicherheit in der Behandlung des Cash-Poolings, bei der einige Literaturmeinungen sogar die Innenfinanzierung der gesamten deutschen Wirtschaft als gefährdet betrachteten.
Um der durch das „November-Urteil“ in der täglichen Beratungspraxis und Literatur aufgetretenen Rechtsunsicherheit entgegenzutreten, kehrt der Gesetzgeber nunmehr mit dem MoMiG ausdrücklich zur bilanziellen Betrachtungsweise zurück, in der das Stammkapital eine bilanzielle Ausschüttungssperre darstellt und dadurch die gängige Konzernfinanzierung in Form des vom Gesetzgeber als „ökonomisch sinnvoll“ angesehenen Cash-Poolings zivilrechtlich absichern soll.
Die Frage, ob der Gesetzgeber mit dem MoMiG die geforderte Rechtssicherheit für Cash-Pooling-Systeme schaffen konnte, oder ob es zu einem Déjà-vu von 1984 kommt, als der BGH „wesentliche Lücken“ bei der Anwendung der zuvor kodifizierten Novellenregeln feststellte, ist im Folgenden darzulegen.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Betriebswirtschaftliche und rechtliche Grundlagen des Cash-Poolings
- I. Begriff des Cash-Poolings
- II. Methoden des Cash-Poolings
- 1. Physisches Cash-Pooling
- 2. Virtuelles Cash-Pooling
- III. Ökonomische Ziele des Cash-Poolings
- IV. Rechtliche Konstruktion
- 1. Innenverhältnis
- 2. Außenverhältnis
- V. Risiken, Gefahren und Nachteile des Cash-Poolings
- C. Kapitalerhaltung im Cash-Pool
- I. Grundsatz der Kapitalerhaltung § 30 GmbHG
- II. Kapitalerhaltung vor dem MoMiG - Abkehr vom bilanziellen Denken
- 1. Das „November-Urteil“ vom 24.11.2003
- 2. Auswirkungen des November-Urteils auf die Cash-Pool-Praxis
- a) Anwendbarkeit des November-Urteils auf das Cash-Pooling
- b) Cash-Pooling im Vertragskonzern
- c) Cash-Pooling im faktischen Konzern
- III. Kapitalerhaltung nach dem MoMiG - Rückkehr zum bilanziellen Denken
- 1. § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG - Die bilanzielle Betrachtungsweise
- 2. Auswirkungen des § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG auf das Cash-Pooling
- a) Cash-Pooling im Vertragskonzern - Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags
- aa) Analogie zu § 291 Abs. 3 AktG
- bb) Behandlung von isolierten Gewinnabführungsverträgen
- cc) Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs
- dd) Behandlung von Altfällen
- b) Cash-Pooling im faktischen Konzern - Vollwertigkeits- und Deckungsgebot
- aa) Das Vollwertigkeitsgebot
- (1) Vorüberlegungen während des Gesetzgebungsprozesses
- (2) Maßgeblichkeit bilanzieller Grundsätze
- (3) Drittvergleich erforderlich?
- i. Verzinsungspflicht als Teil der Vollwertigkeit
- ii. Die Bestellung von Sicherheiten als Voraussetzung der bilanziellen Vollwertigkeit?
- (4) Liquidität des Rückerstattungsanspruchs
- bb) Das Deckungsgebot
- IV. Bewertung und Aussichten
- D. Kapitalaufbringung im Cash-Pool nach dem MoMiG
- I. Grundsatz der Kapitalaufbringung § 19 GmbHG
- II. Die verdeckte Sacheinlage
- 1. Legaldefinition und Ausgangsproblematik des § 19 Abs. 4 GmbHG
- 2. Anrechnungslösung des § 19 Abs. 4 Satz 3 GmbHG
- III. Das Hin- und Herzahlen
- 1. Legaldefinition und Ausgangsproblematik des § 19 Abs. 5 GmbHG
- 2. Voraussetzungen für die Erfüllung der Einlageverpflichtung
- a) Offenlegung gegenüber dem Handelsregister
- b) Vereinbarung der Rückzahlung vor Erbringung der Einlage
- c) Vollwertiger Rückgewähranspruch
- d) Liquidität des Rückgewähranspruchs
- IV. Behandlung von Altfällen
- V. Auswirkungen auf Barkapitalerhöhungen im Cash-Pool
- 1. Ausgangsproblematik
- 2. Cash-Pool II-Entscheidung des BGH
- a) Verdeckte Sacheinlage im Cash-Pool
- aa) Voraussetzungen der verdeckten Sacheinlage im Cash-Pool
- bb) Die Anrechnungslösung im Cash-Pool
- b) Hin- und Herzahlen im Cash-Pool
- aa) Voraussetzungen des Hin- und Herzahlens im Cash-Pool
- bb) Die Erfüllungslösung im Cash-Pool
- c) Verhältnis zwischen der verdeckten Sacheinlage und dem Hin- und Herzahlen
- 3. Zahlung auf ein Sonderkonto
- VI. Bewertung und Aussichten
- E. Die Behandlung auf- und absteigender Darlehen in der Insolvenz nach dem MoMiG
- I. Die insolvenzrechtliche Behandlung von Gesellschafterdarlehen vor und nach dem MoMiG
- II. Auswirkungen der neuen Rechtslage auf die Cash-Pool Praxis
- 1. Insolvenzrechtliche Problematiken nach dem MoMiG
- a) Aufsteigendes Gesellschafterdarlehen - § 135 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 InsO?
- b) Anwendbarkeit des Bargeschäftsprivilegs bei Anfechtungen nach § 135 InsO
- c) Kontokorrentanfechtung
- 2. Problemlösungen
- a) Virtuelles Cash-Pooling
- b) Side-Stream-Loans
- c) Frühwarnsysteme
- d) Begrenzung auf Höchstsalden
- III. Bewertung und Aussichten
- G. Zusammenfassung
- Rechtliche Konstruktion und Auswirkungen des Cash-Poolings
- Kapitalerhaltung und -aufbringung im Kontext des MoMiG
- Insolvenzrechtliche Behandlung von Gesellschafterdarlehen im Cash-Pool
- Bewertung und Aussichten der Cash-Pool-Praxis nach dem MoMiG
- Rechtliche und wirtschaftliche Risiken und Herausforderungen im Cash-Pooling
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit befasst sich mit der rechtlichen Gestaltung und Umsetzung von Cash-Pooling-Systemen im Kontext des MoMiG. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse der Auswirkungen des MoMiG auf die Kapitalerhaltung und -aufbringung innerhalb von Cash-Pools. Darüber hinaus untersucht die Arbeit die insolvenzrechtliche Behandlung von auf- und absteigenden Darlehen im Cash-Pooling nach dem MoMiG.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des Cash-Poolings und die Relevanz des MoMiG ein. Kapitel B bietet eine umfassende Darstellung der betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen des Cash-Poolings. Kapitel C analysiert die Kapitalerhaltung im Cash-Pool unter dem Aspekt des § 30 GmbHG, insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen des MoMiG. In Kapitel D werden die Regelungen zur Kapitalaufbringung im Cash-Pool nach dem MoMiG erörtert, wobei die verdeckte Sacheinlage und das Hin- und Herzahlen im Mittelpunkt stehen. Kapitel E befasst sich mit der insolvenzrechtlichen Behandlung von auf- und absteigenden Darlehen im Cash-Pool nach dem MoMiG und beleuchtet die Auswirkungen der neuen Rechtslage auf die Praxis. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblicken auf zukünftige Entwicklungen im Bereich des Cash-Poolings.
Schlüsselwörter
Cash-Pooling, MoMiG, GmbH-Recht, Kapitalerhaltung, Kapitalaufbringung, Insolvenzrecht, Gesellschafterdarlehen, Aufsteigendes Darlehen, Absteigendes Darlehen, Virtuelles Cash-Pooling, Side-Stream-Loans, Anfechtung, Bargeschäftsprivileg, Deckungsgebot, Vollwertigkeit, Bilanzielle Betrachtungsweise
- Quote paper
- Sven-Oliver Stoklassa (Author), 2010, Cash-Pooling nach dem MoMiG, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179905