Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in seinem Urteil vom 3. Juli 20081 das bisher geltende Wahlrecht für verfassungswidrig erklärt. Bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 war aufgrund einer Nachwahl der Effekt des negativen Stimmengewichts offensichtlich geworden. Der Effekt des negativen Stimmengewichts wurde von den Richtern für verfassungswidrig erklärt, da es die Grundsätze der Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl verletzt. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber verpflichtet, die Verfassungswidrigkeit des geltenden Wahlsystems spätestens bis zum 30. Juni 2011 zu beheben. Durch diese Frist konnten die Wahlen zum 17. Deutschen Bundestag am 27. September 2009 noch mit einem verfassungswidrigen Bundeswahlgesetz durchgeführt werden. Dabei wurde die lange Frist von Experten in Frage gestellt, da die Wahl 2009 noch nach dem bisherigen – zum Teil verfassungswidrigen – System stattfand.2
Bei dieser Wahl gab es eine Rekordzahl von Überhangmandaten: 24 Abgeordnete zogen neben den vorgesehenen 598 Abgeordneten in den Bundestag. Diese 24 Abgeordnete gehören den Unionsparteien an: Die CDU gewann allein in Baden-Württemberg zehn Überhangmandate; darüber hinaus vier in Sachsen, je zwei in Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz und je ein Überhangmandat im Saarland, in Schleswig-Holstein und Thüringen. Auch die CSU erzielte zum ersten Mal in der Geschichte Überhangmandate, insgesamt drei.
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1 Bundesverfassungsgericht: Urteil des Zweiten Senats vom 3. Juli 2008 – 2 BvC 1/07
und 2 BVC 7/07, auf URL: http://www.bverfg.de/entscheidungen/cs20080703_
2bvc000107.html, besucht am 04.10.2009
2 Vgl. Gröpl, Christoph: Überhangmandate leben weiter, auf URL: http://www.unisaarland.
de/fileadmin/user_upload/Professoren/fr11_ProfGroepl/Veröffentlichungen/
Schriften/lit044.pdf, besucht am 28.07.2011 (Gröpl 2008)
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Wahlsystem bei Bundestagswahlen
- Überhangmandat
- Begriffsdefinition
- Gründe für die Entstehung von Überhangmandaten
- Externe und interne Überhangmandate
- Historischer Überblick
- Negatives Stimmengewicht
- Nachwahl in Dresden
- Auftreten von negativen Stimmengewichten
- Beispielrechnung
- Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit den Themen Überhangmandate und negatives Stimmengewicht im deutschen Bundestagswahlsystem. Sie beleuchtet die Entstehung, die Gründe und die Auswirkungen dieser Phänomene auf das Wahlrecht. Die Arbeit hat zum Ziel, die Problematik von Überhangmandaten und negativem Stimmengewicht darzustellen und das deutsche Wahlsystem in diesem Zusammenhang zu analysieren.
- Das deutsche Wahlsystem: personalisierte Verhältniswahl
- Entstehung und Folgen von Überhangmandaten
- Das Phänomen des negativen Stimmengewichts
- Verfassungswidrigkeit des geltenden Wahlsystems
- Mögliche Lösungsansätze für die Wahlrechtsreform
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung: Die Einleitung stellt den aktuellen Stand der Debatte um das deutsche Wahlrecht dar. Sie befasst sich insbesondere mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2008, welches das bisherige Wahlsystem als verfassungswidrig erklärt hat. Der Fokus liegt auf der Kritik am negativen Stimmengewicht und der Notwendigkeit einer Wahlrechtsreform.
- Kapitel 2: Das Wahlsystem bei Bundestagswahlen: Dieses Kapitel erläutert das deutsche Wahlsystem, welches als personalisierte Verhältniswahl bezeichnet wird. Es wird beschrieben, wie die Erst- und Zweitstimme bei der Bundestagswahl zum Tragen kommen und wie die Sitzverteilung im Bundestag erfolgt.
- Kapitel 3: Überhangmandat: Dieses Kapitel widmet sich dem Phänomen der Überhangmandate. Es werden die Begriffsdefinition, die Ursachen für die Entstehung und die verschiedenen Arten von Überhangmandaten beleuchtet. Darüber hinaus erfolgt ein kurzer historischer Überblick.
- Kapitel 4: Negatives Stimmengewicht: Dieses Kapitel erklärt den Effekt des negativen Stimmengewichts. Anhand der Nachwahl des Wahlbezirks Dresden I wird gezeigt, wie sich zusätzliche Zweitstimmen negativ auf das Wahlergebnis auswirken können.
Schlüsselwörter
Überhangmandate, negatives Stimmengewicht, Bundestagswahl, Wahlsystem, Verhältniswahl, personalisierte Verhältniswahl, Zweitstimme, Erststimme, Wahlrechtsreform, Bundesverfassungsgericht, Gleichheit, Unmittelbarkeit, Verfassungswidrigkeit.
- Quote paper
- Dirk Beermann (Author), 2011, Überhangmandate und negatives Stimmengewicht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/180051