Krafttraining bei Diabetes

Einordnung des Krafttrainings in den therapeutischen Prozess bei Typ-2 Diabetes unter Beachtung der aktuellen Studienlage


Ausarbeitung, 2011

33 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1 Einleitung

2 Krafttraining in der Therapie
2.1 Allgemeine Bedeutung des Krafttrainings in der Therapie
2.2 Betrachtung ausgewählter Studien/ Stand der Forschung
2.3 Begriffsbestimmung und Methodik des Krafttrainings
2.4 Angewandte Trainingsmethodik der Kraftfähigkeit in der Therapie
2.5 Zusammenfassung

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Essenzielle Bestandteile einer umfassenden Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 (Quelle: Harrisons Innere Medizin, 2005)

Abb. 2: Kriterien der Stoffwechseleinstellung bei Typ-2-Diabetes (Quelle: Steinbeck, 2005)

Abb. 3: Abhängigkeit der Kraft der Unterarmbeuger vom Grundumsatz (Frauen und Männer) (Quelle: Hettinger, 1993)

Abb. 4: Beziehung zwischen den konditionellen Fähigkeiten; außen: gültige Oberbegriffe für Kombinierte Fähigkeiten; innen: differenzierte Bezeichnung nach der dominanten Fähigkeit (Quelle: Harre/Leopold, 1986. In: Schnabel, 2003)

Abb. 5: Arbeitsweisen, Kontraktionsformen und Arbeitscharakter des Muskels. (Quelle: Hartmann/Tünnemann, 1993)

Abb. 6: Faktoren für die Kraftfähigkeit (Quelle: Schnabel et al., 2003)

Abb. 7: Siebenstufige Belastungsskala (Quelle: Buskies/ Boeckh-Behrens, 1996)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Beschreibung einer Metaanalyse zur Wirkung eines Krafttrainings bei Typ-2-Diabetes durch Aufführung der Autoren, Erläuterung der Stichproben und der Trainingsintervention. (Quelle:verändert Saam/Kahn/Ivan, 2006)

Tabelle 2: Wirkung der in Tab.1 beschriebenen Interventionen auf die angegebenen Variablen bei Typ-2-Diabetikern Quelle: (Saam/Kahn/Ivan, 2006)

Tabelle 3: Modellvorstellung zum Zusammenhang von Belastung, Beanspruchung und Leistungsentwicklung. Quelle: (Schnabel, 2003)

Tabelle 4: Belastungsmethoden im Krafttraining (Quelle: Hartmann/Tünnemann, 1988)

Tabelle 5: Belastungsnormativa in der Therapie. (Quelle: Froböse et al. 2003)

1 Einleitung

…..Angesichts der Prävalenz von Diabetes sind effektiv anwendbare Präventionsprogramme notwendig, um bezahlbar Folgeerkrankungen vorzubeugen Das Potential konservativer Therapien durch Lifestyleänderungen ist groß (S. Bischoff, 2011).

Seit mehreren Jahren fällt immer häufiger der Begriff „Zivilisationserkrankungen“, welche die Menschen mit einer hohen Mortalität behaften. Die Gene können nicht der Grund dafür sein, denn Sie haben sich innerhalb der letzten 1000 Jahre nicht verändert (Martin, 2010). Das Erschließen von Lebensräumen, die Vereinfachung von alltäglichen Abläufen und die Schaffung von Sicherheit ist jedoch gleichzeitig verbunden mit steigender Immobilität durch sitzende Tätigkeit, Übergewicht und die eigene Bequemlichkeit. Ein Indikator ist die Fernsehdauer, je höher diese ist, umso höher ist die kardiovaskuläre Mortalität. Die Hazard Ratio für 1 Stunde täglichen Fernsehkonsum beträgt 1,18, bei 4 Stunden betrug sie 1,46 (Dunstan, 2010). Die NHANES-Studie untersuchte 5555 erwachsene Männer und Frauen, wovon 68,0% der Probanden insgesamt übergewichtig waren. Der Anteil adipöser Personen betrug 33,8% (Flegal, 2010). In Deutschland sind fast zwei Drittel der erwachsenen Bevölkerung, etwa jeder dritte Jugendliche und jedes fünfte Kind übergewichtig. Dies bedeutet eine Verdreifachung innerhalb der letzten 10 - 15 Jahre (Künast, 2004; Hutsteiner, 2004). Ein adipöser Patient verursacht 40% mehr ambulante Kosten und ca. 70% mehr stationäre Kosten (Wirth, 2006). Fehlende körperliche Aktivität verursacht mehr als 2 Mio. Todesfälle im Jahr (WHO, 2006). Das sind bis zu 33 Prozent frühzeitiger Todesfälle, die sich durch körperliche Inaktivität sowie durch Über- bzw. Fehlernährung bedingen, was als Hauptursachen von Zivilisationserkrankungen gelten (Bachel, 2003). Die Inzidenz und Prävalenz von Zivilisationserkrankungen steigt in den meisten Industrieländern aber auch Schwellenländern drastisch an. Dies betrifft insbesondere Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 (im folgenden Typ 2 Diabetes benannt). Spätkomplikationen sind eine über das 2fache gesteigerte Mortalität bei Herzinfarkt und Apoplex (Limberg, 2003; Wirth, 2003, Erbguth, 2011; Yatsuya, 2010). Adipositas, Hypertonie, Hypercholesterinamie und eine gestörte Glukosetoleranz im Kindesalter zeigen das spätere Diabetesrisiko und haben eine prädiktive Bedeutung für vorzeitige Todesfälle. Die Mortalitätsrate von Kinder im höchsten Quartil der Glukosetoleranz ist um 73% höher, als derer im niedrigsten Quartil (Franks, 2011). Die Prävalenzanalyse zeigte in den sechziger Jahren eine Diabeteshäufigkeit der deutschen Bevölkerung von 0,6 Prozent und meist im höheren Alter diagnostiziert. In den neunziger Jahren lag sie bei 2 - 3 Prozent. Neuste Zahlen gehen von 12% der 20-79-Jährigen aus und prognostiziert eine fast ausweglose Situation für unser Gesundheitssystem (Danne, 2011). Der Typ 2 Diabetes, auch als „Altersdiabetes“ bezeichnet, wurde mit einem deutlichen Anstieg der Betroffenen in einem Altersbereich von über 65 Jahren definiert (Michaelis, 1987). In den letzten Jahren tritt der Typ 2 Diabetes jedoch in immer jüngeren Jahren auf. Eine Ursache dafür ist, dass 20% der Kinder und Jugendlichen bereits schon heute Übergewichtig sind (Wirth, 2005). Kinder und Jugendliche mit einem metabolischen Syndrom haben ein 2-3 fach höheres Risiko für einen späteren Typ 2 Diabetes (Magnussen, 2010). Dieses höhere Risiko ist jedoch an das Fortbestehen des Übergewichtes gebunden (Yeung, 2010). Das Ergebnis zeigt auch die präventive Chance einer Gewichtsreduktion. Welche epigenetischen Gefahren veränderte Umweltbedingungen wie falsche Ernährung bei Diabetes beinhalten, erkennt ein Tierexperiment von Ng in Nature. Die ungesunde Ernährung des Vaters programmierte die Beta-Zellen des weiblichen Nachkommens so ungünstig um, dass eine verschlechterte Insulinsekretionsleistung entstand (Ng, 2010). Die verschlechterte Energiebilanz durch geringe körperliche Aktivität gilt als eine Hauptursache und beinhaltet gleichzeitig den Lösungsweg. Gezielte sportliche Interventionen werden derzeit vielschichtig erforscht und bestätigen eine gute Wirkung.

Grundlegend gilt bei der Therapie des Typ-2-Diabetes die Vermeidung akuter Komplikationen. Die allgemeine Therapieempfehlung (s. Abb. 6) und die damit verbundene Prävention koronarer Herzerkrankungen beinhaltet eine normorientierte Einstellung des Stoffwechsels, um im besonderen Maße das Risiko diabetesbedingter Langzeitkomplikationen zu senken. Die Patientenschulung als zentraler Teil, dient der Aufklärung im Umgang mit Medikamenten, dem Informationsgewinn über die Erkrankung, den Langzeitfolgen und den Umgang mit Komplikationen. Ebenso beinhaltet sie Anleitungen zur Verhaltensänderung hinsichtlich Ernährung und körperlicher Aktivität, dem Erhalt der Muskulatur und der Körperfettsenkung sowie der Verbesserung der Insulinempfindlichkeit (Berg, 1999; Schaefer, 1999; Austenat, 2005; Steinbeck, 2005; Schwarz, 2006) (s. Abb. 1).

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Abb. 1 Essenzielle Bestandteile einer umfassenden Therapie des Diabetes mellitus Typ 2. (Quelle: Harrisons Innere Medizin, 2005)

Das therapeutische Ziel ist ein HbA1c deutlich unter 7,0 % (Haber, 2005). Optimal wäre jedoch eine Orientierung am Normalwert sprich unter 6,4 % (Richter/Zick, 2005; ADA, 2011, DDG, 2011). In den grundlegenden Fragen der zu wählenden Therapieansätze sind sich alle Autoren einig. Die Basistherapie muss eine Verhaltensänderung hin zu einem gesunden Lebensstil wie ausreichende Bewegung und Gewichtskontrolle führen und somit auch zur Optimierung der Blutglukosewerte (Baker, 2011; Spraul, 2011). Durch Ernährungsumstellung, diätische Lebensweise und körperliche Aktivität soll vor allem das Erreichen des idealen Körpergewichtes (BMI von 19-25 kg/m²) im Vordergrund stehen. Weiterhin soll sie beim nicht befriedigenden Absenken der Hyperglykämie durch zusätzliche medikamentöse Behandlung ergänzt werden (Steinbeck, 2005). Das hervorzuhebende Risiko von Patienten mit einer schweren Hyperglykamie erkennt die ADVANCE- Studie in einer stark erhöht kardiovaskuläre Ereignisrate und Mortalität (Zoungas, 2010). Grundlegend ist die Behandlung des Typ 2 Diabetes ein multifaktorieller Prozess, bei dem Medikament und körperliche Aktivität in keiner Konkurrenz stehen (Berg, 1999). Jede Therapie soll sich an den individuellen Gegebenheiten und Therapiezielen des Patienten orientieren. Die Kriterien der Stoffwechseleinstellung kennzeichnet Abbildung 2.

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Abb. 2 Kriterien der Stoffwechseleinstellung bei Typ-2-Diabetes (Quelle: Steinbeck, 2005)

Das Ziel der Stoffwechseleinstellung eines Typ 2-Diabetikers ist die Orientierung an den Normwerten eines gesunden Menschen. Ein wichtiger Wert zur Beurteilung der Stoffwechsellage ist dabei das Hämoglobin A1c (HbA1c). Laut Empfehlung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft sollte der Referenzbereich und Zielwert des HbA1c für Typ 1- und Typ 2-Diabetiker <6,5% sein (Stier, 2007). Zum Screening eines Diabetes mellitus oder weiterhin eines metabolischen Syndroms ist alleinig dieser Wert diskutiert. Die Begründung laut Sacks (2002) und Kuzuya (2002) ist in der Überlappung der HbA1c-Bereiche bei Gesunden und „Borderline“ Patienten zu sehen. Ähnliche Resultate wurden durch die IRAS-Studien (Lorenzo, 2010) und die Auswertung der NHANES-Daten (Mann, 2010) erfasst. Das Fazit für die Diagnostik eines Prädiabetes sind weiterführende Glukosewerte. Finnische Forscher einer 10-jährigen prospektiven Kohortenstudie in OULU (593 Teilnehmern) werteten die diagnostische Güte des HbA1c im Vergleich zu IFG und IGT auf, die beiden anderen Werte unterlagen größeren intra-individuellen Schwankungen, wobei der HbA1c den mittleren Blutzuckerwert der letzten 2-3 Monate nachwies (Cederberg, 2010). Dies bestätigte auch die Metanalyse von Zhang (2010), welche einen HbA1c zwischen 5,5 und 6,5% als Prädiktor für einen innerhalb der nächsten 5 Jahre auftretenden Diabetes identifizierten. Ebenso kennzeichnet das International Expert Comittee (IEC) den HbA1c als das überlegene Kriterium. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) folgt nicht ganz den Empfehlungen der American Diabetes Association (ADA) wonach die Nüchtern- und 2-Stunden-Glukose ihre ständige Gültigkeit behält. In einer Stellungnahme der DDG kann eine Diabetesdiagnose bei HbA1c < 5,7% mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Bei einem HbA1c > 6,4% steht die Diagnose mit Sicherheit und zwischen 5,7% und 6,4% sollten weiterhin die glukosebasierten Kriterien angewendet werden.

Vielfältige Untersuchungen beschäftigen sich mit positiven Effekten einer Lifestyländerung und Markern dafür. So erkannten die Autoren der finnischen Diabetespräventionsstudie, dass im Rahmen einer Lebensstieländerung positive Effekte nicht auf den HbA1c, jedoch auf den postgranialen Glukosewerte, welcher wahrscheinlich sensibler reagierten. Der HbA1c ist durch viele physiologische Faktoren wie die Lebensdauer der Erythrozyten und die Glykierung von Hämoglobin beeinflußt (Pajunen, 2011). Für den Patienten birgt jedoch die Messung des HbA1c eine Reihe von praktischen Vorteilen wie: eine Bluprobe ist ausreichend, kein nüchternes Erscheinen und zu jeder Tageszeit entnehmbar (Rathmann, 2011). Die Relevanz einer aussagefähigen Bestimmung der Stoffwechsellage liegt in der Prävention von Komplikationen und Begleiterkrankungen. Deshalb sollte neben einer Familienanamnese eine Körpergewichtsanalyse, eine Glukosetoleranztest und eine Blutdruckmessung durchgeführt werden. Bei den Nüchternblutwerten sollte der Blutzucker, das Gesamtcholesterin, HDL-Cholesterin, LDL- Cholesterin und die Triglyzeride erfasst werden (Sam/Kann/Ivan, 2006). Zu den folgenschwersten Begleiterkrankungen gehört bei 70% der Diabetiker eine manifeste Adipositas die mit einer häufig auftretenden Hypertonie das Mortalitäts- und Morbiditätsrisiko erhöht (Schrader, 2004). Lipidstoffwechselstörungen sind eine weitere Begleiterkrankung die das kardiovaskuläre Risiko laut Hauner (2006) aber durch diätische Maßnahmen gut beeinflussbar sind. Treten zur Diabeteserkrankung mindestens zwei weitere Begleiterkrankungen oder Symptome wie ein zu großes Taillen-Hüft-Verhältnis auf, wird dies einheitlich von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und von der Amerikanischen Diabetesgesellschaft (ADA) als „metabolisches Syndrom bezeichnet. Dieses Syndrom wird als eigenständiger Risikofaktor und Indikator für Herz-Kreislauf- Erkrankungen diskutiert (Haas, 2005). Neben dem Taillen-Hüft-Verhältnis gilt der Body-Mass-Index (BMI) als gebräuchlicher Risikoindikator für ein metabolisches Syndrom und Typ-2 Diabetes dar (Hamann, 2011). Er stellt ein Verhältnis von Körpergewicht zu Körpergröße auf und korreliert zur Fläche des viszeralen Fettes (Scholz, 2006). Nachteilig zeichnet sich beim BMI die nicht vorhandene Differenzierung zwischen Muskelmasse und Körperfett am Gesamtkörpergewicht aus. Die Masse der Muskulatur beeinflusst jedoch maßgeblich unseren Grundumsatz und damit den täglichen Energieverbrauch. Hettinger (1993) beschreibt einen statistisch gesicherten linearen Zusammenhang zwischen Muskelmasse und Grundumsatz. Dieses Ergebnis erfordert eine weitere Differenzierung und Messung des absoluten Wertes vom Körperfett. Von vordergründigem Interesse sollte der abdominale Fettanteil sein, der beim androiden Adiposits bis zu 20% der Gesamtfettmasse beinhalten kann. Der abdominale Fettanteil erhöht das Risiko eines Myokardinfarktes um das 4,5fache und damit stärker als Diabetes oder ein zu geringer HDL- Cholesterinspiegel oder eine Hypertonie (Halle, 2000; Blüher, 2006; Nething, 2006).

Die individuell dosierte und kontrollierte körperliche Aktivität ist primäres Mittel des Therapieprozesses (Hollmann, 1999; Rost, 2002; Froböse, 2003; Kuhn, 2003; Austenat, 2005; Haber, 2005; Erbguth, 2011). Begründung findet sie darin, dass alle Erkrankungen des metabolischen Syndroms und des Typ-2-Diabetes gleichzeitig Risikofaktoren der Arteriosklerose sind. Da diese durch Training positiv beeinflusst werden, ist die gezielte körperliche Aktivität die beste und wirksamste Einzelmaßnahme der Primär- und Sekundärprävention. Keine medikamentöse, chirurgische oder physikalische Therapie verbessert das Funktionsdefizit krankheitsbedingter Schädigungen wie die gezielte körperliche Bewegung (Hamann, 2010; Haber, 2005; Halle, 1999). Schon einfache Ansätze zeigen ihre Wirkung. Die „Japan Diabetes Complications Study“ untersuchte an 2.033 Typ 2 Patienten die mittels Beratung herbeigeführte konventionelle Wirkung durch gezielter Bewegung und Ernährung auf das Schlaganfallrisiko. In der Interventionsgruppe zeigte sich nach 8 Jahren eine signifikant niedrigere Rate (Sone, 2010). Weiterhin bestätigten die Studien von Gordon-Larson (2009) und auch Tavernier (2009) wie mehr alltägliche Bewegung sich possitiv auf das koronare Risiko bei Diabetes auswirken. Durch körperliche Anstrengung nehmen Glukoseaufnahme und Speicher innerhalb der Muskulatur zu. In Verbindung mit einer ausgewogenen Ernährung sind positive Effekte auf den Stoffwechsel, Blutdruck, das Herz-Kreislaufsystem und die Fitness bewiesen (Zimmer, 2005; ebenda, 2000). Sam/Kann/Ivan (2006) bestätigen mittels Literaturanalyse diese Ergebnisse hinsichtlich HbA1c- Wert, Nüchternblutzuckerspiegel und Nüchterninsulinspiegel. Bei den Bluttfettwerten zeigten sich die Resultate uneinheitlich. Einerseits konnte ein Abfall der Triglyzeride nachgewiesen werden, andererseits zeigten sich das Gesamtcholesterin und das HDL-Cholesterin mit uneinheitlichen Ergebnissen, was vielleicht von der Art der körperlichen Aktivität abhängt. Weiterhin sind durch vermehrte körperliche Aktivität und Ernährungsumstellung ein Absinken des Körpergewichts und des Körperfetts zu nennen (ebenda, 2006). Um deutlich Gewicht zu reduzieren und dies zu erhalten, empfiehlt Hamann (2011) körperliche Aktivität mit einem Umfang von 5 Stunden pro Woche und dem daraus resultierenden zusätzlichen Energieverbrauch von 2500 kcal. Den Wert der Sportintervention im Rahmen konservativer Behandlungsansätze zeigt, dass Bewegungstherapie mit Ernährungsumstellung einen größeren Nutzen hat als nur Ernährungstherapie (Goodpaster, 2010).

Die Dimension der Bewegung ist breit gefächert und orientiert sich an den wesentlichen Voraussetzungen des Patienten. Beispiele hierbei sind viel Spazieren gehen, Schwimmen, Radfahren, Gymnastik, gezieltes Ausdauertraining oder vielleicht ein Krafttraining (Kuhn, 2003; Thurm/Gehr, 2005). Ergebnisse einer Studie zu kardiovaskulären Risikoparametern assoziierte eine erhöhte und vorzeitige Mortalität bei verminderter Muskelmasse (Heitmann, 2009). Vielfältige Empfehlungen beinhalten ein Krafttraining so auch Haber (2005), er empfiehlt eine Kombination von Kraft- und Ausdauertraining mit zwei bis drei Trainingseinheiten pro Woche und schreibt dem Ausdauertraining eine Erhöhung der Dichte der Insulinrezeptoren und Verbesserung der Insulinsensitivität zu. Das Training der Muskulatur normalisiert deren Masse und verbessert den Glukoseclaerance, beide sind demzufolge empfehlenswert.

Eine Problemstellung schildert Bachel (2003) mit der Suche nach einem optimalen Dosis - Wirkung - Effekt hinsichtlich Alter, Lebensumständen, Risikofaktoren bzw. Multimorbidität. Ein für die metabolische Zielstellung negatives Beispiel beschreibt Thurm/Gehr (2005) mittels einer Gymnastikgruppe aus Nordrhein-Westfalen. Die Trainingshäufigkeit lag bei ein- bis zweimal pro Woche mit einem integrierten Schulungsprogramm. Das Ergebnis war nach zwei Jahren ein besserer Umgang mit der Erkrankung und positive psychosoziale Aspekte, aber keine Verbesserung des HbA1c -Wert. Die andere Dimension wäre schon Leistungssport, wie der Berlinmarathon der im Jahrbuch 2004 „Diabetes und Sport“ geschildert wird. Vielfach wird eine ausdauerorientierte Bewegung bevorzugt empfohlen u.a. durch den Background eines hohen Energieverbrauches (Hamann, 2010; Hohmann; 2003; Rost, 2002; Hollmann/Hettinger, 1999), was sich in vielfältigen Untersuchungen begründet, die sich mit der Wirkung eines Ausdauertrainings beschäftigten. Die regelmäßige Durchführung verbessert vordergründig die Insulinresistenz, erhöht die Insulinsensitivität und senkt das kardiovaskuläre Risiko. Die Kombination von diätischer Ernährung und 3 mal 50 Minuten aerobes körperliches Training pro Woche erzielten eine Reduktion des HbA1c um 0,9 Prozentpunkte und eine Gewichtsreduktion von 2,5 Kg (Zimmer, 2005). Signifikante Verbesserungen waren auch bei Keller et al. zu erkennen. Acht Typ-2- Diabetiker absolvierten 2mal pro Woche ein 90 min. Ergometertraining über 6 Monate (Keller, 1999).

Ähnliche Ergebnisse erzielte eine Studie von (Duperly, 1999) bei einer kombinierten Diät- Bewegungstherapie. Eine Gruppe von 5 Frauen und 3 Männern mit extrem adipösen Status absolvierte über 8 Wochen eine unterkalorische Diät (ca. 800 kcal/Tag) und absolvierten ein begleitendes Trainingsprogramm (2 - 3mal pro Woche Ausdauer und Gymnastik). Das Resultat war eine signifikante Reduktion des Gewichts und der Insulinresistenz sowie ein signifikanter Anstieg von Muskelkraft, Beweglichkeit, Koordination, Gleichgewicht und der Lebensqualität (Duperly, 1999). Auch bei Kindern zeigen sich bei vergleichbaren Studien positive Resultate (Siewert, 1999; Wolfart, 2000). Steinbeck (2005) empfiehlt eine mässiggradige Aktivität von täglich 20 min. zur Erhöhung der Insulinempfindlichkeit und weist auf die Gefahr einer Hypoglykämie hin. Auch bei Typ-1-Diabetikern wurde ein positiver Effekt durch ein moderates Ausdauertraining nachgewiesen (Blimke, 1985). Vergleicht man ein Ausdauertraining mit einem Krafttraining so sind innerhalb des Energieverbrauches vergleichbare Ergebnisse zu benennen. Der Grundumsatz erhöht sich jedoch durch ein Ausdauertraining nicht, da durch den unterschiedlichen Trainingsreiz keine Hypertrophie und somit keine Vergrößerung der Muskelmasse erreicht wird (Haber, 2005; Zatsiorsky, 1996).

Das der Nutzen eines Ausdauertrainings erforscht ist und die Bedeutung des Krafttrainings in den Mittelpunkt rückt erkennt auch Hamann (2011) und verweist auf eine 2010 veröffentlichte Metaanalyse von Strasser et al. (siehe 3.3.1). Die Erforschung der lebensverlängerten Wirkung und die Verminderung von Sekundärerkrankungen durch gezielte Bewegung beinhaltet sicherlich noch viel Studienpotential, sicher ist jedoch eine höhere Lebensqualität, die sich auch in verringerten Kosten abzeichnen wird (Hettinger, 1986; Rost, 2002).

2 Krafttraining in der Therapie

2.1 Allgemeine Bedeutung des Krafttrainings in der Therapie

Die positiven gesundheitlichen Effekte eines gezielten und gesundheitsorientierten Krafttrainings sind gerade auf orthopädische Indikationen wie die Wirkung auf die stabilisierende Muskulatur der Wirbelsäule und der Gelenke im Alltagsbezug und auch im höheren Alter weitreichend erforscht (Biener, 1990; Schmidtbleicher, 1993; Kieser, 1997; Weineck, 2000; Zimmermann, 2000; Gottlob, 2001; Oldenkott, 2001; Boeckh-Behrens, 2002). Hinsichtlich des Alters gibt es weiterhin weitreichende Untersuchungen. Mateef (1966) bestätigt, dass es niemals zu spät ist mit einem altersgemäßen Training zu beginnen. Fünfundsiebzig- bis Achtzigjährige und selbst Menschen mit über 90 Jahren können noch bemerkenswerte Übungseffekte erzielen. Betrachtet man die Inhalte der Rehabilitation durch die medizinische Trainingstherapie oder aus präventiver Sicht die Intervention von Rückenschulkursen (Haamann, 1997; Bäker, 2000), so erkennt man als Basis ein gezieltes Krafttraining. Einerseits dient es hierbei der Mobilisation und Kräftigung wirbelsäulenstabilisierender Muskelgruppen (Bös, 1992), andererseits dem Ausgleich muskulärer Dysbalancen (Israel, 1994; Israel, 1995; Ahonen, 2003). Ein gut ausgebildetes muskuläres Gleichgewicht beugt Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates vor. Ein Ausgleich dessen setzt eine genaue Diagnose der bestehenden Haltung, Muskelbalance und Bewegungsgewohnheiten voraus (Ahonen, 2003).

Selbst therapeutische Konzepte der Prävention und Sekundärprävention von Herzkreislauferkrankungen beinhalten ein gezieltes Krafttraining mit der Begründung, dass eine gute und alltagsbezogen trainierte Muskulatur entlastend für das kardiovaskuläre System ist (Urhausen, 2000; Gottlob, 2001; Boeckh-Behrens, 2002; Meyer et al, 2004; Paul, 2005) und dass ein kraftausdauerorientiertes Training zum Anstieg der körpergewichtsbezogenen maximalen Sauerstoffaufnahme führt (Zimmermann, 2000).

Bei der Osteoporoseprävention ist bekannt, dass man durch ein gezieltes „Maximalkrafttraining“ der Verringerung der Knochendichte entgegenwirken kann und das Sturzrisiko vermindert (Stone, 1994; Fuchs, 1999; Baumann, 2001; Gottlob, 2001; Paul, 2001; Boeckh-Behrens, 2002; Siegrist, 2003; Mayer/Benzer, 2004). Der Verlauf dieser chronischen Erkrankung geht meist mit einem Mangel an körperlicher Bewegung einher. Aufgrund des hochgradigen Kraftdefizits, welches bei Osteoporose zu Gangunsicherheit und Stolpern führen kann, ist Krafttraining und Koordinationstraining eine wesentlich effektivere Prävention des Oberschenkelhalsbruches als Medikamente. Eine gute Ausprägung konditioneller und koordinativer Fähigkeiten verringert zusätzlich das Sturzrisiko. Selbst bei der Verwendung von Medikamenten können diese nur bei gleichzeitiger Druck und Zugbelastung ihre Wirkung entfalten (Haber, 2005; Stuck, 2006).

Zusammenfassend lässt sich innerhalb der letzten 3 Jahrzehnte erkennen, dass ein Krafttraining nicht nur vorrangig im Leistungssport verwendet wird, sondern gerade in der Prävention und Rehabilitation an Relevanz gewinnt (Gullich, 1999).Gerade in letzter Zeit wird die Wirkung eines Krafttrainings auf unseren Stoffwechsel untersucht. Dabei werden tendenziell positive Effekte bei Stoffwechselerkrankungen wie Typ-2-Diabetes benannt. Auch die Vergrößerung der HDL- Konzentration und eine Verringerung der LDL-Werte sind weitere Resultate, die jedoch keiner genauen Methodik zugeordnet sind (Stemper, 1994; Zimmermann, 2001; Gottlob, 2001; Boeckh- Behrens, 2002). Bisher empfahlen Ärzte und Therapeuten meist ein ausdauerorientiertes Training mit der Integration von Koordinations- und Beweglichkeitsübungen im Rahmen von primären und sekundären Präventionsprogrammen bei Diabetes, metabolischen Erkrankungen und auch bei der Therapie von Herzerkrankungen (Urhausen, 2000; Jung, 2002; Benzer, 2004; Zimmer, 2005). Diese Empfehlung erfolgte meist mit dem Hintergrund, dass ein Krafttraining gleich einem leistungsbezogenem Training ist, welches sich wie Bodybuilding oder Kraftsport an maximalen Lasten orientiert. Ein weiterer Aspekt sind die durch Krafttraining hervorgerufenen hohen und unkontrollierbaren Blutdruckspitzen, die bei Hypertonikern und multimorbiden Patienten weitreichende Komplikationen zur Folge hätten (Rost, 1996).

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Details

Titel
Krafttraining bei Diabetes
Untertitel
Einordnung des Krafttrainings in den therapeutischen Prozess bei Typ-2 Diabetes unter Beachtung der aktuellen Studienlage
Hochschule
Univerzita Komenského v Bratislave
Autor
Jahr
2011
Seiten
33
Katalognummer
V180276
ISBN (eBook)
9783656030270
ISBN (Buch)
9783656030652
Dateigröße
1832 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
krafttraining, diabetes, einordnung, krafttrainings, prozess, typ-2, beachtung, studienlage
Arbeit zitieren
Sven Zeißler (Autor:in), 2011, Krafttraining bei Diabetes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/180276

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