Krise bedeutet Entscheidungssituation, bedeutet Wende- und Höhepunkt in einer gefährlichen Entwicklung. Krise ist das globale Schlagwort des Tages. Zunächst und vor allem auf der großen Bühne der Weltfinanz- und Wirtschaftspolitik, von wo aus mittel- oder unmittelbar alle anderen Bereiche betroffen werden. Es geht um nichts weniger als die Neuordnung der Systeme. Die Frage, die sich allen dabei stellt, ist: Wer kann die Krise bewältigen und wer kann es nicht?
Die Situation des deutschsprachigen Romans am Anfang der literarischen Moderne war eine krisenhafte – dies zumindest diagnostizierten und diskutierten nicht wenige der führenden Autoren, Essayisten und Publizisten des noch jungen 20. Jahrhunderts, allen voran Otto Flake, der mit seinem Artikel Die Krise des Romans von 1922 zum Stichwortgeber wurde. Andere Autoren distanzierten sich von dieser These, indem sie sowohl argumentativ als auch literarisch den Beweis anzutreten versuchten, dass von Krise keine Rede sein konnte. Wie konnte es zu einer solchen Diskussion kommen? Welche waren die Punkte, die für, und welche, die gegen eine Krise sprachen? Und welche Lösungswege beschritten die beteiligten Autoren?
Die vorliegende Arbeit hat sich die Aufgabe gestellt, Antworten auf diese Fragen zu finden. In einem ersten Schritt soll dazu die Stellung der Romanautoren in den Jahren vor und während der Weimarer Republik beleuchtet werden, wobei es zu erörtern gilt, wie und wann der literarische Epochenbegriff „Moderne“ in Deutschland entstand, der aus der Gegenwart betrachtet längst klassisch ist – scheinbar ein Paradoxon? Sodann sollen mögliche verursachende Momente für die Romankrise nachzeichnet und ausgewählte Diskussionsbeiträge von Otto Flake, Alfred Döblin, Robert Musil, Hermann Broch, Jakob Wassermann, Thomas Mann und Walter Benjamin im Hinblick auf ihre Hauptargumente reflektiert werden. Im dritten Teil liegt das Augenmerk auf drei Werken, die als Lösungsvorschläge gelten können. Es sind dies Der Zauberberg von Thomas Mann, Berlin Alexanderplatz von Alfred Döblin und Die Schlafwandler von Hermann Broch. Diese Reihenfolge ist chronologisch belassen, um formale, inhaltliche und stilistische Entwicklungen und erzähltechnische Innovationen im Verlauf der Epoche besser aufzeigen zu können. Gerade die Tatsache, dass es sich hier um drei völlig unterschiedliche Romane handelt, gibt einen Eindruck von der Vielgestalt, welche die Wege aus der Krise anzunehmen im Stande waren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Äußere und innere Krisen: Selbstverständnis, Stellung und Funktion der Schriftsteller im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert
- II. Stimmen zur Krise des Romans
- III. Wege aus der Krise: Drei Lösungsvorschläge
- III.1 Der Zauberberg
- III.2 Berlin Alexanderplatz
- III.3 Die Schlafwandler
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Romankrise in der Weimarer Republik und beleuchtet drei Lösungsvorschläge, die durch die Romane „Der Zauberberg“ von Thomas Mann, „Berlin Alexanderplatz“ von Alfred Döblin und „Die Schlafwandler“ von Hermann Broch repräsentiert werden.
- Die Stellung und Funktion des Schriftstellers im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert
- Die Dissonanz zwischen Selbstverständnis und Leserrezeption literarischer Werke
- Die Ursachen der Romankrise in der Weimarer Republik
- Die verschiedenen Lösungsvorschläge zur Bewältigung der Krise
- Die erzähltechnischen Innovationen in den drei ausgewählten Romanen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Romankrise ein und stellt die Relevanz dieser Thematik im Kontext der Weimarer Republik heraus. Das erste Kapitel beleuchtet die Situation der Schriftsteller in der Zeit vor und während der Weimarer Republik und analysiert die Dissonanz zwischen Selbstverständnis und Leserrezeption. Im zweiten Kapitel werden verschiedene Stimmen zur Romankrise diskutiert, wobei die Hauptargumente von Otto Flake, Alfred Döblin, Robert Musil, Hermann Broch, Jakob Wassermann, Thomas Mann und Walter Benjamin betrachtet werden.
Schlüsselwörter
Romankrise, Weimarer Republik, Moderne, Thomas Mann, Alfred Döblin, Hermann Broch, Der Zauberberg, Berlin Alexanderplatz, Die Schlafwandler, Selbstverständnis, Leserrezeption, Erzähltechnik.
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- Sylvia Rexing-Lieberwirth (Author), 2009, Die Romankrise und drei Lösungsvorschläge, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/180277