Der heutige Pfarrberuf bietet zahlreiche Berührungspunkte mit dem Internet. Nein, man muss es radikaler formulieren: Längst bevor sich PfarrerInnen und kirchenleitende Gremien mit dem Verhältnis der Kirche zu diesem Leitmedium auseinandersetzen, hat es bereits Auswirkungen auf das kirchliche Handeln. Repräsentative Umfragen wie die ARD / ZDF-Onlinestudie 2009 oder die von der Bruderhilfe in Auftrag gegebene Studie „Kirchliche Sinnangebote im Web 2.0“ belegen, dass sowohl in der Gesamtbevölkerung als auch in kirchennahen Milieus der Gebrauch von Web 2.0-Technologien bereits verbreitet ist.
Die Möglichkeiten, die das neue Internet als Kommunikationsplattform und „Mitmachnetz“ bietet, wird von immer mehr Bevölkerungsgruppen genutzt.
Um so erstaunlicher ist, dass die theologische Reflexion dieses Handlungsfeldes in der Fachliteratur und in kirchlichen Stellungnahmen deutlich unterrepräsentiert ist. Zahlreiche Publikationen setzten sich eher mit Randphänomenen des Web 2.0 – wie sogenannten Cyberchurches oder virtuellen Spielplattformen (Second Life) – auseinander.
In der vorliegenden Arbeit soll hingegen nach den Möglichkeiten und Herausforderungen gefragt werden, die das Web 2.0 für die landes-kirchliche Öffentlichkeitsarbeit in Württemberg und im Kirchenbezirk Schorndorf bietet.
Erste Berührungspunkte mit dem Thema ergaben sich einerseits über ein gesellschaftsdiakonisches Projekt, bei dem Videostatements von MigrantInnen online platziert wurden und über die Planung und Entwicklung der neuen Internetpräsenz des Kirchenbezirks Schorndorf. Bevor diese Projekte und die damit verbundenen Erfahrungen dargestellt und reflektiert werden (⇒ 3.1, 3.2), gilt es jedoch zunächst den uneindeutigen Begriff „Web 2.0“ zu definieren (⇒ 2.1) und – auf Grundlage dieser Definition – das derzeitige Web-Angebote im Bereich der Evangelischen Landeskirche in Württemberg zu beurteilen (⇒ 2.2).
Vor diesem Hintergrund wird dann verständlich(er), wie die Internetpräsenz des Kirchenbezirks Schorndorf zu bewerten ist und warum hier die Nutzung des Web 2.0 noch an ihre Grenzen stößt.
Neben der primär phänomenologischen Beschreibung der Web 2.0-Angebote soll abschließend bedacht werden, inwiefern das Verhältnis von Internet bzw. Web 2.0 und Öffentlichkeitsarbeit in kirchlichen Stellungnahmen eingeschätzt wird (⇒ 4.1) und wie sich die Verhältnisbestimmung aus systematisch-theologischer Sicht vertiefen lässt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Vom Web 1.0 zum Web 2.0
- 2.1 Web 2.0 Begriffsklärung
- 2.1.1 Das Web 2.0 als „Mitmachnetz“
- 2.1.2 Multimedialität und Multimodalität von Webanwendungen
- 2.1.3 Soziale Netzwerke und Web-Portal
- 2.2 Web-Angebote der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
- 2.2.1 Landeskirchliche User-Beteiligung
- 2.2.2 Multimedialität und Multimodalität landeskirchlicher Seiten
- 2.2.3 Landeskirchliches Engagement in Social Networks und auf Portalen
- 2.3 Zwischenfazit
- 3. Projekte – Erfahrungen – Horizonte im Kirchenbezirk Schorndorf
- 3.1 „Rai'gschmeggt - Ankommen in Schorndorf und Umgebung“
- 3.1.1 Hintergrund des Projektes
- 3.1.2 Erste Projektphasen
- 3.1.3 Projekterfahrungen im Umgang mit dem Web 2.0
- 3.2 Neuer Internetauftritt des Kirchenbezirks Schorndorf
- 3.2.1 Hintergrund des Projektes
- 3.2.2 Phasen der Konzeption
- 3.2.3 Neue Internetpräsenz – Beurteilung und Potentiale
- 3.3 Zwischenfazit
- 4. Reflexion Kirchlicher Öffentlichkeitsarbeit im Internet
- 4.1 Kirchliche Stellungnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit im Internet
- 4.1.1 Stellungnahmen im Bereich der EKD
- 4.1.2 Publizistische Grundlinien der ELKB
- 4.2 Systematisch-theologische Reflexion
- 4.2.1 Allgemeines Priestertum aller User?
- 4.2.2 Multimedialität und Multimodalität religiöse Kommunikation
- 4.2.3 Kirchliche Verkündigung in einer pluralen Community
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Nutzung des Web 2.0 in der Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Sie untersucht, wie Web 2.0-Technologien in der Landeskirche eingesetzt werden und welche Möglichkeiten und Herausforderungen sich daraus ergeben. Dabei werden konkrete Projekte im Kirchenbezirk Schorndorf analysiert und in einen systematisch-theologischen Kontext gesetzt.
- Der Einsatz von Web 2.0-Technologien in der kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit
- Die Rolle von Social Media und Online-Plattformen für die Landeskirche
- Die Herausforderungen der multimedialen und multimodalen Kommunikation im Internet
- Die Frage nach der Verkündigung in einer pluralen Community
- Die Rolle des „Allgemeinen Priestertums aller User“ im Kontext der digitalen Kommunikation
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung liefert eine Einführung in die Thematik der digitalen Kommunikation und die Rolle des Internets in der heutigen Gesellschaft. Sie verdeutlicht, dass das Web 2.0 längst einen festen Platz im Alltag eingenommen hat und auch für die Kirche zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Kapitel 2 beleuchtet die Entwicklung vom Web 1.0 zum Web 2.0 und geht auf die neuen Möglichkeiten der Kommunikation, der Interaktion und der Partizipation ein. Es beleuchtet die Web-Angebote der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und analysiert deren Stärken und Schwächen.
Kapitel 3 widmet sich konkreten Projekten im Kirchenbezirk Schorndorf, die das Web 2.0 nutzen. Es werden die Erfahrungen und Herausforderungen der Umsetzung dieser Projekte dargestellt und die Potentiale des Web 2.0 für die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit beleuchtet.
Kapitel 4 bietet eine theologische Reflexion der Kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit im Internet. Es werden die Stellungnahmen der EKD und der ELKB zum Thema Öffentlichkeitsarbeit im Internet betrachtet und die Frage nach dem „Allgemeinen Priestertum aller User“ im Kontext der digitalen Kommunikation diskutiert.
Schlüsselwörter
Web 2.0, Öffentlichkeitsarbeit, Landeskirche, Evangelische Kirche, Kirchenbezirk Schorndorf, Social Media, Online-Plattformen, Multimedialität, Multimodalität, Verkündigung, Pluralität, Kommunikation, Kirche im Internet, digitale Kommunikation, „Allgemeines Priestertum aller User“
- Arbeit zitieren
- Jan Rüggemeier (Autor:in), 2010, Das Web 2.0 als Instrument der kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/180659