Moderne Methoden zur Wechselkursprognose

Ein Vergleich fundamentaler und charttechnischer Instrumente


Diplomarbeit, 2011

75 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Vorgehensweise

2 Fundamentale Wechselkursprognose
2.1 Die Kaufkraftparitätentherorie
2.1.1 Absolute Kaufkraftparität
2.1.2 Relative Kaufkraftparität
2.1.3 Einschätzung der Prognosefähigkeit
2.2 Die Zinsparitätentheorie
2.2.1 Gesicherte Zinsparität
2.2.2 Ungesicherte Zinsparität
2.2.3 Einschätzung der Prognosefähigkeit
2.3 Monetäre Wechselkurstheorien
2.3.1 Monetäres Modell mit flexiblen Preisen
2.3.2 Monetäres Modell mit festen Preisen – Das Modell nach Dornbusch
2.3.3 Einschätzung der Prognosefähigkeit

3 Technische Wechselkursprognose
3.1 Die Dow-Theorie
3.1.1 Die Kernaussagen der Dow-Theorie
3.1.2 Kritik an der Dow-Theorie
3.2 Gleitende Durchschnitte
3.2.1 Der einfache gleitende Durchschnitt
3.2.2 Der linear gewichtete gleitende Durchschnitt
3.2.3 Der exponentiell geglättete gleitende Durchschnitt
3.3 Oszillatoren
3.3.1 Momentumkurven
3.3.2 Der Relative-Stärke-Index (RSI)
3.4 Der Variationskoeffizient
3.5 Die Regressionsanalyse
3.6 Empirische Untersuchung der Prognosefähigkeit
3.6.1 Konzept
3.6.2 Vergleichsmaßstäbe
3.6.3 Entscheidungsbaum des symbolischen Maschinellen Lernens
3.6.4 Ergebnisse verschiedener Indikatoren
3.6.5 Trefferquote des Entscheidungsbaumes für das Jahr 2010
3.6.6 Renditevergleich im ausgewählten Zeitraum
3.6.7 Zusammenfassung der empirischen Untersuchung

4 Effizienter Markt und Random-Walk
4.1 Effizienter Markt
4.2 Random-Walk-Theorie

5 Moderne Wechselkursmodelle
5.1 Das Diversity and Weight of Opinion (DAWOP) – Modell
5.1.1 Modellgrundlagen
5.1.2 Einschätzung der Prognosefähigkeit
5.2 Das Forward Exchange Premium Term Structure – Modell
5.2.1 Modellgrundlagen
5.2.2 Einschätzung der Prognosefähigkeit

6 Wechselkursprognose mit Hilfe von künstlichen neuronalen Netzen
6.1 Vergleich der Prognosegüte neuronaler Netze und konventioneller Methoden zur Wechselkursprognose in der Literatur
6.2 Kritische Betrachtung der künstlichen neuronalen Netze

7 Zusammenfassung und Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 - Das Dornbusch Modell

Abbildung 2 - Integriertes Modell zur Wechselkursbestimmung

Abbildung 3 - Euro/Dollar Wechselkursverhältnis mit 10-Tage-SMA und 200- Tage SMA

Abbildung 4 - Dollar/Yen Wechselkursverhältnis mit Momentumkurve

Abbildung 5 - Dollar/CHF Wechselkursverhältnis mit 14-Tages-RSI

Abbildung 6 - Entscheidungsbaum zur Wechselkursprognose

Abbildung 7 - Linearkombination von stationärem Prozess und linearem Aufwärtstrend

Abbildung 8 - Erwartungsbildungshypothese des DAWOP-Modells

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 – Ausgewählte technische Indikatoren als Inputvariablen

Tabelle 2 - Prognoseergebnisse für das Währungsverhältnis USD/JPY

Tabelle 3 - Prognoseergebnisse für das Währungsverhältnis USD/GBP

Tabelle 4 - Prognoseergebnisse für das Währungsverhältnis USD/CHF

Tabelle 5 – Performancevergleich aus Steurer (1997), S279-282

Tabelle 6 – Vergleich der Prognoseergebnisse für das Jahr 2010

Tabelle 7 - Renditeverlgleich ausgewählter Handelsstrategien

Tabelle 8 - Ein Vergleich zwischen Gehirn und Rechner

Tabelle 9 - Prognoseergebnisse der täglichen technischen Wechselkursprognose von Steurer (1997)

Tabelle 10 - Prognoseergebnisse der monatlichen fundamentalen Wechselkursprognose von Grimm (1997)

Tabelle 11 - Prognoseergebnisse der kurzfristigen technisch-fundamentalen Wechselkursprognose von Rehkugler/Podig (1997)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

„I have directed Secretary Connally to suspend temporarily the convertibility of the American dollar except in amounts and conditions determined to be in the interest of monetary stability and in the best interests of the United States.” 1

Dieser wenig spektakuläre Satz von US-Präsident Richard Nixon vom 15. Au- gust 1971 setzte das damals gültige Währungssystem der festen Wechselkurse von Bretton Woods außer Kraft, welches nach dem Ort benannt wurde, an dem es am Ende des Zweiten Weltkriegs festgelegt worden war. Nicht nur die US- Währung war mit einer Unze Gold zu 35$ fest gebunden, sondern auch die Währungen der Mitgliedstaaten des Bretton Woods Vertrages waren fest an den Dollar gebunden. So kostete ein US-Dollar 1948 zum Beispiel exakt 3,33 DM. Es gab zwar alle paar Jahre immer wieder Anpassungen, doch nach der Aufhebung dieser Bindung stellte sich sehr bald heraus, dass der Dollar über- bewertet war. Die D-Mark und der Schweizer Franken wurden in den 1970er Jahren massiv gegenüber dem US-Dollar- und der Feinunze Gold aufgewertet.2

Auf Grund dieser „Verteuerung“ der Währungen stellten sich Probleme in der Exportwirtschaft in vielen Ländern ein. Während der Schweizer Franken im Au- gust 1971 nur 23,25 US-Cent kostete, wurde er bis ins Jahr 1978 immer stärker und kostete schließlich mehr als 67 US-Cent. In Deutschland, Frankreich und Japan zeigte sich ein ähnliches Bild.3

Hinsichtlich der Konsequenzen der Wechselkursvariabilität, wird davon ausge- gangen, dass die kurzfristige Volatilität der Wechselkurse nur begrenzte negati- ve Auswirkungen aus die Realwirtschaft hat. Grundsätzlich ist es möglich, sich mit vertretbaren Kosten durch Devisentermingeschäften vollständig gegen kurz- fristige Wechselkursschwankungen abzusichern. So kann etwa ein deutsches Unternehmen, welches in die Vereinigten Staaten exportiert und deren Exporte in US-Dollar fakturiert werden, das Wechselkursrisiko seiner zukünftigen US- Dollar Zahlungsströme aus den Vereinigten Staaten dadurch eliminieren, dass es diese US-Dollar zum heutigen Devisenterminkurs für den zukünftigen Zah- lungszeitpunkt gegen Euro verkauft. Wertet der Euro jedoch über einen länge- ren Zeitraum gegenüber dem Dollar auf, ohne dass sich die Güterpreise in den beiden Währungsräumen signifikant ändern, so wird das Unternehmen seine Preise die größtenteils in Euro anfallen, nachhaltig erhöhen müssen. Dies führt zu Einbußen in der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber amerikanischen Unter- nehmen und schlimmstenfalls sogar zu Insolvenzen und Produktionsverlage- rungen.4

1.1 Problemstellung

Seit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems besteht ein System flexibler Wechselkurse zwischen den wichtigsten Industrienationen, mit Aus- nahme von China. Sowohl für Banken und Staaten, als auch für Unternehmen sowie private und institutionelle Investoren, ist die Beobachtung der Märkte und ihrer Einflussfaktoren wesentlich, denn sie alle sind von der Wechselkursprob- lematik betroffen. So hat das Währungsmanagement, welches heutzutage in nahezu allen internationalen Unternehmen zu finden ist, die Aufgabe und das Ziel, Chancen und Risiken aus Wechselkursänderungen zu erkennen und ent- sprechende Maßnahmen – zum Beispiel in Form von Devisenforwards – zu tref- fen.5

Bis Anfang der neunziger Jahre stellte eine fundierte Erklärung und Prognose von Wechselkursen ein weitgehend ungelöstes Problem dar. Eine der ersten umfassenden Untersuchungen von strukturellen Wechselkursmodellen lieferten 1983 Richard Meese und Kenneth Rogoff mit dem ernüchternden Ergebnis, dass mit keinem der überprüften Verfahren genauere Vorhersagen möglich wa- ren als mit einem naiven Random-Walk-Modell.6

Diese Arbeit untersucht was sich in den letzten 40 Jahren flexibler Wechselkur- se bezüglich der Prognoseverfahren getan hat und ob es mittlerweile bessere Modelle zur Vorhersage zukünftiger Wechselkursveränderungen gibt als die klassischen Methoden von John Maynard Keynes und Adam Smith.

Die zentrale These, welche als Ausgangbasis für theoretische und empirische Betrachtung dient lautet: „Mit Hilfe ausgewählter fundamentaler und charttech- nischer Instrumente lassen sich Wechselkurse in gewissen Maße vorhersagen. Ein Handel auf Basis dieser Instrumente erzielt eine höhere Rendite als der Markt.“

1.2 Vorgehensweise

Um die Schwachstellen dieser ursprünglichen Wechselkurstheorien aufzude- cken, werden zunächst die klassischen Ansätze zur fundamentalen Wechsel- kursprognose vorgestellt. Nach jeder theoretischen Erläuterung folgt dann eine Einschätzung der Prognosefähigkeit.

Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit einigen, für die Wechselkursprognose relevanten Instrumenten und Indikatoren der technische Analyse. Am Ende die- ses Kapitels wird dann eine empirische Untersuchung der Prognosefähigkeit einiger der vorgestellten Indikatoren durchgeführt. Des Weiteren wird der Ver- such unternommen, durch die Kombination von einigen Variablen der techni- schen Analyse eine höhere Prognosewahrscheinlichkeit zu erreichen als dies die einzelnen Instrumente für sich jeweils erzielen.

Im vierten Kapitel wird die Markteffizienzhypothese und die Random-Walk- Theorie vorgestellt, deren potenzielle Gültigkeit die Ergebnisse dieser Arbeit und die zentrale These, dass mit Hilfe ausgewählter fundamentaler und chart- technischer Instrumente sich Wechselkurse in gewissen Maße vorhersagen lassen, in Frage stellt.

In Kapitel fünf werden dann zwei neuere Konzepte theoretisch beschrieben, die den Versuch unternehmen, klassische fundamentale Prognosemethoden mit der technischen Analyse zu verbinden.

Das sechste Kapitel erläutert den Einsatz künstlicher Neuronaler Netze zur Wechselkursprognose und soll damit einen Einblick in maschinelle Lernverfah- ren ermöglichen und die Frage klären, ob künftig lernfähige Computerprogram- me die menschliche Prognose ersetzen können.

Nach diesem Ausblick widmet sich Kapitel sieben mit einer abschließenden Zu- sammenfassung der Ergebnisse dieser Arbeit.

2 Fundamentale Wechselkursprognose

Eine Fundamentalanalyse untersucht, welchen Einfluss wirtschaftliche Gege- benheiten wie Zinsen, das Preisniveau oder die Geldmenge auf die Wechsel- kursentwicklung einer Devise haben können.7 In den Abschnitten 2.1 bis 2.3 werden zunächst die klassischen Methoden vorgestellt, bevor sich diese Arbeit mit den neueren Ansätzen auseinandersetzt.

2.1 Die Kaufkraftparitätentherorie

Die Kaufkraftparitätentheorie besagt, dass die Wechselkurse zwischen zwei Währungen schwanken damit Unterschiede im Preisniveau ausgeglichen wer- den können. Es wird zwischen der absoluten und der relativen Kaufkraftparität unterschieden.8

2.1.1 Absolute Kaufkraftparität

Der Kaufkraftparitätentheorie liegt das Gesetz vom einheitlichen Preis zugrun- de. Um Arbitragemöglichkeiten auszuschließen, müsste demnach ein Gut über- all auf der Welt zum gleichen Preis verkauft werden. Nach der Theorie hat eine Geldeinheit in allen Ländern die gleiche Kaufkraft und besitzt somit überall den- selben realen Wert. Die absolute Kaufkraftparitätentheorie bedingt also, dass das inländische Preisniveau Pt sowie das ausländische Preisniveau Pt× unter Berücksichtigung des Devisenkurses gleich sein müssen. In der Theorie wird von einem vollkommenen Weltmarkt, homogenen Gütern und dem Fehlen von Transportkosten ausgegangen. Auf der Grundlage von diesen Bedingungen ergibt sich der reale Wechselkurs Rt durch:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

St bezeichnet den Wechselkurs als Preis der ausländischen Währung, ausge- drückt in inländischer Währung.

Der reale Wechselkurs Rt ist daher konstant, gleich eins und ergibt sich nach Logarithmierung zu

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Sollte der reale Wechselkurs nichtstationär sein, so ist die Gültigkeit der Kauf- kraftparität abzulehnen.9

2.1.2 Relative Kaufkraftparität

Der absoluten Kaufkraftparitätentheorie sind verschiedene Einflussfaktoren ent- gegenzusetzten, selbst im Falle der Annahme einer Welt mit rein rational agie- renden Marktteilnehmern. Ein Gut wird normalerweise niemals zu einem be- stimmten Zeitpunkt an jedem Ort zum selben Preis verfügbar sein. Bereits Transportkosten und Zölle stehen einer solchen Vereinheitlichung des Preisni- veaus im Wege. Die relative Kaufkraftparitätentheorie erscheint daher realisti- scher und praxisnäher. Restriktionen wie z.B. Zölle werden bei diesem Modell als konstant (k) angenommen.10

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die relative Kaufkraftparitätentheorie berücksichtigt somit den Einfluss von Transportkosten und Handelsbeschränkungen. Eine unterschiedliche Betrach- tungsweise der Gewichtung und der Bestandteile bei den Preisindizes der Län- der, kann die Gültigkeit der relativen Kaufkraftparität gefährden. Veränderungen des Preisniveaus bestimmen nach der Bildung von Differenzen die weitere Entwicklung eines Wechselkursverhältnisses:11

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die künftige Wechselkursänderung entspricht damit der erwarteten Inflationsdif- ferenz der Länder. Die relative Kaufkraftparitätentheorie kommt somit zu dem Ergebnis, dass bei einer niedrigeren Preissteigerungsrate im Inland als im Aus- land, eine Aufwertung der Inlandswährung einsetzen würde.12

2.1.3 Einschätzung der Prognosefähigkeit

Viele Studien, die sich mit der empirischen Überprüfung der Kaufkraftparität beschäftigten, zeigten auf, dass sich die starken Wechselkursschwankungen weder kurz- noch langfristig mit diesem Modell erklären lassen. Jacob Aharon Frenkel kam in den beiden Veröffentlichungen „Purchasing Power Parity: Doctrinal Aspects and Empirical Evidence“ von 1978 und „Flexible Exchange Rates, Prices and the Role of News: Lessons from the 1970s” aus dem Jahr 1981 zu dem Ergebnis, dass beide Gleichungen, sowohl der absoluten- als auch der relativen Kaufkraftparität, abzulehnen seien.13 Trotzdem wird die Kaufkraftparitätentheorie langfristig von den meisten Ökonomen angenommen. Die Deutsche Bundesbank kommt in ihrem Monatsbericht Juni 2004 zu dem Ergebnis, dass es sich „ angesichts vergleichsweise großer Unsicherheiten über die Einschätzung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft empfiehlt […], das Urteil auf mehrere Indikatoren zu stützen. Die Kaufkraftpari- tätentheorie bietet einen Rahmen, innerhalb dessen sich unterschiedliche Kenngrößen ableiten lassen.“14 Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass das Modell der Kaufkraftparität, empirisch zwar nicht nachgewiesen wer- den kann, die Annahme das Wechselkurse an einem bestimmten Punkt im Gleichgewicht sind, jedoch durchaus nachvollziehbar erscheint.

2.2 Die Zinsparitätentheorie

Die Zinsparitätentheorie geht auf John Maynard Keynes zurück und erfuhr so- wohl in der Volkswirtschaftslehre als auch in der Ökonometrie weite Verbrei- tung. Das Modell besagt, dass Anleger stets dort investieren, wo die höchste Rendite zu erwarten ist. In der Außenwirtschaft wird die Zinsparitätentheorie als kurzfristiges Erklärungsmodell für Wechselkursschwankungen verwendet. Demnach werden Wechselkursbewegungen ausschließlich mit dem Renditein- teresse von Kapitalanlegern erklärt. Daher wird die Zinsparitätentheorie auch als Finanzmarktansatz bezeichnet. Es lässt sich in die gesicherte und die unge- sicherte Form der Zinsparität unterscheiden.15

2.2.1 Gesicherte Zinsparität

Die gesicherte Zinsparitätentheorie wurde von Keynes erstmals im Jahre 1923 in einer Abhandlung über Geldreform beschrieben.16 Er unternahm den Versuch Wechselkursschwankungen auf Zinsdifferenzen zurückzuführen. Demnach soll immer dieselbe Rendite im In- und Ausland bei unterschiedlichem Nominalzins erzielt werden, unabhängig davon, ob das Geld im In- oder Ausland angelegt wurde. Dies wird durch die Zinsarbitrage erreicht. Eine höhere Rendite i× im Ausland führt zu einer steigenden Nachfrage nach ausländischem Buchgeld, sogenannten Kassadevisen. Zinsarbitrageure sind gemäß Definition aus- schließlich an Gewinnen durch nominale Zinsdifferenzen interessiert und da sie keine offenen Positionen eingehen, werden sie ihre Anlagen durch Devisenfor- wards absichern, wodurch das Angebot an Termindevisen steigt. Diese Vor- gänge führen zu einer gegenläufigen Entwicklung. Während der Terminkurs fällt, steigt der Kassakurs an, bis die relative Wechselkursdifferenz der Zinsdif- ferenz entspricht. Formal ausgedrückt bedeutet dies:17

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ft steht für den Terminkurs, st für den nominalen Wechselkassakurs und it für den Zinssatz des Terminkurses. Nach Logarithmierung und der Näherung ln(1 + s) = s ergibt sich folgende Form:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die logarithmierte Differenz zwischen dem Terminkurs ft und dem Kassakurs st entspricht der Differenz zwischen Zinssätzen im Inland it und Ausland it . Als Konsequenz aus der Zinsparitätentheorie ergibt sich die Anhebung des In- landszinssatzes, die zu einem Nettokapitalimport führt und damit die Inlands- währung aufwertet.18

2.2.2 Ungesicherte Zinsparität

Die ungesicherte Zinsparität besteht, wenn der Terminkurs gleich dem erwarte- ten Kassakurs ist. Dies setzt jedoch voraus, dass Transaktions- und Informati- onskosten vernachlässigt werden. Dieser Ansatz, der auch als Fischer-Relation bezeichnet wird, bedeutet, dass der Terminkurs als Erwartungswert für den zu- künftigen Kassakurs s t zu sehen ist. Die Differenz zwischen Termin- und Kas- sakurs entspricht somit der erwarteten Wechselkursveränderung.19

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2.3 Einschätzung der Prognosefähigkeit

Unterschiedliche empirische Untersuchungen (Froot und Taler (1990), Gaab (1983), Blundell-Wignall und Brown (1991)) der Wechselkursprognose auf Ba- sis der Zinsparität ergaben, dass der Zusammenhang zwischen Termin- und Kassakursdifferenzen mit Devisenkursschwankungen zum größten Teil abge- lehnt werden kann, da die Terminkurse nicht geeignet seien als Erwartungswert für künftige Wechselkursentwicklungen. Häufig werde nicht einmal die Entwick- lungsrichtung korrekt prognostiziert.20 Clarida und Taylor haben dieses Problem in ihrer Veröffentlichung im Review of Economics and Statistics im August 1997 unter dem Titel „The term structure of forward exchange premiums and the fo- recastability of spot exchange rates” erneut aufgegriffen und kamen hierbei zu neuen Erkenntnissen. Ihr Modell wird in Kapitel 6 näher beschrieben.

2.3 Monetäre Wechselkurstheorien

Die reine Kaufkraft- und Zinsparitätenmodelle liefern wie in den Kapiteln 2.1.3 und 2.2.3 bereits dargestellt enttäuschende Ergebnisse für die Vorhersage von Wechselkursen. Zwar ist ein Zinseinfluss kurzfristig durchaus als ein wesentli- cher Bestimmungsfaktor anzusehen, allerdings verliert er bei mittel- und lang- fristigen Prognosen immer weiter an Bedeutung. Bei der Kaufkraftparität stellt sich das Problem ein, dass die Anpassungsdauer an den vorgezeichneten Gleichgewichtskurs so lang ist, dass das Preisgefälle über eine längere Zeit- spanne hinweg von anderen Einflussfaktoren überlagert werden kann. Aufgrund der aufgezeigten Defizite sind aktuell gängige Wechselkurstheorien daher meist Kombinationen von Varianten der Kaufkraftparitätentheorie und der Zinsparitä- tentheorie.21 Als weitere Kritik an diesen beiden traditionellen Theorien wird die Vernachlässigung der Geldmenge gesehen. Nach Meinung der Monetaristen ist die Preisentwicklung eines Landes nicht lediglich auf Größen wie Einkommen, Zinssatz und Preisniveau zu stützen, da diese Determinanten einzig und allein von den Spannungen zwischen Geldnachfrage und –angebot bestimmt wer- den.22 Ungleichgewichte am Geldmarkt bestimmen somit die Zinssätze sowie Wechselkurse und die Geldnachfragefunktion der beteiligten Länder findet da- her Eingang in den monetären Ansatz. Es wird unterschieden in den monetären Ansatz bei flexiblen Preisen und ständiger Kaufkraft und dem monetären An- satz bei starren Preisen mit langsamer Preisanpassung auf den Gütermärkten. Im Folgenden werden die beiden Ansätze näher betrachtet.23

2.3.1 Monetäres Modell mit flexiblen Preisen

Das Flexible Price Monetary Model (FPMM) geht auf die Veröffentlichungen von Frenkel (1976) und Bilson (1978) zurück und beruht im Wesentlichen auf der absoluten Kaufkraftparitätentheorie und einer als stabil betrachteten Geldnach- fragefunktion. 24 In der Makroökonomik offener Volkswirtschaften wird im Grun- de von sechs aggregierten Märkten ausgegangen. Dem Güter-, Arbeits-, Geld- und Devisenmarkt und den in- und ausländischen Anleihemärkten. Monetäre Wechselkursmodelle konzentrieren sich lediglich auf Gleichgewichtsbedingun- gen auf dem Geldmarkt. Diese Vereinfachung lässt sich auf folgende Weise erreichen: Angebot und Nachfrage auf dem Devisenmarkt werden durch flexible Wechselkurse stets ausgeglichen. Vollkommen flexible Preise und Löhne füh- ren zu einem ständigen Gleichgewicht auf dem Arbeits- und Gütermarkt. Die beiden nationalen Bondmärkte fusionieren zu einem, da es sich bei den in- und ausländischen Investitionsmöglichkeiten um perfekte Substitute handelt. Somit sind insgesamt drei von nunmehr fünf verbleibenden Märkten geräumt. Das gesamte System des Modells befindet sich nun gemäß dem Gesetz von Wal- ras25 im Gleichgewicht, wenn sich Nachfrage und Angebot auf dem Geldmarkt ausgleichen. 26 Das reale Geldangebot m mit der nominalen Geldmenge m und den Preisen p wird der Geldnachfrage als L in Abhängigkeit vom Realeinkom- men y, dem Zinssatz i und anderen Faktoren k wie z.B. dem technischen Fort- schritt gegenübergestellt. Dieser Zusammenhang wird auch als Geldmengen- Preis-Mechanismus bezeichnet. Dies ist ein Zahlungsbilanzmechanismus, wel- cher bei Einrichtung stabiler Wechselkurse dadurch eintritt, dass die Zentral- bank durch Ankauf bzw. Verkauf von Devisen eine Stabilisierung des Wechsel- kurses gewährleisten muss. Erhöht sich nun deswegen die Geldmenge bei ei- ner gleichbleibenden Gütermenge führt das zu steigenden Preisen im Inland, wodurch eine größere Menge an ausländischen (nun billigeren) Gütern nachge- fragt wird, was einen Ausgleich der Zahlungsbilanz herbeiführt. Somit ergibt sich:

Geldangebot = Geldnachfrage

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Zitat aus Nixons Rede vom 15. August 1971 von der Webseite des European Navigator (10.06.2011)

2 Vgl. NZZ Folio 01/09, Die Finanzkrise Teil 3, Seite 3-6

3 Vgl. www.digitalis.uni-koeln.de/ (10.06.2011)

4 Vgl. Meier (1998), S. 4f

5 Vgl. Perlitz (2000), S. 521

6 Vgl. Hannemann (2006), S. 11

7 Vgl. Goldberg (1990), S. 13

8 Vgl. Steurer (1997), S. 11

9 Vgl. Steurer (1997), S. 12

10 Vgl. Steurer (1997), S. 13

11 Vgl. Gärtner/Lutz (1997), S. 25-27

12 Vgl. Steurer (1997), S. 13-14

13 Vgl. Steurer (1997), S. 14; Vgl. hierzu auch: Frenkel: Purchasing Power Parity: Doctrinal As- pects and Empirical Evidence, Amsterdam [u.a.] : Elsevier: Frenkel: Flexible Exchange Rates, Prices and the Role of News: Lessons from the 1970s, Chicago, Ill. : Univ. Press.

14 Vgl. Bundesbank Monatsbericht Juni (2004), S. 15

15 Vgl. Steurer (1997), S.14

16 Keynes: On monetary reform, London, Macmillan 1923.

17 Vgl. Steurer (1997), S. 14-15

18 Vgl. Steurer (1997), S. 16

19 Vgl. Steurer (1997), S. 16

20 Vgl. Steurer (1997), S. 16

21 Vgl. Steurer (1997), S. 20

22 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, (12.04.2011)

23 Vgl. Steurer (1997), S. 20 - 21

24 Vgl. Gerhards (1994), S. 29 ff.

25 Das Gesetz von Walras (nach Léon Walras) stellt fest, dass sich in einem vollkommenen Markt Angebot und Nachfrage auf allen Teilmärkten in der Summe ausgleichen. Der Wert der aggregierten Überschussnachfrage ist somit immer 0. Das Gesetz von Walras impliziert, dass wenn n-1 Märkte im Gleichgewicht sind, auch der letzte Markt (Markt n) ausgeglichen sein muss. (Vgl. Hens und Pamini (2007)), S. 112-113

26 Vgl. Hannemann (2006), S. 16 - 17

Ende der Leseprobe aus 75 Seiten

Details

Titel
Moderne Methoden zur Wechselkursprognose
Untertitel
Ein Vergleich fundamentaler und charttechnischer Instrumente
Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg
Veranstaltung
Prognoseverfahren/Wirtschaftsmathematik
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
75
Katalognummer
V180896
ISBN (eBook)
9783656038269
ISBN (Buch)
9783656038399
Dateigröße
1814 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Prognoseverfahren, Technische Analyse;, Charttechnik;, Wechselkurse;, Wechselkursprognose
Arbeit zitieren
Lars Strozinsky (Autor:in), 2011, Moderne Methoden zur Wechselkursprognose, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/180896

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