Sein Konterfeit ziert das Logo der antirassistischen Fußball-Fangruppierung „Ultra‘ Sankt Pauli“ ebenso wie die Kleidung von „Autonomen Nationalisten“ aus der rechtsradikalen Szene1; auch die Ultrà-Fanbewegung des FC Bayern München empfiehlt seinen Mitgliedern neben der Lektüre von Büchern über Fußball, Fankult, Ultràs und Gewalt, die Bibliographie Ernesto Guevaras von Jon Lee Anderson, mit Hinweis auf seinen Vorbildcharakter für einen jeden Ultrà, zu studieren2, während der deutsche Historiker Gerd Koenen ihn in eine Reihe mit heutigen Dschihadisten stellt3 und die als politisch eher links geltende taz anlässlich seines 40. Todestages von einem autoritären Macho mit rassistischen Tendenzen4 schrieb.
Ich selber erinnere mich an mehrere Freunde und Bekannte in meiner Jugend, die sich selbst als Pazifisten bezeichneten und gleichermaßen das wohl bekannteste T-Shirt der Welt mit dem schwarzem Konterfeit des nicht sehr pazifistischen Ernesto Guevaras auf rotem Hintergrund trugen.
Die Werbungsindustrie nutzt indes den Bekanntheitsgrad der Figur des Kapitalismus-Kritikers Ché Guevara, um damit ihre Erträge weiter zu erhöhen.
Wieso wird ein einzelner Mensch von so vielen, derartig unterschiedlichen Personen und Gruppierungen über 40 Jahre nach seinem Tod so diffus rezipiert?
Macht man sich etwas vor, wenn man in Betracht zieht, dass der Bezug zu Ernesto Guevara von Einzelnen und von Gruppen irgendeinem anderen Zweck dient als der Vermarktung eines Produkts bzw. der Erhöhung der eigenen Popularität? Haben sich auf Guevara beziehende Personen und Gruppen ein Bild vom historischen Ernesto Guevara und seinen konkreten Theorien und Wertvorstellungen oder leben alle Bezüge vom oft betonten „Mythos Che Guevara“, von der Symbolkraft eines revolutionären Märtyrers, der schlichtweg populär und attraktiv ist? Hat sich das Bild Ches gänzlich vom Inhalt Guevaras gelöst oder findet in Teilen ein reflektierter Umgang mit dieser Problematik statt?
Unter anderem durch Kontakt zu Guevara verwendenden Gruppierungen und Analyse von Internetpräsenzen und Publikationen soll die vorliegende Arbeit sich Antworten auf diese Fragen nähern.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Rezeption von Ernesto „Che“ Guevara
- Rezeption durch politische Gruppierungen
- Rezeption durch deutsche Parteien
- Rezeption in Journalismus und Literatur
- Rezeption in Werbung und Merchandise
- Rezeption bei anderen Gruppierungen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die divergierende Rezeption der Figur Ernesto „Che“ Guevaras über vierzig Jahre nach seinem Tod. Sie beleuchtet, wie unterschiedlich Personen und Gruppen aus dem politischen Spektrum, dem Journalismus und der Wirtschaft das Bild Guevaras nutzen und interpretieren.
- Die unterschiedlichen politischen Interpretationen von Che Guevaras Bild und Wirken.
- Die Verwendung des Che-Bildes in Werbung und Merchandise.
- Die Rolle des „Mythos Che Guevara“ und seine Entkopplung von historischen Fakten.
- Die Analyse der Rezeption durch verschiedene Gruppierungen (z.B. Antifa, Rechtsradikale).
- Der Vergleich zwischen dem historischen Che Guevara und seiner symbolischen Darstellung.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die vielschichtige und widersprüchliche Rezeption von Che Guevara dar, von linksradikalen Gruppierungen bis hin zu rechtsradikalen Bewegungen und der Werbeindustrie. Kapitel 2.1 analysiert die Rezeption durch politische Gruppierungen, wobei die gegensätzlichen Interpretationen der Antifa und einer rechtsradikalen Gruppe im Detail beleuchtet werden. Der Abschnitt zeigt die unterschiedlichen Weisen auf, wie Guevara instrumentalisiert wird.
Schlüsselwörter
Che Guevara, Rezeption, politische Gruppierungen, Symbol, Mythos, Werbung, Merchandise, Antifa, Rechtsradikalismus, historische Figur, politische Instrumentalisierung.
- Arbeit zitieren
- Robert Pilgrim (Autor:in), 2011, Rezeption von Che und Guevara, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/181538