„Das ist ein Buch über ein Verbrechen.“ – Dieser präzise von Ingeborg Bachmann
formulierte Satz, der in einer ihrer Vorreden zu „Das Buch Franza“ zu finden ist, zeigt das
zentrale Anliegen der Autorin, welches sie in diesem Werk zum Ausdruck bringt. Hierin übt
sie Kritik an den auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch existierenden
Gesellschaftsverbrechen, die so sublim sind, dass sie zwar kaum noch wahrgenommen
werden können, aber eben dennoch zur Realität gehören. „Es ist mir immer, […], ein Problem
gewesen, wohin das Virus Verbrechen verschwunden ist, es kann sich vor zwanzig Jahren
nicht verflüchtigt haben, […]. Es ist nur unendlich viel schwieriger geworden, Verbrechen zu
begehen und die Verbrechen sind sublim, die heute begangen werden, in unserer
Nachbarschaft, unter unsren Augen, die nicht sehen. Ja, ich behaupte, […], daß noch heute die
meisten Menschen nicht sterben, sondern ermordet werden.“ Gleichzeitig kritisiert
Bachmann die Literatur, der es, ihr zufolge, bisher nicht gelungen sei, die reale Welt und die
in ihr begangenen Verbrechen darzustellen. „[…] ich habe oft sagen gehört, die Literatur
heutzutage sei kühn. Ich, für meinen Teil, habe nie an diese Kühnheit geglaubt. […] Denn die
Literatur, wenn man genau hinsieht, drückt nicht einmal die Hälfte der Verbrechen aus, die
die Gesellschaft heimlich und ungestraft begeht, jeden Tag, […]“ Was die Literatur laut
Bachmann bisher versäumt hat, versucht sie in einer äußerst komplexen Form in ihrem
„Todesarten-Zyklus“ und hier im Speziellen in ihrem Romanfragment „Das Buch Franza“
nachzuholen. Hierin thematisiert sie vor allem die Verbrechen des Geistes, die sie für die
schrecklichsten Taten hält, die Menschen einander antun können. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Heimkehr nach Galicien
- Jordanische Zeit
- Die Jordanische Strategie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieses Buch untersucht die Zerstörung der Protagonistin Franza durch ihren Mann, den Psychiater Leo Jordan. Es analysiert die psychischen und physischen Auswirkungen von Jordans manipulativen Verhalten auf Franza und beleuchtet die Rolle des Ödipuskomplexes in ihrer Beziehung.
- Die psychologische Manipulation durch Jordan
- Die Zerstörung von Franzas Identität
- Die Rolle des Ödipuskomplexes
- Franzas körperlicher und seelischer Verfall
- Die "Jordanische Strategie" als Methode der Kontrolle
Zusammenfassung der Kapitel
Das Kapitel "Heimkehr nach Galicien" beschreibt Martins Suche nach seiner verschwundenen Schwester Franza und die Entdeckung ihrer verstörten Verfassung in Galicien. Es legt den Fokus auf Franzas psychischen Zustand und ihren Widerstand gegen ärztliche Hilfe. Die Reise nach Ägypten wird als eine Reise durch Franzas Krankheit dargestellt.
Das Kapitel "Jordanische Zeit" befasst sich mit Franzas Erkenntnis der Verbrechen, die an ihr verübt wurden und ihrer Ohnmacht gegen Jordans Strategie. Es thematisiert die Kontrolle Jordans über Franza durch seine Notizen und die daraus resultierende seelische und körperliche Zerstörung. Franzas Verlust ihrer Sprache wird hervorgehoben.
Das Kapitel "Die Jordanische Strategie" analysiert Jordans Methode der Manipulation und Kontrolle über Franza, unterstützt durch seine psychoanalytischen Kenntnisse und die Ausnutzung von Franzas familiärer Vorgeschichte und ihrem Ödipuskomplex. Jordans Verhalten als autoritäre Vaterfigur wird untersucht.
Schlüsselwörter
Ingeborg Bachmann, Franza Ranner, Leo Jordan, Ödipuskomplex, Psychoanalyse, Manipulation, Identitätsverlust, psychische Gewalt, seelische Zerstörung, „Jordanische Strategie“, Vater-Tochter-Dynamik, Trauma.
- Arbeit zitieren
- B.A. Christina Klemke (Autor:in), 2010, Die "Jordanische Strategie", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/181626