„Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen! Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden“. Dieser Missionsauftrag des christlichen Religionsstifters war ein Kernstück der damals neuen Religion. Menschen mussten von der Exklusivität des Heilsanspruches überzeugt werden. „Richtig“ galt dem Christen ausschließlich die eigene Ansicht; andere Standpunkte waren für ihn unhaltbar.
Auch wenn sich die christliche Religion seit wenigen Jahrzehnten in Westeuropa auf dem Rückzug befindet, bleibt festzuhalten, dass Europa auf gut 17 Jahrhunderte christliche Tradition zurückblickt. Die hinter dem Missionsauftrag stehende Philosophie, andere Menschen aus guter Absicht heraus von der Richtigkeit der eigenen Ansicht überzeugen zu müssen, kann als kulturprägend bezeichnet werden.
Davon ist kein Lebensbereich ausgenommen: Westlich geprägte Fachliteratur zum Thema „Mitarbeiterführung“ ist bis auf den heutigen Tag häufig beseelt von der Idee der zielgerichteten Einflussnahme auf den Mitarbeiter oder – weniger euphemistisch formuliert – von der Frage nach den wirksamsten Manipulationstechniken. In einer Zeit, in der Waren- und Geldströme immer globaler – und damit kulturübergreifend – werden und die Unternehmen sich dieser Herausforderung durch eine zunehmend internationale Vernetzung zu stellen versuchen, erscheint ein unreflektiertes Beharren auf derartigen Methoden geradewegs anachronistisch.
Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach, welchen Einfluss moderne Erkenntnistheorien auf den Führungsansatz von morgen haben können. Dabei widmet sie sich insbesondere dem radikalen Konstruktivismus aus der Sicht Humberto Maturanas. Kapitel 2 beleuchtet zunächst die Hintergründe radikal-konstruktivistischer Wahrnehmungsmodelle, bevor sich das dritte Kapitel mit führungsrelevanten Denkansätzen Maturanas befasst. Im Anschluss daran wird aufgezeigt, inwieweit diese Erkenntnisse das traditionelle Führungsverständnis verändern können.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Das Wesen radikal-konstruktivistischer Wahrnehmungsmodelle
- 2.1 Historisch-philosophischer Kontext
- 2.2 Sozio-kultureller Kontext
- 2.3 Entscheidungstheoretischer Kontext
- 3 Maturanas radikaler Konstruktivismus
- 3.1 Toleranz und Respekt
- 3.2 Menschenrechte
- 3.3 Ästhetische Verführung
- 4 Einfluss radikal-konstruktivistischer Theorien auf das Führungsverhalten
- 4.1 Konventionelle Führung
- 4.2 Führung nach Maturanas Modell
- 4.3 Grenzen und kritische Anmerkungen
- 5 Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Einfluss des radikalen Konstruktivismus, insbesondere der Ideen von Humberto Maturana, auf das Führungsverhalten in der heutigen Zeit. Sie befasst sich mit der Frage, wie moderne Erkenntnistheorien das traditionelle Führungsverständnis verändern können und welche Auswirkungen diese Erkenntnisse auf die Gestaltung von Führungsansätzen der Zukunft haben könnten.
- Radikal-konstruktivistische Wahrnehmungsmodelle und ihre historischen und philosophischen Wurzeln
- Der sozio-kulturelle Kontext von Wahrnehmung und das Konzept der konstruierten Wirklichkeit
- Maturanas radikaler Konstruktivismus und seine zentralen Thesen zur Toleranz, Respekt und Menschenrechten
- Die Relevanz von Maturanas Konstruktivismus für das Führungsverhalten und die Herausforderung des traditionellen Führungsverständnisses
- Grenzen und kritische Anmerkungen zu den Anwendungen des radikalen Konstruktivismus im Führungskontext
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik ein und stellt den Missionsauftrag der christlichen Religion als Ausgangspunkt für die kritische Betrachtung traditioneller Führungsmodelle dar. Kapitel 2 beleuchtet die historisch-philosophischen, sozio-kulturellen und entscheidungstheoretischen Grundlagen des radikalen Konstruktivismus. Kapitel 3 widmet sich Maturanas radikalem Konstruktivismus und dessen zentralen Thesen. Kapitel 4 diskutiert die Relevanz dieser Thesen für das Führungsverhalten, die Herausforderungen des traditionellen Führungsverständnisses und präsentiert kritische Anmerkungen zur Anwendung des radikalen Konstruktivismus im Führungskontext.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Begriffen des radikalen Konstruktivismus, der Wahrnehmung, der konstruierten Realität, der Beziehung zwischen Individuum und Umwelt, der Toleranz, dem Respekt, den Menschenrechten, der Ästhetischen Verführung, dem Führungsverhalten und dem traditionellen Führungsverständnis. Dabei wird die Bedeutung von Humberto Maturanas Ideen im Kontext von Führungsmodellen der Zukunft beleuchtet.
- Arbeit zitieren
- Michael M. Drebing (Autor:in), Nadine Greulich (Autor:in), Guido Groß (Autor:in), Reinhold Knobloch (Autor:in), 2011, Leadership und der Radikale Konstruktivismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/181649