Gleichgewicht halten !

Die Schülerinnen und Schüler erweitern ihre dynamische Gleichgewichts- und ihre Unterstützungsfähigkeit, indem sie in Kleingruppen einen Stationsparcours modifiziert bewältigen


Unterrichtsentwurf, 2011

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


1. Beschreibung der Lerngruppe und der pädagogischen Situation

Seit Beginn des neuen Schuljahres 2011/2012 unterrichte ich den Sportkurs E1SP02 bestehend aus 17 Schülerinnen und 3 Schülern. Im Kurs befinden sich fünf Schüler1 des G8 Jahrganges. Dies hat zur Folge, dass die Alterspanne des Kurses zwischen 14 und 18 Jahren liegt. Die Schüler bringen entsprechend dieser Voraussetzungen unterschiedliche schulsportliche Erfahrungen und Vorkenntnisse mit und weisen für ihr Alter typische heterogene Entwicklungsmerkmale der Adoleszenz2 auf, was durch die Jahrgänge aus G8 und G9 verstärkt wird.

Das Lehrer-Schüler-Verhältnis kann als respektvoll und freundlich bezeichnet werden. Die Schüler kommen meinen Anweisungen nach, erscheinen pünktlich zum Unterricht, geben konstruktive Rückmeldungen, sind hilfsbereit und bringen eigene Ideen wie Spielvariationen mit in den Unterricht ein.

Dem anfänglich unsicheren Verhalten der Schüler, bedingt durch die neue Lernsituation3, begegnete ich im Sportunterricht mit unterschiedlichen kooperativen Spielformen und einer verstärkten Arbeit in Kleingruppen. In den vorangegangen Stunden gingen die Schüler der Frage nach, welche Trainingsbereiche der Fitness die Gesundheit des Menschen verbessern könnten. Es entstanden fünf Themenbereiche: Sportspiele, Ausdauertraining, Krafttraining, Koordinationstraining und Beweglichkeitstraining, die die Schüler selbständig erarbeiteten und in einer Präsentation mit praktischem Anteil vorstellten.

Mit Hilfe der Präsentationen konnte ich einerseits erkennen, dass die Schüler in der Lage sind, Themen im Sportunterricht selbständig, termingerecht und arbeitsteilig zu gestalten. Andererseits fällt den meisten Schülern ein selbstbewusstes Auftreten vor der Klasse schwer, da Gesprächsbeiträge häufig schüchtern geäußert werden.

Im sportmotorischen Bereich zeigte sich vorrangig in Spielsituationen4, dass die meisten Schüler über grundlegende konditionelle und koordinative Fähigkeiten verfügen. Im Unterricht konnte ich an den Präsentationen der Schüler anknüpfen und vertiefte u. a. den Bereich der Koordination in Form von Kleinen Spielen. Während eines Spiels, in dem die Schüler unter Zeitdruck über einen Balken laufen und einen Ball fangen mussten, merkte ich, dass einige von ihnen Probleme hatten, das Gleichgewicht zu halten. Wird die Komplexität der koordinativen Aufgaben erhöht, so gelingt eine genaue Durchführung oft nur denjenigen, die auch außerhalb des Sportunterrichts außerschulische Sportangebote nutzen. Vielen Schülern fällt es dann schwer, Bewegungen zu koppeln, sie zu differenzieren, die Balance zu halten und gleichzeitig unterschiedliche Bewegungsaufgaben durchzuführen.

Aufgrund dieser Beobachtungen möchte ich in meinem Unterrichtsvorhaben an die vorhandenen Kompetenzen der Schüler anknüpfen und ihnen ein Angebot unterbreiten, in dem sie ihre sportmotorischen Fähigkeiten im Bereich der dynamischen Gleichgewichtsfähigkeit verbessern, ihre Sinne bewusst wahrnehmen und Selbstwirksamkeit erfahren können.5

Vier Schüler zeigen bisher konstant gute sportmotorische Leistungen im Bereich der Sportspiele und der allgemeinen Fitness, indem sie die gestellten Aufgaben ohne größere Probleme motiviert bewältigen. Drei Schüler verfügen über ein geringes koordinatives Bewegungsrepertoire, was sich zum Teil in komplexeren Handlungssituationen negativ auswirkt.6

Das Arbeitsklima kann insgesamt als lernförderlich eingeschätzt werden, sodass ich für die geplante Unterrichtsstunde eine Beteiligung am Unterrichtsprozess erwarte und an der Arbeit in Kleingruppen festhalten werde.7

2. Sachanalyse und pädagogische Perspektiven

Die Gleichgewichtsfähigkeit erlaubt es dem Menschen, „ den gesamten Körper im Gleichgewichtszustand zu halten oder w ä hrend und nach umfangreichen Körperverlagerungen diesen Zustand beizubehalten beziehungsweise diesen wieder herzustellen. “8 Insbesondere der dynamischen Gleichgewichtsfähigkeit kommt dabei eine zentrale Bedeutung für das erfolgreiche motorische Lernen zu und ist Voraussetzung für alle Bewegungshandlungen im Sport und Alltag. Die Schüler benötigen diese koordinative Fähigkeit z. B. in Spielsituationen, bei Sprüngen und Umschwüngen im Geräteturnen9, beim Balancieren auf einer Slackline oder auch beim alltäglichen Fahrradfahren oder dem Ausgleichen von Fahrbewegungen eines Schulbusses.

Der Erhalt der Gleichgewichtsfähigkeit „ beruht vornehmlich auf der Verarbeitung von Informationen des kin ä sthetischen und taktilen, zum Teil auch des statico-dynamischen und des optischen Analysators “ 10 und erfordert bei forciertem Training ein hohes Maß an Konzentration. Das Verbessern der dynamischen Gleichgewichtsfähigkeit setzt somit eine gezielte Störung vorrangig des vestibulären oder optischen Analysators voraus. Dies kann durch Bewegungen über verkleinerte Auftrittsflächen, durch unterschiedliche Bewegungsformen oder durch das Schließen der Augen erfolgen, sodass eine ständige Verlagerung des Körperschwerpunktes verlangt wird.11. Alternativ bieten Hindernisse und der Einsatz von Materialien zusätzliche Möglichkeiten auf die Sinneswahrnehmung einzuwirken und die Anforderung an die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zu erhöhen.

Der Übungsreiz sollte so gewählt werden, dass er Abwechslung bietet12, die Lernenden weder über- noch unterfordert und er an ihren Könnensstand anknüpft.13 Die Reizdauer sollte zwischen 30 und 45 Sekunden betragen und im Anschluss eine Erholung ermöglichen.14 Unter den pädagogischen Perspektiven S inneswahrnehmung verbessern, Bewegungserlebnis und Körpererfahrung erweitern und Etwas wagen und verantworten, sollen die Schüler im Bewegungsfeld Den Körper trainieren, die Fitness verbessern eine Verbesserung der dynamischen Gleichgewichtsfähigkeit erfahren, Trainingsmöglichkeiten sowie die Bedeutung des Gleichgewichts für motorische Bewegungen kennlernen und dabei verantwortungsvoll mit ihren Körper umgehen.15 Ein Parcours bietet, angelehnt an die moderne Outdoor-Sportart, zudem Abwechslung und Herausforderungscharakter.

3. Didaktische Überlegungen und Einordnung der Unterrichtsstunde

Ausgehend von den Kompetenzen der Lerngruppe und den vorhandenen schulischen Möglichkeiten, orientiere ich mich bei meinen nachfolgenden Überlegungen an den Richtlinien des Hessischen Lehrplans sowie den Bildungsstandards und den Inhaltsfeldern im Fach Sport für Gymnasien. Hierin wird empfohlen, dass die Schüler unter der pädagogischen Perspektive Sinneswahrnehmung verbessern, Bewegungserlebnis und Körpererfahrung erweitern, 16 im Bewegungsfeld Bewegen an und mit Ger ä ten in einem Unterrichtsvorhaben ihre koordinativen Fähigkeiten im motorischen Lernprozess verbessern sollen.17

Die Unterrichtsstunde ist eingebettet in die Unterrichtseinheit Fitness verbessern und Gesundheit fördern, in der sich die Schüler vertiefend mit den einzelnen Fitnessbereichen auseinander setzen.18

In der vorangegangenen Unterrichtsstunde haben die Schüler einfache statische Gleichgewichtsübungen in spielerische Form und Unterstützungsmöglichkeiten kennen gelernt. In dieser Unterrichtstunde steht das selbständige Erproben an Stationen im Vordergrund. Die Schüler verändern ihre Fortbewegungsart unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit und im Bezug zu ihrer Gleichgewichtsfähigkeit. Hierbei sollen sie ihre Sinneswahrnehmung schärfen, indem sie Modifikationen in ihrer Bewegung wagen. Damit soll auf die zentrale Funktion der Gleichgewichtsfähigkeit verwiesen und der Übergang zur bevorstehenden Unterrichtssequenz „ Slackline “ zur Verbesserung und Vertiefung der koordinativen Fähigkeiten hergestellt werden.19

Basierend auf dem beobachteten Defizit der Lernenden im Bereich der koordinativen Fähigkeiten, bietet sich zunächst die Auseinandersetzung mit der Gleichgewichtsfähigkeit als wesentliche Komponente von Balanceaufgaben an. Hierzu sollen die vielfältigen Erscheinungsformen der Gleichgewichtsfähigkeit ausreichend im Sportunterricht berücksichtigt werden und der Akzent nicht auf dem standardisierten Üben eines bestimmten Elements liegen, sondern ausgehend vom individuellen Könnensstand werden motorische Anforderungen bewusst durch Stationen variiert, um die Schüler optimal zu fördern.

In einem mehrperspektivisch verstandenen Sportunterricht werden Perspektiven angesprochen, die die ganzheitliche Entwicklung der Schüler im Blick behält.20 Das bedeutet für das vorliegende Unterrichtsvorhaben, dass Sportunterricht auch im Sinne einer Förderung von Selbständigkeit und Persönlichkeitsentwicklung verstande]n wird. Hierbei soll der Bezug zur pädagogische Perspektive e twas wagen und verantworten hergestellt werden, indem die Schüler Lerngelegenheiten bekommen, in denen sie Kompetenzen für die motorische Bewältigung von Bewährungssituationen erwerben, neue Bewegungen wagen, Handlungsfolgen kalkulieren, sich gegenseitig helfen, an ihre individuellen Voraussetzungen selbständig anknüpfen21 und Selbstwirksamkeit erfahren.

[...]


1 Im Folgenden wird der Begriff "Schüler" geschlechtsneutral verwendet, sofern keine Differenzierung erforderlich ist. Der Begriff umfasst sowohl Schülerinnen und Schüler.

2 Vgl. Hauck-Bühler, B.: Kindheit und Jugend heute. In: Gislinde, B./ Huwendiek, V. (Hrsg.): Leitfaden

Schulpraxis. Berlin 2008, S. 466-474. Und: Meinel, K./ Schnabel, G.: Bewegungslehre - Sportmotorik.

München 2004. S. 321. Sowie: Joswig, H. Phasen und Stufen der kindlichen Entwicklung. Verfügbar unter: www.familienhandbuch.de, abgerufen am 18.10.11.

3 Z. B. neue Mitschüler, neue Kurs- und Gruppenstrukturen und neue Lehrer.

4 Z. B. können die Schüler einfache koordinative Aufgaben wie Passen und Fangen eines Balls im Laufen lösen.

5 Vgl. Hessisches Kultusministerium. Lehrplan Sport. Gymnasialer Bildungsgang. Wiesbaden 2011, S. 8.

6 Z. B. Stolpern, verfehltes Fangen eines Balles, allg. niedriges Tempo und geringe Qualität bei der Widerherstellung eines Gleichgewichtszustandes in Spielsituationen.

7 Vgl. Methodische Überlegung

8 Meinel, K./ Schnabel, G.: Bewegungslehre. Sportmotorik. München 2004, S. 217.

9 Ebenda, S. 217.

10 Ebenda, S. 217.

11 Vgl. Rotkopf, T.: Bewegung und Sport. Spiel- und Übungsformen zur Entwicklung der Koordinativen Fähigkeiten. Verfügbar unter: http://www.schule.at, abgerufen am: 22.10.2011.

12 Vgl. Roth, K.: Wie verbessert man koordinative Fähigkeiten? In: Bielefelder Sportpädagogen (Hrsg.): Methoden im Sportunterricht. Schorndorf 2007, S. 85 f.

13 Vgl. Weineck, J.: Optimales Training. Leistungsphysiologische Trainingslehre unter besonderer Berücksichtigung des Kindes- und Jugendalters. Balingen 2009, S. 537 f. Sowie Kap. 4, S. 5.

14 Vgl. Bertram, A. M./ Laube, W.: Sensomotorische Koordination: Gleichgewichtstraining auf dem Kreisel. Stuttgart 2008, S. 75-78.

15 Vgl. Kap. 2.

16 Vgl. Hessisches Kultusministerium (Hrsg.): Lehrplan Sport. Gymnasialer Bildungsgang. Wiesbaden 2010, S.8.

17 Vgl. Ebenda, S. 12

18 Vgl. Kap. 1.

19 Vgl. Kap. 7.

20 Vgl. Hessisches Kultusministerium (Hrsg.): Lehrplan Sport. Gymnasialer Bildungsgang. Wiesbaden 2010, S. 4 f.

21 Vgl. Ebenda, S. 8.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Gleichgewicht halten !
Untertitel
Die Schülerinnen und Schüler erweitern ihre dynamische Gleichgewichts- und ihre Unterstützungsfähigkeit, indem sie in Kleingruppen einen Stationsparcours modifiziert bewältigen
Hochschule
Studienseminar für Gymnasien in Kassel
Note
2,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
19
Katalognummer
V181967
ISBN (eBook)
9783656081586
ISBN (Buch)
9783656081777
Dateigröße
992 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
gleichgewicht, schülerinnen, schüler, gleichgewichts-, unterstützungsfähigkeit, kleingruppen, stationsparcours
Arbeit zitieren
Alexander Bösenberg (Autor:in), 2011, Gleichgewicht halten ! , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/181967

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