Ziel der vorliegenden Arbeit soll sein, die Sprachkonzeption des Chandosbriefes
den sprachkritischen Reflexionen Nietzsches gegenüberzustellen. Zu diesem
Zweck werden zunächst beide Sprachentwürfe aus den jeweiligen Schriften
expliziert und isoliert voneinander betrachtet, ehe der vergleichende Blick
Berührungspunkte und Differenzen aufzeigt.
Der erste Teil der Arbeit (Kapitel II) widmet sich den sprachphilosophischen
Überlegungen Nietzsches, wobei deutlich werden soll, dass sich bei ihm keine
Theorie der Sprache für sich genommen, sondern eher eine sprachkritische
Erkenntnistheorie finden lässt. Da Nietzsche die Sprache hauptsächlich im
Rahmen einer Metaphysikkritik, insbesondere einer Kritik des tradierten
Wahrheitsverständnisses behandelt, soll sich mit zentralen Begriffen, die
unerlässlich für das Verstehen seiner 'Sprachphilosophie' erscheinen, beschäftigt
werden.
Ausgehend von der Frage nach der Beziehung zwischen Wirklichkeit und Sprache
soll seine Sprachkonzeption aufgerollt und seine Begriffsbestimmungen von
'Metapher', 'Begriff', 'Wahrheit' und 'Erkenntnis' erläutert werden.
Als Beschäftigungsgrundlage wird die Abhandlung Über Wahrheit und Lüge im
aussermoralischen Sinn1 dienen, jedoch sollen an entsprechender Stelle auch
andere Schriften Nietzsches herangezogen werden.
Im nächsten Schritt (Kapitel III) wird die Sprachproblematik des Chandosbriefes,
der als das wirkungsreichste sprachskeptische Werk der Jahrhundertwende gilt,
beleuchtet.
Hierfür soll zunächst die Frage geklärt werden, welche Bedeutung dem
Adressaten, Francis Bacon, zukommt – ist es doch sein Name, der mit dem
Beginn neuzeitlicher Sprachkritik in Verbindung gebracht wird.
Anschließend wird die Entwicklung „von der rauschhaft-trunkenen
Sprachbegeisterung des jungen Lord Chandos zu der ernüchterten
Sprachverzweiflung des Brief-Verfassers“2 nachgezeichnet. Deutlich werden soll hierbei, dass die Verzweiflung Folge der Unmöglichkeit ist, sich weiterhin
sprachlich der Wirklichkeit zu bemächtigen, indem Einzelnes miteinander in
Beziehung gesetzt und unter Allgemeines subsumiert wird.
In diesem Lichte soll nun noch auf Chandos' Sehnsucht nach einer unmittelbaren,
neuen Sprache und auf seinen Entschluss hinsichtlich weiterer schriftstellerischer
Tätigkeit zu verstummen, eingegangen werden.
Den Abschluss wird eine kurze Betrachtung der formalen Gestaltkriterien des
Briefes bilden.
Inhaltsverzeichnis
- I Einleitung
- II Die Sprachreflexion Nietzsches
- 1 Einführung
- 2 „Ist die Sprache der adäquate Ausdruck aller Realitäten?“
- 2.1 Metapher
- 2.2 Begriff
- 2.3 Wahrheit
- 2.4 Erkenntnis
- 3 Fazit
- III Die Sprachproblematik in Hofmannsthals Chandosbrief
- 1 Einführung
- 2 Die Sprachkrise des Lord Chandos
- 2.1 Der Adressat
- 2.2 Von der Begeisterung zur Verzweiflung
- 2.3 Die Kluft zwischen Sprache und Wirklichkeit
- 2.4 Die neue Sprache und das Schweigen
- 3 Die Form des Briefes
- 4 Fazit
- IV Gegenüberstellung der Sprachkonzeptionen
- 1 Nietzsche versus Hofmannsthal
- 2 Sprache und Moderne
- V Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit vergleicht die Sprachkonzeptionen des Chandosbriefes von Hofmannsthal und Nietzsches sprachkritische Reflexionen. Zunächst werden beide Konzepte separat erläutert, bevor ein Vergleich deren Berührungspunkte und Unterschiede aufzeigt. Der Fokus liegt auf der Analyse der jeweiligen sprachphilosophischen Überlegungen und deren Kontext im Übergang zur Moderne.
- Nietzsches sprachkritische Erkenntnistheorie
- Hofmannsthals Darstellung der Sprachkrise im Chandosbrief
- Der Wirklichkeitsbezug von Sprache bei Nietzsche und Hofmannsthal
- Der Vergleich der sprachtheoretischen Gemeinsamkeiten und praktischen Konsequenzen
- Der Einfluss der Moderne auf die Sprachkonzeptionen
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel II (Die Sprachreflexion Nietzsches): Dieses Kapitel untersucht Nietzsches sprachphilosophische Überlegungen, die eher eine sprachkritische Erkenntnistheorie als eine eigenständige Sprachtheorie darstellen. Analysiert werden zentrale Begriffe wie Metapher, Begriff, Wahrheit und Erkenntnis im Kontext seiner Metaphysikkritik und seines Wahrheitsverständnisses, hauptsächlich basierend auf "Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn".
Kapitel III (Die Sprachproblematik in Hofmannsthals Chandosbrief): Dieses Kapitel beleuchtet die Sprachproblematik im Chandosbrief, indem es die Bedeutung des Adressaten Francis Bacon, die Entwicklung von Sprachbegeisterung zu Sprachverzweiflung bei Lord Chandos, die Kluft zwischen Sprache und Wirklichkeit und Chandos' Sehnsucht nach einer neuen Sprache untersucht. Die formale Gestaltung des Briefes wird ebenfalls kurz betrachtet.
Kapitel IV (Gegenüberstellung der Sprachkonzeptionen): Dieses Kapitel vergleicht die in den vorherigen Kapiteln herausgearbeiteten Sprachkonzeptionen, um sowohl sprachtheoretische Gemeinsamkeiten als auch sprachpraktische Konsequenzen aufzuzeigen. Der Vergleich soll die Nähe der beiden bewusstseinstheoretischen Entwürfe im Kontext des Übergangs zur Moderne verdeutlichen.
Schlüsselwörter
Sprachphilosophie, Sprachkritik, Erkenntnistheorie, Metapher, Begriff, Wahrheit, Moderne, Nietzsche, Hofmannsthal, Chandosbrief, Sprachkrise, Wirklichkeitsbezug.
- Arbeit zitieren
- Vivien Wolff (Autor:in), 2009, Hofmannsthals 'Chandosbrief' und Nietzsches Sprachreflexion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/182104