Leseprobe
INHALTSVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG
1.1. Problemstellung
1.2. Zielsetzung und Verlauf der Arbeit
1.3. Wissenschaftliches Fundament der Untersuchungen
2. DIE INTERAKTION ZWISCHEN KREDITNEHMER UND BROKER
2.1. Darstellung des „Nash bargaining game“
2.2. Erläuterung der Datenbasis
2.3. Die zentrale Bedeutung des Broker Profits
2.3.1. Erörterung der elementaren Gehaltskomponenten
2.3.2. Ergebnisse unterschiedlicher Ausprägungen
3. DIE OTD-METHODE DER KREDITGEWÄHRUNG
3.1. Erläuterung der Datenbasis
3.2. Die Bedeutung der Risikoprüfung
3.2.1. Das „mortgage sold model“
3.2.2. Der Effekt von mortgage default rates
3.3. Ergebnisse der Modelle
4. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
LITERATURVERZEICHNIS
ANHANG
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Funktionen des „Nash bargaining game“
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1. Problemstellung
Die Finanzkrise, die 2007 auf dem US-amerikanischen Hypothekenmarkt begann, führte weltweit zu enormen Turbulenzen und Unsicherheiten im internationalen Finanzsystem.1 Auslöser war die steigende Nachfrage nach Immobilien, die aus dem seit 2001 sehr niedrigem Zinsniveau für Hypothekenkredite in den USA re- sultierte. Diese wiederum führte zu einem starken Preisanstieg der Immobilien und machte sie zu einem attraktiven Investitionsobjekt. Bei einem großen Anteil der Eigentumserwerber handelte es sich jedoch um sog. „Subprime-Kreditnehmer“, zweitklassige Kreditnehmer mit hohem Risiko aufgrund geringer oder schlechter Bonität. Zur Auslagerung der damit verbundenen Ausfallrisiken, bündelten und verbrieften die Banken die Hypothekarkredite und verkauften sie an den Kapital- markt.2 Diese Geschäftspolitik wird auch als „Originate-to-Distribute-Model“ (OTD-Model) verstanden. Das Konzept war solange erfolgreich, bis 2006 die Zin- sen wieder anstiegen. Daraufhin waren viele finanziell anfällige Kreditnehmer, insbesondere die zweitklassiger Kredite, mit hohen Zahlungsbelastungen konfron- tiert, denen sie nicht mehr nachkommen konnten. Als sich mit der Zeit die Zins- ausfälle zu häufen begannen und daraufhin erste Zwangsversteigerungen folgten, nahm die Krise ihren sichtbaren Lauf und entwickelte sich durch die Verbriefung der Hypothekarkreditrisiken zur internationalen Liquiditätskrise.3
1.2. Zielsetzung und Verlauf der Arbeit
Im Fokus dieser Arbeit steht die Auseinandersetzung mit zwei empirischen Unter- suchungen. Die Autoren beschäftigen sich dabei mit der Analyse relevanter Fak- toren und versuchen auf Basis unterschiedlicher mathematischer Ansätze deren Signifikanz für den Ausbruch der Hypothekenkrise zu belegen. Das Ziel der vor- liegenden Arbeit besteht darin, das Verhalten der Broker und das OTD-Modell als elementare Einflussfaktoren der Subprime-Krise zu identifizieren. Dazu wird zu Beginn von Kapitel 2 zunächst detailliert auf die Beziehung zwischen Kreditneh- mer und Broker eingegangen, um das Handeln und das Verhalten der beteiligten Parteien nachvollziehen zu können. Nächster Schritt bildet die Erläuterung des zugrunde gelegten Datenmaterials, das zur Durchführung der Analyse verwendet wurde. Anschließend wird in Kapitel 2.3 kurz auf die methodische Vorgehenswei- se eingegangen, um im Anschluss die zentralen Forschungsergebnisse zu präsen- tieren. Kapitel 3 gewährt einen kurzen Einblick in das OTD-Modell. Die folgen- den Teilabschnitte dienen dazu, auf Grundlage zweier Modelle und den daraus gewonnen Erkenntnissen, die Bedeutung des Bankenmodells für die Hypotheken- krise hervorzuheben. Das letzte Kapitel dient der abschließenden Zusammenfas- sung der wichtigsten Beobachtungen.
1.3. Wissenschaftliches Fundament der Untersuchungen
Ausgangsebene einer Untersuchung bildet zumeist die Auseinandersetzung mit bereits vorhandenem wissenschaftlichem Material. Im Zusammenhang mit den hier behandelten Schwerpunkten, sind einige Referenzen der Autoren gesondert zu nennen. Berndt, Hollifield und Sandas stützen sich im ersten Teil ihrer Analyse auf die Ergebnisse von El-Anshasy, Elliehausen und Shimazaki (2006). Untersu- chungsgegenstand bildete u. a. die nähere Betrachtung des Brokerverhaltens wäh- rend der Krise. Woodward und Hall (2009) galten als besonders wichtige Quellen. Gegenstand ihrer Arbeit war die Untersuchung der Beziehung zwischen Kredit- nehmer und Broker sowie die explizite Erforschung des Brokergehalts. Der Ver- lauf dieser Arbeit eröffnet demnach eine Vielzahl von Parallelen zu den von Woodward gewonnenen Erkenntnissen. Mathematische Grundlage bildet das er- forschte Modell von Kumbhakar und Lovell (2000), die sich eigens der Messung technischer und wirtschaftlicher Effizienz widmeten. Purnanandam bezieht sich bei dem Aufbau seiner Arbeit auf grundlegende Literatur zu seinem Themenge- biet und verweist dabei speziell auf Greenlaw et al. (2008). Ihr Hauptaugenmerk lag auf der Analyse verschiedener Auswirkungen, die die Finanzkrise bei den Zentralbanken hinterlassen hat. Im Bezug auf die hier in Kapitel 3 dargestellten Modelle, knüpfen die Ergebnisse stark an denen von Keys et al. (2010) an. Auch er beschäftige sich intensiv mit der Entwicklung einer Verbindung zwischen der Risikoprüfung und den Ausfallraten von Krediten.
2. Die Interaktion zwischen Kreditnehmer und Broker
2.1. Darstellung des „Nash bargaining game“
Im folgenden Kapitel liegt der Fokus zunächst darin, ein generelles Grundver- ständnis für die Beziehung zwischen Kreditnehmer und Broker aufzubauen. Es dient zugleich als Ausgangspunkt, um den weiteren Verlauf der Untersuchung problemlos nachvollziehen und verstehen zu können. In erster Linie ist es wichtig zu erkennen, durch welche Motive das Handeln beider Parteien geleitet wird und wie eine Hypothek überhaupt zustande kommt. Rahmen bildet dabei der interakti- ve Prozess. Nach Anfrage eines Hypothekenkredites seitens des Kreditnehmers, befasst sich der Broker mit der Prüfung verschiedener Kriterien, die Aussagen über die Bonität und die Kreditwürdigkeit erlauben. Basierend auf diesen Ergeb- nissen, bietet der Broker dem Darlehensnehmer verschiedene Finanzierungsoptio- nen an und kontaktiert im Anschluss eine beliebige Anzahl potenzieller Gläubi- ger. Liegt bei allen Parteien ein Einverständnis hinsichtlich des Betrages, der Laufzeit, der Zinsen etc. vor, gilt die Hypothek als geschlossen. Dabei unterstellen die Autoren, dass die Konditionen eines Kredites den Ursprung für eine asymmet- rische Verhandlungssituation zwischen Kreditnehmer und Broker bilden. Ihre Annahme stützt sich dabei auf die Untersuchungen von John F. Nash.4 In seinem 1950 erschienenen Aufsatz "The bargaining problem", gelang es Nash eine ma- thematische Lösung für sog. „Bargaining Probleme“ abzuleiten. Durch Modellie- rung eines Problems und Aufstellung verschiedener Axiome, schaffte John Nash es zu beweisen, dass sowohl für symmetrische als auch für asymmetrische Ver- handlungssituationen eindeutige Ergebnisse berechenbar sind.5 Asymmetrische Verhandlungssituationen zeichnen sich dadurch aus, dass die beteiligten Personen eine unterschiedliche Verhandlungsmacht aufweisen.6 Gegenstand der Verhand- lungen bilden in diesem Beispiel lediglich die Kreditform und der Zinssatz, unter der Annahme, dass der Kredit vom Gläubiger in jedem Fall gewährt wird. Um den Einfluss einzelner Faktoren des Prozesses auf das Handeln zu präzisieren, wurden die Treiber anhand von Variablen symbolisiert.
Als Resultat ergaben sich folgende mathematische Funktionen:
Abbildung 1: Funktionen des „Nash bargaining game“7
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die unter Punkt (1) aufgeführte Funktion verdeutlicht, dass das Geschäft für den potenziellen Schuldner nur lohnenswert ist, solange die Differenz aus Nutzen, gemessen in Geldeinheiten, und Gebühren, positiv oder gleich Null ist. Gleiches gilt für Funktion (2). Übersteigen die Kosten des Auftrages die daraus entstehen- den Erträge, wird der Broker sich der Verhandlungssituation entziehen.8 Die Ertragskomponenten des Brokers setzen sich dabei aus der Gebühr fi,j und aus der Prämie yi,j, yield spread premium, zusammen. Nähere Erläuterungen der Kompo- nenten folgen in Kapitel 2.3. Die separate Betrachtung der genannten Bedingun- gen liefert jedoch noch keine Aussage über die jeweilige Verhandlungsposition der Beteiligten. Erst durch das Gleichsetzen und die Erweiterung beider Funktio- nen um den Faktor pi,j 9 wird ein direkter Bezug aufgebaut. Die Binärvariable pi,j steht für die Verhandlungsmacht und kann die Werte 0 und 1 annehmen. Funktion (3) bietet jetzt die Möglichkeit, Auflösungen nach verschiedenen Variablen vor- zunehmen. Stellt man sie z. B. nach fi,j um und setzt pi,j = 1, geht daraus hervor, dass der Broker durch Besitz der vollen Verhandlungsmacht den gesamten Mehr- ertrag erhält, der sich aus der Verhandlung ergibt. Gleichzeitig nimmt die Bedin- gung des Kreditnehmers, siehe (1), den Wert 0 an, da die Höhe des Nutzens den zu zahlenden Gebühren entsprechen würde.10 Basierend auf diesen Erkenntnissen lässt sich ableiten, dass die Beziehung zwischen Kreditnehmer und Broker, neben einer asymmetrischen Verhandlungssituation, auch die Existenz eines Zielkon- flikts aufweist. Persönliche Nutzenmaximierung steht somit im Vordergrund. Inwieweit diese Ausprägungen das Handeln des Brokers jedoch tatsächlich beeinflussen wird im weiteren Verlauf analysiert.
2.2. Erläuterung der Datenbasis
Als Grundlage für die Analyse, wurde zur Variablenbildung das Datenmaterial der New Century Financial Corporation herangezogen. Das Investmentunterneh- men gehörte im Jahr 2006, mit einem Volumen von über $60 Mio., zu einer der größten Anbieter von Subprime-Hypotheken der USA. Das von New Century verwendete Material beinhaltet detaillierte Informationen, bspw. über die Kredit- würdigkeit der Kreditnehmer und die Bereitstellungsgebühren, aller Kredite, die in den Jahren 1997 bis März 2007 vom Unternehmen gewährt wurden.11 Auf Ba- sis dieser Angaben wurden die Variablen zur Durchführung der empirischen Un- tersuchung gebildet. Tabelle 1 enthält eine Auflistung sowie eine kurze Beschrei- bung der einzelnen Variablen.12 Im konstruierten Beispiel liegt der Fokus auf Krediten der Formen, fixed-rate, hyprid und balloon payment. Weniger geläufige Kreditarten wurden eliminiert. Benchmark bei den Loan Characteristics bildet ein fixed-rate loan zum Zwecke des Eigentumserwerbs. Die Identifikation von Piggyback loans wurde durch Anwendung eines Algorithmus, der anhand ver- schiedener Kriterien die Übereinstimmung von first lien und second lien loans prüft, vorgenommen. Alle second lien loans, die keine Übereinstimmung aufwie- sen, wurden entfernt.13 Zudem weist die Tabelle einen Parameter für stated documentation loans (Stated doc) auf. New Century führte drei differenzierende Formen der Einkommensdokumentation, full, limited und stated. Ersteres sah vor, dass der potenzielle Kreditnehmer der Bank einen Einkommensbeleg vorlegt, der konstante Einnahmen über die vergangenen 12 Monate aufweist. Für den Erhalt eines limited documentation loans musste der Kreditnehmer dem Gläubiger einen Kontoauszug der letzten 6 Monate zukommen lassen. Zur Bewilligung eines stated documentation loans wurden wiederrum keinerlei schriftliche Belege über das monatliche Einkommen eingefordert.14 Desweiteren bezieht das Beispiel Regulation Characteristics mit ein. Sie dienen dazu, Abweichungen zwischen den geltenden Bundesgesetzen und den jeweiligen staatlichen und lokalen Gesetzen, im Bezug auf den Hypothekenmarkt zu messen. Grund für die Berücksichtigung sind teils fragwürdige Praktiken der Broker, die erstmals Ende der 90er Jahre im Subprime-Hypothekenmarkt auftraten. Um noch weitergehende Differenzierun- gen vornehmen zu können, wurden zudem Neighborhood Characteristics einge- führt, die die Unterschiede in den einzelnen Märkten wiedergeben sollen.15 Zu- letzt aufgeführt sind die Broker Variables, die den Fokus lediglich auf Informati- onen über unabhängige Broker legen. Grund dafür ist, dass zwischen den Jahren 2001 bis 2006 ein Großteil des Volumens auf dem Subprime-Hypothekenmarkt durch unabhängige Broker erwirtschaftet wurde.16 Nach Berücksichtigung aller genannten Begrenzungen, verbleibt somit ein Umfang von 715.011 Daten.17
[...]
1 Vgl. Prosser (2008), S. 1-2.
2 Vgl. Bloss et al. (2009), S. 9.
3 Vgl. Schmidt (2010), S. 104.
4 Vgl. Berndt/Hollifield/Sandas (2010), S. 13-14.
5 Vgl. Leininger (2006), S. 21.
6 Für nähere Informationen vgl. Nash (1950), S. 155-162.
7 Entworfen nach: Berndt/Hollifield/Sandas (2010), S. 13.
8 Vgl. ebenda, S. 15.
9 pij = 0, wenn der Kreditnehmer die gesamte Verhandlungsmacht hat. pij = 1, wenn der Broker die gesamte Verhandlungsmacht hat.
10 Vgl. Berndt/Hollifield/Sandas (2010), S. 16.
11 Vgl. Berndt/Hollifield/Sandas (2010), S. 5.
12 Siehe Anhang.
13 Vgl. Berndt/Hollifield/Sandas (2010), S. 60-61.
14 Vgl. Berndt/Hollifield/Sandas (2010), S. 8.
15 Vgl. ebenda, S. 22-23.
16 Vgl. ebenda, S. 1.
17 Vgl. ebenda, S. 61.