Leseprobe
Inhalt
Vorwort
Die Frühbronzezeit in Deutschland Abfolge und Verbreitung der Kulturen und Gruppen
Eine Leibwache im Jenseits Die Singener Gruppe von etwa 2300/2200 bis 1800 v. Chr. und die Oberrhein-Hochrhein-Gruppe
Anmerkungen
Literatur
Bildquellen
Der Autor Ernst Probst
Bücher von Ernst Probst
Vorwort
E
ine Kultur, die in der Frühbronzezeit von etwa 2300/2200 bis 1800 v. Chr. gebietsweise in Baden Württemberg existierte, steht im Mittelpunkt des Ta- schenbuches »Die Singener Gruppe«. Geschildert werden die Anatomie und Krankheiten der damaligen Ackerbauern und Viehzüchter, ihre Siedlungen, ihr Schmuck, ihre Waffen, ihr Handel und ihre Religion. Verfasser dieses Taschenbuches ist der Wiesbadener Wissenschaftsautor Ernst Probst. Er hat sich vor allem durch seine Werke »Deutschland in der Urzeit« (1986), »Deutschland in der Steinzeit« (1991) und »Deutschland in der Bronzezeit« (1996) einen Namen gemacht.
Das Taschenbuch »Die Singener Gruppe« ist Dr., Gretel Gallay, Professor Dr. Hans-Eckart Joachim, Professor Dr. Horst Keiling, Professor Dr. Rüdiger Krause, Dr. Friedrich Laux und Dr. Peter Schröter gewidmet, die den Autor mit Rat und Tat bei seinen Recherchen über Kulturen der Frühbronzezeit unterstützt haben.
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Der dänische Archäologe
Christian Jürgensen Thomsen (1788-1865) hat 1836 die Urgeschichte
nach dem jeweils am meisten verwendetem Rohstoff in drei Perioden eingeteilt:
Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit.
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PAUL REINECKE,
geboren am 25. September 1872 in Berlin-Charlottenburg,
gestorben am 12. Mai 1958 in Herrsching. Er wirkte 1897 bis 1908
am Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz. 1908 bis 1937
war er Hauptkonservator
am Bayerischen Landesamt
für Denkmalpflege in München. 1917 wurde er kgl. Professor. Reinecke teilte 1902 die Bronzezeit in die Stufen A bis D ein.
1902 sprach er von der Straubinger Kultur sowie von der Grabhügelbronzezeit und später von der Hügelgräber-Bronzezeit.
Die Frühbronzezeit in Deutschland
Abfolge und Verbreitung der Kulturen und Gruppen
Die Frühbronzezeit (Bronzezeit A) wurde in Deutschland zunächst in eine ältere Stufe (A 1) und in eine jüngere Stufe (A 2) unterteilt. Jene Gliederung aus dem Jahre 1924 geht auf den damals in München arbeitenden Prähistoriker Paul Reinecke (1872-1958) zurück. Er hatte sie anfangs nur als Unterteilung der Straubinger Kultur vorgesehen, später wurde sie von anderen Autoren auf frühbronzezeitliche Kulturen in Süd- und Mitteldeutschland übertragen. Heute teilt man die Frühbronzezeit entweder in drei Abschnitte (Stufen A 1, A 2, A 3) oder in vier Abschnitte (Phasen 1, 2, 3, 4) ein. Einer der ersten, der eine Drei- gliederung vorschlug, war 1957 der damals in München tätige Prähistoriker Rolf Hachmann. Die Gliederung in vier Abschnitte wurde 1964 durch den Münchener Prähistoriker Rainer Christlein (1940-1983) vorge- nommen.
In Mitteldeutschland gab die Aunjetitzer Kultur den Auftakt zur Frühbronzezeit. Diese existierte etwa von 2300 bis 1600/1500 v. Chr.1 Die Aunjetitzer Kultur war in der Stufe A l in Thüringen, Sachsen und Sachsen- Anhalt heimisch. In der Stufe A 2 breitete sie sich auch ins östliche Niedersachsen und nach Brandenburg aus.
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Verbreitung der Kulturen und Gruppen während derälteren Frühbronzezeit (etwa 2300 bis 1800 v. Chr.) in Deutschland
Die Funde der Aunjetitzer Kultur in MecklenburgVorpommern sind lediglich Importe.
Im östlichen Süddeutschland begann die Frühbronzezeit mit der Straubinger Kultur. Sie behauptete sich ungefähr von 2300 bis 1600 v. Chr. in Südbayern (Niederbayern, Oberbayern sowie teilweise in der Oberpfalz und Schwaben). Ihr jüngerer Abschnitt wird auch als Langquaid-Stufe bezeichnet.
Westlich an die Straubinger Kultur grenzte die Singener Gruppe (s. S. 17) an. Sie existierte in südlichen Teilen Baden-Württembergs um 2300/2200 bis 1800 v. Chr. Die etwa gleichaltrigen Gräber am Ober- und Hochrhein werden der Oberrhein-Hochrhein-Gruppe (s. S. 35) zugerechnet. Zwischen etwa 1800 und 1600 v. Chr. war gebietsweise im südlichen Baden-Württem- berg die Arbon-Kultur verbreitet.
Im Nördlinger Ries und im oberen Altmühltal bei Treuchtlingen unterschied sich die Ries-Gruppe vor allem durch ihre Grab- und Bestattungssitten von der teilweise gleichzeitigen Straubinger Kultur. Erstere Kulturstufe dauerte ungefähr von 2300/2200 bis 1800 v. Chr.
Im mittleren Neckarland behauptete sich um 2300/2200 bis 1800 v. Chr. die Neckar-Gruppe.
Nördlich der Neckar-Gruppe schloss sich in Südwest- deutschland die Adlerberg-Kultur an. Sie hielt sich etwa von 2100 bis 1800 v. Chr. gebietsweise in Rheinland- Pfalz, Hessen und im nördlichen Baden-Württemberg (Nordbaden).
Während der Frühbronzezeit gab es ein deutliches Kulturgefälle zwischen Norddeutschland und Nord rhein-Westfalen auf der einen Seite sowie Süd- undrhein- Westfalen auf der einen Seite sowie Süd- und Mitteldeutschland auf der anderen Seite. Der Norden war damals in metalltechnischer Hinsicht rück- schrittlicher als der Süden, wo die Neuerungen der Metallurgie früher Fuß fassten. Dies ist der Grund dafür, dass in Norddeutschland und in Nordrhein- Westfalen die Frühbronzezeit später begann als in Süd- und Mitteldeutschland. Im Norden existierten während der süddeutschen Frühbronzezeit noch Kulturen auf dem Niveau der späten Jungsteinzeit, allerdings mit einer zur Vollendung geführten Feuerstein-Technik. Im östlichen Westfalen, im westlichen mittleren Niedersachsen und im südlichen Schleswig-Holstein markierte der Sögel-Wohlde-Kreis den Auftakt der Frühbronzezeit. Er ist von etwa 1600 bis 1500 v. Chr. nachweisbar und entspricht der frühen mittel- bronzezeitlichen Hügelgräber-Kultur im Süden und Südosten.
In Mecklenburg-Vorpommern-Vorpommern gab es von etwa 1800 bis 1500 v. Chr. die nordische frühe Bronzezeit, die auch frühe Bronzezeit des Nordischen Kreises genannt wird. Sie beginnt mit einer Art Phasenverschiebung um eine Bronzezeitstufe später als die süd- und mitteldeutsche Frühbronzezeit. Die nordische frühe Bronzezeit entspricht der Periode I in der Chronologie des schwedischen Prähistorikers Oscar Montelius (1843-1921).
Eine Leibwache im Jenseits
Die Singener Gruppe und die Oberrhein-Hochrhein-Gruppe
Der Marburger Prähistoriker Friedrich Holste (1908- 1942) gilt als der Erste, der herausfand, dass es in Süddeutschland außer den damals bekannten zwei frühbronzezeitlichen Kulturen noch eine dritte eigen- ständige Gruppe geben musste. Diesem guten Kenner der Bronzezeit waren Unterschiede zwischen den Grab- funden des nördlichen und südlichen Oberrheintals aufgefallen. Seine Erkenntnisse hierüber wurden 1942 publiziert - im selben Jahr also, in dem er im Krieg gefallen ist.
Holstes Vermutungen sind in den fünfziger Jahren durch die Entdeckung des großen frühbronzezeitlichen Grä- berfeldes von Singen am Hohentwiel1 (Kreis Konstanz) eindrucksvoll bestätigt worden. Ausgehend von den dortigen Funden, hat 1954 der Stuttgarter Prähistoriker Siegfried Junghans den Begriff »Formenkreis Adlerberg- Singen« geprägt. Der Prähistoriker Edward Sangmeister aus Freiburg/Breisgau sprach ab 1960 von der »Gruppe Singen«, was später von anderen Autoren in »Singener Gruppe« abgewandelt wurde. Und der Freiburger Prä- historiker Christian Strahm benutzte 1987 den Begriff »Singener Kultur«.
Die Singener Gruppe ist etwa von 2300/2200 bis um 1800 v. Chr. nachweisbar. Aus dem namengebenden
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FRIEDRICH HOLSTE,
geboren am 30. April 1908 in Tann a. d. Rhön, gefallen am 22. Mai 1942 bei Semenowka. Er absolvierte eine zweijährige Banklehre und studierte in Wien, Breslau und Marburg. 1934 promovierte er
und arbeitete danach
in Mainz, Landshut und München. 1939 habilitierte er sich in München, war ab 1940 Dozent in München und ab 1942 au ß erordentlicher Professor in Marburg.
Holste gilt als der Erste, der herausfand, dass es in Süddeutschland au ß er den
damals bekannten zwei frühbronzezeitlichen Kulturen noch eine dritte eigenständige Gruppe geben musste.
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SIEGFRIED JUNGHANS,
geboren am 30. Oktober 1915 in Stuttgart, gestorben am 16. Februar 1999 in Schorndorf, studierte 1935 bis 1938
in München, Marburg und Kiel. 1948 promovierte er in Tübingen. Ab 1948 arbeitete er
im Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart, wo er 1954
Hauptkonservator der
Vor- und Frühgeschichtlichen Sammlungen sowie der Antikensammlung
und 1967 Direktor des Museums wurde. Junghaus prägte 1954
den Begriff Formenkreis Adlerberg-Singen (heute Singener Gruppe).
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EDWARD SANGMEISTER, geboren am 26. März 1916, promovierte 1939 in Marburg, wurde 1950 Assistent in Marburg und habilitierte sich 1954 in Marburg. Von 1954 bis 1956 wirkte er als Assistent am Deutschen Archäologischen
Institut in Madrid.
1956 wurde er Extraordinarius in Freiburg/Breisgau.
Sangmeister widmete sich vor allem Fragen der Jungsteinzeit und Frühbronzezeit. Er sprach 1960 von der Gruppe Singen, was von anderen Autoren
in den Ausdruck
Singener Gruppe abgewandelt wurde.
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CHRISTIAN STRAHM, geboren am 1. Oktober 1937
in Niederwichtrach im Kanton Bern (Schweiz). Er promovierte 1961
in Bern
und arbeitete zunächst
am Bernischen Historischen Museum, Bern. 1964 ging er an die
Universität Freiburg/Breisgau, wo er sich später habilitierte
und seit 1977 als Universitätsprofessor wirkte. Von 1976 bis 1986
war er als au ß erordentlicher Professor an der Universität Bern tätig. Strahm benutzte 1987 den Begriff Singener Kultur.
Foto auf Seite 23:
Die Singener Gruppe
ist nach einem gro ß en frühbronzezeitlichen Gräberfeld aus Singen am Hohentwiel
(Kreis Konstanz) in Baden-Würrtemberg benannt. Das Foto zeigt
die Nordansicht des 686 Meter hohen Hohentwiel mit Festungsruine und Twielfeld (rechts).
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