Anorexia athletica - Theoretische Betrachtungen für konkrete Lösungsansätze

Essstörungen im Sport - Indikatoren für Anorexia athletica?


Bachelorarbeit, 2010

57 Seiten, Note: Gut


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Allgemeine Essstörungen und ihre Parallelen im Sport
1.1. Klinische Definition und grundlegende Fragestellungen
1.2. Einteilung von Essstörungen
1.3. Epidemiologie

2. Anorexia nervosa
2.1. Ätiologie und Verlauf der Anorexia nervosa
2.1.1. Beschreibung
2.1.2. Psychologische, soziologische und biologische Faktoren
2.1.3. Der Krankheitsprozess

3. Symptome der Anorexia athletica
3.1. Medizinisch psychologische Kriterien zur Erkennung der Anorexia athletica
3.2. Woran können Außenstehende eine Essstörung erkennen?

4. Ursachen und Auslöser der Anorexia athletica
4.1. Gesellschaftliche Hintergründe
4.2. Die Rolle von Eltern, Trainern/innen, Mitbewerbern/innen und Kampfrichtern/innen
4.3. Weitere mögliche Auslöser
4.4. Besondere Essstörungen: Anorexia nervosa und Anorexia athletica: ein Vergleich

5. Auswirkungen auf den Körper
5.1. Female Triad
5.2. Osteoporose
5.3. Amenorrhoe
5.4. Mangelerscheinungen

6. Fünf Modelle die den Unterschied zwischen der Anorexia athletica und der Anorexia nervosa aufzeigen

7. Konkrete Lösungsansätze für die Anorexia athletica
7.1.1. Körpergewicht
7.1.2. Body Mass Index
7.1.3. Körperfett
7.2. Behandlung
7.2.1. Erziehungs- und Informationsprogramme
7.2.2. Prävention der Anorexia athletica und die Rolle der beteiligten Spezialisten/innen
7.2.3. Interventionen bei dem/der essgestörten Athleten/in

Schluss

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Einleitung

Heutzutage hört man von allen Seiten fast nur über zu Dünne und zu Dicke. Auch im Sport gibt es Schönheitsideale, die je nach Sportart unterschiedlich sind.

In vielen Sportarten werden häufig von Trainern/innen und Betreuern/innen Essstörungen der Athleten/innen bemerkt. Oft sind diese Störungen schon so weit fortgeschritten, dass es schwierig ist dem/der Athleten/in eine wirkungsvolle Therapie vorzuschlagen und vor allem für den/die Athleten/in ein adäquates Verhalten zu finden, welches er/sie auf längere Sicht beibehalten kann. Leider sind oft die Trainer/innen und Betreuer/innen gar nicht darauf geschult eine Essstörung zu erkennen.

Die Forschungsfrage dieser Arbeit ist, ob die Anorexia athletica überhaupt unabhängig von anderen Essstörungen existiert. Die Wichtigkeit des Problems besteht zuerst im Verstehen, ob die Anorexia athletica wirklich als eigenständiges Phänomen oder als Syndrom beschrieben werden kann oder ob sie in Wirklichkeit als Essstörung anderen Ätiologien zugeordnet werden muss. Weiters ist es notwendig Perspektiven für die Arbeitsmethoden von Betreuern/innen und Trainern/innen zu recherchieren.

Das Konzept der Anorexia athletica führt nicht nur zu einer Änderung der Arbeitsweise der die Athleten/innen umgebenden Spezialisten/innen, sondern auch zu einer Neuorientierung der Arbeit, wo die Konzepte der Interdisziplinarität und der Teamarbeit wichtige Konsequenzen für die Karriere und Lebensqualität des/r Leistungssportlers/in setzen.

Die Analyse der in der Literatur angeführten Case Studies und das Vergleichen der wissenschaftlichen Daten führt zu einer Beschreibung von verschiedenen Erklärungsmodellen der Anorexia. Die Anorexia athletica als separate Kategorie neben den anderen Essstörungen zu beschreiben ist von Vorteil, da die betroffenen Individuen für die eine vorbeugende und richtige Therapie notwendig ist, einer besonderen Subkultur angehören.

Der Aufbau dieser Arbeit lässt sich folgend erklären:

Nach einer allgemeinen Beschreibung der Essstörungen und ihren Parallelen im Sport, gehe ich im zweiten Kapitel zur Ätiologie und zu der Beschreibung der wichtigsten Faktoren der Anorexia nervosa über. Im dritten und vierten Kapitel beschreibe ich die Symptome, die Ursachen und Auslöser der Anorexia athletica, um die Unterschiede und Parallelen mit der Anorexia nervosa herauszuarbeiten. Das fünfte Kapitel hat als zentralen Punkt die Triade und die Gefahr für die Gesundheit des/der Athleten/in. Nach diesen Bestandsaufnahmen und Analysen wird im sechsten Kapitel die Diskussion über Unterschiede der Anorexia athletica und Anorexia nervosa anhand von fünf Modellen geführt. Im darauffolgenden siebenten Kapitel geht es um konkrete Lösungsansätze für die Anorexia athletica und ihre Behandlung.

1. Allgemeine Essstörungen und ihre Parallelen im Sport

1.1. Klinische Definition und grundlegende Fragestellungen

„Esstörungen sind psychosomatische Erkrankungen, die durch Störungen der Nahrungsaufnahme bzw. des Körpergewichts ohne organische Ursachen gekennzeichnet sind.“ (Tappauf & Scheer, 2007, S.26)

Als Essstörungen werden im weiteren Sinne alle von der Norm abweichenden Auffälligkeiten des Essverhaltens, die zu psychischen Störungen und Veränderungen des Körpergewichts führen, verstanden.

Die klinische Definition von Essstörungen ist:

„Störungen der Nahrungsaufnahme (Dysorexie) bzw. des Körpergewichts (Dysponderosis) ohne org. Ursachen, die sich in versch. klin. Bildern manifestieren u. ineinander übergehen können (Dysorexie-Dysponderosis- Kontinuum).“ (Pschyrembel, 2004, CD-ROM)

Seit den Nachkriegsjahren sind die Studien zu Essstörungen im Allgemeinen und zu Essstörungen im Sport im Speziellen angestiegen. (vgl. Habermas, 1993, S.37-62; Hsu, 1980, S.1041-1046; Byrne & McLean, 2001, S.145-159)

Im Sport haben die Untersuchungen über die Leistung und Ernährung zugenommen. In dieser Arbeit werden die Zusammenhänge zwischen Sport und Essstörungen vertiefend betrachtet.

Diese Überlegungen zu den Essstörungen im Allgemeinen und ihren Parallelen im Sport werfen drei grundlegende Fragen auf:

1) Ist die sportliche Umgebung ein Ort von Vorlieben der Risikogruppen anzieht und das Entstehen von Störungen favorisiert?
2) Ist die Ausübung von Sport ein Risikofaktor oder ein Schutz vor pathologischen Essstörungen?
3) Die Symptome die bei den Sportlern/innen beobachtet werden sind die gleichen wie in internationalen Klassifikationen gewöhnlich beschrieben und wie ordnet sich hier die Anorexia athletica ein?

(vgl. Afflelou, 2008, S.88-89)

Die ersten Studien dienten vor allem für die Kategorisierung der beobachteten Essstörungen. Diese Klassifizierungsansätze waren notwendig um Beziehungen zwischen den einzelnen Störungen und den anderen psychischen Phänomenen herzustellen.

1.2. Einteilung von Essstörungen

In den letzten Jahrzehnten tauchen immer mehr Krankheiten auf, die als Ursache Essstörungen haben. Gestörtes Essverhalten tritt auch vermehrt bei aktiven Sportlern/innen auf. Der Anteil der Betroffenen zeigt einen höheren weiblichen Anteil (ca.90%), jedoch ist der männliche Anteil tendenziell steigend. (vgl. SASP, 2001, S.1)

Die Haupthandwerke um die psychischen Krankheiten bzw. Störungen zu beschreiben sind das DSM IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) und das ICD 10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems). Das erste angeführte Werk ist ein amerikanisches, hingegen das zweite ist international gültig. Zwischen den beiden gibt es gewisse Unstimmigkeiten. Unter diesen fällt auf, dass die Anorexia athletica in der ICD 10 aufscheint, aber nicht in der DSM IV. (vgl. Saß, Wittchen & Houben, 2003, S.XXVI/1001; Hiller, Zaudig & Mombour-Bern, 1995, S.173-180)

Es gibt keine endgültige Klassifikation von Essstörungen. In Anlehnung an Pschyrembel (2004, CD-ROM) gibt es folgende Einteilung von Essstörungen:

1. extreme Magerkeit durch Fasten (Anorexia nervosa)
2. Anorexia nervosa mit Erbrechen u. Laxanzien/Diuretika-Abusus (bulimische Magersucht)
3. Bulimia nervosa
4. latente Adipositas
5. Adipositas mit vermehrter Nahrungsaufnahme
6. Binge eating disorder (BED)

Essstörungen muss man in einem übergeordneten Rahmen betrachten, wie aus folgender Graphik ersichtlich ist:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Essstörungen, psychogene: Einteilung der Folgen im sog. Dysorexie-Dysponderosis Kontinuum (Quelle: Pschyrembel, 2004, CD-ROM)

1.3. Epidemiologie

Das Problem von Essstörungen wurde statistisch erfasst und es gibt seriöse epidemiologische Daten. Generell sind Essstörungen bei jungen Mädchen und Frauen häufig. Laut Hoffmann (2009, S.7-8) zeigen Untersuchungen von Fichter 2007 und Mayer, dass 5-10% der postpubertären Mädchen eine Essstörung aufweisen. Sowie 0,7% der jungen Frauen an Anorexia nervosa bzw. 1-2% an Bulimia nervosa leiden. In dieser Altersspanne betrifft die Magersucht ca. 1 von 200 Frauen. Grob geschätzt sind in Deutschland rund 100.000 Menschen an Magersucht erkrankt. 5-10% davon sind männlich. Die Zunahme an Essstörungen in den letzten 20 Jahren ist erschreckend. Jede dritte Schülerin (35%) leidet an Frühsymptomen der Anorexia nervosa oder Bulimia nervosa. Wobei für 14% ein extrem hohes Risiko besteht. Essstörungen findet man vermehrt in der oberen Mittelschicht der westlichen Industrienationen. Weiters gibt es bestimmte Risikogruppen wie Schauspieler/innen, Models und Sportler/innen, die unter dem Druck eines gegebenen Schlankheitsideals stehen. Bei Leistungssportlern/innen treten Essstörungen häufiger auf als bei Nichtsportlern/innen, vor allem bei Sportlern/innen aus ästhetischen, ausdauernden oder Gewichtsklassen abhängigen Sportarten (vgl. Hoffmann, 2009, S.7-8).

Im Inneren der Galaxis der Essstörungen hat die Anorexia nervosa, wie man aus der oberen Graphik erkennen kann, einen großen Anteil an der Konstellation der Störungen.

2. Anorexia nervosa

Bevor der Begriff Anorexia athletica von Smith & Pugliese (vgl. Clasing, Herpertz-Dahlmann & Marx, 1997, S.A-1998) 1980 geprägt wurde, wurden die Essstörungen von Sportlern/innen nur der Anorexia nervosa zugeordnet (Siehe Kapitel 4. Dieser Arbeit). Auch heute noch bleibt das Problem bestehen, ob die Anorexia athletica eine Variante der Anorexia nervosa ist, oder ob es sich um eine unabhängige Krankheit handelt (Siehe Kapitel 6. Vorliegender Arbeit). Aufgrund dessen werden in dieser Arbeit zuerst einige Beispiele und Analysen zur Anorexia nervosa angeführt.

2.1. Ätiologie und Verlauf der Anorexia nervosa

2.1.1. Beschreibung

Laut Hoffmann (2009, S.8) gibt es in der Literatur für die Anorexia nervosa keine monokausale Erklärung. Die Krankheit beginnt in der Regel mit einer Diät, meist angeregt durch kritische Äußerungen im familiären und sozialen Umfeld.

„Auf einer Waage im Tennis-Center ihres alten Clubs stellte sie mit Entsetzen fest, daß [!] sie über zehn Kilogramm zugenommen hatte. Nach diesem Schlüsselerlebnis beschloß [!] die Pb, von nun an eine strenge Diät einzuhalten.“ (Bös, 2003, S.168)

In Anlehnung an Hoffmann (2009, S.8) erfolgte die Erstbeschreibung der Anorexia nervosa durch Arzt Sir William Gull und Charles Laségue in den Jahren 1873/74. Schon damals waren sich die Beschreiber in ihrer Einschätzung des Krankheitsverlaufs uneinig, und diese Heterogenität existiert bis heute aufgrund von methodischen Schwächen in Arbeiten über den Langzeitverlauf:

„Diese Kritikpunkte lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

- eine Verzerrung aufgrund der Vorauswahl der Stichprobe,
- die Anwendung nichtstandardisierter diagnostischer Kriterien,
- ein Mangel an explizitien Outcome-Kriterien,
- ein ungenügendes Forschungsdesign oder retrospektive Arbeiten,
- eine hohe Ablehnungsrate,
- indirekte Nachuntersuchungsmethoden,
- ein Mangel an ausreichender Information zwischen den Messzeitpunkten,
- eine fehlende Berücksichtigung der bisherigen therapeutischen Interventionen.“

(Zipfel, Löwe & Herzog, 2008, S.44)

Die Diskussionen, die sich unter den Forschern entwickelt hat, individualisierte einige Faktoren, die entweder die ersten Anzeichen der Krankheit verursachen oder überhaupt zum Ausbrechen der Krankheit führen.

2.1.2. Psychologische, soziologische und biologische Faktoren

Damit sich diese Krankheit manifestiert, sind eine Vielzahl an psychologischen, soziologischen und biologischen Faktoren notwendig und es entsteht ein gestörtes Identitäs- und Selbstwertgefühl. Aufgrund von mangelndem Selbstwertgefühl wertet der/die Betroffene seinen Körper ab und ein Wunsch nach Schlankheit entsteht. Er/Sie verweigert die Nahrungsaufnahme. Die Magersucht ist nur eine Scheinlösung, um aus der Problematik zu entfliehen.

Ein weiterer Faktor ist die Angst vor Kontrollverlust. Den Betroffenen fehlt häufig die Fähigkeit zur Stressbewältigung. Gerade zu Beginn der Pubertät von Jungen und Mädchen besteht ein hohes Risiko an einer Essstörung zu erkranken.

„Die Magersucht kann als letzte Rettung vor der Entwicklung der Geschlechtsreife dienen, meinen Korsten-Reck und Mitarbeiter (Korsten- Reck et al., 2008). Da bei einer ausgeprägten Magersucht die sexuelle Libido durch Absinken des Hormonspiegels der Sexualhormone auf ein Minimum erlischt, haben junge Menschen das Gefühl, die Kontrolle über ihren Körper zu erlangen.“ (Hoffmann, 2009, S.9)

Jugendlichen wird in Zeitschriften und Werbungen ein Körperideal dargestellt, das nicht realitätsgetreu ist. Pubertierende eifern diesem Ideal mit exzessivem Sport, strenger Diät und Nahrungsergänzungsmitteln oder gar mit Dopingmitteln nach (vgl. Hoffmann, 2009, S.12).

Zu den biologischen Faktoren gehören Veränderungen im Essverhalten durch Stress (Diäten, Frustessen, Krankheiten, Kuren etc.), was die zentrale Sättigungsregulation des Körpers stört. Ungünstige genetische Dispositionen können das Risiko erhöhen. Extreme Diäten kombiniert mit exzessiven körperlichen Aktivitäten senken den Leptinspiegel.

„Vererbte Gendeffekte im Leptin-Regulationssystem können zu

Essstörungen führen, wie Kühnel (1998) belegt. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Leptinspiegel und dem Körperfettanteil.“

(Hoffmann, 2009, S.14)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2.: Leptin-Regulation schematisch (Quelle: Hoffmann, 2009, S.14)

Es ist wichtig zwischen der sportlichen Tätigkeit, welche auf einem ausgewogenen Training, begleitet von einem/r verantwortungsvollen Trainer/in, und einer körperlichen Tätigkeit, die in Isolation und ohne rationalen Trainingsprogrammen ausgeführt wird, zu unterscheiden. Die Auswirkungen auf den Leptinspiegel sind dieselben, aber die psychologischen und soziologischen Grundbedingungen sind verschieden. Schon allein auf dieser Basis ist es möglich einen Unterschied zwischen Anorexia nervosa und Anorexia athletica festzustellen.

2.1.3. Der Krankheitsprozess

In den vergangenen 100 Jahren wurden mehr als 300 Studien zum Verlauf der Anorexia nervosa durchgeführt. Gemeinsam ist ihnen das weite Erkrankungsspektrum im Langzeitverlauf. Steinhausen (2002, S.1284) fasste 119 Studien (5590 Patienten/innen) aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zusammen.

„A total of 119 study series covering 5,590 patients suffering from anorexia nervosa that were published in the English and German literature were analyzed with regard to mortality, global outcome, and other psychiatric disorders at follow-up.” (Steinhausen, 2002, S.1284)

Das Gros der Patienten war weiblich. Zipfel, et al. (2008, S.44) kamen zu folgenden Ergebnissen in ihrer Verlaufsforschung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab.1: Outcome of Anorexia Nervosa Based on 119 Patient Series (N=5,590) (Quelle: Steinhausen, 2002, S.1285)

Bei ca. der Hälfte der Patienten/innen tritt eine vollständige Genesung ein. Allerdings weist die andere Hälfte der Patienten/innen einen chronischen Krankheitsverlauf bzw. einen erheblichen Anteil von Mortalität auf. In einem ihrer Fallbeispiele berichten Beals & Manore (1999, S.175-177) über den Krankheitsverlauf der Langstreckenläuferin Jill, die sich nach jahrelanger Therapie auf dem Weg der Gesundung befindet. Sie weiß, dass sie noch viele Jahre mit der Essstörung leben muss. Sie sieht aber ein Licht am Ende des Tunnels und ist fest entschlossen ihre Krankheit zu überwinden (vgl. Beals & Manore, 1999, S.175-177).

„Anorexiepatientinnen weisen gemeinsam mit der Gruppe der Suchterkrankten die höchste Mortalitätsrate bei psychischen Erkrankungen auf.“ (Zipfel et al., 2008, S.46)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.3: Langzeitverlauf der Anorexia nervosa. Die Prozentsätze beziehen sich auf unterschiedliche Stichprobengrößen; schwarz Mortalität, weiß Genesung, hellgrau Besserung, dunkelgrau chronischer Verlauf (Daten aus Steinhausen 2002) (Quelle: Zipfel et al., 2008, S.45)

Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu einer Überlappung von Essstörungspathologie und psychischer Komorbidität:

„[...] anorectic patients suffered from additional psychiatric disorders.

Frequent diagnoses at follow-up were neurotic disorders, including anxiety disorders and phobias, affective disorders, substance use disorders, obsessive-compulsive disorder (OCD), and unspecified personality disorders, including borderline states.” (Steinhausen, 2002, S.1286)

Anorexia nervosa Patienten/innen haben eine höhere Wahrscheinlichkeit im Krankheitsverlauf affektive Störungen und Angststörungen aufzuweisen. Als weitere psychische komorbide Störungen sind Zwangsstörungen, Substanzabusus und Persönlichkeitsstörungen festzustellen (vgl. Zipfel et al., 2008, S.45-46).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.4: Psychische Komorbidität im Verlauf der Anorexia nervosa. Die Prozentsätze beziehen sich auf unterschiedliche Stichprobengrößen (Daten aus Steinhausen 2002) (Quelle: Zipfel et al., 2008, S.45)

Die Überlappungen von intensivem Sporttreiben und Essstörungen sind sehr vielfältig und erscheinen in den Beschreibungen sowohl als Anorexia nervosa als auch als Bulimia nervosa. Zu den Perioden von geringer Nahrungsaufnahme kommt außer Erbrechen und Einnahme von Medikamenten zum Abführen, die exzessive physische Betätigung (nach Kriterium DSM-IV und ICD-10; siehe Kapitel 1.2. dieser Arbeit). Die physische Betätigung ist dann exzessiv, wenn sie an unüblichen Orten stattfindet (zum Beispiel am Krankenbett) oder trotz Verletzungen oder anderen Behinderungen (vgl. Afflelou, 2008, S.89).

Auch hier kann der Fall der Langstreckenläuferin Jill das oben Angeführte unterstreichen. Jill hatte stets Schmerzen am Zeh. Diese waren so stark, dass sie einen Arzt aufsuchen musste. Dieser stellte eine Stressfraktur fest und verschrieb eine Pause von 8 Wochen. Um ihr Gewicht trotzdem zu halten musste sie sich eine andere Bewegung suchen. Sie schwamm und lief im Wasser und fuhr zusätzlich mit dem Rad (vgl. Beals & Manore, 1999, S.175-177).

Im Gegenteil, sagen Sudi, Öttl, Payerl, Baumgartl, Tauschmann & Müller (2004, S.657), ist einer der grundsätzlichen Unterschiede zwischen Anorexia athletica und Anorexia nervosa der Zweck zur Reduzierung der Körpermasse.

„First, the reduction in body mass and/or the loss in body fat mass (which is considered an unwarranted burden) is based on performance and not on appearance or excessive concern about body shape. However, an excessive concern about body shape can develop, especially when athletes compare their degree of fatness with that of other, more successful athletes. The initiation of dieting or excessive overexercising is voluntary or based on coaches' and trainers' recommendations.” (Sudi et al., 2004, S.657)

Im nächsten Kapitel wird man sehen, dass einige Symptome als Faktoren, welche die Essstörungen auslösen, die gleichen sind bei Anorexia nervosa und Anorexia athletica. Es wird festgestellt, dass die Anorexia athletica einige eigenständige Charakteristika hat, sowohl was die psychosozialen Gegebenheiten als auch die physischen Charakteristika betrifft.

[...]

Ende der Leseprobe aus 57 Seiten

Details

Titel
Anorexia athletica - Theoretische Betrachtungen für konkrete Lösungsansätze
Untertitel
Essstörungen im Sport - Indikatoren für Anorexia athletica?
Hochschule
Universität Wien  (Zentrum für Sportwissenschaft)
Note
Gut
Autor
Jahr
2010
Seiten
57
Katalognummer
V182459
ISBN (eBook)
9783656062127
ISBN (Buch)
9783656061731
Dateigröße
828 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
anorexia, theoretische, betrachtungen, lösungsansätze, essstörungen, sport, indikatoren
Arbeit zitieren
Christine Pasquariello (Autor:in), 2010, Anorexia athletica - Theoretische Betrachtungen für konkrete Lösungsansätze, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/182459

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