Leseprobe
Inhalt
Vorwort
Die Spätbronzezeit in Deutschland Abfolge und Verbreitung der Kulturen und Gruppen
Das Gräberfeld vom Sehringsberg Die Helmsdorfer Gruppe von etwa 1300/1200 bis 600 v. Chr.
Anmerkungen
Literatur
Bildquellen
Die wissenschaftliche Graphikerin Friederike Hilscher-Ehlert
Der Autor Ernst Probst
Bücher von Ernst Probst
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Der dänische Archäologe
Christian Jürgensen Thomsen (1788—1865)
hat 1836 die Urgeschichte
nach dem jeweils am meisten verwendetem Rohstoff
in drei Perioden eingeteilt:
Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit.
Vorwort
Eine Kulturstufe, die in der Bronzezeit von etwa 1300/1200 bis 600 v. Chr. im östlichen und nördlichen Harzvorland von Sachsen-Anhalt existierte, steht im Mittelpunkt des Taschenbuches »Die Helmsdorfer Gruppe«. Geschildert werden die Siedlungen, Kleidung, der Schmuck, die Keramik, Werkzeuge, Waffen, Haustiere, Jagdtiere und die Religion der damaligen Ackerbauern, Viehzüchter und Bronzegießer.
Verfasser dieses Taschenbuches ist der Wiesbadener Wissenschaftsautor Ernst Probst. Er hat sich vor allem durch seine Werke »Deutschland in der Urzeit« (1986), »Deutschland in der Steinzeit« (1991) und »Deutschland in der Bronzezeit« (1996) einen Namen gemacht. Das Taschenbuch »Die Helmsdorfer Gruppe« ist Dr. Rolf Breddin, Professor Dr. Claus Dobiat, Professor Dr. Markus Egg, Professor Dr. Hans-Eckart Joachim, Professor Dr. Albrecht Jockenhövel, Professor Dr. Horst Keiling, Professor Dr. Rüdiger Krause, Dr. Friedrich Laux, Professor Dr. Berthold Schmidt, Dr. Klaus Simon und Dr. Otto Mathias Wilbertz gewidmet, die den Autor mit Rat und Tat bei den Recherchen über Kulturen der Spätbronzezeit für sein Buch »Deutschland in der Bronzezeit« unterstützt haben. Es enthält Lebensbilder der wissenschaftlichen Graphikerin Friederike Hilscher- Ehlert aus Königswinter.
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PAUL REINECKE, geboren am 25. September 1872 in Berlin-Charlottenburg, gestorben am 12. Mai 1958 in Herrsching. Er wirkte 1897 bis 1908 am Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz. 1908 bis 1937 war er Hauptkonservator am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in München.
1917 wurde er kgl. Professor.
Reinecke teilte 1902 die Bronzezeit in die Stufen A bis D ein.
1902 sprach er von der Straubinger Kultur sowie von der Grabhügelbronzezeit und später von der Hügelgräber-Bron%e%eit.
Die Spätbronzezeit in Deutschland
Abfolge und Verbreitung der Kulturen und Gruppen
Heute ordnet man der Spätbronzezeit außer den Stufen Hallstatt A und B (etwa 1200 bis 800 v. Chr.) auch die Bronzezeit D (etwa von 1300 bis 1200 v. Chr.) zu, die vorher als letzte Stufe der Mittelbronzezeit galt. Die Stufenbezeichnung und Inhalte der Bronzezeit D, Hallstatt A und B entsprechen weitgehend der 1902 vorgenommenen Gliederung des damals in Mainz arbeitenden Prähistorikers Paul Reinecke (1872—1958). Als die wichtigsten damaligen Kulturen in Deutschland gelten die Urnenfelder-Kultur, die Lausitzer Kultur und die nordische Bronzezeit, die sämtlich besonders große Gebiete einnahmen. Daneben gab es etliche kleinere Kulturen und Gruppen.
Baden-Württemberg, Bayern, das Saarland, RheinlandPfalz, Hessen, Teile Nordrhein-Westfalens (Niederrheinische Bucht) und Südthüringens gehörten von etwa 1300/1200 bis 800 v. Chr. zum Bereich der Urnenfelder- Kultur.1 Diese war im Raum nördlich der Alpen verbreitet.
Im Niederrheinischen Tiefland Nordrhein-Westfalens existierte von etwa 1200 bis 750 v. Chr. die Niederrheinische Grabhügel-Kultur, eine Untergruppe der Urnenfelder-Kultur.
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Verbreitung der Kulturen und Gruppen während der Spätbronzezeit (etwa 1300/1200 bis 800 v. Chr.) in Süddeutschland und der mittleren Bronzezeit (etwa 1200 bis 1100 v Chr.) in Norddeutschland
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Zauberer der jüngeren nordischen Brongegeit (etwa 1100 bis 800 v. Chr.) in Norddeutschland. Zeichnung von Friederike Hilscher-Ehlert für das Buch »Deutschland in der Brongegeit« (1996) von Ernst Probst
Für Norddeutschland gilt die bronzezeitliche Chronologie des schwedischen Prähistorikers Oscar Mon- telius (1843—1921). Ihr zufolge wird in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und im nördlichen Brandenburg die Zeit von etwa 1200 bis 1100 v. Chr. als mittlere Bronzezeit (Periode III) und die Zeit von etwa 1100 bis 800 v. Chr. als jüngere Bronzezeit (Perioden IV und V) bezeichnet. Die durch das Kulturgefalle in der Frühbronzezeit zwischen dem Süden und dem Norden bewirkte Phasenverschiebung von Bronzezeitstufen setzt sich also terminologisch fort.
In die mittlere Bronzezeit fallen in Niedersachsen die Lüneburger Gruppe, die Allermündungs-Gruppe und die Stader Gruppe, letztere aber nur noch mit wenigen sicher datierbaren archäologischen Funden.
In der jüngeren Bronzezeit gab es in Niedersachsen ebenfalls eine Anzahl von Regionalgruppen, so die Lüneburger Gruppe, die Stader Gruppe und die Ems- Hunte-Gruppe.
In anderen Landstrichen Niedersachsens spricht man nur allgemein von der jüngeren Bronzezeit, obschon auch hier Ansätze für eine regionale Gliederung erkennbar sind.
In Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, im Stader Bereich (Niedersachsen) und im nördlichen Brandenburg behauptete sich von etwa 1200 bis 1100 v. Chr. die nordische mittlere Bronzezeit und von etwa 1100 bis 800 v. Chr. die nordische jüngere Bronzezeit. Das Zentrum der nordischen Bronzezeit lag in Skandinavien.
Im Thüringer Becken existierte von etwa 1300/1200 bis 800 v. Chr. die Unstrut-Gruppe. Etwa zur gleichen Zeit gab es vor etwa 1300/1200 bis 600 v. Chr. in Sachsen-Anhalt die Helmsdorfer Gruppe (s. S. 19) und die Saalemündungs-Gruppe Sachsen und das südliche Brandenburg zählten von etwa 1300/1200 bis 500 v. Chr. zur Lausitzer Kultur und zum Kreis ihrer Nachfolgekulturen, zum Beispiel Billendorfer Kultur und Hausurnen-Kultur. Die Lausitzer Kultur war damals in Osteuropa heimisch.
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JÖRG LECHLER,
geboren am 28. August 1894 in Dessau,
gestorben am 22. Juli 1969 in Detroit.
Er studierte in Berlin und Halle/Saale.
1913 bis 1918 grub er
das Gräberfeld auf dem Sehringsberg
bei Helmsdorf aus.
1923 bis 1924 war er Assistent am Tell-Halaf-Museum in Berlin und von 1924 bis 1935 Archäologe in der Prignitz.
Ab 1936 lebte er in Detroit (USA), wo er bis 1965
am Art Institute der Wayne University arbeitete. Lechlerprägte 1925 den Begriff Helmsdorfer Gruppe.
Das Gräberfeld vom Sehringsberg
Die Helmsdorfer Gruppe
Im östlichen und nördlichen Harzvorland von Sachsen-Anhalt behauptete sich von etwa 1300/1200 bis um 600 v. Chr. die Helmsdorfer Gruppe. Ihr südlicher Nachbar war die im Thüringer Becken konzentrierte Unstrut-Gruppe, ihr nördlicher Anrainer die beiderseits der unteren Saale heimische Saalemündungs-Grup- pe.
Zwischen diesen drei Kulturen lassen sich wegen fließender Übergänge keine deutlichen Abgrenzungen vornehmen. Bei der Keramik hatte die Helmsdor- fer Gruppe viele Gemeinsamkeiten mit der Saalemün- dungs-Gruppe. Dagegen spiegeln ihre Bronzeobjekte einen engen Kontakt mit der Unstrut-Gruppe wider.
Die Helmsdorfer Gruppe verdankt dem Gräberfeld auf dem Sehringsberg beim Ortsteil Helmsdorf von Heiligenthal1 (Kreis Mansfeld-Südharz) in SachsenAnhalt ihren Namen. Der Begriff Helmsdorfer Gruppe geht auf den Prähistoriker Jörg Lechler (1894—1969) zurück, der 1913 bis 1918 auf dem Sehringsberg gegraben und 1925 vom Helmsdorfer Kulturkreis gesprochen hatte. Der Name Helmsdorfer Gruppe wurde 1967 von dem am Landesmuseum für Vorgeschichte, Halle/Saale, tätigen Prähistoriker Berthold Schmidt eingeführt.
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BERTHOLD SCHMIDT, geboren am 10. Oktober 1924 in Gera, studierte in Jena und Halle/Saale und hat 1955promoviert.
1953 wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter, später Kustos und stellvertretender Direktor des Landesmuseums für Vorgeschichte, Halle/Saale. 1991/92folgte eine Professur an der Universität Marburg/Lahn.
Seine Spezialgebiete sind die Frühgeschichte (3. bis 9. Jh.) und späte Bronzezeit.
Schmidt hat 1967 den Begriff Helmsdorfer Gruppe erneut vorgeschlagen und begründet.
Vor allem im östlichen Harzvorland sind auffällig viele Funde, Siedlungen und Gräberfelder entdeckt worden. Demzufolge dürfte die entsprechende Bevölkerungskonzentration auf den Abbau von Kupfererz im Mansfelder Land und dessen Weiterverarbeitung sowie auf die für den Ackerbau günstigen Böden zurückzuführen sein.
Der Prähistoriker Berthold Schmidt hat 1978 die Ansicht vertreten, man könne den Zeitabschnitt, in dem die Helmsdorfer Gruppe im Harzvorland existierte, fast als ein »goldenes Zeitalter« bezeichnen. Er schrieb damals: »Es handelt sich um eine Epoche, in der große Siedlungen, Befestigungen, ausgedehnte Gräberfelder mit anspruchsvollen Grabdenkmälern errichtet, aufwendige religiöse Zeremonien veranstaltet, wohl intensiv Kupfer abgebaut und Bronze zahlreich verwendet wurde, in der Viehhaltung und Ackerbau blühten und die Anzahl der hier wohnenden Menschen relativ hoch gewesen sein muß.«
Die Helmsdorfer Leute wohnten in unbefestigten und befestigten Siedlungen. In Polleben2 (Kreis MansfeldSüdharz) lagen die Dörfer jener Zeit in sanfter Hanglage. Eine unbefestigte Höhensiedlung mit einer Fläche von etwa zwei bis drei Hektar war auf einer Hochebene nördlich von Timmenrode3 (Kreis Wernigerode) angelegt worden.
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