Kaum ein anderer Begriff des sozialen und ökonomischen Lebens hat im Verlauf der zurückliegenden Jahrzehnte ähnlich intensive Diskussionen über die zukünftige Rolle von Politik und Gesellschaft ausgelöst wie derjenige der Globalisierung. Das angespannte Verhältnis zwischen regulativer Politik und marktwirtschaftlicher Ökonomie dominiert vor dem Hintergrund weltweit steigender Interdependenzen immer häufiger sowohl die Agenda staatlichen Regierens als auch politikwissenschaftlicher Forschung.
Globalisierungskritiker verlangen seit langem die Eindämmung außenwirtschaftlicher Abhängigkeitsverhältnisse und Einrichtung internationaler Schutzmechanismen. Als ein besonders häufig diskutierter Vorschlag zur besseren Kontrolle labiler Finanz- und Kapitalmärkte hat sich der Entwurf einer so genannten Tobin Tax herauskristallisiert – ein umstrittenes Konzept zur Besteuerung von Devisentransaktionen, das auf Überlegungen des späteren Wirtschafts-Nobelpreisträgers James Tobin aus den 1970er Jahren zurückgeht.
Befürworter sehen die Tobin-Steuer als mögliches Mittel gegen die teils extremen Wechselkursschwankungen und spekulativen Risiken, die durch die weltweite Deregulierung der Finanzmärkte mitverursacht seien. Auch aus der Perspektive von Global-Governance-Theorien, welche die politische Gestaltbarkeit der Globalisierung mit Hilfe internationaler Kooperation und multilateraler Mehr-Ebenen-Netzwerke zu verbessern versuchen, lohnt die Idee einer zwischenstaatlich durchgesetzten Devisenbesteuerung eine nähere Untersuchung.
Ziel dieser Arbeit ist es, zu zeigen, dass das Konzept einer Tobin Tax zwar bei weitem nicht alle potenziell destabilisierenden Einflüsse ökonomischer Interdependenzen beseitigen kann, wohl aber einen diskutablen Ansatz zur Wiedergewinnung politischer Gestaltungsfähigkeit in Zeiten der "Institutionalisierung des Anti-Keynesianismus" darstellt. Dazu werden zunächst zentrale Fakten aus ihrer Ideengeschichte skizziert. Anschließend folgt eine kurze Übersicht über ihre wichtigsten funktionalen Eigenschaften sowie eine Zusammenfassung der gewöhnlich gegen die Tobin-Steuer ins Feld geführten Kritikpunkte. Darauf aufbauend wird die Frage beantwortet, inwiefern die Konzeption einer Tobin Tax im Kontext der Global-Governance-Debatte konkrete Implementierungschancen auf globaler Ebene haben könnte. Die Analyse thematisiert aber auch einige alternative Lösungsansätze multilateraler Global Governance im Politikfeld der internationalen Finanzbeziehungen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur Ideengeschichte einer internationalen Devisenumsatzsteuer
- Der strukturelle Wandel der globalen Finanzmärkte
- James Tobin und sein Konzept einer Besteuerung von Währungstransaktionen
- Gestaltungsmerkmale und Funktionsweise der Tobin Tax
- Das Kriterium der Universalität
- Einheitliche Steuerbemessung
- Ressourcenaufbringung für internationale Aufgaben
- Stabilisierung und Re-Regulierung eines Teilsektors des internationalen Finanzsystems
- Die Tobin Tax im Widerstreit: Probleme und Kritikpunkte
- Die weltweite Eindämmung von Wechselkursschwankungen vor dem Hintergrund der Global-Governance-Diskussion
- Die Tobin Tax: ein probates Instrument globaler Strukturpolitik?
- Alternative Lösungsansätze multilateraler Finanzpolitik
- Schlussbetrachtungen und Ausblick
- Quellen und Literatur
- Anhang 1: Die Entwicklung der Tagesumsätze auf dem US-Devisenmarkt im Zeitraum von 1980 bis 1995
- Anhang 2: Handelsmethoden bei Devisengeschäften in den Jahren 1992 und 1995 im Vergleich
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Studienarbeit befasst sich mit dem Konzept der Tobin Tax, einem Vorschlag zur Besteuerung von Devisentransaktionen, und untersucht dessen Relevanz im Kontext der Global-Governance-Diskussion. Ziel ist es, die Funktionsweise und Gestaltungsmerkmale der Tobin Tax zu erläutern und ihre potenziellen Auswirkungen auf die Stabilität des internationalen Finanzsystems zu analysieren. Dabei werden auch die Kritikpunkte an der Tobin Tax sowie alternative Lösungsansätze zur Regulierung der globalen Finanzmärkte beleuchtet.
- Die Ideengeschichte der Tobin Tax und die Entwicklung des internationalen Finanzsystems
- Die Funktionsweise und Gestaltungsmerkmale der Tobin Tax
- Kritikpunkte an der Tobin Tax und deren potenzielle Auswirkungen
- Die Tobin Tax im Kontext der Global-Governance-Diskussion
- Alternative Lösungsansätze zur Regulierung der globalen Finanzmärkte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz des Themas Globalisierung und die Notwendigkeit einer Regulierung des internationalen Finanzsystems dar. Sie beleuchtet die Kritik an der Deregulierung der Finanzmärkte und die potenziellen Risiken für die Weltwirtschaft. Die Tobin Tax wird als ein möglicher Ansatz zur Eindämmung dieser Risiken vorgestellt.
Das zweite Kapitel befasst sich mit der Ideengeschichte der Tobin Tax. Es beschreibt die Entwicklung des internationalen Finanzsystems und die Entstehung des Konzepts der Tobin Tax durch James Tobin. Die strukturellen Veränderungen der globalen Finanzmärkte und die zunehmende Bedeutung von Devisentransaktionen werden analysiert.
Das dritte Kapitel erläutert die Gestaltungsmerkmale und die Funktionsweise der Tobin Tax. Es werden die Kriterien der Universalität, der einheitlichen Steuerbemessung und der Ressourcenaufbringung für internationale Aufgaben vorgestellt. Die potenziellen Auswirkungen der Tobin Tax auf die Stabilität des internationalen Finanzsystems werden diskutiert.
Das vierte Kapitel befasst sich mit den Kritikpunkten an der Tobin Tax. Es werden die Argumente der Gegner der Tobin Tax, wie z. B. die potenziellen negativen Auswirkungen auf den internationalen Handel und die Wettbewerbsfähigkeit, dargestellt.
Das fünfte Kapitel untersucht die Tobin Tax im Kontext der Global-Governance-Diskussion. Es wird die Frage diskutiert, ob die Tobin Tax ein geeignetes Instrument zur Regulierung der globalen Finanzmärkte ist und welche Rolle sie in der internationalen Zusammenarbeit spielen könnte. Alternative Lösungsansätze zur Regulierung der Finanzmärkte werden vorgestellt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Tobin Tax, die Regulierung des internationalen Finanzsystems, die Globalisierung, die Global-Governance-Diskussion, die Stabilität der Weltwirtschaft, die Kritik an der Deregulierung der Finanzmärkte, die Auswirkungen der Tobin Tax auf den internationalen Handel und die Wettbewerbsfähigkeit, alternative Lösungsansätze zur Regulierung der Finanzmärkte.
- Arbeit zitieren
- Dipl.-Pol., MSc (IR) Jan-Henrik Petermann (Autor:in), 2001, Ansätze zu einer Re-Regulierung des internationalen Finanzsystems am Beispiel der 'Tobin Tax', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/182612