Am 21. Dezember 1972 unterzeichneten Egon Bahr für die Bundesrepublik Deutschland und
Michael Kohl für die Deutsche Demokratische Republik den Grundlagenvertrag. Hinter Bahr und
Kohl, die auch als Unterhändler den Vertrag aushandelten, lag eine Zeit schwieriger Verhandlungen,
in der jede Seite versuchte, möglichst viel der eigenen Interessen und Forderungen in den
Vertrag einzubringen. Bei den Verhandlungen zeigte sich, daß man sich in vielen wichtigen Fragen
wegen zu großer Differenzen nicht einigen konnte. Beispielsweise war die DDR nicht bereit,
die Worte „Einheit der Nation“ und „Wiedervereinigung“ in den Vertrag aufzunehmen, während
aus Sicht der Bundesrepublik, der Weg zu einem einheitlichen deutschen Staat ausdrücklich offengehalten
werden mußte. Wie konnte nun trotz großer Auffassungsunterschiede zu verschiedenen
Fragen ein Vertrag „über die Grundlagen der Beziehungen“ zwischen den beiden deutschen
Staaten erreicht werden? Inwiefern war es durch Diplomatie möglich, trotz der geschilderten Differenzen,
zu einem erfolgreichen Vertragsabschluß zu gelangen? Was ist die Kunst der Diplomatie
bzw. die Kunst der Unterhandlung und welche Rolle spielt sie für den Grundlagenvertrag?
Um den Grundlagenvertrag unter diplomatischen Aspekten analysieren zu können, muß zunächst
geklärt werden, was unter Diplomatie überhaupt zu verstehen ist und was es heißt diplomatisch
tätig zu sein. Dazu werden zu Anfang die Besonderheiten und die Aufgaben von Diplomatie
beleuchtet, bevor dann kurz auf die ihr eigene Sprache eingegangen wird. Ebenfalls sollen
aus Sicht der damaligen sozialliberalen Bundesregierung die konzeptionellen Grundlagen der
Ostvertragspolitik näher erläutert werden, da diese sozusagen das diplomatische Handeln ihrer
Repräsentanten vorgaben und indirekt beeinflußten. Bevor schließlich auf den Grundlagenvertragstext
als diplomatisches Dokument eingegangen wird, werden dessen Vorbereitung und die
Verhandlungen zwischen Egon Bahr und Michael Kohl geschildert.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Diplomatie
- 2.1 Die Bedeutung des Begriffs „Diplomatie“
- 2.2 Die Aufgaben der Diplomatie und des Diplomaten
- 2.3 Die Sprache der Diplomatie
- 2.4 Diplomatie und der Grundlagenvertrag
- 3. Die Ostpolitik der Regierung Brandt
- 3.1 Die Zusammenarbeit Willy Brandts mit Egon Bahr
- 3.2 Die Vorbereitung der Ostpolitik in der Theorie
- 3.2.1 Bahrs Tutzinger Thesen
- 3.2.2 Die Zeit der Großen Koalition 1966-1969
- 3.3 1969 Startschuß für die neue Ostpolitik
- 3.3.1 Die Wichtigkeit des Moskauer Vertrages und der Beziehungen zu Moskau
- 3.3.2 Die Ostverträge: Ein Paket von Verträgen
- 4. Der Grundlagenvertrag - ein Ergebnis von Diplomatie?
- 4.1 Die Vorbereitung der Verhandlungen
- 4.2 Die Verhandlungen
- 4.3 Analyse und Interpretation des Vertragstextes unter diplomatischen Aspekten
- 4.3.1 Die Bezeichnung des Vertrages
- 4.3.2 Die Präambel
- 4.3.3 Die Artikel
- 4.3.4 Der „Brief zur deutschen Einheit“
- 5. Zusammenfassung: Der Grundlagenvertrag - ein Ergebnis von Diplomatie!
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Grundlagenvertrag von 1972 als Ergebnis eines diplomatischen Prozesses. Sie analysiert die Vorbereitung und Umsetzung des Vertrages unter diplomatischen Aspekten und beleuchtet die Rolle der Diplomatie in diesem Prozess.
- Die Bedeutung des Begriffs „Diplomatie“
- Die Aufgaben der Diplomatie und des Diplomaten
- Die Ostpolitik der Regierung Brandt und ihre konzeptionellen Grundlagen
- Die Verhandlungen über den Grundlagenvertrag
- Die Analyse des Vertragstextes unter diplomatischen Aspekten
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel bietet eine Einleitung und stellt die zentrale Frage nach der Rolle der Diplomatie im Prozess der Vertragsverhandlung. Kapitel 2 definiert den Begriff „Diplomatie“ und erläutert seine Aufgaben und Besonderheiten. In Kapitel 3 wird die Ostpolitik der Regierung Brandt im Kontext ihrer Vorbereitung und Umsetzung analysiert. Dabei werden die Tutzinger Thesen von Egon Bahr und die Zeit der Großen Koalition beleuchtet. Kapitel 4 widmet sich der Vorbereitung und den Verhandlungen des Grundlagenvertrags. Hier werden die wichtigsten Punkte des Vertragstextes unter diplomatischen Aspekten analysiert.
Schlüsselwörter
Grundlagenvertrag, Diplomatie, Ostpolitik, Willy Brandt, Egon Bahr, Verhandlungen, Vertragstext, Deutschlandpolitik, deutsche Einheit, Tutzinger Thesen.
- Arbeit zitieren
- Björn Steffen (Autor:in), 2001, Der Grundlagenvertrag 1972 als Ergebnis eines diplomatischen Prozesses - Eine Analyse der Vorbereitung und Umsetzung unter diplomatischen Aspekten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18321